Читать книгу Seewölfe Paket 22 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 48

5.

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Rasend vor Wut stürzte sich der Admiral wieder auf den Iren und trieb ihn mit zwei wuchtigen Hieben bis zum Bug. Er hatte seine Beherrschung verloren und sah rot.

„Du hast mit offenen Augen geschlafen, du Hund!“ schrie er ihn an. „Du hättest sonst merken müssen, daß der verfluchte Zweidecker seine Fahrt verlangsamt hatte und wir ihm aufsegelten!“

„Nein!“

„Und du hättest auch den ersten Pfeilschuß sehen und melden müssen!“

„Ist nicht wahr!“ schrie der Ire. „Das ging alles viel zu schnell!“

„Ich bring dich um!“ brüllte Campos und schlug noch einmal mit der Faust zu.

Der Ire kippte um und wollte sich wieder aufrappeln, schaffte es aber nicht. Plötzlich war sein Widerstand dahin – und er hatte Angst vor Campos, der sein Messer zückte. Warum hatte er sich überhaupt mit ihm angelegt? Hätte er nicht kuschen sollen, wie er es sonst tat? Welcher Teufel ritt ihn?

„Jetzt paß mal auf“, sagte der Admiral eiskalt. „Ich stopf dir ein für allemal dein loses Maul, und dann ist es aus mit der Meckerei und dem Fluchen, du Drecksack.“

„Moment!“ sagte El Gordo hinter seinem Rücken. „Ganz so ein blöder Hund ist der Ire nun auch wieder nicht. Das mit den Pfeilen ging nicht mit rechten Dingen zu. Die Chinesenhure hat einen Hexenmeister an Bord. Wie sonst könnte ein Pfeil derart weit fliegen und auch noch explodieren? Brandpfeile explodieren nicht.“

„Das stimmt“, sagte der Kreole. „Die brennen nur.“

„Vielleicht waren die Schäfte der Pfeile mit Pulver gefüllt“, sagte einer, den sie nur Cimarron nannten. „Das heißt, sie mußten vorher ausgehöhlt werden. Ja, so könnte es gewesen sein.“

Aber auf ihn hörte niemand. Die Kerle waren mehr oder weniger davon überzeugt, daß „was Übersinnliches“ und ein „Teufelsspuk“ mit im Spiel gewesen wären.

Auch Campos war die Reichweite des Bogenschusses nicht geheuer, denn die hätte er nie und nimmer für möglich gehalten. Dennoch stand für ihn fest, daß der Ire geschlafen hatte. Er trat mit dem Fuß nach ihm und schwang das Messer drohend in der Luft.

„Nein!“ schrie der Ire.

„Laß ihn in Ruhe, Admiral“, sagte El Gordo. „Alles hat er verdient, nur das nicht.“

Campos fuhr zu ihm herum. „Halt du dich raus, verstanden?“

„Warum sollte ich?“ fragte El Gordo.

Der Kreole fragte: „Wieso kann unsereins hier nicht mal seine Meinung sagen?“

„Der ganze Dreck wäre auch passiert, wenn der Ire aufmerksamer gewesen wäre“, sagte einer der Kerle.

Der Ire witterte eine Chance. Er richtete sich jetzt doch wieder auf, hielt sich am Vormast fest und atmete ein paarmal tief durch. Nein, er gab sich noch nicht geschlagen! Diesem aufgeblasenen Hurensohn Campos mußte einmal gründlich der Marsch geblasen werden.

„Warum muß es denn immer an uns liegen?“ stieß er hervor. „He? Sollen wir immer die Schuld haben? Nur wir? Du nicht?“

Campos drehte sich langsam wieder zu ihm um. „Sprichst du mit mir?“

„Ja.“

„Weißt du, was du bist? Ein renitentes Schwein. Was du hier anzettelst, ist Meuterei“, sagte Campos. „Dafür hänge ich dich auf.“

„Kritik kannst du wohl nicht vertragen“, sagte El Gordo.

„Willst du neben ihm baumeln?“ fragte Campos, ohne den Kopf zu wenden und den Blick von dem Iren zu nehmen.

El Gordo lachte glucksend. „Das dürfte schwierig werden. Ich bin zu schwer. Ich fall’ überall runter, von Rahen, Gaffeln und Baumästen.“

Die anderen lachten ebenfalls. Der Ire, durch die unerwartete Rückendeckung seiner Kumpane wieder mutig geworden, schrie Campos entgegen: „Die Chinesenhure und ihre Bande sind zu stark! Die sind ein paar Nummern zu groß für uns! Das sind ganz ausgekochte Kämpfer, denen man besser aus dem Wege geht!“

„Hast du die Hosen voll?“ brüllte Campos. „Wie voll? Bis zum Gürtel? Ja, das merke ich. Du stinkst! Vor Angst!“

„Dann stinken wir alle“, sagte El Gordo. „Denn keiner von uns hat vor, sich noch mal mit dem Weib anzulegen.“

„Lieber hauen wir ab“, sagte der Kreole.

