Читать книгу Seewölfe Paket 22 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 44
1.
ОглавлениеBarry Winston aus der Crew der Roten Korsarin stammte aus England und war über vierzig Jahre alt. Gut die Hälfte seines Lebens hatte er nicht in seiner Heimat zugebracht, sondern auf See und in fernen, fremden Ländern, in denen er gelernt hatte, wie verschiedenartig und gegensätzlich die Menschen in ihren Gewohnheiten, in ihrem Glauben und ihren Sitten waren. Er hatte Unglaubliches erlebt, und daher gab es kaum noch etwas, das ihn erschüttern konnte.
Eine Glatze hatte dieser Barry Winston, außerdem fehlte ihm das linke Ohr, doch nie hatte jemand gewagt, ihn deswegen aufzuziehen. Er war ein starker Mann. Jahrelang hatte er sich in der Karibik als Pirat durchgeschlagen, bis er zu Siri-Tong gestoßen war.
Seine Waffe war das Messer, und er war ein ausgezeichneter Kämpfer, der weder Tod noch Teufel fürchtete. Aber selbst wenn er in größte Wut versetzt wurde, blieb er in jeder Auseinandersetzung stets fair und ehrlich und bediente sich keiner üblen Tricks.
Und so waren sie alle, die Männer der „Caribian Queen“: Kerle, bei deren Anblick allein man das kalte Grausen bekam, aber eben doch keine Galgenstricke, die jedem die Gurgel durchschnitten. Sie gehörten zum Bund der Korsaren und hielten große Stücke auf die Rote Korsarin, Philip Hasard Killigrew, Arne von Manteuffel, Thorfin Njal, Jean Ribault und Jerry Reeves. Die ungeschriebenen Regeln einer sauberen Kampfesweise waren ihnen Gesetz, und sie hielten sich – ohne Ausnahme – strikt daran.
In dieser Nacht nun, der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober 1594, hockte Barry Winston im Großmars der „Caribian Queen“ und grinste breit. Er hatte auch allen Grund dazu – denn erstens war das Unternehmen auf den Bahamas gegen Sir John Killigrew, Sir Andrew Clifford und Sir Henry, den Duke of Battingham, erfolgreich abgeschlossen worden, und, was am allerwichtigsten war, der Seewolf war nach dem Schuß in den Rücken, den Clifford ihm verpaßt hatte, am Leben geblieben und wieder genesen.
Zweitens hatte man, zur Schlangen-Insel zurückgekehrt, beschlossen, zu den Silberminen von Potosi aufzubrechen, und zum erstenmal waren drei Crews an Bord der „Caribian Queen“ bis zum Ende der Überfahrt vereint: Hasard und seine Männer, Jean Ribault und dessen Mannschaft sowie die reguläre Besatzung des Zweideckers unter dem Kommando von Siri-Tong, außerdem – und nicht zu vergessen – Araua, die Tochter von Arkana.
Der dritte Grund für Barrys Heiterkeit war die Tatsache, daß man dem aufgeblasenen Schnapphahn Luis Campos, genannt der Admiral, soeben eine empfindliche Schlappe beigebracht hatte. Dieser Kerl hatte sich auf Tortuga an Siri-Tong heranschleichen wollen, weil er offenbar von ihr fasziniert war. Sie hatte ihn kalt abfahren lassen und zum Teufel geschickt. Am Morgen des 4. Oktober verließ die „Caribian Queen“ Tortuga wieder und nahm Kurs durch die Windward-Passage – und schon geschah es: Drei Zweimastschaluppen hingen in ihrem Kielwasser, schnelle Schiffchen, die mit Drehbassen bestückt waren.
Den ganzen Tag über verfolgte der Admiral den Zweidecker, dann, in den nächtlichen Morgenstunden des neuen Tages war es soweit. Die „Caribian Queen“ stand zu diesem Zeitpunkt bei gutem Nordost am Ausgang der Windward-Passage und hielt auf die Südwestspitze von Haiti zu. Rechtzeitig genug konnte Dan O’Flynn, der Mann mit den scharfen Augen, warnen, daß die beiden Außenschaluppen heranstaffelten, während sich der Verfolger im Kielwasser mit dem Admiral an Bord zurückhielt.
Siri-Tong gab das Feuer frei, als die beiden Zweimaster in den Schußbereich der „Caribian Queen“ gerieten. Zunächst feuerten die Breitseiten der oberen Batterie, und der Schaluppe an Backbord wurde der vordere Mast abgetakelt, dann schoß die untere Batterie der Steuerbordseite auf den anderen Gegner und erzielte einen Volltreffer. Die Schaluppe flog regelrecht auseinander.
