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Rattenlöcher und Schmarotzer

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Es dämmerte bereits, als ich das Haus verließ. Die herumstreunenden Hunde blieben mir fern, aber ein kleiner dunkler Schatten, sauste nahe genug an mir vorbei, um vor Schreck zu erstarren. Ich schüttelte mich vor Ekel, er war eine dicke fette Ratte.

Im Laufschritt brachte ich den Rest des Weges hinter mich. Atemlos stand ich an der Straße, konnte den Schock kaum verdauen. Was tat ich, um Gottes willen, in dieser verdreckten Gegend? Hier wollte ich leben? Zwischen Geröll, Müll und Ratten? Zuvor hatte ich nur die Sonnenseiten dieser Gegend gesehen, saubere gepflegte Hotelanlagen, sowie Haupt – und Geschäftsstraßen. Aber jetzt, hier im Hinterland, im Wohnbereich der Einheimischen, wo die Touristen nicht hin kamen, da sah die schöne Welt ganz anders aus. Mario hatte tatsächlich recht, Ägypten sei schön, aber dreckig, hatte er mal gesagt und ich gegen >dreckig< vehement protestiert. Und hier wollte ich die Hälfte meiner Zeit verbringen? Einen zweiten Wohn – und Geschäftssitz einrichten? Leben im Dreck mit Ungeziefer? Bei meinem Sauberkeitsbedürfnis? Unmöglich!

Mario lachte über meine Bedenken, flachste mich Angsthase. Die Tierchen täten mir nichts, bei all dem Müll hätten sie genug zu fressen. So was dünnes, wie mich, würden die nicht anknabbern. Die Sorge könne ich mir sparen. Ich fand das gar nicht lustig. Auf den Schreck lud er mich zu einem Drink ein. Da Edit zu Hause war, Nabir Kundschaft hatte, gingen wir alleine. Mario wollte in das ägyptische Cafe’, auf der anderen Seite des Platzes, ich lieber ins >Mamas 2<, im Erdgeschoss des gleichen Hauses. Er folgte meinem Wunsch.

Hier hatten die Menschen wohl ein gutes Gedächtnis für Gesichter, denn die beiden netten Kellner erkannten mich wieder. Sie hießen mich herzlich willkommen. Endlich war mein Barkeeper mal nicht bekannt, sondern ich. Mario guckte ein wenig erstaunt. Nicht schlecht.

Während wir über die Geschäfte, zu Hause und demnächst vielleicht auch hier und das Konzept dafür, sprachen, bekam Mario ständig SMS, die er schmunzelnd umgehend beantwortete. Mehrere Anrufe störten ebenfalls die Unterhaltung, dabei hörte ich gelangweilt seinen kuriosen Kürzeln, wie >OKD oder NKD zu, ohne zu verstehen, von was die Rede war. In dem Zusammenhang nannte er Nabirs Namen und sagte was von Cairo. Mangels Interesse hörte ich kaum hin. Bis ich bemerkte, dass er mit Helge sprach. Offensichtlich war der auch mit diesen geheimnisvollen Sachen vertraut. Ich verlangte mit Helge zu sprechen, konnte dann nach dem geschäftlichen Stand fragen. Die Antwort war schlicht `zufriedenstellend´. Über nähere Einzelheiten wollte er sich nicht äußern, meinte, ich solle Urlaub machen und mich anschließend überraschen lassen. Endlich verstummt das störende Gerät.

Als unser Gespräch wieder bei dem Cafe’ und Edit angekommen war, glaubte Mario, mich warnen zu müssen. Mit Edit und Nabir müsse ich vorsichtig sein, denn sie lägen gern auf anderer Leute Taschen. Das sei auch der Grund, weshalb er nun deren Gastfreundschaft in Anspruch nähme, bei seinen Aufenthalten zuvor habe er sehr viel Geld für die Beiden ausgegeben, für Mitbringsel sowie gemeinsame Restaurantbesuche. Immer habe er bezahlen müssen, weil Edit und Nabir nie flüssig waren. Nun hole er sich seine unfreiwilligen Ausgaben zurück, und achte darauf, möglichst selten mit den Beiden auszugehen. Ich war sprachlos. Wurde mir doch sofort klar, dass mir das Stunden zuvor schon zweimal passiert war. Deshalb war sie einfach gegangen, hatte die Getränkerechnung mir überlassen. Nette Leute. Ich nahm mir vor, vorsichtig zu sein.

Ausnahmsweise piepste mein Handy mal, Sady schrieb, er käme etwas später. So beschlossen wir, nebenan ins >Mafia< essen zu gehen. Mario zahlte unsere Getränke und wir schlenderten die paar Meter. Er berichtete dass er übermorgen, mit Nabir, aus geschäftlichen Gründen nach Cairo müsse. Dann könne ich ja mit Edit schwimmen gehen. Und wieder bekam er mehrere Nachrichten, die er beantworten musste. Nervig! Keine vernünftige Unterhaltung möglich.

Ich war froh, als Sady auftauchte, mich damit erlöste, dass er sofort nach Hause wollte. Zuvor bat Mario, ich möge die Rechnung zahlen, er habe noch nicht gewechselt.

`Sprachen wir nicht eben noch von Schmarotzern?´

Sady organisierte ein Taxi. Wir holten meine Reisetasche bei Nabir, dann stieg Sady an einem Supermarkt aus und kam mit 2 großen Plastiktüten zurück. Er hatte Obst, Milch, Kuchen und vielerlei mehr eingekauft. Es konnte ein gemütlicher Abend werden.

Das Taxi fuhr bis zur Haustür, bezahlen musste ich, denn Sadys letztes Geld war im Supermarkt geblieben. Mit diversen Leckereien und Champagner machten wir einen gemütlichen Fernsehabend. Den mitgebrachten Getto Bluster stellte er unbeachtet zur Seite. Auch die schönen CD´s beachtete er gar nicht. Welch ein ´Fernsehmuffel`.