„Bevor wir alle krepieren“, fügte Cimarron hinzu.

Luis Campos ruckte bei diesen Worten zusammen. Was er bereits geahnt hatte, trat jetzt ein. Sie waren sich einig und lehnten sich gegen ihn auf. Das war tatsächlich Meuterei, die er im Keim ersticken mußte. Er mußte um jeden Preis seine Autorität wahren, sonst war er verloren. Sie würden ihn über Bord werfen und selbst das Kommando übernehmen.

Campos wich einen Schritt zurück, drehte halb den Kopf und richtete den Zeigefinger seiner freien Hand auf El Gordo.

„Vorsicht“, warnte er ihn. „Du spielst mit deinem Leben. Ihr anderen auch. Seid ihr denn alle des Teufels, euch so aufzuführen?“

„Nein“, erwiderte El Gordo. „Wir haben bloß die Schnauze voll, nicht nur die Hosen.“

„Sieh mal an“, sagte der Admiral höhnisch. „Aber zu Anfang, als alles noch so leicht aussah, wart ihr mit Feuer und Flamme dabei.“

„Ja, stimmt“, sagte der Kreole. „Aber jetzt nicht mehr.“

„Und doch werden wir wieder angreifen“, sagte Campos. „So schnell gebe ich eine Beute nicht auf.“

„Ohne uns!“ schrie der Ire.

„Zur Hölle mit der Chinesenhure“, sagte El Gordo.

Den Kerlen waren inzwischen auch klar geworden, daß ihr Admiral nicht nur auf den Zweidecker, sondern insbesondere auf das teuflische Weib mit den schwarzen Haaren scharf war. Zwar würde er das Weib dann auch ihnen – dessen waren sie ziemlich sicher – zum Zeitvertreib überlassen, wenn er erst einmal mit ihr fertig war und es tüchtig mit ihr getrieben hatte. Doch bei der Alternative Zeitvertreib oder sehr schneller Tod zogen sie es doch vor, einem recht langen Leben den Vorrang zu geben.

„Der Preis ist zu hoch“, sagte Cimarron. „Wir können auf das Weib verzichten.“

„Ich nicht“, sagte Campos. Er wunderte sich selbst darüber, wie ruhig er in diesem Moment war. „Ich will sie haben. Sie gehört mir.“

„Das ist doch Quatsch“, sagte El Gordo.

„Ich höre jedes Wort, das du sagst“, erwiderte der Admiral. „Und ich merke mir alles, verlaß dich drauf.“

„Ohne uns!“ schrie der Ire noch einmal. „Wir segeln nach Tortuga zurück!“

„Kein Zeitvertreib mit einem noch so rassigen Weib ist es wert, dafür Kopf und Kragen zu riskieren“, sagte der Kreole. „Das ist hier die allgemeine Ansicht, Admiral, will dir das nicht in den Kopf?“

„Gib es auf!“ brüllte der Ire. „Wir sind in der Mehrheit!“

In diesem Augenblick reagierte Campos. Er duckte sich nur etwas, seine rechte Hand bewegte sich blitzschnell, und das Messer flirrte durch die Luft. Der Ire hatte es erwartet, glaubte aber, darauf vorbereitet zu sein. Er versuchte, noch rechtzeitig genug auszuweichen. Aber die Klinge war schneller. Sie traf ihn in die Brust, und er sank mit einem ungläubigen Ausdruck im Gesicht auf den Planken in sich zusammen.

„Zieht ihm das Messer raus“, sagte der Kreole. „Schnell!“

Campos griff nach seinem Säbel, riß ihn heraus und fuhr zu der Crew herum.

„Zu spät!“ schrie er. „Der ist bereits in der Hölle!“

Erst jetzt sahen die Kerle, daß der Ire tot war. Seine gebrochenen Augen waren blicklos in den Himmel gerichtet.

Der Admiral ließ den Säbel durch die Luft pfeifen.

„Nun los doch!“ sagte er. „Gordo als erster. Du hast doch so ein großes Maul, nicht wahr?“

El Gordo schluckte, sein Blick war wie hypnotisiert auf den toten Iren gerichtet. Daß Luis Campos soweit gehen würde – damit hatte er nicht gerechnet.

„Ich habe dir was befohlen!“ sagte Campos scharf.

El Gordo bewegte abwehrend die Hände. „Schon gut, Admiral. Das eben – war nicht so gemeint.“

„Nicht? Sondern wie?“

„Wir sind nur ein bißchen erschrocken“, sagte der dicke Mann.

