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Konfliktmechanismen

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Nun soll der Frage nachgegangen werden, wie Konflikte entstehen können. Weil das von den Umständen insgesamt abhängt, ist eine Antwort auf diese Frage nicht ganz leicht zu geben. Die im Folgenden vorgestellten zwei Mechanismen beziehen sich auf Individualkonflikte, die etwas vereinfacht dargestellt werden. Es gibt wahrscheinlich noch andere, auch kompliziertere Mechanismen der Konfliktauslösung, als in diesem Rahmen vorgestellt werden. Aber man kann davon ausgehen, daß einem Großteil der Konflikte einer der beiden, im Folgenden beschriebenen Mechanismen zu Grunde liegt.

Der erste zu besprechende Konfliktmechanismus5 geht davon aus, daß ein Individuum oder eine Gruppe ein Ziel hat oder sich steckt, und eine bestimmte Anstrengung, auch Reaktionspotential genannt, nötig ist, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Anstrengung ist anfangs noch gering und muß in dem Masse gesteigert werden, wie das Ziel näher rückt. Die Annäherung wird durch die Hinstrebung bestimmt, die auch mit Appetenz bezeichnet wird. Anstrengung und Hinstrebung, stehen stets für einen Menschen wie ebenso für eine Gruppe in einem je persönlichkeitsgebundenen Verhältnis.

Der Hinstrebung steht die Wegstrebung entgegen, die dazu führt, daß das eigentliche Ziel an Attraktivität verliert, uninteressant oder aus den Augen verloren wird und ein Ersatzziel gesucht wird. Die Wegstrebung wird auch als Aversion bezeichnet. Bleibt aber das Reaktionspotential genügend stark und überspielt die Wegstrebung, wird dem Ziel weiter zugestrebt und schlußendlich dies auch erreicht. In Abbildung 5 ist der Zusammenhang grafisch dargestellt.

Je konkreter das Ziel ins Auge gefasst und angestrebt wird, je näher ihm gekommen wird, um so mehr setzt eine Wegstrebung ein. Solange sie noch von der Hinstrebung dominiert wird, begleitet Angst die Anstrengung, das anvisierte Ziel nicht erreichen zu können, oder es erscheint als zu hoch gesteckt.

Abbildung : Konkurrenz zwischen Hin- und Wegstrebung.

Dieses Diagramm ist sehr vereinfacht und soll nur das Grundsätzliche verdeutlichen. Genauere Laborversuche, allerdings mit Ratten, haben ergeben, daß Appetenz und Aversion nichtlinear verlaufen. Es hat sich auch gezeigt, daß sie mit Medikamenten, erst recht durch Drogen, in ihrer Intensität beeinflußbar sind. So kann die Aversion so vermindert werden, daß die Appetenz dominant ist und ohne Suche eines Ersatzziels das Ziel in einem angstfreien Zustand erreicht werden kann. Es gibt auch Appetenz – Appetenz – Konflikte (Statt eines zu teuren Mercedes kaufe ich mir nur einen VW.) und Aversions – Aversions – Konflikte (Lieber ertrage ich die Zahnschmerzen als zum Zahnarzt zu gehen.)

Den Widerstreit von Hinstrebung und Wegstrebung habe ich beim Schreiben dieses Buches zur Genüge durchlebt. Anfangs waren die Thematik und das, was ich darüber wußte oder schon zusammengetragen hatte, und alles das, was ich schreiben wollte, gegenwärtig und klar. Das gesteckte Ziel schien gar nicht schwer erreichbar. Dann kam die Zeit, in der sich Zweifel meldeten, und in der ich oft genug an meinem Ziel und meinen Fähigkeiten zweifelte. Angst mischte sich ein, wie das, was ich zu Papier gebracht hatte, von der Leserschaft aufgenommen werden würde? Die Wegstrebung war oft genug so groß, daß ich am liebsten das Projekt aufgegeben und alles in den Papierkorb geworfen hätte. Am Vorliegen dieser Schrift sehen Sie, daß ich alle Aversion überwunden habe.

Der zweite Mechanismus beschreibt die Wirkung von Alltagsproblemen auf unser Verhalten. Vor allem Neues oder Ungewohntes, welches bewältigt werden will, oder unzulänglich befriedigte Bedürfnisse stellen oft hohe Anforderungen an uns. Es sei zum Verständnis auf die neuen Technologien verwiesen, die wir nicht verstehen und deren Auswirkungen wir auch nicht abschätzen können, weshalb wir ganz den Experten und dem, was diese sagen, vertrauen müssen. Das trifft ganz besonders für die Kernkraftenergie und die Gentechnologie zu, denen viele Menschen ablehnend gegenüberstehen, weil ihnen die Fachkenntnisse fehlen, die es ihnen ermöglichen würden, die Notwendigkeit und die Vorteile des Einsatzes dieser Techniken gegenüber ihren Nachteilen abwägen zu können. Das streßt und erzeugt Ängste, die letztendlich zu klassischen (Individual-)Konflikten der sachlich-intellektuellen Dimension führen.

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