Читать книгу Küsse am Meer - Rosita Hoppe - Страница 10
Оглавление6. Kapitel
Als Pauline gegen Abend durch die Eingangstür in die Pension trat, kam Jule gerade die Treppe heruntergerannt. „Sag mal, wo warst du denn? Ich habe mir wahnsinnige Sorgen gemacht.“ Im Erdgeschoss angekommen stemmte Jule ihre Hände in die Hüften und baute sich vor Pauline auf. Sie sah verärgert aus.
„Ich hab dir doch einen Zettel auf den Küchentisch gelegt.“
„Ja, hast du. Was meinst du, wie mir zumute war, als ich bei dem Unwetter vorhin deine Nachricht Ich geh vom Leuchtturm über’n Strand nach Wittdün gelesen hab.“ Jules Gesicht war vor Empörung rot angelaufen und stand in merkwürdigem Kontrast zu ihren wilden karottenroten Haaren. „Ich bin hier rumgerannt wie ein Tiger im Käfig. Zuerst habe ich versucht, dich auf dem Handy zu erreichen. Bis ich es zufälligerweise vom Flur aus in deinem Zimmer hab klingeln hören.“
„Tut mir leid, der Akku war alle. Da hab ich es zum Aufladen in die Steckdose gesteckt.“
„Hab ich auch gemerkt. Mensch Pauline! Echt! Ich war drauf und dran mich ins Auto zu setzen und nach Wittdün zu düsen. Doch wo hätte ich dich finden sollen? Ich wusste ja nicht, wann du los bist und ob du es noch vor dem Gewitter in den Ort geschafft hattest.“
Pauline sackte in sich zusammen. Sie war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass sich Jule Sorgen um sie machen würde. Sonst hätte sie von Paul aus bei ihr angerufen. Verdammt. Erst hatte sich Paul um sie gesorgt und dann Jule. War sie wirklich so leichtsinnig gewesen oder übertrieben es die beiden mit ihrer Fürsorge? Pauline warf die Tüte mit den nassen Kleidern auf den Boden, eilte zu Jule und umarmte ihre Freundin. „Och Jule. Beruhige dich. Es ist alles gut. Ich bin wieder hier.“
„Erschreck mich nie wieder so. Sonst kündige ich dir die Freundschaft.“ Jule rückte ein wenig von Pauline ab.
„Und überhaupt, wie siehst du aus? Hast du einen Altkleidercontainer geplündert?“ Sie schlug ihre Hände über dem Kopf zusammen. „Hoffentlich hat dich keiner meiner Gäste gesehen.“
Pauline konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und hakte sich bei ihrer besten Freundin unter. „Komm, lass uns in die Küche gehen, dann erzähle ich dir, wer mich am Strand aufgelesen hat.“
„Das Schicksal scheint euch ja immer wieder zusammenzuführen – oder der Zufall.“ Jule hatte sich beruhigt und lauschte Paulines Bericht.
„Du musst ihn unbedingt kennenlernen. Du wirst ihn mögen.“
„So weit ist es schon bei euch? Wie heißt er eigentlich?“
„Paul. Pauline und Paul. Komischer Zufall oder? Wir treffen uns morgen Nachmittag hier in Norddorf im Eiscafé. Du könntest mitkommen.“
„Paul, soso.“ Jules Gesicht verdüsterte sich.
„Was hast du?“
„Ich kannte mal einen Paul, früher.“ Jule zupfte an den Fransen der Tischdecke herum. „Wie sieht der Typ aus, mit dem du dich triffst?“
Jules Verhalten irritierte Pauline. „Wird das ein Verhör?“
„Also, wie sieht er aus?“
„Schlank, blonde Locken, braun gebrannt. Wieso? Glaubst du, du kennst ihn?“
Jule atmete sichtlich erleichtert aus. „Wohl nicht. Der, den ich mal kannte, hatte kurz geschorene Haare. Ich bin froh, dass dein Paul ein anderer ist.“
„Ich verstehe nicht ganz.“
„Musst du auch nicht. Ist Jahre her und ich will nicht darüber sprechen.“
Obwohl ihre Auskunft Jule beruhigt hatte, wollte Pauline der ominösen Fragerei auf den Grund gehen. „Nun sag schon, was hast du?“
Jule schüttelte den Kopf, als wollte sie eine ungute Erinnerung abschütteln. „Vergiss es“, sagte sie mit Nachdruck.
