Читать книгу Erinnerungen - Rolf W. Meyer - Страница 6
Оглавление„Wir alle wollen wissen, wer wir sind und woher wir kommen. Ganz gleich, was wir im Leben erreichen, ohne diese Klarheit bleibt eine Leere in uns, ein Gefühl der Wurzellosigkeit.“
Alex Haley (1921–1992)
1 Die Suche nach dem familiären Ursprung
Geschichtliche Ereignisse: | |
1730 | Im August erscheint die erste schriftliche Erwähnung der Schildhornsage durch Jacob Paul von Gundling. |
1731 | Am 2. Februar wird die Oper Poro von Georg Friedrich Händel auf ein Libretto von Pietro Metastasio in London uraufgeführt. |
1739 | In Frankreich kommt es aufgrund von Hungersnöten immer wieder zu Unruhen. Diese Unruhen fördern die Entwicklung der Aufklärung und unterstützen den Gedanken an eine demokratische Lebensweise, die durch die französische Revolution erst Jahre später durch den Sturm auf die Bastille 1789 durchgesetzt werden konnte und zum Fall der Monarchie und des Absolutismus führte. |
Der Stamm Meyer lässt sich nur bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Am 2. August 1730 kaufte der Meister Andreas Meyer, der Einwohner in Ritteburg war, vor dem königlich – polnischen und kurfürstlich – sächsischen Sequestrationsamt Artern von der Witwe Sophie Dorothea Meyer für 300 Thaler Hof, Garten, Haus, Scheune, Stall und Land. Am 6. Februar 1731 erwarb er für 206 Reichsthaler und 21 Groschen Ländereien an Äckern und Wiesen.
Ritteburg liegt bei Artern an der Unstrut, einem linken Nebenfluss der Saale. Es gehörte um 1700 zum „Manfeldschen Kreis“ des Kurfürstentums Sachsen und befindet sich im östlichen Teil der fruchtbaren „Goldenen Aue“, dem Helmetal nördlich des Mittelgebirges Kyffhäuser.
Dies war der historische Boden der Schlacht bei Riade, bei der ein militärisches Aufgebot unter dem Befehl von König Heinrich I. (876–936) gegen ein größeres Heer von Magyaren (Ungarn) gekämpft hatte. Historiker vermuten Riade im Kalbsriether Ortsteil Ritteburg an der Mündung der Helme, einem linken und westlichen Zufluss der Unstrut.
Die zersplitterte Grafschaft Mansfeld war bereits im 15. Jahrhundert in die lehensrechtliche Abhängigkeit der Wettiner gekommen. Zunehmende Verschuldung der durch den Bergbau einst reichen Grafen führte 1570 im Vertrag von Leipzig zu einer Sequestration (Zwangsverwaltung) durch den Kurfürsten August von Sachsen (1526–1586) und durch die geistlichen Landesherrschaften Magdeburg und Halberstadt. Damit gingen wesentliche Bestandteile der Landesherrschaft auf die Sequestrationsmächte über. Schließlich erwarb der Kurfüst August von Sachsen im Jahre 1573 auch die Halberstädter Hoheits- und Lehensrechte. Damit wurde dieser östliche Teil der Goldenen Aue kursächsisches Gebiet.
Über die Herkunft von Andreas Meyer war nichts Genaueres zu ermitteln. Er wird vermutlich im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts geboren sein, ist aber wahrscheinlich nach Ritteburg zugewandert, da er dort im Kirchenbuch nicht verzeichnet ist. Aus dem Traueintrag von 1762 für seinen ältesten Sohn Johann Gottfried Meyer (geboren am 15. April 1717) kann entnommen werden, dass dieser in Wolferstedt, gelegen zwischen Ritteburg und Eisleben, geheiratet hat. Im Taufeintrag des sechsten Kindes von Andreas Meyer, seinem Sohn Johann Michael Meyer (geboren am 28. Mai 1730), wird der Vater als „Meister Andreas, der Schäfer“ bezeichnet. An anderer Stelle wird er als „Kesslerischer Schäfer“, als „Schafmeistert“ (1732) oder „Pachtinhaber des Kesslerischen Gutes“ beschrieben. Auf Grund seines Landerwerbes heißt er später „Einwohner“. Andreas Meyer starb am 9. November 1739 und wurde dort am 11. November 1739 begraben. Die Frau von Andreas Meyer war Maria Christiane geborene Schmied, die am 6. April 1772 in Ritteburg verstarb. Aus der Ehe waren sieben Kinder hervorgegangen.
