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2.4 Vorfahren mütterlicherseits
ОглавлениеMein Urgroßvater August Schmitz kam 1853 in Mettmann zur Welt. Bis zu seinem 14. Lebensjahr besuchte er die Elementarschule in Mettmann. Da er ein guter Schüler war, hätte sein Lehrer es gern gesehen, dass mein Großvater Lehrer geworden wäre. So aber kam er beim Nachbarn, dem Kupferschmied Hohmann, in die Lehre. Nach einer dreijährigen Militärzeit beim Infanterie-Regiment 93 in Düsseldorf ging er auf Wanderschaft. Dabei hat er längere Zeit in Celle gearbeitet. Nachdem er die Meisterprüfung vor der Handwerkskammer in Elberfeld abgelegt hatte, machte er sich in den 1870er Jahren in Mettmann selbständig. Dort heiratete er 1880 Laura Nordmann. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Mit seinen Ersparnissen und einem Darlehen seines Schwiegervaters Ferdinand Nordmann kaufte er 1880 das Haus Freiheitsstraße 876 in Mettmann. Durch Fleiß und Klugheit brachte er sein Unternehmen empor. Nach einigen Jahren wurde er in den Stadtrat von Mettmann gewählt. In dieser Stadt war er Mitbegründer der Fortbildungsschule und des Gewerbevereins für das Handwerk. Aufgrund seiner beruflichen Erfolge zog er mit seiner Familie nach Düsseldorf, Oberbilker Allee 295. Hier brachte er sein Handwerk zu höchster Blüte, vorwiegend mit kunstgewerblichen Arbeiten wie Lampen, Türen, Beschläge, Kamine und dergleichen in Kupfer. Als Kupferschmiedemeister stellte er 1902 auf der großen Gewerbeausstellung in Düsseldorf, die den Rang einer Weltausstellung hatte, seine Erzeugnisse aus und erhielt eine Silbermedaille sowie die bronzene Staatsmedaille. 1904 erhielt er als Teilnehmer an einer Sammelausstellung der Stadt Düsseldorf in St. Louis, Missouri (USA) eine Bronzemedaille. August Schmitz führte zahlreiche Arbeiten an öffentlichen Gebäuden durch. Außerdem hatte er eine reiche Privatkundschaft.
Urgroßvater August Schmits
Ein kenntnisreicher und zuverlässiger Handwerksmeister
Das vielseitige, handwerkliche Können meines Urgroßvaters schätzte man auch während der Zeit des Kalkabbaus im Neanderthal, wo bekanntlich im August 1856 zwei Arbeiter beim Ausräumen der Feldhofer Grotte 16 Knochen fanden, die der Lehrer Johann Carl Fuhlrott aus Elberfeld einem eiszeitlichen Menschentyp, nämlich dem Neanderthaler, zuordnete. Interessant ist ein Referenzschreiben, das Wilhelm Pasch aus Düsseldorf am 24. August 1901 meinem Urgroßvater ausgestellt hatte: „Während meiner Tätigkeit als Geschäftsführer und Betriebsleiter der früheren Actien-Gesellschaft für Marmor-Industrie zu Neanderthal, von Anfang der 70er Jahre bis Ende der 80er Jahre, habe ich den Kupferschläger, Installateur und Pumpenmacher Herrn August Schmits zu Mettmann bei Anlage von Brunnen vielfach zu Rate gezogen, und, auf Grund dessen hervorragender Kenntnisse über die Wasserführung des Gebirges, eine Anzahl von Brunnen für Trinkwasser mit stets sicherem Erfolg an verschiedenen Stellen des im allgemeinen als brüchig und wasserarm bekannten Neandertales und Hochdahler Terrains anlegen lassen, welche sich auch dauernd als gut, gesund und gleichmässig wasserhaltend bewährt haben. Die fachmännische Kontrolle dieser