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Vorwort

Die Beendigung des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 in Europa und im September 1945 in Ostasien brachte das Ende eines zuvor nicht erlebten mörderischen Ringens, das 1939 von Deutschland entfacht worden war und auf der ganzen Welt während mehrerer Jahre zum vielfachen Tod und Unheil sowie zur Zerstörung und Vernichtung großer Wirtschafts- und Kulturgüter der Menschheit geführt hatte. Denn der Kampf um Vormachtstellungen, ökonomische Ressourcen, ideologische Ziele und militärisch-politische Ansprüche war mit äußerster Härte als „Totaler Krieg“ nicht nur gegen militärisches Personal an den Fronten, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung, wehrlose Gefangene und rassisch Verfolgte im Hinterland geführt worden. Das Jahr 1945 markiert deshalb – trotz vieler Kontinuitätslinien – einen tiefen Einschnitt in der an dramatischen Veränderungen reichen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Sechzig Jahre danach geben wichtige politische Veränderungen mehrfach Anlass, die Ereignisse des Kriegsendes von 1945 in Erinnerung zu rufen und neu zu betrachten. Vor zehn Jahren, als die erste Fassung dieses Textes als Taschenbuch erschien, vermittelten bereits das Ende des „Kalten Krieges“ im Herbst 1989 und die Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr darauf sowie die Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 den Eindruck einer neuen Zeitenwende. Beide Wende- und Kulminationspunkte 1945 und 1989/90 stehen in engem Zusammenhang. Sie fixieren die Grenzen einer Epoche, die als „Nachkriegszeit“ die Verbindung zum Zweiten Weltkrieg herstellte und erkennen ließ, dass die Folgen dieses Krieges noch lange nicht überwunden waren. Denn das herausragende Kennzeichen der „Nachkriegszeit“ war die Teilung Europas und der Welt in Ost und West durch die politische Ordnung nach der Konferenz von Jalta. Der Sieg der Anti-Hitler-Koalition und deren Beschlüsse auf den Konferenzen von Jalta und Potsdam hatten die Bedingungen geschaffen, die der Nachkriegsepoche ihren Stempel aufdrückten. Die Neuordnung war aber ebenso die Antwort darauf gewesen, dass die Deutschen zweimal im 20. Jahrhundert die Welt in Brand gesetzt hatten, um ihren imperialen Traum mit unvergleichbarer Härte und ideologischer Verblendung zu verwirklichen. Erst im Jahre 1945 war der deutsche „Sonderweg“ zu Ende gewesen. Europa und die Welt wurden von einem Alptraum erlöst.

Ob dieser Einschnitt für die Deutschen selbst eine „Katastrophe“ oder „Befreiung“ gewesen ist, wurde noch am 40. Jahrestag 1985 heftig diskutiert. Heute führt der Abstand von sechzig Jahren zu einer abgeklärten Distanz, die eine differenziertere historisch-politische Bewertung und Einordnung der Ereignisse ermöglicht, ohne die besondere Verpflichtung der Deutschen für diesen Krieg auszuklammern. Nachkriegsgenerationen und insbesondere jene deutsche Mitbürger, die ausländische Wurzeln haben, wollen verstehen, wie es zu jener deutschen „Katastrophe“ im letzten Jahrhundert kommen konnte, die zumindest allen eine persönliche Verantwortung für die friedliche Gestaltung der Zukunft auferlegt hat.

Zu leicht ist vergessen worden, dass das Kriegsende 1945 auch eine besondere europäische Dimension hatte: Europa war zwar von der Geißel des Nationalsozialismus und Faschismus befreit worden, aber der Osten des Kontinents zahlte dafür mit vier Jahrzehnten Unterdrückung innerhalb des sowjetischen Imperiums. Erst 1990 vollzog sich die Befreiung der ostmitteleuropäischen Staaten vom totalitären Kommunismus. Damit erlangten auch die Geschichtswissenschaften dieser Länder die Chance, Lügen und Verfälschungen der ehemaligen kommunistischen Geschichtspropaganda zu korrigieren. Das Bild des Zweiten Weltkrieges wurde so in den letzten Jahren erheblich differenzierter und weniger gegensätzlich, sodass dadurch auch das Zusammenrücken innerhalb der Europäischen Gemeinschaft erleichtert wurde.

Um das Verständnis für die damalige Zeit zu fördern, bieten die einzelnen Kapitel des Buches knapp gefasste Informationen, die als „historische Ortsbestimmung“ auf fundiertem Forschungsstand beruhen. Das Kriegsende in Europa wird in mehreren Facetten beleuchtet, die es ermöglichen, die Ursachen für den Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ deutlicher zu erkennen. Die Konzentration auf die Ereignisse in und um Deutschland als Hauptfeind der Siegerallianz darf jedoch nicht den Blick verschließen, dass der Zweite Weltkrieg nicht am 8. Mai 1945 mit dem Sieg über die deutsche Wehrmacht, sondern erst am 2. September mit der Kapitulation Japans zu Ende gegangen ist. Die Abwürfe der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 symbolisieren darüber hinaus den entsetzlichen Höhepunkt entfesselter Zerstörungskräfte im „Totalen Krieg“; zugleich markieren sie den Beginn des Atomzeitalters.

Um den einzelnen Resümees eine fundierte Basis zu geben, werden im Anhang ausgewählte Dokumente als wichtige Quellenstücke zum Kriegsende 1945 abgedruckt. Die Verfasser danken den in den Belegstellen und bei den Dokumenten aufgeführten Archiven für die gewährte Hilfe. Wir danken ferner Herrn Wolfgang Hornstein und Frau Regine Gamm für die Unterstützung bei der Herausgabe des Bandes im Primus Verlag.

Potsdam/Freiburg, Oktober 2004

Rolf-Dieter Müller / Gerd R. Ueberschär

1945

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