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Kapitel 2

Ich hörte lange Zeit nichts von Sophie. Die Verbindung mit ihr war seltsam, anders als die Bekanntschaften mit anderen Frauen in dieser Zeit. Wenn Sophie da war, herrschte eine Vertrautheit und eine Nähe, die alles andere ausblendete. Dann verschwand Sophie wieder für Monate, und es war, wie wenn ein Schalter umgelegt, das Licht ausgeknipst würde. Sophie rückte dann in den Hintergrund, um plötzlich wie aus heiterem Himmel wieder in mein Leben zu treten.

Ich hatte den Eindruck, dass Sophie eine schwere Zeit durchmachte. Sie gab sich aber verschlossen, wollte nicht darüber reden. Einmal sassen wir mit ein paar Kollegen zusammen. Danach fasste sie den Abend knapp zusammen: «Die sind auch nicht besser als die Stammtischhocker im Hirschen oben.» Von meiner Mutter vernahm ich, dass Sophie eines Tages, ohne sich zu verabschieden, aus der Stadt weggezogen war. Ab und zu traf eine Postkarte von ihr ein, alles Gute zum Geburtstag, frohe Weihnachten und dergleichen Belangloses. Ich warf die Karten nach wenigen Tagen weg, es lohnte sich nicht, sie aufzubewahren.

Mein Leben glitt ruhig und sanft dahin, wie ein gut geöltes Rollband, das von Erler entworfen worden war. Die Ausbildung war abgeschlossen, und ich trat ins Büro meines Vaters ein. Alles verlief, wie es seit langem vorbestimmt war. In der Freizeit tüftelte ich spielerisch an allerhand Basteleien herum. So entwickelte ich geräuschlos gleitende Kleiderbügel, einen sich selbst leerenden Briefkasten und eine Katzenpforte, die nur die eigene Katze ins Haus liess, um nur einige Beispiele zu erwähnen. In dieser Zeit entstand auch das Konzept zur Entwicklung der doppelten Wäscheklammer.

Zwischendurch verbrachte ich mit den Eltern ein paar Ferientage im Dorf. Vater sprach immer öfter vom Ruhestand und dass er nur noch fischen und faulenzen wollte. Mutter vertraute mir an, dass sie planten, in Zukunft für zwei, drei Monate im Jahr nach Toss zu ziehen, die Bergluft würde ihnen gut tun, aufs Alter. Toss war inzwischen der Welt näher gerückt. Der Weg hinauf ins Dorf war jetzt weniger umständlich. Die Strasse war durchgehend asphaltiert und verbreitert worden. Neuerdings fuhren regelmässig Postautos bis ins Dorf hinauf, das einst bescheidene Postbüro hatte mehr Betrieb. Vater verstaute den Gepäckberg lächelnd in der «Zitrone», wie der heiss geliebte Citroën CX genannt wurde, und fuhr durch bis vor die Casa Anderegg. Toss war attraktiv geworden, ein ruhiges, ursprüngliches Bergdorf, gut zu erreichen und bestens geeignet, um ein paar Tage auszuspannen. Obwohl ich häufig an Wochenenden in Toss war, hatte ich Sophie leider nie angetroffen, liess ihr aber Grüsse ausrichten. Ich erhielt nie eine Antwort von ihr, sie schwebte wohl mit ihrem neuesten Verehrer auf Wolke sieben.

Ein paar Jahre später, als die alten Andereggs das Bauern aufgaben und die Jungen den Erwerbsmöglichkeiten ins Tal nachzogen, richteten sich Vater und Mutter als Dauermieter in der Ferienwohnung im Chalet ein. Wenn die Andereggs im Tal unten waren, bei den Söhnen und Grosskindern, schaute Vater in der Casa zum Rechten. «Hauswart war schon immer mein heimlicher Traumberuf!», witzelte er, als wir zu einer seiner Dorfrunden aufbrachen. «Man könnte meinen, er sei zudem noch der Abwart im Hirschen drüben», frotzelte die Mutter, als sie sanft die Türe hinter uns schloss.

Sieben Berge

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