Читать книгу Blindenführhund Tessy - Mein Leben auf der Gerstlfarm - Rosmarie Gerstl - Страница 7
ОглавлениеJahrhundertsommer 2003
Ich sag euch, mir ist vielleicht warm. Jetzt hat es doch schon seit gut drei Monaten so eine Hitze. Fast durchgehend 35 Grad und mehr und es ist kein Ende in Sicht. Wir haben jetzt gerade Anfang August. Wie lange wir hier wohl noch dahinschmoren müssen? Nicht mal in der Nacht kann man die Fenster aufmachen, weil es hier kaum abkühlt Da werde ich überhaupt nicht mehr fertig mit hecheln. Wir treffen uns morgens um fünf Uhr schon mit Sancho und seinem Frauchen auf dem Feld, aber dann bis sieben Uhr spätestens sind wir wieder zu Hause. Da fängt es schon wieder an dampfig zu werden. Während des Tages verkriechen wir uns dann ins Haus. Da ist es angenehm mit Klimaanlage. Wir können ganz selten was unternehmen, weil es einfach viel zu heiß ist. Wenn Frauchen jetzt unbedingt irgendwo hin muss, fährt sie mit dem Taxi. Ich würde mir ja die Pfoten verbrennen auf dem heißen Teer. Das ist echt Wahnsinn.
Rosi leidet sehr unter dieser Situation. Den ganzen Tag im Haus, das ist nichts für mein Frauchen. Sie ist total verzweifelt, weil es ihr echt schlecht geht, auch gesundheitlich.
Die Region Kaiserstuhl ist ja bekannt für ihr mildes Klima und den Weinanbau, aber das ist dann doch zu viel des Guten. Wenn sogar gebürtige Kaiserstühler über die andauernde Hitze klagen, muss das schon was heißen. Rosi muss sich was überlegen, so kann es nicht weitergehen. Wer weiß, wie die nächsten Sommer werden.
Wir kommen gerade heim von unserem morgendlichen Spaziergang, da nimmt sich Rosi ihren ganzen Mut zusammen und jetzt muss es raus. Joe steht gerade im Hof, da sagt Rosi zu ihm:
„Du Schatz, mir geht es verdammt schlecht hier mit dieser Hitze. Ich gehe hier ganz jämmerlich ein, wenn ich noch länger hierbleibe. Komm, lass uns woanders hinziehen!“
Ich hörte den Stein plumpsen. Jetzt war es meinem Frauchen leichter ums Herz. Joe wollte natürlich auch nicht alleine hierbleiben. Er litt zwar nicht ganz so unter dieser Situation, weil er einfach nicht so ein Rennbesen ist wie mein Frauchen, aber so glücklich war er auch nicht mit dieser Wahnsinnshitze. Das hält ja keiner aus.
So jetzt, lange Rede, kurzer Sinn: Die zwei Gerstls beschlossen kurzerhand, eine neue Heimat zu suchen für die Gerstlfarm. Nur wohin sollte die Reise gehen? Noch einmal ganz neu anfangen in einer neuen Umgebung, wie vor sechs Jahren hier in Wyhl, das ist schon verdammt anstrengend für zwei Blinde. Also sollte es irgendwo hingehen, wo sich wenigstens einer der beiden auskennt. Nach einigen Überlegungen beschlossen die beiden dann, ein geeignetes Objekt in Rosis Heimatregion für uns zu suchen.