Pauline hätte gern mehr erfahren, aber sie mochte nicht weiter in Jule dringen. Vielleicht würde sich ein anderes Mal mehr aus Jule herauslocken können. „Was ist? Kommst du morgen mit?“
„Es ist deine Verabredung, was soll ich da?“
„Du könntest rein zufällig vorbeikommen.“
„Mal sehen. Habe ich recht mit der Vermutung, dass du meine Meinung über ihn hören möchtest?“
Pauline zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Jedenfalls finde ich es blöd, dass du nicht weißt, über wen wir sprechen und mit wem ich mich treffe.“
„Oh, dein Vertrauen ehrt mich.“ Jule beugte sich über den Küchentisch, an dem sie mittlerweile Platz genommen hatten. Sie zwinkerte Pauline zu. „Ich werde dir zu gegebener Zeit mein Urteil mitteilen.“
Pauline kicherte. „Da bin ich echt gespannt drauf.“ Sie atmete tief durch und streckte sich. „Danke, dass du mir nicht mehr böse bist.“ Pauline erhob sich. „Ich geh rauf und zieh mich wieder öffentlichkeitstauglich an.“
„Hoffentlich begegnest du keinem meiner Gäste. Hast du eigentlich gar keinen Hunger?“
„Nein, Mama. Ich hab oben noch ein bisschen Obst. Das muss genügen.“ Pauline seufzte und kniff sich in die Hüften. „Hab da viel zu viel Speck.“
„Warte mal“, rief Jule, als Pauline mit der Wäschetüte unterm Arm schon halb die Treppe hinauf war. „Da ist Post für dich.“ Sie kam in den Flur gelaufen und wedelte mit zwei Umschlägen über ihrem Kopf.
„Beide vom Arbeitsamt.“ Pauline riss die Umschläge auf.
„Ich hab’s geahnt“, murmelte sie und ließ sich auf eine Treppenstufe plumpsen. „So ein Mist. Zwei Monate kein Geld.“
„Was steht im zweiten Brief?“
Pauline riss auch das zweite Kuvert auf und zog den Briefbogen heraus. „Das ist ein Jobangebot. Werbeagentur in Bremen, ab nächsten Monat.“ Pauline tippte sich an die Stirn. „Die spinnen wohl. Ich geh doch nicht nach Bremen. Was soll ich da?“
„Du musst das ja nicht annehmen. Es findet sich bestimmt noch was anderes.“
„Das werde ich auch garantiert nicht tun. Was denken die sich eigentlich? Dass ich meine Wohnung in Hameln auflöse und woanders hinziehe? Niemals.“ Pauline erhob sich und straffte ihre Schultern. „Jule, so sehr es mir auch bei dir gefällt, ich muss endlich auf Jobsuche gehen. Hab das schon viel zu lange schludern lassen.“
„Mach das, Süße. Auch, wenn ich dich gern noch einige Wochen hier behalten würde, schätze ich, dass du mit dem bisschen Geld, dass du bei mir verdienen kannst, nicht lange über die Runden kommen wirst.“
„Leider. Das wäre mein Traumjob – na ja, fast.“ Pauline winkte Jule noch einmal zu und stapfte hinauf in ihr Zimmer.
Nachdem sie die nassen Kleidungsstücke über die Duschwand gehängt hatte, legte sich Pauline mit dem Laptop aufs Bett. Sie trug immer noch Pauls Sachen und sie wollte sie anlassen, solange sie auf ihrem Zimmer blieb. Auf diese Weise fühlte sie sich Paul nahe und hoffte, die Zeit in seinem Haus viel besser nachspüren zu können. Während der Laptop hochfuhr, stopfte sich Pauline das Kopfkissen hinter ihren Rücken und schob ihre kalten Füße unter die Bettdecke. Was Paul wohl gerade machte? Ob er an sie dachte? Die Erinnerung an den Moment, wo er sich zu ihr herabbeugte, seine blonden Locken sich um sein Gesicht kringelten und er ihr ganz tief in die Augen blickte, bescherte ihr auch nachträglich noch eine Gänsehaut. Dieser Kuss! Pauline schloss die Augen und spürte ganz deutlich seine Nähe. Fast konnte sie den Druck seiner Lippen spüren, die Leidenschaft, mit der er sie berauscht hatte. Pauline seufzte genießerisch und kuschelte sich tiefer unter die Bettdecke. Sie sehnte sich nach weiteren Küssen. Wenn sie ihn doch wenigstens anrufen könnte. Doch blöderweise hatten sie ihre Telefonnummern nicht ausgetauscht, wie ihr gerade auffiel. Das durfte sie beim nächsten Mal auf keinen Fall vergessen.