„Ach? Und ihr wollt nach Tortuga zurücksegeln?“

„Warum geben wir’s ihm nicht?“ stieß der Kreole hervor. „Gemeinsam sind wir eine Macht, er kann nichts gegen uns ausrichten.“

Der Admiral stand unvermittelt neben El Gordo, und die Säbelklinge zischte durch die Luft. Der Kreole hatte plötzlich einen blutigen Strich auf der nackten Brust.

„Willst du es mit mir aufnehmen?“ fragte Campos. „Dann los! Wir können anfangen!“

Der Kreole wich zurück. „Ich – ich habe das nur spaßig gemeint.“

„Eine merkwürdige Art von Humor hast du“, höhnte der Admiral. Er wußte bereits, daß er wieder Herr der Situation war. „Du nimmst also alles zurück und behauptest das Gegenteil. Wolltest du das sagen?“

„J-ja.“

„Und du, Gordo?“

„Ich auch“, erwiderte El Gordo hastig.

Cimarron und die anderen riefen: „Wir ebenfalls!“

„Um so besser“, sagte der Admiral im Tonfall größter Genugtuung. „Dann sind wir uns ja wieder mal einig. Ich hatte keinen Zweifel, daß es so sein würde. Los jetzt, auf eure Posten! Wir haben schon genug Zeit verloren. Wir gehen wieder auf Gegenkurs!“

El Gordo beugte sich über den toten Iren. „Und er? Was wird aus ihm?“

„Was soll aus einem Toten schon werden?“ sagte Campos hämisch. „Ein toter Ausguck ist ein schlechter Ausguck, nicht wahr? Und er taugt auch sonst nichts mehr. Werft ihn ins Wasser. Ich will ihn nicht mehr sehen! Wird’s bald?“

„Das Messer“, sagte der Kreole.

Campos war mit zwei Schritten wieder bei El Gordo, bückte sich und riß dem Toten das Messer aus der Brust. „So, jetzt habe ich es wieder. Nimm ihm noch die Waffen ab, von mir aus auch die Stiefel. Dann weg mit ihm.“

Kurz darauf flog der Ire ins Wasser und sackte weg. Man ging auf Gegenkurs – wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen und verstecktem Trotz. Sie saßen in der Falle und waren ihrem Admiral ausgeliefert – auf Gedeih und Verderb. Sie hatten immer noch Angst vor ihm und seinem Messer und Säbel, wie sich gezeigt hatte, und aus diesem Grund hatte er ihrer aller Leben in der Hand.

„Da vorn ist was!“ rief plötzlich der Kreole, der auf Campos’ Befehl hin jetzt den Posten des Ausgucks im Bug übernommen hatte. „Da schwimmt was!“

„Leute von uns“, sagte El Gordo. „Aber sie schwimmen nicht, sie hocken auf einer Luke oder Gräting, scheint mir.“

Der Admiral nahm sein Spektiv zu Hilfe und erkannte durch die Optik, daß es sich tatsächlich um vier Gestalten handelte, die auf einer Gräting kauerten.

Diese vier waren reichlich demoralisiert – nicht nur wegen des Verlustes ihrer Schaluppe, an deren Untergangsstelle sie noch trieben und sich mit Mühe und Not hatten retten können, sondern auch wegen der Haie, die sich an ihren Kumpanen bedient und auch bereits die Gräting attackiert hatten.

Als sie die heransegelnde Schaluppe bemerkten, hoben sie die Hände und winkten. Ihre Stimmen klangen heiser und brüchig.

„Hilfe!“

„Hierher! Holt uns hier weg!“

„Wir drehen bei und bergen sie von der Gräting ab“, sagte der Admiral. „Wir können sie als Verstärkung noch gebrauchen.“

So näherte sich der Zweimaster der Gräting, und wenig später streckten sich den vier Schiffbrüchigen hilfreiche Hände entgegen.

„Los, rüber mit euch!“ rief Campos. „Beeilung! Wir haben unsere Zeit nicht gestohlen!“

„Tores“, sagte El Gordo zu einem der Kerle, die an Bord der Schaluppe überenterten. „Du bist das?“

„Ja“, erwiderte Tores, ein wuchtig gebauter Spanier, mit grimmiger Miene. „In Fleisch und Blut. Aber bald wär’s aus gewesen, wenn ihr nicht erschienen wärt.“

„Gibt es noch andere Überlebende?“ fragte Campos.