Überraschend bat er mich, mein Nachthemdchen anzuziehen und dann zu ihm auf die Couch zu kommen. Gerne kam ich seinem Wunsch nach, löschte aber zuvor die grelle Neonröhre im Wohnraum, ließ nur die Küche beleuchtet, so dass der Lichtschein im Wohnzimmer eine schummrige Atmosphäre gab. Er setzte sich hinter mich, streichelte sanft über den Satinstoff, zog seine Unterhose aus und biss mich zärtlich in die Schulter. Ich hörte wie er das Kondom Papier aufriss, und obwohl ich nichts sah, wusste ich dass er das blöde Gummi überstreifte. Plötzlich hatte er ein kleines Ölfläschchen in der Hand, das ich vorher nicht gesehen hatte, goss ein wenig in seine Hand, dann deutete er mir, mich zu knien. „Nein, bitte, Sady, jetzt nicht.“ Bat ich. Doch er zog mich hoch, drückte meinen Oberkörper nach vorne, so dass ich vor ihm kniete. Dann rieb er mir sanft über den After, hielt mich im Nacken fest, und drang langsam und vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter, ein. Dabei massierte seine freie Hand meine Brust, und er versuchte mich mit zischenden Lauten zu beruhigen. Es gelang ihm nicht. Ich war zu verkrampft, hatte keine Lust auf Analverkehr, wollte nicht immer seinen Launen zu Willen sein. Deshalb bewegte ich mich so ruckartig, dass sein Penis hinaus glitt.

“So nicht.“ Sagte ich energisch und schüttelte den Kopf. Er sah mich verwundert an, nickte und zog mich von der Couch hoch, hinter sich her ins Schlafzimmer. „Nicht mit diesem Kondom.“ Verlangte ich, als er den richtigen Eingang wählen wollte.

Als er zur Arbeit gehen wollte, wachte ich auf. Viel zu früh um schon schwimmen zu gehen. Beim Kaffee kochen erlebte ich eine unangenehme Überraschung. Im Zucker krabbelten Mengen von Ameisen herum. Igitt, wo kamen die denn her? Also ab in den Müll, süßer Kaffee gestrichen. Dann saß ich eine Weile gelangweilt im Wohnzimmer, wollte fernsehen, aber es gab nur zwei ägyptische Sender. Mangels Sprachkenntnisse ebenfalls erledigt. So legte ich meine Lieblings CD auf >Hold me for a while>, deren Titel ich zurzeit sehr passend fand. Dann säuberte ich, so gründlich es mit den spärlichen Materialien möglich war, die Wohnung. Gegen elf verließ ich das Haus.

Edit machte ein säuerliches Gesicht, denn sie wartete bereits zwei Stunden auf mich. Am Pool überfiel mich der Hunger, weil ich noch nichts gegessen hatte, also bestellte ich ein Sandwich. Auch Edit fand es an der Zeit, eine Kleinigkeit zu essen, sie wäre zwar auf Diät, aber etwas müsse nun sein. Die Kleinigkeit war ein komplettes Menü. Ich staunte nicht schlecht, was die verputzen konnte. Mir war das Sandwich schon zu viel, die Pommes Beilage rührte ich erst gar nicht an. Würde ich so viel essen, wie sie, wöge ich zwei Zentner. ´Weit davon bist du ja bestimmt nicht mehr. Kein Wunder, wenn du immer so futterst.` dachte ich grinsend.

Gemütlich beim Kaffee, sie nahm noch ein Eis dazu, unterhielten wir uns dann. Sie erzählte manches über die Lebensart in diesem Land. So erfuhr ich, dass sie bereits fünfzehn Jahre hier lebte, arabisch sprach, und eigentlich gerne noch mal nach Deutschland wolle. Aber die finanziellen Mittel fehlten. Das Geschäft ihrem Mann nur zur Hälfte gehöre, die Gewinne für solche Ausgaben nicht ausreichten. Sie keine Lust habe, einen Job anzunehmen, weil die Bezahlung zu schlecht sei. Das ein Kellner, zum Beispiel, um die zwei- bis dreihundert Pfund monatlich verdiene, die Europäer meist ungefähr das Doppelte. Ich war entsetzt, das waren circa einhundert bis zweihundert Mark, für den ganzen Monat. Unglaublich. Und Masseure? Wollte ich wissen. Da habe sie wenig Ahnung, aber als Angestellter eines Hotels, könne der Verdienst auch nicht wesentlich höher sein. Es sei denn, Sady arbeite auf selbständiger Basis, habe den Massageraum gemietet, dann käme es auf die Höhe der Miete an und darauf, wie gut das Hotel belegt sei. So wurde mir manches klar. Der Discobesuch, seine Wünsche bezüglich der Turnschuhe und Kamera und das ich die Wohnungsmiete alleine bezahlt hatte. Wenn er so wenig Lohn bekam, war das kein Wunder. Ich nahm mir vor, ihn nicht danach zu fragen, schließlich wollte ich ihn nicht beschämen. Als unser Gespräch auf die strengen Gesetze kam, wunderte sie sich, dass Sady so mutig sei, mit mir in einer Wohnung zu leben. Sie erzählte, das sei für ihn weitaus gefährlicher als für mich. Hellhörig fragte ich warum. Wenn man uns nur allein dort erwische, käme er sofort ins Gefängnis und ich auf die schwarze Liste. Das hieße, ich würde sofort ausgewiesen und habe für immer Landesverbot. Sofort dachte ich an die Situation mit dem Polizeiwagen, als Sady meine Hand losgelassen hatte. Ich berichtete ihr dieses Erlebnis und sie nickte zustimmend. Meinte, wir hätten nur Glück gehabt, das Mario bei uns war, die Polizei also nicht wusste, zu wem ich gehörte. Ich überlegte schon, dann besser in ein Hotel zu ziehen, da erklärte sie die einfachere Möglichkeit.

