Читать книгу Kolonie aus dem Gestern: Die Raumflotte von Axarabor - Band 211 - Roland Heller - Страница 8

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Die See war an diesem Morgen erstaunlich glatt und ruhig.

Tjakuno stand am Steuer und steuerte sein Fischerboot entlang eines imaginären Grenzverlaufs eine Länge nach Norden und dann zurück nach Süden, ehe er versetzt um mehrere Schiffslängen die gleiche Strecke wieder abfuhr. Das Netz, welches das Boot hinter sich herzog, überschritt nicht die dreißigfache Länge des Bootes, es fehlte allerdings auch nicht viel darauf. Laut Übereinkunft durften die Netze das dreißigfache des Schleppbootes nicht überschreiten.

Das Wasser war klar und ließ den Blick bis weit in die Tiefe zu. Nachdem er vier Längen abgefahren hatte, ließ Tjakuno den Schiffsmotor auslaufen, blieb aber am Steuerrad, bis das Schiff nur mehr von der Strömung des Wassers weitergetragen wurde.

Tjakuno war das, was man landläufig einen Riegel nannte. Sein Brustkorb wölbte sich mächtig nach vor. Auf den ersten Eindruck wirkte er bullig und stark. Dicke Muskelstränge prägten sowohl Oberarme wie auch Oberschenkel. Diese Muskelpakete harmonierten mit dem Rest der Erscheinung. Tjakuno erreichte fast zwei Meter und seine Hände waren groß wie Schaufeln. Er war allein an Bord.

Das Einholen des Netzes besorgte eine starke Winde, die von einem Elektromotor angetrieben wurde. Er musste nur darauf achten, dass sich das Netz nicht irgendwo verhakte, sondern in einer gleichmäßigen Bewegung eingeholt wurde.

Als das Schiff nahezu zur Ruhe gekommen war, verließ Tjakuno seinen Platz und ging zum Heck des Bootes zurück. Auch hier hatte sich das Wasser bereits beruhigt und die Oberfläche lag glatt und nahezu unbewegt da. Im Netzt tummelten sich zahlreiche Fische. Tjakuno konnte es bereits aus der Distanz feststellen, dass ihm ein guter Fang geglückt war.

Er warf einen Blick in den Himmel. Wolkenlos spannte sich das Himmelsgewölbe über ihm. Jetzt, in den frühen Morgenstunden – der Sonnenaufgang lag erst eine gute Stunde zurück – war die Temperatur noch erträglich. Tjakuno wollte sich beeilen, damit er mit seiner Arbeit fertig wurde, bevor die Hitze ihm den Schweiß bei jeder Anstrengung aus den Poren seiner Haut trieb.

Er machte sich an der Winde zu schaffen und holte das Netz ein.

Der stählerne Arm, der das Netz hielt, bog sich merklich der Wasseroberfläche entgegen. Daraus schloss Tjakuno, dass sein Fang fast hundert Kilo erreicht haben musste.

Langsam wurde das Netz eingeholt. Tjakuno konnte bereits sehen, wie sich die Unruhe unter den gefangenen Fischen verstärkte. Sie sprangen hin und her, hatten aber keine Chance zum Entkommen.

Dann schwebte das Netz in der Luft. Das Wasser lief ab. Das Gewurle innerhalb des Netzes kam zum Stillstand, nachdem das Wasser abgelaufen war. Als er es heranholte, verließ ein Fluch seine Lippen.

Im Netz befand sich ein großer Kopffüßler. Seine Haut war rosa – an manchen Stellen färbte sich aber die Haut bereits dunkelrot. Das war ein deutliches Zeichen des Ärgers, der den Kopffüßler erfüllte. Die Augen blickten ihm starr entgegen.

Tjakuno glaubte den Hass in ihnen lesen zu können. Gleichzeitig beschlich den Fischer ein schlechtes Gewissen, denn in seiner Gier hatte er die Maschen seines Netzes kleiner geknüpft, als es erlaubt war. Tjakuno hatte den Sinn dieser Verordnung stets angezweifelt. Die Alten sprachen lediglich stets davon, dass die kleinen Fische – die Kinder – nicht zu früh getötet werden sollten, bevor sie für die nächste Generation gesorgt hatten. Es sollte ihnen genügend Raum gegeben werden, um durch die Maschen zu schlüpfen. Dass diese kleinen Maschen nun auch dem Kopffüßler zum Verhängnis geworden waren, ahnte er mehr als er es wusste.