Brunnen und ihrer Querschläge auf genügenden Wasserzufluss vor Ort, während des Abteufens und auch später, wurde gleichfalls stets durch Herrn Schmits ausgeführt. Die für die Brunnen erforderlichen Pumpen und Leitungen, eine Pumpe ausgenommen, hat Herr Schmits geliefert und eingebaut, desgleichen umfangreiche Rohrnetze zur Verteilung des der Hauptleitung des Neandertaler Pumpwerkes entnommenen Betriebswassers auf die verschiedenen Ziegeleiarbeitsplätze und sonstigen Verbrauchsstellen der genannten Actien-Gesellschaft ferner führte derselbe um die Mitte der 1880er Jahre große bauklempnerische und Zinkbedachungsarbeiten beim Umbau des Neandertaler Spinn- und Weberei-Etablissements aus, desgleichen stets auch einen Teil der Erneuerung und Unterhaltung des diversen Betriebsgeschirrs. Nach Inkrafttreten des Dynamitgesetzes lieferte Herr Schmits für die Neandertaler Steinbrüche ein zum Teil aus seiner eigenen Initiative von ihm construiertes System von Sicherheitsapparaten zum gefahrlosen Auftauen von erstarrtem Dynamit und erwarb sich damit die ungeteilte Anerkennung auch der behördlichen und berufsgenossenschaftlichen Aufsichts-Organe. Bei all diesen Leistungen, Lieferungen und Arbeiten, deren Betrag sich auf viele tausende von Mark belaufen hat, und für welche sich nicht immer feste Preisvereinbarungen im Voraus treffen ließen, ist es niemals zu Differenzen und Beanstandungen irgendwelcher Art gekommen. Ich habe Herrn Schmits allezeit als einen kenntnisreichen, zuverlässigen, ruhigen und umgänglichen Mann, als rechtlich denkenden und handelnden tüchtigen Handwerksmeister und Geschäftsmann kennen und schätzen gelernt und rechne es mir zur Ehre, ihm solches hiermit bescheinigen zu dürfen.“
Düsseldorf, Carl-Antonstr. 24, den 24. August 1901
gez. Wilhelm Pasch
In Düsseldorf beteiligte er sich auch in Düsseldorf politisch am öffentlichen Leben. Zweimal wurde er als Kandidat für die Nationalliberale Partei für den Reichstag aufgestellt. In Düsseldorf-Oberbilk gründete er den Arbeiterverein. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 war ein Schlag für sein Unternehmen, da der einzige Sohn Otto Fritz sich kriegsfreiwillig meldete, alle Arbeiter einberufen wurden und damit die Arbeiten eingestellt werden mussten. Als sein Sohn 1920 unerwartet an den Folgen eines Kriegsleidens starb, beschleunigte das auch das Ende meines Urgroßvaters. Er starb 1924.
Urgroßmutter Laura Schmits geb. Nordmann
Meine Urgroßmutter Laura Schmitz geborene Nordmann wurde 1852 in Mettmann geboren, wo sie auch aufwuchs und geheiratet hat. Sie hatte blaue Augen und dunkelblondes Haar von besonderer Länge. Ihre Zöpfe reichten bis zu den Kniekehlen. Da sie ihr Kopfhaar nicht waschen konnte, reinigte sie es durch beständiges Kämmen. Sie war eine musterhafte Hausfrau, die fleißig arbeitete, sehr sparsam, selbstlos und genügsam war. Als kirchengläubige und fromme Person las sie sonntags regelmäßig in der Bibel. Bis ins hohe Alter war sie eitel und legte Wert auf korrekte Kleidung. Ihr Schwiegersohn Ludwig Schröder sagte einmal: „Ich habe meine Schwiegermutter nie mit Hausschuhen gesehen.“ Ernsthafte Krankheiten hatte meine Urgroßmutter, die 1940 starb, nie gehabt.
