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Hauptsache, es ist möglich Markus Rupert

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Dass es ein besonderer Einsatz werden würde, war mir schon bei der Anfahrt in der stickigen und überfüllten Straßenbahn klar. Als Treffpunkt mit meiner Clown- und Schauspielkollegin hatten wir die Haltestelle der Straßenbahn ausgemacht. Ich war froh, als ich aussteigen durfte, eine frische Brise wehte mir ins Gesicht, als meine Kollegin kam. Sie war mit dem Fahrrad unterwegs.

In der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie angekommen, wurden wir vom Pflegepersonal genauestens über den Zustand der kleinen Patientinnen und Patienten aufgeklärt, und in diesem Moment dachte ich mir: »Wie soll das gehen?«

Die familiären Situationen beziehungsweise der Alltag, in dem diese Kinder aufwachsen, scheinen nicht viel Platz für Spaß oder Humor zu lassen. All diese Krankheitsbilder, die zum überwiegenden Teil keine organischen oder körperlichen Ursachen haben, sondern vielmehr in den äußerst schwierigen sozialen und familiären Lebensumständen wurzeln, kamen mir wie eine unüberwindbare Mauer vor.

Vielleicht wäre es für mich besser gewesen, wenn ich diese Übergabe schon im Kostüm, schon als Clown Harald gemacht hätte, denn nach dem Umziehen sah die Welt ganz anders aus. Für mein Alter Ego Harald existierte keine Mauer und auch kein ach so schwieriger Lebensumstand. Er konnte gemeinsam mit Clownin Lisl Ribisl einfach drauflos marschieren und jedes einzelne Kind und jeden Jugendlichen besuchen, ihnen offen begegnen, so wie sie eben sind. Dieses Nicht-Bewerten macht für mich den Zauber unserer Arbeit in den Spitälern aus und diese Haltung wurde auch bei unserem Einsatz belohnt: mit der herzlichen Offenheit der Kinder und Jugendlichen.

So begann ein etwa achtjähriger Bub spontan mit uns Kinderlieder zu singen, obwohl er uns bei der Übergabe als äußerst schwierig beschrieben wurde. Er brachte uns sogar bei, wie man ein Dampfschiff aus Papier falten kann, was für manchen Clown schon eine sehr große Herausforderung sein kann. Dabei saßen wir zu dritt am Tisch in seinem Zimmer und er erklärte uns Schritt für Schritt, mit geduldiger und freudiger Mine das Schiffleinfalten, kurz, wir hatten eine schöne Zeit mit ihm und von Schwierigkeiten gab es keine Spur.

Mit einem anderen, älteren Jungen, mit dem die Kommunikation schwierig sein sollte, weil er gerne viele Schimpfwörter verwende und sein Gegenüber nicht ernst nehme, hatten wir eine Schattenboxpartie. Dabei bewegten wir uns ganz langsam in Zeitlupe, nach ganz klaren Regeln, die er nicht nur einhielt, sondern auch einforderte, als Harald versuchte, ein ganz kleines bisschen zu schwindeln. Dafür wurde er natürlich ordentlich geschimpft. Und aus dem Geschimpfe machten meine Clownkollegin Lisl und ich einen Rap mit seiner wortreichen Unterstützung.

Eine 13-jährige Patientin erklärte Lisl, wie man am besten einen Liebesbrief schreibt und ihn dann Clown Harald unbemerkt zusteckt. Da das Schreiben nicht Lisls Stärke war, brauchte sie viel Hilfe von der jungen Patientin, und auch das mit dem heimlichen Zustecken erwies sich als schwieriger als erwartet, denn Harald ist immer auf der Hut. Es ist dann auch nicht gelungen, aber die zwei haben sich sowieso sehr gern, mit und ohne heimlichen Liebesbeweis.

Und so absolvierten wir an diesem Nachmittag viele Besuche, es war eine spannende und schöne Erfahrung. Als Lisl Ribisl und ich wieder in unserer Zivilkleidung waren, dachte ich mir: »Wie war das möglich?« Clown Harald würde daraufhin sagen: »Ob und wie ist doch nicht wichtig, Hauptsache, es ist möglich.«


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