“Ich versteh nicht, wieso dein Sady dir nichts davon gesagt hat, dass ihr nur den Trauschein machen müsst. Ist doch ganz einfach. Mit dem Schein lässt die Polizei euch in Ruhe. Normalerweise kriegst du hier gar keine Wohnung ohne den Schein. Aber, na ja, vielleicht weiß der Vermieter nichts davon.“ Überlegte sie.

“Moment mal. Wieso Trauschein? Wir wollen doch nicht heiraten. Wir kennen uns doch kaum.“ Lehnte ich irritiert ab.

Lachend klärte sie mich auf: „Damit bist du auch nicht richtig verheiratet. Das ist nur eine Art Ehe – Vertrag. Der wird beim Notar gemacht. Aber die Polizei akzeptiert das Papier, wie einen Trauschein. Das machen hier alle, die in wilder Ehe zusammen leben. Wir nennen das hier den BBS, Bumsberechtigungs Schein.“

“Hm. Wenn das zu unserer Sicherheit ist, dann sollten wir das wohl besser machen. Schließlich möchte ich nicht riskieren, ausgewiesen zu werden. Was kostet denn dieser Schein, und wann können wir zum Notar gehen?“ überlegte ich.

“Das wäre sicher besser,“ bestätigte sie. „Genau weiß ich nicht, was es kostet. Aber so um die tausend Pfund bestimmt. Die sollten dir die Sache wert sein, denk nur mal an unser zukünftiges Geschäft. Rede mal mit Sady drüber. Ich weiß ja nicht, warum der noch nicht daran gedacht hat. Der kennt das bestimmt.“

Ich sah mich vor einem Problem, wie sollte ich das meinem Lover erklären? Bei unseren Verständigungsschwierigkeiten, meinem bescheidenen Englisch, undenkbar. „Kannst du das nicht machen? Du sprichst doch arabisch. Ich kann ihm das nicht erklären, deutsch versteht er nicht und mein Englisch, na ja...“ bat ich sie.

“Nee, du, ich als Frau, das ist nicht gut. Darin sind die Ägypter eigen, über solche Themen, spricht man nicht mit ner Frau. Ich werd mal Nabir fragen, der macht das bestimmt. Das wird Sady auch akzeptieren. Komm heute Abend mit ihm in unseren Laden. Nabir macht das dann schon.“ Hatte sie die Lösung parat.

Gegen vier Uhr musste sie aufbrechen, der Kleine würde gleich aus dem Kinderhort kommen. Als der Kellner die Rechnung brachte, deutete sie ganz selbstverständlich in meine Richtung. Kommentarlos übernahm ich die Zahlung. Schließlich hatte sie mir eben erst erzählt wie knapp die Kohle bei ihr war, außerdem war sie auch so hilfsbereit, was machte mir da schon die Verzehrrechnung aus.

Inzwischen kannte ich den Weg, deshalb ging ich zu Fuß zur Wohnung zurück. Nachdem ich mich umgezogen hatte, wollte ich wieder zu Nabirs Geschäft gehen. Es dämmerte bereits. Mit einer Gänsehaut am ganzen Körper rannte ich den Berg hinunter. Drei Hunde kamen bellend auf mich zu und obwohl ich nie Angst vor Hunden gehabt hatte, erschrak ich erst einmal. Ich blieb stehen, wusste nicht wie ich mich verhalten sollte. Gab es einen Unterschied zwischen wilden Hunden und unseren Haustieren? Reagierten die Wilden anders? Auch die Hunde standen, das Bellen verstummte, sie sahen mich an. Ich fasste mir ein Herz, ging langsam weiter, sie folgten mir. Dann drehte ich mich um, rief ich herrisch: „Yalla! Haut ab!“ Sie trotteten davon.

Nabir begrüßte mich sehr freundlich, ließ mir einen Nescafe’ bringen und kam gleich zur Sache. Edit habe ihm von meinem Vorhaben erzählt, das sei besser für Sady und mich, er werde nachher mit ihm reden. Er wisse den Preis auch nicht so genau, der könne, je nachdem was der Vertrag beinhalte, bis zu zweitausend Pfund liegen. Aber das müsse mir meine persönliche Sicherheit wert sein. Ich nickte, sagte, der Preis sei egal, die Sicherheit wäre wichtiger.

Als Mario eintrudelte, von der eventuell bevorstehenden >Hochzeit< hörte, freute er sich. Bestand darauf Trauzeuge zu sein und dann müsse ich aber eine riesen Hochzeitfeier machen. Er war total begeistert, steckte mich an. Ich versprach, er werde die Feier bekommen, lachte über seine kindliche Vorfreude. Versuchte ihn dann doch ein wenig zu bremsen, in dem ich zu bedenken gab, dass ich noch gar nicht wisse, ob Sady mich >heiraten< wolle. Mario war ganz sicher, dass mein Lover begeistert zustimmen werde.

„Und wie war es in Cairo?“ wollte ich eigentlich nur vom Thema ablenken. Warum guckte Nabir so erschrocken? Erwischt? Bei krummen Geschäften?

“Och, ganz gut. Aber es braucht eben alles seine Zeit. Besonders bei Geschäften. Das kennst du ja selbst.“ Antwortete Mario unverbindlich.

Nabir wechselte plötzlich zu einer ganz anderen Sache, berichtete, die Penthouse Wohnung wäre doch teurer, als angenommen. Der Eigentümer wolle eintausendfünfhundert ohne Möblierung haben, mit Möbel zweitausend. Wir waren beide enttäuscht, aber einig, dass wir zu diesem Preis verzichten würden. Das sei uns die Sache nicht wert, sicher fänden wir noch was Preiswerteres. Nabir bestätigte, dies sei kein Problem, Wohnungen gäbe es genügend. Er werde sich darum kümmern. Mir fiel der Cafe’ Besitzer ein, deshalb wollte ich wissen, wie weit denn diese Geschichte sei. Er erzählte, das der nicht in der Moschee war, der sei wohl derzeit im Krankenhaus. Sobald er den Mann sähe, werde er mit ihm sprechen.

