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ОглавлениеVariation Nr. 6
Der kuriose Komponist
Da Beethoven in seiner 6. Diabelli-Variation plötzlich einen vollkommen neuen Ton anschlägt, habe ich mir gedacht, dass ein kurzer Stimmungswechsel diesem Buch ebenfalls guttun könnte. Während die 6. Variation bei Beethoven sich durch ihre besondere Sprödheit auszeichnet, quasi schreit: »Achtung, jetzt wird es ernst!«, ziehe ich an dieser Stelle die leichte Unterhaltung vor – mit sogenannten »fun facts«, die über den Komponisten kursieren.
Ich werde oft gefragt, was ich Beethoven fragen würde, wäre ich bei ihm zum Kaffee eingeladen. Ich weiß gar nicht, ob ich wirklich gern mit ihm Kaffee getrunken hätte. Wahrscheinlich wäre ich viel zu nervös. Ich weiß auch nicht, ob wir einander sympathisch gewesen wären. Und deshalb antworte ich in der Regel: Viel lieber als mich mit ihm zu unterhalten, hätte ich ihm wahrscheinlich einfach beim Klavierspiel zugehört.
Von Beethoven wird gern das Bild des wahnsinnigen Genies gezeichnet, des andauernd wütenden Messies, der zwischen halb leeren Weinflaschen mit der Welt und seinem Werk ringt. Des Wüterichs, der alle und jeden auf den Straßen Wiens ankeift. Ein Bild, in dem sicherlich ein Fünkchen Wahrheit steckt. Aber es kursieren eben auch viele andere Geschichten, die zeigen, dass Beethoven ein Mensch aus Fleisch und Blut war, ein Mann mit Sehnsüchten, Krankheiten, Defiziten – und durchaus mit Humor.
Hier meine sechs liebsten Beethoven-Anekdoten über den kuriosen Komponisten.
KÜHLER KOPF Genau 60 Bohnen, vom Komponisten eigenhändig abgezählt, wurden für den morgendlichen Kaffee benutzt. Und den trank Beethoven üblicherweise, nachdem er sich mit kaltem Wasser gewaschen hatte. Kaltes Wasser schien ihn zu stimulieren. Immer wieder ist in Berichten davon die Rede, dass Beethoven seinen Kopf in eisiges Nass tauchte, um besser denken und komponieren zu können.
IM NAMEN DES BRUDERS Nicht nur Beethovens Großvater trug den Namen Ludwig van Beethoven, sondern auch sein älterer Bruder. Er starb allerdings sechs Tage nach der Geburt. Wie groß ist die Bürde eines Menschen, das Leben (und den Namen) eines anderen tragen zu müssen?
DER SCHULABGÄNGER Beethoven verließ die Schule mit elf Jahren. Das hatte Auswirkungen auf grundlegende Dinge – unter anderem auf seine Rechtschreibung. So begann Beethoven Worte oft mit Großbuchstaben – nicht weil es sich um Nomen handelte, sondern weil er das jeweilige Wort für wichtig erachtete. Außerdem hatte er die Grundrechenarten Multiplikation und Division nie gelernt – sie bereiteten ihm bis ins hohe Alter Kopfzerbrechen.
DIE KRANKENAKTE Sie werden in diesem Buch noch viel über Beethovens Krankheiten lesen. Wenn man seine Krankenakte einmal auflistet, versteht man vielleicht besser, warum er sich so oft quälte. Beethovens Mediziner diagnostizierten im Laufe seines Lebens unter anderem Rheuma, Typhus, Hautprobleme, Abszesse, Kolitis, eine Autoimmunkrankheit am Auge, unterschiedliche Infektionen, Arterien-Entzündungen, chronische Hepatitis und – was ihn schließlich das Leben kostete – Leberzirrhose.
DER IMPROVISATOR UND LEHRER Beethoven war ein genialer Improvisator, über den der britische Pianist Johann Baptist Cramer einmal sagte: »Wer Beethoven nicht improvisieren gehört hat, weiß nicht, was Improvisationen sind.« Dagegen hasste Beethoven es, Klavierunterricht geben zu müssen. Einzige Ausnahmen: wirklich talentierte Schüler oder hübsche Schülerinnen, denen er dann auch gern eine Komposition widmete.
IM ALL 1977 wurden Datenplatten mit Beethovens fünfter Symphonie ins All geschossen. Die sogenannten »Voyager Golden Records« wurden an interstellaren Raumsonden angebracht und sollen angeblich die nächsten 500 Millionen Jahre überdauern.