Pauline riss sich von ihren Erinnerungen los und startete konzentriert die Suche nach einem Arbeitsplatz. Nach mehr als einer Stunde gab sie es auf. Nicht nur auf dem Portal der Arbeitsagentur, sondern auch auf mehreren anderen Jobportalen, hatte sie nach einem passenden Angebot gesucht. Mit dem niederschmetternden Ergebnis, dass keine Werbeagentur im Umkreis von Hameln und Hannover einen freien Arbeitsplatz anbot, hatte sie nicht gerechnet. Dennoch kam Bremen überhaupt nicht infrage. Außerdem war das Angebot auf lediglich ein Jahr befristet. Frustriert gab Pauline die Suche auf, stellte aber noch ihr Profil auf den Portalen für Jobangebote online. Vielleicht würde sie auf diese Weise ein ansprechendes Angebot bekommen. Bevor sie den Laptop ausschaltete, kontrollierte sie ihr E-Mail-Fach. Schon wieder eine Nachfrage von Frau Mölder, die Pauline mit den Worten beantwortete, dass sie sich in den nächsten Tagen telefonisch melden würde. Sie fürchtete sich vor dem Moment, an dem sie erklären musste, dass sie immer noch kein Konzept entworfen hatte. Hoffentlich schaffte sie es, ihre Lektorin ein weiteres Mal zu vertrösten. Aber vielleicht würde die Idee über Nacht kommen. Pauline nahm sich fest vor, den Anruf nicht auf die lange Bank zu schieben. Dennoch war sie froh, dass es inzwischen zu spät war, um sie noch erreichen zu können. Sie fuhr den Laptop herunter und klappte ihn energisch zu.
Pauline konnte es kaum erwarten, bis sie endlich zu ihrer Verabredung aufbrechen konnte. Am Morgen, noch vor dem Frühstück, war sie eine Runde gejoggt. Die Strecke, die sie mittlerweile am Stück und ohne zusammenzubrechen, schaffte, hatte sie um schätzungsweise zweihundert Meter verlängern können. Sie war stolz auf ihre bisherige Leistung, die sich mit der Zeit aber sicher noch steigern ließ. Denn sie wollte ihre Speckrollen, die, wie sie vermutete, hauptsächlich vom Eisessen kamen, loswerden. Das würde ein hartes Stück Arbeit werden, das war ihr klar. Denn eines stand für sie fest. Sie würde nicht ganz auf den Genuss ihrer Lieblingsspeise verzichten können – geschweige denn wollen. Reduzieren, aber nicht aufgeben. Der Vormittag war ausgefüllt mit Betten machen, Gästezimmer und Treppenhaus reinigen. Erst jetzt, wo sämtliche Zimmer der Pension Jule belegt waren, hatte Pauline das Gefühl, nicht nur für lau hier zu wohnen.
Als Pauline am Nachmittag aufbrach, wischte Jule gerade die Stufen im Eingangsbereich.
„Kommst du nachher in der Eisdiele vorbei?“, fragte Pauline.
Jule ließ ihren Lappen in den Wischeimer fallen und sah auf. „Mal sehen, ob ich das schaffe. Ich habe noch einiges zu tun.“
„O bitte. Ich helfe dir auch später.“
Jule lachte. „Na gut. Wenn es dir so wichtig ist.“
„Danke.“ Pauline warf Jule eine Kusshand zu. „Bis später!“ Schwungvoll wirbelte sie ihre Umhängetasche durch die Luft und ging beschwingt und erwartungsvoll in Richtung Eiscafé. Erst, als sie an der nächsten Straßenecke Pensionsgäste entdeckte, die ihr entgegen kamen, zügelte sie sich und ging gemäßigten Schrittes weiter. „Hallo, Herr Krämer, Frau Liebig. Einen schönen Tag noch.“ Sie lächelte dem Paar entgegen, das ihr freundlich zunickte.
Ob er schon auf sie wartete? Wenige Meter vor dem Eiscafé bimmelte hinter Pauline eine Fahrradklingel. Sie drehte sich um und entdeckte Paul, der mit wehenden Locken auf einem Rennrad heranstürmte. Mit quietschenden Bremsen hielt er neben ihr an.
„Hallo, schöne Frau“, grüßte er und lachte.
„Hallo, Paul.“ Bei seinem Anblick wurde ihr ganz warm ums Herz. Wieso nur hatte sie ihm eine Woche lang widerstehen können?
Paul schwang sich vom Rad und beugte sich zu Pauline. „Schön, dich zu sehen“, sagte er und küsste sie auf den Mund. In Paulines Bauch flatterte es heftig. Was war nur los mit ihr? Konnte es sein, dass sie sich Hals über Kopf in diesen Mann verknallt hatte? Nein, sagte sie sich gleich darauf. Vermutlich reagierte sie auf Pauls Gesten, weil sie ihr guttaten und weil Ralf sie so sehr verletzt hatte.