Mario schlug vor, zum Essen zu gehen, doch ich wollte erst nachfragen, wann mein Lover kommen werde. Auf meine SMS erhielt ich keine Antwort. Nach einer Stunde wurde Mario ungeduldig, der Hunger quälte ihn. Schließlich ließ ich mich überreden, mit ihm zu gehen. Auf der anderen Straßenseite, gleich neben >Mamas Bar<, gab es ein kleines Bistro, das, laut Nabir, sehr leckere Pizzen anbot. Das passte mir gut, denn so war ich in der Nähe, wenn Sady mich suchte.

Während des Essens erhielt Mario einen Anruf. Ohne es zu wollen, hörte ich an seiner Art, wie er mit dem Anrufer sprach, dass es eine Frau sein musste. Aber bestimmt nicht Marina, mit der würde er nicht so liebevoll umgehen. Als er das Gespräch beendet hatte, fragte ich ihn rundheraus, ob die Anruferin zufällig Sandra hieße. Verlegen grinsend, nickte er.

“Aber keine Sorge, Chefin, da wird es keine Probleme geben. Marina wird nichts merken, dafür sorg ich schon. Ich weiß, du befürchtest dass sie Theater macht. Bestimmt nicht. Die hat bis jetzt nichts gemerkt, das wird sie auch später nicht. Außerdem ist ja Schluss und das wird auch so bleiben.“ Versprach er selbstsicher.

Ärgerlich warnte ich ihn: „Das hoffe ich für dich. Du kennst meine Einstellung. Alle guten Dinge sind drei, aber Fehler auch. Erst Brigitte, dann Marina und jetzt Sandra, das wäre dein dritter und letzter Fehler. Sei vorsichtig. Auch du fliegst, wenn das zum dritten Problem führt. Und sei es, wenn eines der beiden Mädchen wegen Dir geht. Die sind wichtiger für das Geschäft, als du.“ Er hatte mich nicht überzeugt. Meine gute Laune hatte einen Dämpfer bekommen.

Sady kam gleichzeitig mit uns bei Nabir an. Bei seinem Anblick stieg meine Stimmung blitzartig. Auch Sady strahlte. Wie es hier so üblich war, wurden schnell ein paar Hocker auf den Bürgersteig, vor Nabirs Geschäftseingang gestellt, und wir saßen in gemütlicher Runde zusammen. Während Nabir auf seinen Landsmann einredete, erzählte Mario begeistert von seiner neuen Liebe. Sandra. Diesmal schien es wohl wirklich eine Seelenverwandtschaft zu sein, sie sei so anders als alle Frauen zuvor, so anschmiegsam, anpassungsfähig, romantisch und trotzdem vernünftig. Er glaube, endlich die Frau fürs Leben gefunden zu haben. Ich hörte zwar zu, doch gedanklich war ich bei dem Gespräch der beiden Ägypter. Obwohl ich kein Wort verstand, sah ich die Skepsis in Sadys Gesicht. Er schien nicht so begeistert, wie Mario gemeint hatte. Warum hatte ich so ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend? Mein siebter Sinn, das hier was nicht stimmte? Oder fühlte ich mich gekränkt, weil mein Lover nicht vor Begeisterung >Hurra< schrie? Ich hatte den Eindruck, Nabir versuchte den Landsmann zu überreden. Er redete ununterbrochen und Sady antwortete nur knapp, war sehr ernst, hatte offensichtlich Bedenken. Was ging da ab?

Schon wollte ich eingreifen, die ganze Sache abblasen, als Sadys Gesicht sich erhellte, immer strahlender wurde und er heftig nickte.

“Was ist?“ konnte ich meine Ungeduld nicht mehr zügeln.

“Nichts, alles klar.“ Beruhigte Nabir meine Zweifel. „Morgen geh ich zum Notar und mach den Termin für Übermorgen. Du kannst schon mal die Feier vorbereiten.“

Mein Lover strahlte mich an, nahm meine Hand und fragte: „You want be my Wife.“

Etwas beschämt, wegen meiner misstrauischen Gedanken, aber irgendwie erleichtert, antwortete ich total glücklich: „Ja.“

Sady war plötzlich sehr müde, drängte zum Aufbruch. Ich erhob keinen Widerspruch, freute mich darauf, mit ihm allein zu sein. Ich war geil, wollte heute richtig guten Sex, aber diesmal mit Vor- und Nachspiel, wollte meinem zukünftigen Ehemann meine Vorlieben beibringen. Der Versuch scheiterte kläglich. Weil er mein Gemisch aus deutsch und englisch nicht verstand, versuchte ich es mit Gesten. Aber auch damit hatte er Schwierigkeiten, so dass ich schließlich nur den Weg sah, seine Hand zu meiner Muschi zu lenken. Doch schon am Schamhügel stoppte er, zog die Hand zurück. Energisch schüttelte er den Kopf, wollte nach meiner Brust greifen, wonach mir momentan nicht der Sinn stand. Ich schob seine Hand weg. Was sollte das? War ich schmutzig, oder eine Frau ohne Unterleib? Er wirkte hilflos, lag abwartend auf dem Rücken und sah mich ganz verwundert an. Ich wollte nicht die ganze Stimmung zerstören, deshalb versuchte ich einen anderen Weg. Ich begann ihn zu küssen, begann im Gesicht, Stirn, Augen, Nase, ganz kurz nur den Mund. War dabei mich, über den Hals, weiter nach unten zu bewegen, wollte die Hände streichelnd zu Hilfe nehmen, als er laut auflachte, meine Hände wegstieß und sich zur Seite rollte. Er krümmte sich vor lachen. Der Kerl war kitzelig.

