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Charakter des Geldes - Was nichts kostet, kann nichts sein

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Geld benutzen wir bereits seit der neolithischen Revolution, also seit wir anfingen Ackerbau zu betreiben und uns sesshaft machten, vor ungefähr 10.000 Jahren. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über Geld sind auch schon recht alt, sie stammen aus Mesopotamien. Dort im Zweistromland wurde vor ca. 5.000 Jahren die Schrift erfunden, und zwar nicht etwa, um Gedichte oder Romane zu schreiben, sondern um Schuldscheine zu erstellen. Man machte sich nämlich schon sehr früh los von der Abhängigkeit von Geldmünzen oder Edelmetallen generell. Wer also heute der Meinung ist, Geld sei immer komplizierter geworden, weil es einst als Münzlein klein anfing, dann Banknote wurde und heute ein Girokonto, also eine Schuld aus Bits und Bytes, ist, hat den Charakter des Geldes nicht ansatzweise verstanden. Es war von Anfang an Schuldgeld. Und was das im Detail für die Wirtschaft bedeutet, werden wir noch betrachten. Zunächst einmal sei festgehalten, dass man Geld beliebig aus dem Nichts schöpfen kann, man braucht ja lediglich einen Kredit zu vergeben. Deshalb beantwortete auch schon Aristoteles vor 2.500 Jahren die nicht unbegründete Frage, wie es sein kann, dass etwas Wert hat, wenn es doch aus dem Nichts kommt? Er erkannte, dass der Wert von Geld, also Münzen und Schuldscheinen, nicht etwa deshalb gegeben war, weil dort Edelmetall im Spiel war. Sondern Aristoteles verstand, dass Geld einen Wert hatte aufgrund seiner sozialen Funktion. Er hat es damals folgendermaßen ausgedrückt: „Das Geld ist kraft gesetzmäßigen Geltens als geltend gesetzt.“ Oder in anderen Worten, Geld ist, was gesellschaftlich als solches akzeptiert wird. Wie bereits erwähnt wird Geld gebraucht, um eine Recheneinheit zu haben, um Vergleichbarkeit zu schaffen, um die Verhältnisse untereinander zu klären und zu formalisieren. Aristoteles nannte statt Rasenmähen als Beispiel Häuser, Minen und Betten, die nur durch Geld vergleichbar gemacht werden können.

Edelmetalle waren, nur am Rande bemerkt, ohnehin immer knapp in Europa. Schon in der Antike gab es nämlich die Seidenstraße nach China, über die in großem Umfang Gewürze, Stoffe etc. nach Europa gebracht wurden. Umgekehrt wollten die Chinesen aber leider nichts von uns haben. Unsere Wolle war sehr kratzig im Vergleich, und auch andere europäische Güter interessierten die Asiaten nicht. Dagegen war unser Silber als Zahlungsmittel sehr attraktiv für sie, und so floss das ganze Edelmetall nach Asien und kam auch nie zurück. Aus dieser Struktur sind wir selbst später nicht herausgekommen, deshalb kamen in Europa im Mittelalter die Wechsel als Papierwährung hinzu, und das Verhältnis Bargeld zu Schuldgeld steigerte sich auf 1:15.

Was es allerdings weder in der Antike noch im Mittelalter gab, war Wachstum. Geld allein bringt kein Wachstum aus sich selbst. Das ist der Irrglaube, dem vor allem viele Banker verfallen sind, sie glauben, dass ihre Banktätigkeit dadurch, dass sie das Geld ein bisschen im Kreis laufen lassen, Wachstum erzeugen würde. Dem ist aber nicht so, und das lässt die gewaltigen Boni, die die Banker sich für diesen Kreisverkehr selbst zahlen, in einem ganz anderen Licht erscheinen. Das erste Wachstum überhaupt und nicht nur in Europa, sondern in der Weltgeschichte, konnte man 1760 feststellen. Frankreich war damals mächtigste Macht, „La grande Nation“ dann ab 1790, modischer Standard und Großmacht mit 25 Millionen Einwohnern. Aber Wachstum entstand auf einer Insel im Ärmelkanal im kleinen Land der Engländer, mit gerade mal sieben Millionen Einwohnern. Das erste selbsttragende Wachstum der Welt, resultierend in erstmals steigender Wirtschaftsleistung pro Kopf. Aber warum ausgerechnet England? Es gibt viele Theorien zu dem Thema, aber nur Eines ist sicher, England hatte damals die höchsten Löhne der Welt, die Gründe dafür zu erläutern würde an dieser Stelle zu weit führen, aber damit waren ihre Textilien auf dem Weltmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig. Textilien waren damals aber das wichtigste Handelsgut, und die gesamte Nation war abhängig davon. Also kam man auf einen bis dahin nie dagewesenen Gedanken, nämlich Menschen durch Maschinen zu ersetzen. Wenn man sich heute in den Technikmuseen die Webstühle und Spinnmaschinen der damaligen Zeit anschaut, wirken sie eher klein und sehr harmlos. Sie waren aber Schuld an einem gigantischen Umsturz, einer Neuausrichtung der gesamten Welt: der industriellen Revolution.

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