Читать книгу Bomba bei den Pygmäen - Roy Rockwood - Страница 8
5 Ein wichtiges Palaver
ОглавлениеAzande verneigte sich würdevoll und trat näher an Bombas Lager heran.
„Ich bin Azande, der Häuptling der Roten Pygmäen“, stellte er sich vor. „Ich grüße dich, tapferer Bomba.“
„Ich grüße dich, großer Azande“, erwiderte der Junge das Kompliment. „Ich habe gehört, wie du für mich gesorgt hast, als ich hilflos war. Ich danke dir dafür.“
Der Häuptling winkte mit einer Geste ab.
„Wir sind es, die dir Dank schulden. Du hast das Leben des kleinen Negongwe, des Sohnes meines Bruders Pongi gerettet. Man sagt von den Roten Pygmäen, dass sie keine Feindschaft vergessen — aber ebenso verhält es sich mit Taten der Freundschaft. Azande bietet Bomba alle Gastfreundschaft, die er geben kann und solange Bomba sie haben will.“
„Azande ist sehr freundlich“, erwiderte der Junge. „Ich nehme die Freundschaft gern an.“
Der kleine Häuptling lächelte zufrieden und kauerte sich dicht neben Bomba auf den Hüttenboden.
„Wir werden miteinander beraten“, sagte er.
Bomba war froh über die Gelegenheit, mit dem Häuptling sprechen zu können. Vielleicht wusste Azande etwas vom Verbleib seines Vaters. Möglicherweise waren die Pygmäen, die als Nomadenstamm von Ort zu Ort zogen, auf einen weißen Mann gestoßen, der von den Kannibalen als Gefangener mitgeschleppt wurde. Ehe er jedoch eine Frage stellen konnte, sagte Azande:
„Bombas Haut ist so dunkel wie die eines Eingeborenen. Bomba hat eiserne Muskeln und stählerne Sehnen. Er kann den großen Orang-Utan bezwingen, aber er spricht doch die Sprache des weißen Mannes.“
„Ich bin ein Weißer“, erklärte Bomba.
„Und doch wanderst du allein durch den Dschungel?“, fragte der Häuptling verwundert.
„Du vergisst, dass Gibo und Wafi bei mir sind“, erwiderte Bomba. „Es sind die beiden letzten Männer, die von meiner Safari übriggeblieben sind. Alle anderen sind entflohen.“
„Warum sind sie geflohen?“
Der Junge lächelte schwach.
„Vor dir und deinen Männern haben sie sich gefürchtet, Azande. Sie sind vor den Giftpfeilen der Roten Pygmäen geflohen.“
„Und du hast dich nicht gefürchtet?“, fragte der Häuptling.
„Es gibt Dinge, die stärker sind als die Furcht. Audi ich habe mich gefürchtet, aber ich bin weitergegangen und ich werde weitergehen, bis ich meinen Vater gefunden habe.“
In kurzen Worten berichtete der Junge vom Schicksal seines Vaters, und Azande lauschte schweigend und interessiert. Als Bomba berichtet hatte, zögerte er einen Augenblick — und dann fragte er:
„Azande, kannst du mir nichts von meinem Vater sagen?“
Der Häuptling schüttelte langsam den Kopf.
„Ich habe seit vielen Monden keine Weißen mehr gesehen. Sie fürchten Azandes Stamm so wie die großen, schwarzen Krieger des Dschungels. Sie fliehen, wenn wir uns nahen.“
Bomba wusste, dass das nur zu richtig war. Mit einem unglücklichen Seufzer ließ er sich auf sein Lager zurücksinken.
„Ich fürchte, ich werde ihn nie mehr finden. Er kann auch nicht mehr lange am Leben bleiben, denn er ist in den Händen der Kannibalen.“
„In den Händen der Kannibalen?“ rief Azande aus.
Sein Gesicht verzerrte sich in furchtbarer Wut, und in seinem Blick glitzerte ein mordlustiges Glimmen. „Ich kenne sie! Sie sind unsere Feinde. Es wäre gut für unseren Stamm, wenn keiner von ihnen mehr am Leben wäre.“
Bomba war sehr zufrieden, als er von der Feindschaft zwischen den Pygmäen und den Kannibalen hörte. Nichts konnte seinen eigenen Plänen dienlicher sein.
„Ich kann deine Gefühle verstehen, Azande“, sagte der Junge. „Du wirst schon viele tapfere Krieger im Kampf gegen diese Männer verloren haben, die unter dem Bannfluch der Götter stehen. Auch ich hasse sie, denn sie haben meinen Vater gefangen. Warum sollten wir uns nicht vereinigen und sie gemeinsam tiefer in den Dschungel treiben — in eine Gegend, wo Azandes Krieger nicht mehr jagen?“
„Das wird nicht genügen“, sagte Azande erregt. „Sie müssten für immer vernichtet werden. Dann erst wird unser Volk in Frieden leben können.“ Der Häuptling runzelte nachdenklich die Stirn. „Aber das wird nicht einfach sein. Die Kannibalen sind zahlreicher als wir, und sie kämpfen manchmal wie die Dämonen.“
„Lass dich dadurch nicht beirren, Azande“, beschwor ihn Bomba. „Sobald ich wieder stark und gesund bin, werde ich mit Gibo und Wafi Seite an Seite mit deinen Kriegern kämpfen. Meine Begleiter sind stark und tapfer wie ich.“
„Das ist wahr“, gab der Häuptling zu. „Aber ein Pfeil vom Bogen eines Kannibalen kann Bombas Herz ebenso treffen wie jeden anderen.“
„Das mag sein, aber ich besitze noch eine andere mächtige Waffe, die Azande nicht kennt: mein Gewehr.“
Er wies auf die Waffe, die neben seinen anderen Ausrüstungsgegenständen in der Hüttenecke lehnte, und der Häuptling warf einen scheuen Blick auf den merkwürdigen Gegenstand.
„Ich habe mich schon gefragt, was dieser lange schwarze Stock mit dem Loch am Ende bedeuten soll. Ist das der Zauber des weißen Mannes?“
„Man kann jedenfalls viel Unheil damit anrichten“, sagte Bomba ausweichend.
Er kannte den primitiven Aberglauben der Eingeborenen und wusste, dass es mitunter eine wertvolle Hilfe sein konnte, wenn man diese Menschen von der Wunderkraft überzeugen konnte, über die man verfügte.
„Mit dieser Waffe kann man einen Feind auf viel weitere Entfernung töten als mit Pfeil und Bogen oder Speer“, erklärte Bomba. „Das Gewehr spricht mit Donnerstimme und sendet einen Flammenblitz aus seiner Mündung. Das allein wird die Kannibalen in Verwirrung bringen. Sobald ich kräftiger bin, werde ich dir zeigen, auf welche Weise diese Waffe den Tod in die Reihen der Feinde trägt.“
„Es ist gut“, sagte Azande und stand auf. „Ich glaube, dass ich meine Krieger überzeugen kann. Sobald ich mit ihnen gesprochen habe, werde ich dir sagen, ob wir dir helfen, deinen Vater aus den Händen der Kannibalen zu befreien.“
Azande grüßte und verließ die Hütte.