Meine Geilheit war hin. Wäre ich ein Mann, wär mein Schwanz spätestens jetzt runtergefallen. Das Kind wollte ich heiraten? Wenn auch nur, um mit ihm zu poppen, ohne Probleme fürchten zu müssen? Nur rammeln, ohne drum und dran? Und das auf längere Zeit? Ich musste total verrückt sein. Mit ihm hatte ich genau das, was ich nie hatte haben wollen. Kindergarten. Nee, das brauchte ich nicht für mein Leben. “Ok.“ War alles, was ich kotzsauer hervorbrachte, zog mein Nachthemd über, stand auf, löschte das Licht und legte mich neben ihn, zum schlafen. Erst rührte er sich nicht, nach wenigen Minuten stand er auf, ging ins Wohnzimmer, ich hörte den Fernseher laufen. Darüber schlief ich beleidigt ein.

Am nächsten Morgen war er schon weg. Der Gedanke an die missglückte Nacht machte mir schlechte Laune. Ich trödelte herum, konnte mich zu nichts entschließen. Dann beschloss ich, den Urlaub zu genießen, aber nicht in diesem Drecksloch. Den Kerl abzuhaken. Entschlossen nahm ich mein Wörterbuch zu Hilfe und teilte ihm per SMS mit, ich werde noch heute in ein Hotel gehen und nach diesem Urlaub nicht noch mal wiederkommen.

Umgehend kam die Frage nach dem Warum. Was er böses getan habe, ob ich ihn nicht mehr liebe, einen anderen habe, er verstehe mich nicht. So deutlich es möglich war, schrieb ich die Gründe, dass ich andere Vorstellungen von Liebe und Sex habe, er mir das Gefühl gäbe, er denke nur an sein Vergnügen, und ich den Eindruck habe, schmutzig zu sein, weil er mich nicht berühren möge. Dann entschuldigte er sich, er liebe mich und werde sich Mühe geben, auch meine Wünsche zu berücksichtigen. Aber er sei so empfindlich, dass er bei der bloßen Berührung mancher Stellen seines Bodys lachen müsse. Ich solle nicht böse sein, heute Abend noch einen Versuch wagen. Nach einigem Hin und Her, gab ich nach. Gab das Ok, für ein klärendes Gespräch am Abend.

Zu dritt am Pool, war Mario ständig mit seinem Handy beschäftigt, Edit redete nur von der Hochzeit und wies mich wiederholt darauf hin, dass ich nicht vergessen solle zur Bank zu gehen, damit ich genügend Ägyptischen Pfund habe. Den Notar könne ich nicht mit DM bezahlen. Ich antwortete nicht. War genervt. Als sie endlich ging, war ich nicht traurig drum.

Dann brachte mich Sadys SMS zum lachen, er schrieb, - darling, im thinking you, like that you smile, i song for you, hold, hold me for a while. Take, take me tonigt. I love you, Sad –

”Na, wieder bessere Laune?” wollte Mario wissen. „Was für ne Laus war dir denn über die Leber gelaufen?“

Ich schilderte kurz meinen Ärger, jedoch ohne auf nähere Einzelheiten einzugehen. Sagte nur, dass wir leichte Meinungsverschiedenheiten in Sachen Sex hatten. Er versuchte mich zu beruhigen, die habe er auch, das sei am Anfang normal, würde sich sicher im Laufe der Zeit beheben. Ich sei eigentlich erfahren genug, das zu wissen.

Innerlich gab ich ihm Recht, schämte mich sogar ein bisschen. War dann froh, dass er das Thema wechselte, indem er mich zu einer Bootsfahrt einlud. Obwohl ich normalerweise solche Ausflüge nicht mochte, weil ich nicht schwimmen konnte, war ich diesmal für die Ablenkung dankbar. Mario handelte einen günstigen Preis aus und die Stunde auf dem Meer erwies sich als wirklich angenehme Abwechslung. Einmal sahen wir sogar Delphine recht nah an dem Boot vorbei schwimmen, Mario schnorchelte im Meer und ich genoss Sonne, Wind und die Stille.

Relativ spät verließen wir das Shedwan. Weil es schon dämmerte, mochte ich nicht alleine nach Hause gehen. So gingen wir gemeinsam zu Nabirs Geschäft. Als dieser von meiner Unlust, auf die unheimliche Gegend hörte, wollte er sich das unbedingt ansehen. Er schlug vor mich mit einem Taxi zu bringen und zu warten bis ich umgezogen sei. Mir war recht lieb, dass auch Mario mitfuhr. Unterwegs erfuhr ich dann, dass Nabir den Termin für unsere Trauung, am nächsten Abend, mit dem Notar vereinbart hatte.

Als der Fahrer vor dem Haus hielt, sagte er etwa arabisches, worüber Nabir laut lachte. Er übersetzte: „Er hat gefragt: Welcher Bauer dich in eine so scheußliche Gegend gebracht hat.“

Mario ging mit hoch, Nabir wollte lieber warten. Ich fand, das werde zu lange dauern, sagte, wir kämen schon alleine zurück. Auch Mario war der gleichen Meinung und schickte ihn zurück.

Zurück bei Nabir war ich erfreut, schon meinen Sady anzutreffen. So früh war er bisher nicht von der Arbeit weggekommen. Strahlend sagte er, weil er vor 2 Stunden den letzten Termin hatte, sei die Gelegenheit günstig, mal gemeinsam zum Dinner zu gehen. Ich glaubte eher, dass er etwas gutzumachen hatte. Egal, ich freute mich. Bei der Überlegung, wo wir essen wollten, kam Mario uns zu Hilfe. Er wolle eigentlich mal in >Mamas Bar< essen, die Speisen sollten dort gut, reichlich und europäisch sein, wegen der Holländischen Inhaber. Die Auswahl erwies sich als bescheiden, dafür waren die Gerichte reichlich und lecker zubereitet und die Atmosphäre gemütlich wie immer. Sady kannte das Lokal nicht, es gefiel ihm aber, obwohl das einzige Fischgericht, nicht unbedingt seine Geschmacksrichtung war. Eben nach Holländischer Art zubereitet, paniertes Fischfilet mit Pommes und Salat. Er verputzte jedoch die ganze gewaltige Portion. Wir saßen lange auf der Terrasse, konnten uns zwar kaum unterhalten, was nicht nur an der lauten Musik lag, fanden es aber trotzdem gemütlich. Als wir uns auf den Heimweg machen wollten, bat ich Sady, das kleine Stück zu Fuß zu gehen. Er war entsetzt, fand den Weg sehr lang, gab aber missmutig meinem Wunsch nach.

