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Bitte ein BIP oder ich kriege die Krise

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Eine Krise machen wir, oder machen die Medien, Politiker und Wirtschaftssubjekte netterweise stellvertretend für uns, zumeist am BIP fest. Wächst das BIP, geht es uns gut, stagniert es oder sinkt es, dann sind wir in einer Krise. Aber was schrumpft denn da eigentlich bei negativem BIP? Was genau ist das BIP und warum soll es uns schlecht gehen, wenn diese Zahl schrumpft? Und was hat das Wachstum des BIP mit Wohlstand und Krisen zu tun?

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der sogenannte Produktionswert einer Wirtschaft abzüglich der Vorleistungen, um genau zu sein, werden offiziell noch Gütersteuern addiert und Subventionen abgezogen, das können wir aber an dieser Stelle erst einmal ignorieren. Wenn man Leistungen ans Ausland abzieht und Leistungen von Deutschen im Ausland addiert, ist man übrigens beim Bruttosozialprodukt, einem Begriff, der den Älteren noch bekannt vorkommen müsste. Er ist aber seit Geier Sturzflug nicht mehr in regelmäßigem Gebrauch, vermutlich weil er mit der Bedeutung des Wortes „sozial“ noch viel weniger zu tun hat als mit dem Wohlstandsbegriff.

Als Unternehmer muss ich, um beispielsweise einen Tisch zu bauen, generell in Vorleistung gehen. Ich brauche eine Idee, also die Vision von einer Platte mit vier Beinen drunter. Und in der Regel auch Geld, um Holz zu kaufen und mindestens einen Arbeiter zu bezahlen, der mir das Ding sägt und zusammenschraubt. Diese Vorleistung muss ich dann von der Bewertung des Tisches abziehen, nichts Anderes ist das BIP. Wenn mich die Vorleistungen 100 Euro gekostet haben, und ich den Tisch mit 200 bewerte, dann entspricht mein persönliches BSP, mein Bruttoschreinereiprodukt, genau 100 Euro. Das BIP ist nur eine Zahl, ein Buchwert, es kann realisierte Gewinne enthalten, wenn ich den Tisch tatsächlich für 200 verkaufen konnte, muss es aber nicht. Und als Zahl abstrahiert es auch völlig vom Inhalt, von dem, was eigentlich hergestellt wurde. Der Buchwert kann natürlich auch Hoffnungen beinhalten, die nennt man Zuschreibungen, zum Beispiel in der Bewertung von Immobilien.

Meine leerstehende 25 qm Eigentumswohnung in Frankfurt am Main könnte ich womöglich für 800 Euro im Monat vermieten, somit könnte ich einen Buchwert von vielleicht einer Drittel Millionen begründen, die Wohnung steht aber leer, weil die Mieten erst nächstes Jahr diese Höhe erreichen werden, und momentan noch keiner so viel zahlen will. Und was hat das mit Wohlstand zu tun? Wenn übrigens viele Menschen Hoffnungen in dieser Größenordnung ihrem persönlichen Brutto-Wohnungsprodukt zuschreiben und dann Darlehen auf diese Buchwerte aufnehmen, um in Urlaub zu fahren oder die Ausbildung ihrer Kinder zu finanzieren, nennt sich das Vorstufe zur U.S. Amerikanische Hypothekenkrise. Denn Buchgewinne sind komplett bedeutungslos bevor sie realisiert sind. Wachsendes BIP kann also geradewegs in eine Krise hinein führen, und diese Krise kann offensichtlich dann sehr lange andauern. Und an dieser Stelle müsste man sich bereits das erste Mal fragen, ob wir uns mit dem BIP wirklich die richtige Zahl anschauen, speziell wenn uns Monat für Monat berichtet wird, wie sehr alles boomt, wächst, blüht und gedeiht, und es uns deshalb so gut geht. Das BIP gibt auch keinerlei Auskunft darüber, ob eine Volkswirtschaft einzig und allein Raketen und andere Waffen herstellt oder stattdessen vielleicht Geld für alternative Energien oder Gewässerschutz ausgibt. Ganz extrem gesagt, wenn immer mehr Geld einer Volkswirtschaft für Panzer ausgegeben wird und am Ende vielleicht Lebensmittel für die Bevölkerung knapp werden, dann steigt vielleicht dennoch das BIP, aber wo bleibt dann der Wohlstand? Das BIP kann theoretisch auch raketenhaft in den Himmel geschossen werden, wenn nämlich alle Immobilienhaie gleichzeitig die Mietpreise verdoppeln, aber wie viel besser geht es uns denn dann?

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