„Nein“, sagte Tores. „Die meisten waren gleich tot, als sie uns mit den Drehbassen und Kanonen befeuerten. Von den anderen sind drei von den Haien verschlungen worden.“ Er schüttelte sich. „Und uns hat das auch geblüht.“

Daß sie aber vom Regen in die Traufe geraten waren, begriffen sie erst kurz darauf – als sie vernahmen, daß der Admiral die Absicht hätte, dem Zweidecker auch weiterhin zu folgen. Einer von ihnen, ein dürrer Kerl namens Alain, drehte beinah durch, als er es erfuhr.

„Wahnsinn!“ schrie er. „Gegen die Kerle dieser schwarzen Hexe besteht nicht die geringste Chance! Zwei Schaluppen haben wir bereits verloren!“

„Der Gegner ist in der Überzahl!“ rief Tores.

„Ein Enterversuch ist reiner Selbstmord!“ schrie Alain.

Der Admiral musterte ihn kalt. Dieses Mal hielt er sich zurück. Er konnte nicht noch ein Exempel statuieren, außerdem war die Gefahr einer Meuterei noch nicht wieder vorhanden. Im übrigen brauchte er jetzt jeden Kerl, wenn er wirklich Erfolg mit seinem neuerlichen Angriff auf den Zweidecker haben wollte.

Deshalb deutete er nur auf die Gräting, die achteraus hinter ihnen zurückblieb, aber noch zu sehen war.

„Meinetwegen“, sagte er. „Ihr könnt gern wieder dorthin zurück, von wo wir auch abgeborgen haben. Wenn ihr nicht an Bord bleiben wollt, halte ich euch nicht.“

Alain schüttelte sich vor Grauen. „Auf die Gräting zurück? Nein, niemals.“

Tores blickte Campos aus geweiteten Augen an. „Das kannst du nicht von uns verlangen. Das wäre glatter Mord, Admiral.“

„Ich verlange es nicht von euch“, sagte Campos. „Ich biete es euch nur an. Und wage nicht noch einmal, von Mord zu sprechen. Ich habe noch keinen Kameraden umgebracht oder in den Tod getrieben, merk dir das. Alles, was ihr mit mir unternehmt, geschieht freiwillig, klar?“

„Klar“, murmelten Tores und Alain. Ihr dritter Kumpan aus der Schaluppe Nummer zwei stieß in diesem Moment einen entsetzten Laut aus und wies mit bebendem Arm auf die Gräting.

„Da!“ schrie er. „Ein Hai!“

Die Kieker wurden auseinandergerissen und herumgereicht, jeder warf einen Blick hindurch. El Gordo stand mitten auf dem Deck, und seine starken Finger schlossen sich um das Rohr, als wolle er es zerquetschen.

„Ein Hai“, sagte er. „Ein grauer, verfluchter Hai. Und was für ein Riesenbiest.“ Plötzlich stockte ihm der Atem, denn er verfolgte deutlich, wie sich das Maul des Hais, mit nadelspitzen, messerscharfen Zähnen bewehrt, aus dem Wasser schob und aufklaffte.

„Hölle“, sagte der Kreole. „Das gibt es nicht. Er verbeißt sich in die Gräting.“

„Santa Maria“, stammelte Alain. „Steh uns bei.“

„Keine Sorge“, sagte der Admiral mit spöttisch verzogenem Mund. „Hier greift er uns nicht an. Aber jetzt auf der Gräting zu sitzen, wäre verdammt schlecht.“

„Wir bleiben natürlich hier“, erklärte Tores hastig. „Ich meine – das war eben nur so dahergesagt.“

Luis Campos musterte ihn aus kalten, gnadenlosen Augen. „Ja. Aber wenn ihr an Bord bleibt, dann habt ihr weiter nichts zu tun, als die Schnauze zu halten und meine Befehle auszuführen. Also, ihr habt die Wahl, bitte sehr.“

„Wir bleiben“, murmelten die vier, und es war das erste Mal, daß der vierte Schiffbrüchige etwas sagte, seit er an Bord der Schaluppe war. Seine Verhaltensweise war die beste: Maul halten und Kommandos ausführen. So wollte Campos es haben. Warum auch nicht? Bisher war es immer so gewesen, und so konnte es auch bleiben, trotz allem, was vorgefallen war.

An Bord der Schaluppe war man jetzt in Sicherheit, allein das war ausschlaggebend. Vielleicht, so dachte Tores, als er sich seiner ihm von Campos zugeordneten Aufgabe zuwandte, finden wir den Zweidecker ja auch gar nicht mehr. Zu wünschen wäre es. Vielleicht haben wir ja wenigstens in diesem Punkt Glück.

Somit war der Fall vorerst ausgestanden. Tores, Alain und die beiden anderen Männer von Schaluppe zwei blieben an Bord des „Flaggschiffes“. Der Admiral segelte wieder auf dem Kurs der „Caribian Queen“ und versuchte erneut, sie zu finden.

Seewölfe Paket 22

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