Zu Hause angekommen war ich dann doch ein wenig geschafft, das letzte Stück, bergauf, war auch mir etwas zu viel gewesen. Während er duschte, versuchte ich eine anheimelnde Atmosphäre zu schaffen. Ich schaltete den Fernseher ein, löschte die grelle Beleuchtung, stellte den Champagner und Knabberzeug auf den Tisch, dann zog ich mich um. Als das Bad frei war, wollte ich mich auch ein wenig frisch machen, schon während ich mich wusch, hörte ich meine CD laufen. >Hold me for a while< hörte ich und wusste schon, dieser Abend würde ohne Missstimmung enden.

Er wartete vor der Türe auf mich, nahm mich in die Arme und schob mich eng aneinandergeschmiegt, tanzend durch den Raum. Nicht nur der Teppich störte ein bisschen, auch sein Glied, das er hart an meinen Unterleib drückte. Diesmal kam er nicht sofort zur Sache. Wir tanzten, tranken Champagner und er hatte als kleine Überraschung einen Joint mitgebracht. Wir rauchten, küssten, tranken und tanzten, bis er mich Richtung Schlafzimmer schob. Auf dem Bett hatte er mein Badetuch ausgebreitet und neben dem Bett stand das kleine Ölfläschchen.

Bevor ich etwas sagen konnte, deutete er auf das Tuch, flüsterte: „Come, darling, relax. Want make you happy. I miss you.” Er zog mir das Nachthemd aus, ich legte mich bäuchlings auf das Badetuch, sah erregt auf seinen stramm stehenden Penis, als er die Unterhose fallen ließ. Dann kniete er sich zwischen meine Beine und begann von Nacken aus, zu massieren. Es war mehr streicheln und reiben, wobei er sich für den Rücken nicht sehr viel Zeit nahm. Das Gesäß bis zwischen die Oberschenkel knetete er lange mit festen Griffen, das ich vor Geilheit laut stöhnte. Als er seinen glitschigen Finger in meinen After schob, schrie ich verzückt auf. Sein Finger bewegte sich immer schneller hin und her, und als ich den ersten Orgasmus hatte, schob er mit kräftigem Stoß sein Glied in meine heiße Muschi. Er war wild und hart, brauchte endlos lange Zeit, hob mich immer wieder an den Hüften höher, bis er sich plötzlich zurückzog. Mir blieb keine Zeit zur Ruhe zu kommen, denn er war nicht gekommen. Sein Penis stand immer noch, er nahm etwas Öl, strich damit über meinen After und schob langsam seinen Schwanz nach. Erst ganz sachte und langsam, dann steigerte er die Geschwindigkeit, wurde schneller und als ich sein leises Stöhnen hörte, das Zucken in mir spürte, hatte auch ich noch einen heftigen Höhepunkt.

“I love you.“ flüsterte er mir ins Ohr, dann verschwand er im Bad.

Spät wurde ich wach und konnte mich nicht mehr erinnern, Sady nach dem Duschen noch gesehen zu haben. Ich musste wohl vorher eingeschlafen sein, zumindest nahm ich das an, da ich völlig nackt im Bett lag. Normalerweise schlief ich nie unbekleidet. Im Wohnzimmer war von unserer nächtlichen Orgie nichts mehr zu sehen. Na prima, endlich mal ein Mann mit Ordnungsliebe. So hatte er doch mehr Vorteile, als ich vermutete. Zwar war das gestrige >Vorspiel< lange nicht das, was ich liebte, aber der Anfang war auch nicht schlecht gewesen, er hatte sich Mühe gegeben. Also doch ausbaufähig, die Hoffnung hatte ich jetzt. Viel zu tun gab es dank Sadys Aufräumtätigkeit nicht, so konnte ich mich bald auf den Weg machen. Ach richtig, heute war ja mein Hochzeitstag. Ich kicherte vor mich hin, überlegte, was ich denn anziehen könne. Am besten was Weißes. Ja, da hatte ich doch ein süßes langes Kleidchen mit. Leichter Stoff in Doppellage, mit Tülloberstoff in den eine schwarze langstielige Rose, von der Brust bis fast zum leicht glockigen Saum eingewebt war. Wegen der Spagettiträger konnte ich meinen schwarzen dünnen Tüllmantel drüber ziehen, sah sicher niedlich aus. Dann die schwarzen offenen Lackschläppchen mit Plateausohle, ich war Hochzeitsmäßig angezogen. Perfekt.

Dabei fiel mir ein, ich musste mal die Kohle zählen, schließlich brauchte ich abends einiges für die Feier und den Notar. Aber wie viel? Nabir hatte noch nicht sagen können, was es kostete. Das ich Sady damit nicht belasten konnte, wusste ich, dank Edits Berichten ja nun. War sowieso kein Problem für mich, ich hatte genug mit. Die letzten Jahre hatte ich mir, außer ab und zu ein paar Kleidchen, ja kaum was geleistet, schön gespart, was sollte also der Geiz. Die Rechnung im Shedwan hatte ich gestern genauso bezahlt wie das Abendessen, aber über dieses Kleingeld wollte ich gar nicht erst nachdenken. Edit und Nabir halfen schließlich wo sie konnten, waren sofort zu jeder Gefälligkeit bereit, da musste man sich doch revanchieren. Na ja, und Mario war grade der Richtige, über andere Leute solche Dinge zu behaupten. Ich hatte nicht vergessen, wie oft er sich auf meine Kosten ernährt hatte. Konnte mich kaum daran erinnern, dass er mal zur Geldbörse gegriffen hatte, wenn’s ums bezahlen ging. Meistens war er so zögerlich gewesen, dass ich schon freiwillig die Knete auf den Tisch gelegt hatte. Ach Schwamm drüber. Wenn ich das Gefühl bekäme, ausgenutzt zu werden, würde ich schon die Bremse anziehen. Ich wollte mir meine Hochstimmung nicht vermiesen lassen. Ausgerechnet von diesem Halodri.