Und das stellte ihn vor ein Problem. Wenn er ihn mit seinem Fang in den Hafen brachte, wusste jeder, dass er gegen ein Gesetz verstoßen hatte. Und das kostete ihn zumindest sein Schiff und seine Lizenz. Wenn er ihn einfach so freiließ, konnte er sich nie mehr sicher sein, dass gerade dieser Kopffüßler über diesen Tag schweigen würde.

Am einfachsten konnte er das Problem lösen, indem er ihn tötete.

Auf der einen Seite durchfuhr ihn ein Gefühl der Erleichterung, nachdem er sich zu diesem Entschluss durchgerungen hatte, auf der anderen Seite fürchtete er sich vor der Tat. Es war ein Unterschied, eine Tötung in Gedanken zu vollzuziehen oder sie tatsächlich auszuführen.

Es half nichts. Er musste es tun.

Der Kopffüßler schien seine Gedanken erraten zu haben, denn er wurde zusehends unruhiger, je länger er in dem Netz in der Luft hing und sich ihm kein Ausweg bot.

Während die Fische außerhalb des Wassers erstickten, bestand für den Kopffüßler diese Gefahr nicht. Tjakuno wusste nicht, auf welche Weise der Körper des Kopffüßlers mit Sauerstoff versorgt wurde, er war jedenfalls sowohl im Wasser wie auch an der Luft lebensfähig.

Brauchte er überhaupt Sauerstoff zum Atmen? Auch das wusste Tjakuno nicht.

Das lange Fischmesser lag bereit. Er brauchte es ohnehin für seine Arbeit, die nun anstand.

Er dirigierte das Netz, bis es direkt über dem Laderaum des Fischerbootes hing, dann öffnete er vorsichtig die ersten Schlaufen, die das Netz geschlossen hielten. Langsam rieselten die ersten Fische aus dem Netz und fielen in den Ladeschacht.

Tjakuno beobachtete genau, wie sich der Kopffüßler verhielt. Er kam zusammen mit den gefangenen Fischen der Öffnung im Netz immer näher.

Jetzt musste er aufpassen. Er durfte dem Meeresbewohner nur nicht zu viel Spielraum zum Handeln lassen. Mit ihren acht Armen waren die Kopffüßler extrem wendig.

Er kam immer näher.

Ihn trennten noch zwei Mannslängen, als er handelte.

Tjakuno hatte es nicht für möglich gehalten, dass das Wesen so früh die Initiative ergriff. Tjakuno war zwar auf eine Attacke vorbereitet, aber diese Geschwindigkeit überraschte selbst ihn. Als wären sie nicht vorhanden, schoss der Kopffüßler durch die gefangenen Fische, auf die Öffnung zu, die ihm die Freiheit bringen sollte. Die meisten Fische waren bereits tot und konnten ihm keinen Widerstand entgegensetzen, als er durch sie durchpflügte. Sie waren bestenfalls ein Hindernis.

Bevor Tjakuno die Öffnung schließen konnte, kam ihm ein Arm des Kopffüßlers entgegen. Der Fischer hob den einen Arm mit dem Messer und holte aus. Der andere Arm hielt das Netz und versuchte immer noch verzweifelt, die Öffnung zu schließen.

Der Arm mit dem Messer nahm den gesamten Schwung mit und fuhr mit Kraft herab, genau auf den Arm des Kopffüßlers zu, doch die Bewegung sollte nie zu einem Ende kommen. Tjakuno wusste auch später nie genau zu sagen, wie die Kopffüßler seinem Hieb entgangen war, Tatsache aber war, dass sein Arm plötzlich von den Maschen des Netzes umschlossen wurde, anstatt den Arm des Kopffüßlers von seinem restlichen Körper zu trennen.

Das Netzt zog sich zusammen.

Der Schmerz raubte Tjakuno fast die Besinnung. Er schrie. Das war genau jener Augenblick, in dem Tjakuno das Netz loslassen musste. Die Öffnung verbreiterte sich innerhalb einer Sekunde und die Fische plumpsten in die Ladebucht – und der Kopffüßler war frei.



Kolonie aus dem Gestern: Die Raumflotte von Axarabor - Band 211

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