Die Schaluppe im Kielwasser steuerte die Stelle an, um Überlebende aus dem Wasser zu fischen, aber die Rote Korsarin ließ anluven, und dieses Mal ging es dem Admiral an den Kragen, der jedoch sofort mit den Drehbassen feuern ließ und sich dann zurückzog, sehr schnell und sehr wendig.
Mittlerweile lag die „Caribian Queen“ wieder auf dem alten Kurs. Es hatte keinen Zweck – darin waren sich Hasard, Siri-Tong und Jean Ribault einig –, diesem flinken Gegner hinterherzujagen. Lieber warteten sie ab, ob diese Kerle es noch einmal versuchten.
Barry grinste Dan O’Flynn an, der in diesem Moment zu ihm in den Hauptmars kletterte.
„Na, das ist mir eine Ehre“, sagte er. „Mister O’Flynn leistet mir Gesellschaft. Dann wird’s wenigstens nicht so langweilig.“ Er kniff die Augen ein bißchen zusammen und spähte nach vorn. „Und wer entert gerade zu Hilo in den Vormars auf?“
„Jack Finnegan“, erwiderte Dan.
„Na, großartig. Ausguckposten doppelt und dreifach, dann kann uns ja nicht mehr viel passieren.“
„Sag das nicht zu laut.“
„Glaubst du, daß dieser Admiral wirklich so verrückt ist, uns noch einmal anzugreifen?“
„Ja.“
„Das stimmt“, brummte Barry. „Er scheint total bescheuert zu sein. Und er hat nicht mehr alle Mucks im Schapp, das steht fest. Hat er tatsächlich gedacht, er könnte Siri-Tong nachsteigen? Bei dem ist das Oberdeck nicht mehr ganz dicht.“
Dan hielt aufmerksam nach allen Seiten Ausschau. Einmal hatte er Glück gehabt und die Schaluppen im richtigen Augenblick in der Dunkelheit erkannt. Würde es ein zweites Mal auch wieder klappen? In diesem Punkt war er ein wenig skeptisch. Seine Erfahrung sagte ihm, daß auch zwei Schaluppen, die flink und beweglich waren, immer noch einiges gegen ein Schiff wie die „Caribian Queen“ ausrichten konnten.
Die meisten Karibik-Freibeuter bedienten sich kleiner Ein- und Zweimaster, in der Mehrzahl Schaluppen oder Pinassen, um wie Wölfe im Rudel über die schwerfälligen, nicht sehr gut zu manövrierenden Galeonen der Spanier herzufallen.
Siri-Tongs Zweidecker – sie hatte ihn seinerzeit von der Black Queen erobert – war mit einer solchen Galeone zwar nicht zu vergleichen, weil er doch wendiger und außerdem besser armiert war, aber wenn man nicht scharf aufpaßte und ständig auf der Hut war, konnte dem Admiral doch noch ein Glücks- oder Zufallstreffer gelingen. Beispielsweise konnte er sich von achtern anpirschen und versuchen, mit seinen Drehbassen die Ruderanlage der „Caribian Queen“ zu zerschießen.
Das war ein Trick, dessen sich die Männer vom Bund der Korsaren auch des öfteren schon bedient hatten. Daran dachte Dan – und seine Bedenken waren nicht ganz unbegründet.
„Vorerst ist alles ruhig“, sagte er. „Warten wir mal ab, wie die Lage sich weiterentwickelt.“
„Lange dauert die Nacht nicht mehr“, sagte Barry. „Wenn der, Kerl was unternehmen will, muß er sich verdammt beeilen.“
„Ja. Es ist drei Uhr.“
„Und du meinst, diese Bastarde haben es immer noch auf uns abgesehen?“ sagte im Vormars Hilo, der hellhäutige Neger, zu Jack Finnegan.
„Ja, so schnell geben die nicht auf“, entgegnete Jack.
„Ganz schön riskant für sie. Jetzt haben sie noch ’ne Chance, aber in zwei bis drei Stunden wird’s hell, und dann landen sie bei uns keinen Treffer mehr.“
„Aber auf den Tag folgt wieder eine Nacht“, sagte Jack.