Die letzten Meter bis zum nächsten Fahrradständer schob Paul sein Rad und kettete es dort an. Pauline wartete vor dem Eingang des Eiscafés. „Drinnen oder draußen?“, rief sie.
„Lieber draußen, falls es dir nicht zu kalt ist.“
Die Auswahl freier Plätze war groß. Die meisten Gäste saßen vermutlich drinnen, da es bedeckt war und ein kühler Wind wehte. Aber Pauline machte das nichts aus, denn sie trug ihre kuschlige Fleecejacke. Sie nahmen an einem Tisch dicht am Haus Platz.
„Bist du gut nach Hause gekommen?“, fragte Paul.
„Ja, kein Problem. Aber mich erwartete gleich das nächste Donnerwetter.“
„Wieso das?“
„Meine Freundin hat sich mächtig aufgeregt, weil ich bei dem Gewitter unterwegs war.“
„Nicht zu unrecht“, sagte Paul und rückte ein wenig näher an Pauline heran.
„Jedenfalls hatte sie versucht, mich auf dem Handy zu erreichen, das ich leider nicht dabei hatte, weil der Akku leer war. Sie war außer sich vor Sorge.“ Pauline seufzte.
„Zugegeben, mir wäre es ebenso ergangen.“
„Ist ja noch mal gut gegangen. Aber du solltest vor solchen Unternehmungen wirklich auf den Wetterbericht achten.“ Paul räusperte sich. „Du kannst mir glauben, ich weiß, wovon ich rede.“
„Ich verspreche es.“ Bei der Bedienung bestellte Pauline einen Cappuccino.
„Kein Eis heute?“ Paul zwinkerte ihr zu.
„Hab in letzter Zeit zu viel gesündigt.“ Pauline winkte noch einmal der Bedienung. „Egal, heute darf ich noch mal. Entschuldigung, bitte doch den Joghurtbecher, aber ohne Sahne.“ Sie warf einen Blick auf Paul. „Und du?“
„Ich bin nicht so der Eistyp. Ich begnüge mich mit einem doppelten Espresso.“
Pauline grinste und zwinkerte Paul zu. „Du hast keine Ahnung, was dir entgeht. Aber vielleicht lasse ich dich probieren.“
„Ich bin gespannt.“ Paul lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, streckte seine Beine seitlich neben dem Tisch von sich und verschränkte seine Hände hinterm Kopf. „Wo wohnst du eigentlich?“
„In Hameln.“
„Und hier?“
„Hier in Norddorf, in der Pension meiner Freundin.“
„Wie lange bleibst du?“
„Ich hoffe, es dauert noch eine Weile, bis ich zurückmuss. Das hängt von verschiedenen Dingen ab, die noch in der Schwebe sind.“
Paul beugte sich vor. „Ich hoffe, dass diese Dinge noch recht lange in der Schwebe bleiben.“ Er zupfte an einer von Paulines kurzen Haarsträhnen. „Dann könnten wir uns noch oft treffen.“
„Warum willst du das?“ Paulines Herz raste plötzlich und sie wartete gespannt auf seine Antwort.
Er lächelte und sein Gesicht kam näher. „Weil du mir gefällst.“ Fast berührten seine Lippen ihre Wange. „Weil dein Anblick mich um den Verstand bringt … und weil ich dich immer und immer wieder küssen möchte.“ Das setzte Paul gleich in die Tat um. Er legte seine Handflächen an ihre Wangen, blickte ihr so tief in die Augen, dass ihr ganz schwummrig wurde, und verschloss ihre Lippen mit seinen.
Seine Worte waren die gleichen, die ihr auf der Seele brannten, er sprach ihr aus dem Herzen. Sie öffnete ihre Lippen und gewährte ihm Einlass. Mit jedem Kuss, den sie tauschten, sehnte sie sich mehr nach seiner Nähe. War das nach so kurzer Zeit überhaupt möglich?
Beim typischen Geklapper, das ein Löffel auf einem Teller hinterlässt, fuhren die beiden auseinander. Gerade stellte die Servicekraft die Espressotasse auf den Tisch. Der Eisbecher stand schon vor Pauline, sie hatte gar nicht bemerkt, dass die Dame ihn abgestellt hatte. Wortlos, aber mit einem missbilligenden Kopfschütteln, entfernte sich die Kellnerin.
Lachend nahm Paul die Espressotasse und trank den ersten Schluck.