Großeltern Wilhelm Geisendörfer und Lydia Geisendörfer geb. Schmits
Georg Wilhelm Geisendörfer, der 1873 in Neckargemünd zur Welt kam, war mein Großvater. Grundzüge seines Wesens waren die Bescheidenheit in seinen Bedürfnissen und seinen Ansprüchen an das Leben. Bei dem einfachen Lebensstil, den er mit seiner Familie zunächst in Heidenau und später in Pirna lebte, hatte er dennoch (offensichtlich von seiner Jugendzeit in Straßburg her) Verständnis für kultiviertes Essen und Trinken. Mit seiner Bescheidenheit verband sich eine ausgesprochene Höflichkeit und ein zuvorkommendes Auftreten, das an französische Lebensart erinnerte. Gewandt in der Unterhaltung und vielseitig interessiert, war er gleichwohl zurückhaltend. Schon früh zeigte sich seine Naturliebe. Seit seiner Schülerzeit war er ein ausgezeichneter Naturbeobachter mit einem umfassenden Interesse für Tiere und Pflanzen. Durch einen Lehrer angeregt begann er schon während der Schulzeit mit dem Suchen, Ausschlämmen und der Bestimmung von Foraminiferen („Kammerlinge“, einzellige Lebewesen mit einem vielkammerigen Gehäuse) und setzte dies später als Liebhaberei fort. Seine Untersuchungsergebnisse veröffentlichte er in Fachzeitschriften und bekam dadurch Verbindungen zu Wissenschaftlern im In- und Ausland. Eine Foraminiferenart bekam seinen Namen, da er sie erstmals beschrieben hatte: Vaginulina geisendörferie n. sp. Seine Foraminiferensammlung wurde nach seinem Tod verkauft (Universität Bonn; Geologisches Kabinett im Dredner Zwinger). Seine sicherlich nicht freiwillige kaufmännische Berufswahl beruhte weder auf Neigung noch entsprach sie seinen Fähigkeiten. Für den ungeliebten Beruf eines Kaufmannes fehlten ihm Geschäftigkeit, Geltungsdrang und Erfolgsstreben. Seine Naturliebe erschloss ihm die Sächsische Schweiz. Das historische Pirna mit seiner schönen Umgebung liebte mein Großvater. Daher hatte er wohl auch Angebote für eine berufliche Veränderung abgelehnt. Selbst Soldat und Reserveoffizier im Ersten Weltkrieg hatte ihn der Soldatentod seines einzigen Sohnes Werner in Russland 1941 im Zweiten Weltkrieg tief getroffen. Mein Großvater starb am 22. Februar 1942 in Pirna, wenige Tage vor meiner Geburt.
Meine Großmutter Lisette Agnes Lydia Geisendörfer geborene Schmits kam 1881 in Mettmann zur Welt. Sie war der ganze Gegensatz zu ihrem Mann, der ruhig und besinnlich war. Meine Großmutter war voller Temperament in Haltung und Gefühlen, meist fröhlich, dazu kontaktfreudig und gewandt. Sie liebte die Geselligkeit und hatte gern Menschen um sich. Schnell begeisterte sie sich für andere Menschen und war nicht nur gegenüber ihren Angehörigen, sondern auch gegenüber Freundinnen und Freunden immer hilfsbereit. Meine Großmutter liebte Handarbeiten (Stricken, Sticken, Häkeln). Sie war eine tüchtige Hausfrau und eine gute Köchin. Unermüdlich war sie, wenn es galt, ein Fest zu gestalten. Anders als mein sparsamer Großvater war sie großzügig und in ihrem Unternehmungsdrang schneller zu Geldausgaben entschlossen. Großes Interesse hatte sie an politischen Ereignissen. Auch hier unterschied sie sich von ihrem Mann, wenn sie sich mit Temperament für ihre Anschauungen einsetzte. In der politisch bewegten Zeit nach 1925 gab es oft Auseinandersetzungen in ihrer Familie, wenn ihre erwachsenen Kinder sich für politische Vorgänge nicht so begeisterten wie sie. Meine Großmutter verstarb 1944 in Pirna.