„Hör doch auf. Ich bin der Ansicht, daß sie sich längst verzogen haben.“
„Täusche dich da nicht.“
„Du willst wohl Streit, was?“ Hilos Augen weiteten sich, und er sog die Atemluft tief durch die bebenden Nasenflügel ein. Er war sehr leicht reizbar und nahm jedes Wort krumm, das ihm nicht gefiel. Wegen ihm gab es oft Streitereien an Bord. Er war Ende der Zwanzig, hatte dichte, buschige Augenbrauen mit einer steilen Falte über der Nase und kohlschwarze Augen, deren Blick durchdringend war. Thorfin Njal hatte ihn dereinst auf Tobago aufgelesen. Manchmal, wenn Hilo seinen Rappel hatte, wünschten seine Kameraden ihn genau dorthin zurück.
Aber Jack Finnegan war ein kluger und umsichtiger Mann, der sich auf Diskussionen unter Kameraden nicht gern einließ. Lachend hob er die Hand. „Wo denkst du hin? Mir geht es nur um eins: Daß wir diesen Törn so schnell wie möglich hinter uns bringen und den Isthmus von Panama erreichen. Nur das zählt, alles andere ist nebensächlich.“
Hilo grinste. „Klar, du hast recht. Was schert uns der Admiral, dieser Blödmann? Soll er doch meinetwegen noch mal aufkreuzen oder es bleiben lassen, mir ist es auch egal.“
Das Ziel war die Bucht von San Blas an der panamesischen Karibikseite westlich des Golfs von Darién. Kurs Südsüdwest lag an, bei dem frischen, anhaltenden Nordostwind lief die „Caribian Queen“ gute Fahrt. Um diese Stunde stand sie fast direkt vor der Südwestspitze von Haiti, also Kap Dame Marie. Es herrschte nach wie vor Gefechtsbereitschaft an Bord, weil keiner wußte, wie der Feind sich verhalten würde, der so unvermittelt und völlig unvorhergesehen erschienen war.
Aus diesem Grund hatten Siri-Tong, Hasard und Jean Ribault auch veranlaßt, daß von nun an verschärft Ausguck gegangen wurde, denn noch war wirklich ungewiß, ob sie die Verfolger abgeschüttelt hatten oder ob diese einen zweiten Angriff wagen würden.
Alle Mann an Deck und Schiff klar zum Gefecht – das verlangte von den Männern mehr Energie und Einsatz, denn vorläufig gab es keine Freiwache. Um halb vier Uhr morgens ließ die Rote Korsarin eine Extraration Rum austeilen, die die drei Crews sich wirklich verdient hatten, und zwei Stunden später gab es Frühstück.
Allerdings ließen der von allen sehnsüchtig erwartete heiße Rum-Wasser-Trank und der Schiffszwieback auf sich warten. Carberry senkte bereits den Schädel und warf zornige Blicke zum Vordecksschott.
„Was zur Hölle ist da los?“ sagte er. „Pennen die Kerle?“ Seine Stimme klang dumpf und grollend. „Beim Donner, jetzt sind sie zu viert und stehen sich gegenseitig im Weg, was, wie?“
Barba hatte es vernommen und lachte. Siri-Tong war ebenfalls sichtlich amüsiert. Hasard und Jean Ribault grinsten sich zu, und auch die anderen Männer stießen sich untereinander an. Araua hockte bei den Zwillingen und fragte: „Gibt es jetzt ein Donnerwetter?“
„Kann schon sein“, erwiderte Hasard junior und unterdrückte ein Gähnen.
„Aber das ist nichts Besonderes für uns“, sagte Philip junior gelassen, beinah gelangweilt.
„Ich finde es interessant“, sagte Araua. „Mal sehen, was passiert.“
„Na los, Ed“, sagte der Seewolf von der Schmuckbalustrade des Achterdecks aus. „Sieh doch mal nach, was unsere Köche so treiben.“
„Aye, Sir“, brummte der Profos und marschierte los – quer über die Kuhl auf das Vordecksschott zu, hinter dem sich immer noch nichts zu rühren schien.
Der junge Tag zog unterdessen mit rötlichgrauen Schleiern herauf. Dan O’Flynn, Barry Winston, Hilo und Jack Finnegan, die nach wie vor Ausguck hielten, spähten unausgesetzt zur Kimm, aber noch blieb achteraus alles leer. Allein segelte die „Caribian Queen“ nach Süden, weit und breit schien sich kein anderes Schiff zu befinden. Das aber, so sollte sich bald herausstellen, war ein Irrtum.