Pauline kostete von ihrem Eis. Es schmeckte mal wieder sagenhaft gut. Dieses Gefühl, wenn die eiskalte Köstlichkeit auf der Zunge zergeht … hach, einfach himmlisch. Sie häufte eine stattliche Portion auf ihren Löffel und hielt ihn Paul hin. „Magst du?“
Wortlos umfasste er ihre Hand und führte den Löffel zu ihrem Mund. „Ja“, murmelte er. „Aber nicht vom Löffel.“ Pauline verstand erst nicht, leckte aber gehorsam den Löffel ab. Paul starrte mit unbeweglicher Miene auf ihren Mund. Schließlich beugte er sich vor und küsste sie. Er berührte nicht nur einfach ihre Lippen. Er spielte mit ihrer Zunge, saugte an ihr und berührte jeden Winkel ihres Mundes. Meine Güte, er küsste göttlich. Atemlos und mit geschlossenen Lidern blieb Pauline einen Moment regungslos sitzen, als Paul von ihr abließ.
„Köstlich“, murmelte er.
Nach einer Weile kam sie wieder zu Besinnung. „Paul, wir sind hier in der Öffentlichkeit“, stammelte sie.
Paul zuckte mit den Schultern, blieb aber dicht bei Pauline sitzen. „Wie ich schon sagte, du machst mich verrückt.“ Er wies mit dem Kopf zu ihrem Eisbecher. „Iss lieber, bevor es schmilzt.“
Später gingen sie zum Strand. Paul schob sein Rad mit einer Hand und hatte den anderen Arm um Paulines Schulter gelegt. Auf dem Weg dorthin begegnete ihnen Sörens.
„Hallo, Herr Sörens. Schöner Tag heute.“ Pauline winkte ihm fröhlich zu. Verwundert registrierte sie den kurzen finsteren Blick, mit dem Jules ständiger Helfer sie bedachte. Auf ihren Gruß hatte er auch nicht reagiert. Merkwürdig. Aber vielleicht war er in Gedanken gewesen und hatte sie gar nicht wahrgenommen.
Es war ein schönes Gefühl, gemeinsam mit Paul durch den Ort zu spazieren. Pauline fühlte sich pudelwohl neben ihm. Paul kettete sein Rad am Strandparkplatz an. Arm in Arm schlenderten sie über den Holzsteg und die Stufen zum Strand hinunter. Pauline ließ sich auf der untersten Stufe nieder und zog Schuhe und Strümpfe aus. „Es ist toll, barfuß durch den Sand zu laufen.“
Es war gerade Flut und so kamen sie ziemlich rasch am Wasser an. Pauline ließ ihre Schuhe in den Sand fallen, krempelte ihre Hosenbeine hoch und planschte vergnügt durchs kalte Wasser. „Was ist mit dir? Traust du dich nicht?“, rief sie Paul zu und sprang hoch, als die nächste Welle anrollte. Sie verschätzte sich und landete, als das Wasser am höchsten war. Mit dem Ergebnis, dass es bis an ihre Hosenbeine spritzte. „Macht nichts, ich liebe es.“
Paul sah ihr lächelnd zu.
„Was ist? Hast du Angst vorm Wasser?“
Paul blieb stehen, wo er gerade stand, und schüttelte den Kopf. Er breitete seine Arme aus. „Komm schon, du Verrückte.“
Lachend stürmte Pauline auf ihn zu. Kurz vor ihm blieb sie abrupt stehen. Einen Augenblick ließ sie den Anblick auf sich wirken, wie er da mit wehenden Locken vor ihr stand. Die Sonne, die sich gerade durch die Wolken gekämpft hatte, schien ihm ins Gesicht. Der Strand und die Dünen im Hintergrund leuchteten hell. Dazu bunte Farbtupfer in Form von Menschen und Strandkörben. Immer noch hielt er seine Arme ausgebreitet. Noch ein Schritt, dann lag sie in seinen Armen und schmiegte sich an ihn. Sein Herz hämmerte ebenso wie ihres. Sie blickte zu ihm auf und schlang ihre Arme um seinen Hals. Mit einem verschmitzten Lächeln küsste sie ihn. Seine Lippen schmeckten nach Wind und Meer, was Pauline erstaunte. Sie schaltete ihre Gedanken aus und genoss die Zärtlichkeiten, die Paul ihr schenkte.
Minuten später schlenderten sie ein Stück am Strand entlang bis dahin, wo kaum noch Menschen entlang kamen. Dort setzten sie sich in den Sand. Pauline genoss das Zusammensein und einen winzigen Moment lang wünschte sie sich, bis ans Ende ihrer Tage mit Paul hier sitzen zu können.