Читать книгу Persönliche Liebe; globalisiertes Leid - S. Asef Hossaini - Страница 7

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Es war noch dunkel. Der Zug fuhr unaufhaltsam ins Büro. Ich hatte gleich am dritten Tag erkannt, dass das kein Ort für mich war, aber inzwischen arbeitete ich schon im fünften Jahr hier und schlug mich mit den Leuten herum.

Wie immer am Wochenende war ich auch diesmal leise neben ihr aufgestanden, hatte geduscht und mich angezogen. Als ich los musste, hatte ich behutsam ihr Gesicht geküsst, sie hatte die Augen geöffnet und mit einem sanften Lächeln geflüstert: „Ich wünsch‘ dir einen schönen Tag.“ Dann hatte sie mich zärtlich geküsst.

Der Zug ratterte vor sich hin und schluckte an jeder Haltestelle ein oder zwei weitere Betrunkene. Anscheinend waren der Lokführer und ich die einzigen, die an diesem Morgen nicht betrunken waren. Ein Typ schrie so laut, dass ich zusammenfuhr, dann fläzte er sich auf einen der Sitze und fing bald an, laut zu schnarchen. Manchmal denke ich: Wir sind im Paradies der Säufer und der Hunde. Säufer und Hunde können sich hier alles erlauben und kein Schwein interessiert‘s. Noch wenn sie ausfällig werden und randalieren, darf niemand grob mit ihnen umspringen.

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In Kabul waren zwei Bomben nacheinander explodiert und die Zahl der Todesopfer stieg und stieg. Die zweite Bombe war hochgegangen, als die Leute nach der ersten Explosion zusammengeströmt waren, um den Verletzten zu helfen. Am Abend zuvor war andernorts im Land eine Gruppe Armeesoldaten getötet worden.

Solche Nachrichten sagten uns nicht mehr viel, weil wir weder etwas über die Selbstmordattentäter noch über die getöteten Soldaten wussten. Die Behörden verbreiteten ihr Kommuniqué und nannten Details und Zahlen, die wir veröffentlichten, die uns aber nicht interessierten.

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Als ich abends nach Hause kam, war sie weg. Am Wochenende musste sie immer Freunde und Familie treffen. Auf dem Tisch lag ein roter Zettel, ausgeschnitten als Herz, auf dem auf Deutsch dick stand: „Ich denke an dich.“


Persönliche Liebe; globalisiertes Leid

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