Carberry drückte das Vordecksschott auf und betrat mit polternden Schritten die Kombüse der „Caribian Queen“. Was er sah, ließ ihn verharren, und sein Unterkiefer klappte langsam herunter.
„Hab’ ich’s doch geahnt“, murmelte er fassungslos. „Vier Köche auf diesem Kahn sind entschieden zuviel, außerdem verderben sie den Brei, und zwar gründlich.“
Mac Pellew lag auf dem Boden der Kombüse und schien irgendwelche Schwierigkeiten zu haben, denn er stieß pausenlos die schlimmsten Flüche aus. Der Kutscher bearbeitete wie ein Besessener die Anrichte, und zwar mit einem Scheuerlappen. Eric Winlow, der Koch aus der Crew von Jean Ribault, hantierte mit grimmiger Miene an den Ketten der Kupferkessel herum – und das Feuer war noch nicht angeheizt.
Und Cookie, der Koch der „Caribian Queen“? Nun, von dem war zur Zeit nur eine Körperpartie zu sehen, und zwar die achtere, denn er lag auf den Knien und fummelte keuchend in der Vorratskammer herum, in der es stockdunkel war.
Carberry knallte das Schott zu, aber das schien die vier nicht im geringsten zu beeindrucken. Mehr noch: Sie bemerkten seine Anwesenheit nicht. Sie waren viel zu beschäftigt. Und das war fatal – für sie und für ihn.
Nachdem der Profos sein größtes Staunen und Entsetzen überwunden hatte, schloß sich sein Mund wieder, und er gab ein drohendes Grollen von sich, das aber auch nicht weiter beachtet wurde. Dann räusperte er sich – ebenfalls ohne Erfolg.
Er kratzte sich angelegentlich am Kinn, was in etwa so klang, als marschiere eine Kolonne von Kakerlaken über ein knochentrockenes Stück Pergament, doch auch dieses gräßliche Geräusch wurde von den vier Männern nicht registriert. Mac lag immer noch auf den Planken, Cookie schien die Absicht zu haben, ganz in die Vorratskammer zu kriechen und dort zu bleiben. Der Kutscher schien die Anrichte zerreiben zu wollen, bis nichts mehr von ihr übrig war, und Winlow kämpfte gegen die Tücke des Objekts, denn einer der Kessel drohte ihm auf die Füße zu fallen, was bei ihm wiederum zu einer Serie von Verwünschungen führte, die sich mit Macs Flüchen mischten.
Carberrys Stimme klang sanft und leise, als er nun zu sprechen begann, und das war besonders gefährlich und hätte zumindest den Kutscher und Mac warnen müssen, weil sie ihn am besten kannten. Aber wieder kümmerten sich die vier nicht um den Profos – was dessen nur mühsam unterdrückte Wut wiederum zum Schwelen brachte.
„Darf ich mal was fragen?“
Keine Antwort. Mac sagte nur etwas undeutlich, weil er den Kopf gerade unter eine Sitzbank gesteckt hatte: „Ja, Herrgott, was ist denn das für ein Schweinkram hier?“
„Blöder Scheißkessel“, sagte Winlow. „Scheißkette. Alles Scheiße hier.“
„Ja, das stinkt zum Himmel“, sagte der Kutscher.
„Ich kann nichts dafür“, sagte Cookie mit weinerlicher Stimme. „Ehrlich nicht. Wir haben den Kahn doch so übernommen.“
„Halt die Luft an, du Arsch“, sagte Mac. „Bleib mir bloß weg mit deinen faulen Ausreden. Mann, so ein Miststall!“
Carberry grinste so freundlich wie ein hungriger Hai und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Ich will euch ja nicht stören, aber …“
„Das haben diese Piraten doch alles so vollgesaut!“ jammerte Cookie. „Die Black-Queen-Bande! Die haben die Schuld!“
„Ihr könntet wenigstens versuchen, mich nicht zu unterbrechen“, sagte Carberry und tat vorsichtig einen weiteren Schritt zur Mitte des Raumes.
„Noch ein Wort, und ich dreh’ dir den Hals um!“ stieß Mac aufgebracht hervor.
„Und die Kette hier!“ rief Winlow. „Wenn das keiner gesehen hätte! So ein Bruch!“
„Wie wär’s, wenn ihr jetzt das Frühstück zubereiten würdet?“ sagte der Profos. „Wäre das nicht eine gute Idee? Die Männer warten nämlich darauf. Ich auch.“
„Jetzt versteh’ ich alles“, sagte Mac. „Bill the Deadhead hat mir erzählt, daß sie ihn schon öfter mit dem Arsch auf den heißen Herd gesetzt haben. Diese Ratte!“
„Ist doch gar nicht wahr!“ schrie Cookie.