Wieder mal warteten Edit und Mario schon auf mich, murrten das ich so spät kam, denn sie wollten noch mal zu dem Cafe’. Edit hatte gehört, der Besitzer sei jetzt da. Ich ging nicht darauf ein, stieg mit in den Bus und schwieg. Diesmal verlangte ich, dass Mario die Busfahrt zahlte. Zwar hatte das Cafe’ geöffnet, doch nur ein Mann in einer schmuddeligen Galabea war anwesend. Er wusste nicht, wo sein Chef sei. Dafür hatten wir nun die Gelegenheit, uns den gesamten Komplex anzusehen. Es war recht groß, der innere Raum sowie die Terrasse zum Strand hin, aber das schönste war der kleine Strand. Die Einrichtung war Schrottreif, die Wände bedurften dringend eines gründlichen Anstrichs und die Strandliegen fielen vor Altersschwäche fast auseinander. Hier war einiges zu tun, und das würde auch nicht billig werden. Wer sollte das bezahlen? Der Besitzer oder wir?

Das sei eine Frage des Vertrages, meinte Edit. Bei prozentualer Beteiligung wir, bei Anmietung er. Nun fand ich es an der Zeit Klartext zu reden. In aller Deutlichkeit erklärte ich den Beiden, dass ich zwar bereit sei, ein gemeinsames Geschäft vorzufinanzieren, aber alles in einem überschaubaren Rahmen. „Du hast kein Geld, Edit und Mario schon gar nicht. Kein Problem, aber dem Besitzer Miete zu zahlen oder aber diese verkommene Bude zu erneuern, nee, das sehe ich nicht ein.“ Lehnte ich energisch ab. „Was ist denn, wenn der Laden nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen? Und wenn wir dann wieder rausgehen, weil wir einsehen müssen, dass es ein Flop war? Dann hat der nen schönen Laden und ich hab meine ganze Kohle in den Sand gesetzt? Für euch ja kein Problem, klar. Nee, Leute, so nicht.“ Machte ich meinem Ärger Luft.

Während Mario schwieg, vermutlich gab er mir im Stillen Recht, versuchte Edit mich zu beschwichtigen: „Mieten kommt für mich sowieso nicht in Frage. Das Risiko ist zu hoch. Meinst Du, ich will zehntausend Pfund Miete zahlen, ohne zu wissen, ob sich das lohnt? Bestimmt nicht. Nein, auf Prozente, das ist die einzige Möglichkeit, mit geringen Mitteln, vielleicht ein gutes Geschäft zu machen.“

Verächtlich antwortete ich: „Was heißt denn geringe Mittel? Guck dir die Bruchbude mal richtig an. Hier muss doch alles gemacht werden. Der ganze Sperrmüll muss raus, die Strandliegen kann man nicht mehr brauchen und die Renovierung muss auch komplett gemacht werden. Das kostet ne Stange Geld.“

“Du übertreibst.“ Widersprach sie heftig. „Die Möblierung muss er selbst erneuern. Das ist für den kein Problem, der hat sicher noch genug Tische und Stühle in seinem Hotel übrig. Die Liegen sind hier nicht teuer und manche braucht man nur mal neu zu streichen. Ein paar schöne bunte Schaumgummi Matten drauf, die kosten hier nicht viel. Und der Anstrich kostet nur das Material. Wofür haben wir denn Mario? Schließlich ist der doch Handwerker. Ein bisschen kann der ja auch machen. Dann noch Dekoration, und fertig ist der ganze Laden. Du kennst die Preise hier nicht. Alles ist spottbillig, nicht so wie in Deutschland.“

“Ok, ok, das kann ja alles sein. Aber du hast die Werbung vergessen. Oder wie willst du das Ding bekannt machen? Und die Werbung ist immer sehr kostspielig. Was schätzt du denn, was die ganze Geschichte, bis zum Start, kosten wird?“ bremste ich ihren Optimismus.

Sie überlegte nicht lange, sagte: „Vielleicht zehn - bis fünfzehntausend. Und Werbung, liebe Ruth, kostet nur ein paar Pfund. Außer den Flyers, gibt es jede Menge kostenlose Werbung über die Reiseleiter. Das mach ich dann schon, keine Sorge.“

„Und was ist mit Zeitungswerbung? Die hast du nämlich vergessen. Das ist in Deutschland das teuerste. Und die kostet laufend ne Menge Geld.“ Belehrte ich sie.

Sie lachte, schüttelte den Kopf und erwiderte: „Du bist hier in Ägypten, vergiss Deutschland. Was für Zeitungen? Wir sind in Hurghada, nicht in Cairo. Nee, außer nem Magazin für Urlauber, gibt’s hier keine Zeitungen. Klar, im >Red See Magazin< können wir inserieren, aber das bringt gar nichts. Da sind Flyers viel effektiver. Der Druck kostet nicht viel und ein paar Jungens, zum verteilen, nur ein paar Pfund. Das sind Peanuts.“

“Hm, ja, so ist das. Ja dann, könntest du ja Recht haben. Ok, du kennst dich hier aus. Unter diesen Umständen, meinetwegen. Ich bin dabei.“ Gab ich mein Einverständnis. Sie hatte mich überzeugt.