Historisch interessant ist, dass die Schäferei schon vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) und bis in das 18. Jahrhundert hinein in hoher Blüte stand. Die Schafwirtschaft war bedeutungsvoller als die Pferde- und Schweinezucht. Daher genoss der Schäfer höheres Ansehen als andere Hirten. Schäfer brachten es oft zu beträchtlichem Wohlstand und bewirtschafteten Güter nur mit großen Schafherden. Schafwolle war ein wertvoller Rohstoff gewesen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts führte die Ablösung und Aufhebung der Weiderechte, vor allem in Wäldern, und der Verfall der Wollpreise mit dem Aufkommen der Baumwolle allerdings zum Niedergang der Großschäferei.
Die Bezeichnung „Meister“ ist nicht im Sinne des modernen Gewerberechts zu verstehen. Sie ist eine allgemeine Bezeichnung, die Berufen zugesetzt wurde. „Keßlerischer Schäfer“ wird bedeutet haben, dass Andreas Meyer ein einstmals herrschaftliches Gut einer Familie dieses Namens in Pacht oder Lehn bewirtschaftete oder auch der Schafmeister des Gutes in dessen Dienst war.
Das sechste Kind von Andreas Meyer, sein Sohn Johann Michael Meyer (1730–1796), lebte in Ritteburg als Landwirt und war zweimal verheiratet gewesen. Seine Ehefrau in zweiter Ehe war Christiane Augustine (1755–1814), die Tochter des Pachtschäfers Johann Andreas Werfel aus Unterröblingen. Sie hatten, mit dem Kind aus der ersten Ehe, sieben Kinder, unter deren Paten wiederholt Schäfer genannt werden.
Das sechste Kind aus der zweiten Ehe, Johann Gottlob Meyer (1789–1861) wurde Müller. Er verließ, offenbar dem Wandertrieb dieses Handwerks folgend, die Heimat und heiratete am 14. Januar 1820, in Markleeberg bei Leipzig die 28jährige Tochter Johanna Magdalene des „Pferdners und Nachbarn“ Johann Daniel Otto aus Beucha bei Borna, der ein gelernter Brauer war. Johann Gottlob Meyer muss es zu Wohlstand gebracht haben, denn schon bei der Geburt seines zweiten Sohnes, Friedrich Otto (1830–1901), ist er Pachtmüller in Markleeberg. Seit etwa 1850 hat er das Rittergut Probstdeuben als Pächter bewirtschaftet. 1863 wird er als Rittergutspächter in Probstdeuben bezeichnet. Johann Gottlob Meyer verstarb im Alter von 72 Jahren in Probstdeuben, seine Frau Johanna Magdalene im Alter von 76 Jahren in Herlasgrün. Der zweite Sohn von Johann Gottlob und Johanna Magdalene Meyer, Friedrich Otto Meyer, war mein Urgroßvater.
Nebenbei bemerkt
Der Familienname Meyer tritt allein in den Kaufverträgen mehrmals auf (Sophia Dorothea Meyer, Hausvogt Jakob Meyer). 1713 werden als Paten der Gemeindebäcker Hans Jakob Meyer und die Witwe Maria des Christian Meyer genannt. 1936 war in Ritteburg noch ein Landwirt mit dem Namen Friedrich Meyer (geboren 1879) ansässig, der zwei Brüder hatte (geboren 1887 und 1892). Von ihnen kam der Hinweis, dass „nach mündlicher Überlieferung die Vorfahren aus Schlesien gekommen seien“.