„Das kann man hier kaum noch als Herd bezeichnen“, brummte der Kutscher.
„Aber früher, an Bord von ‚Roter Drache‘, haben sie ihn auf den Herd gesetzt“, sagte Mac unbeirrt.
„Ach, so ist das“, murmelte Winlow. „Na ja, klar. Geschieht ihm recht. Hölle, ich hätte auch Lust, ihn …“
„Ich hätte Lust, euch die Haut in Streifen abzuziehen“, sagte Carberry mit honigsüßer Stimme. „Wißt ihr auch, von welcher edlen Stelle eures krummen Körpers?“
„He, was sagst du da, Eric?“ fragte der Kutscher.
„Ich hab’ nichts gesagt“, entgegnete Winlow.
„Ich habe gesprochen“, sagte Carberry, dann war er beim Kutscher und beugte sich ein Stück zu ihm hinunter.
Der Kutscher hob nur flüchtig den Kopf. „Ach, hallo! Morgen, Ed. Wie geht’s denn so?“
„Besser, wenn ich euch Miesmuscheln unangespitzt ins Kielschwein gerammt habe“, sagte Carberry.
„Los, Beeilung“, sagte der Kutscher. „Wir kommen sonst mit dem Frühstück zu spät, Leute.“
„Das merkst du jetzt schon?“ Carberry schritt weiter bis zu Cookie, griff nach dessen Arme und zerrte ihn zu sich hoch. Dabei starrte er ihn an, als wolle er ihn mit Haut und Haaren verschlingen. „Guten Morgen!“ brüllte er ihm ins Gesicht, und Cookies wenige Haare, die ohnehin nur die eine Seite des Schädels bedeckten, sträubten sich.
„Morgen, Mister Carberry, Sir“, stammelte Cookie, aber er dachte dabei: O Heiliger Nepomuk, jetzt sterbe ich, das überleb’ ich nicht.
„Was ist hier los?“ brüllte Carberry.
„Reinschiff, Sir.“
„Jetzt?“
„Schon die ganze – nein, die halbe Nacht über.“
„Sauerei!“ brüllte der Profos und ließ den armen Teufel einfach los. Cookie setzte sich mit einem dumpfen Laut auf den Hosenboden und gab einen klagenden Laut von sich.
„Achtung, da ist der Profos“, sagte Eric Winlow.
„Auch das noch“, sagte Mac Pellew.
„Der Profos?“ Der Kutscher hob mit verwirrter Miene den Kopf. „Ja, wie kommt der denn so plötzlich hier herein? Oh, hallo, Ed!“
„Teufel auch!“ brüllte Carberry. Die Ketten der Kessel begannen zu klirren, die Kessel dröhnten wie Kirchenglocken. „Tu bloß nicht so scheinheilig, Kutscher, du triefäugige Seegurke! Ich hau’ euch die Rüben weich, bis das ganze Stroh rausfällt, ihr Klugscheißer! Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Ich bring’ euch an der Rahnock das Zappeln bei! Ich lasse euch standrechtlich erschießen!“
Mac setzte sich auf. „Und warum, wenn man fragen darf?“
„Mir doch egal!“ brüllte Carberry.
Genau in diesem Augenblick gab die eine Kette nach, und der Kessel donnerte auf die Planken. Winlow konnte gerade noch seinen rechten Fuß wegziehen und aus dem Kinken treten, und es war ein Glück, daß der Kessel leer war. Trotzdem gab es Unheil genug. Der Kessel hüpfte durch die Kombüse und knallte dem Profos gegen die Beine.
Ein kräftiger Hieb gegen die Kniescheibe kann auch den härtesten Mann zum Schreien bringen. Wenn beide Kniescheiben wie Feuer schmerzen, ist der Teufel los. Carberry führte eine Art Veitstanz auf, dann brüllte er, daß die Deckenbalken und das Oberdeck erzitterten.
Er trat nach dem Kessel, der nun wieder ein Stück von ihm wegrollte, traf ihn dabei aber so unglücklich, daß sein großer Zeh geprellt wurde. Wieder stieß er ein wildes Gebrüll aus, gemischt mit wüsten Flüchen. Es rumpelte und krachte in der Kombüse der „Caribian Queen“, und das Schott drohte aus den Angeln zu fliegen.