Auf dem Rückweg fiel mir ein, dass die Wohnungsfrage auch noch nicht geklärt war. Als ich Edit darauf ansprach, meinte sie der Hauseigentümer spinne. Erst wollte er mehr Miete, Lage und der schönen Aussicht. Letztlich sei er bei zweitausend leer angekommen, darauf habe Nabir abgesagt. Aber auch kein Problem, denn bei ihr im Haus werde was frei, und Nabir wolle mit dem Besitzer sprechen. Die Wohnungen wären auch sehr schön, die müsse ich mir mal ansehen. Ich könne ja mal zu ihr kommen. Sie lud mich sofort zum Kaffee ein. Da es zum Schwimmen schon zu spät war, sagte ich direkt zu.

Unweit ihres Geschäftes, auf der Wüsten Seite, in der zweiten Häuserreihe, hatten Edit und Nabir ihr zu Hause. Wir mussten uns bis zur vorletzten, der fünften Etage hinauf quälen, einen Aufzug gab es nicht. Ich war total außer Atem. Das wäre mein Albtraum, täglich diese Treppen steigen zu müssen. Als ich meine Befürchtung äußerte, meinte sie, die demnächst freiwerdende Wohnung sei im zweiten Stock. Ein Lichtblick, das ginge ja noch. Das traute Heim war sehr schön eingerichtet und auch sehr geräumig. Wohnraum, Esszimmer, zwei Schlafräume, Kochküche und ein kleines Bad machten sicher gut achtzig Quadratmeter aus. Der Blick aus den Fenstern ging hinaus auf die Wüste. Ein Nachteil. Dafür war die Miete mit sechshundert Pfund recht günstig. Der Vorteil. Dass man von der anderen Hausseite übers Meer sehen könne, aber erst von der vierten Etage, das nächste Minus, denn von der Zweiten würden wir vor andere Gebäude sehen. Schon war diese Wohnmöglichkeit uninteressant für mich. Auch Edit beruhigte mich, es gäbe genügend freie Wohnungen zur Auswahl. Deshalb fände sich sicher bald was Passendes.

Während des Kaffees klingelte mein Handy. Rabea war in der Leitung. Aufgeregt erzählte sie, dass sie schon seit zwei Tagen ihren Hedy nicht mehr erreichen könne, sein Handy sei ausgeschaltet. Ich müsse unbedingt meinen Sady fragen, was da los sei. Schließlich wären die Beiden Kollegen. Ich beruhigte sie, das werde ich abends tun und ihr umgehend bescheid geben. Sonst ginge es ihr gut, im Geschäft auch alles in Ordnung, viele Grüße an alle und noch einen schönen Urlaub.

Bevor ich heim ging, wollte ich noch eine Kleinigkeit essen, doch Mario verspürte weder Hunger noch Lust mitzugehen. Er wollte ein wenig schlafen. Edit bot sofort ihre Begleitung an. Unterwegs kam uns Nabir entgegen, er brachte den kleinen Kerem. Also gingen wir Frauen mit dem niedlichen Kleinen ins Mafia. Beim Essen sprach Edit über Marios unmögliches Verhalten. Ständig piepse sein Handy, besonders mitten in der Nacht, wenn alle schliefen. Da Mario nebenan im Kinderzimmer schlafe, die Wände so dünn wären, er dann oftmals laut telefoniere, fände sie das sehr störend und rücksichtslos. Wenn er schon keine Rücksicht auf sie und ihren Mann nähme, müsse Mario doch wenigstens daran denken. dass das Kind schlief. Und überhaupt, fände sie, dass er ihre Gastfreundschaft überstrapaziere. Vierzehn Tage so beengt zu wohnen, denn der Kleine schliefe ja derweil mit im elterlichen Bett, sei eine Zumutung. Ich war ganz ihrer Meinung, sagte, dass ich dies nicht machen würde.

Mein lieber Mann, konnte die futtern. Vorspeise, jede Menge Knoblauch Brot, Hauptspeise und noch ein Dessert, ich schaffte nicht mal meine Spagetti Portion ganz. Unfassbar. Und dann wohlmöglich wundern, wenn sie immer runder wurde. Zum Schluss sprach sie mich auf den mitgebrachten Champagner an. Sie habe Mario um eine Flasche gebeten, sie tränke das Gesöff so gerne, hier bekäme man so etwas ja nicht, aber er hatte gesagt, darum müsse sie mich fragen. Großzügig willigte ich ein, ihr eine Flasche abzugeben. Letztendlich bezahlte ich noch die Rechnung, sie verhielt sich genau so zögerlich, wie ich es schon von anderen Leuten kannte. Dann trennten wir uns, hatten verschiedene Richtungen.

Vor Anbruch der Dunkelheit kam ich heim. Vor lauter Langeweile machte ich die Wohnung sauber, legte meine Kleidung, für die bevorstehende Trauung raus, und kramte in der Wohnung rum. Dann schaltete ich den Fernseher ein, sah die beiden Kanäle durch, arabische Nachrichten auf dem Einen, eine Talkshow auf dem anderen Kanal. Also fernsehen gestrichen. Lieber legte ich eine CD auf und ließ ich mich auf der unbequemen Couch nieder. Schon nach kurzer Zeit konnte ich auf den dünnen Schaumgummi Auflagen des Holzgestelles, was sich Couch schimpfte, nicht mehr sitzen noch liegen. Zu gerne hätte ich ein gutes Buch gelesen, leider hatte ich keins mitgebracht. Also legte ich mich aufs Bett.

Kurz nach 21 Uhr wurde ich wach. Hoppla, nun wurde es aber Zeit mich fertig zu machen. Mein Sady musste gleich kommen. Für duschen und stylen benötigte ich fast eine Stunde, schließlich wollte ich, an diesem besonderen Tag, auch besonders gut aussehen. Mein Zukünftiger war noch nicht erschienen. Was tun? Kleid schon anziehen? Nein, nur schminken. Nachthemd wieder überwerfen, warten. In Kleid und Schuhen wäre ich ja schnell.

Frauenfalle Orient

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