Читать книгу ALTERNATIVLOS - warum wir selbst am Abgrund nicht stehen bleiben dürfen - S C Fröhlich - Страница 6
Funktionen des Geldes - 20kg Salz = 10 VWL-Bücher
ОглавлениеDie Vorleistungen müssen finanziert werden. In den allerseltensten Fällen hat ein Unternehmen genug Eigenkapital um alle Vorleistungen zu erbringen. Jetzt haben wir die Brücke zum Geld geschlagen, denn das benötigen wir und bekommen es von der Bank, um unser Holz kaufen zu können und den Arbeitnehmer zu bezahlen. Und weil es zunächst darum gehen muss, die Natur dieses Geldes zu verstehen, schauen wir uns als Allererstes die Definition von Geld einmal an, auch falls dies vielleicht etwas banal klingen sollte. Geld ist ein Zahlungsmittel. Dahinter steckt schlicht die Behauptung, dass Schulden mit Geld beglichen werden können, und dies jeder akzeptiert. Natürlich könnte man Schulden vielleicht auch durch Rasenmähen oder Autowaschen begleichen, da dies aber nicht notwendigerweise von jedem Gläubiger gleichermaßen akzeptiert wird, benutzen wir generell Geld dafür.
Durch diese Entscheidung ermöglichen wir es den Banken, unser Zahlungsmittel für uns zu verwalten. Die Überweisung von Bankschulden ist daher die am umfangreichsten genutzte Zahlungsmethode. Dabei tritt jemand, der Geld überweisen möchte, die Schulden, die die Bank bei ihm hat, an jemand anderen ab. Das Geld, diese Zahlen, die auf Ihrem Kontoauszug stehen, liegt natürlich nicht auf der Bank, sondern wurde an jemand anderen verliehen. Und die Schulden, die die Bank beispielsweise bei Ihrem Arbeitgeber, nachdem seine Kunden ihre Rechnungen auf sein Konto gezahlt haben, tritt dieser dann zu einem kleinen Teil an Sie ab, und das nennen Sie Ihr Gehalt, Ihr Einkommen, auch nur Zahlen auf Papier oder im Computer. Das ganze basiert auf dem Vertrauen, dass man diese Bankschulden als Zahlungsmittel jederzeit weitergeben kann.
Das Geld ist darüber hinaus natürlich irgendwie auch noch Tauschmittel, denn ich kann einen bunten Zettel der EZB gegen alle möglichen Güter und Dienstleistungen tauschen. Darauf würde sich unter anderen Umständen kein normaler Mensch einlassen, so ein Zettel ist schließlich nur ein paar Cent wert, aber auch da vertraut der Verkäufer darauf, dass alle anderen, die vielleicht Güter haben, die ihn interessieren, eben diesen bunten Zettel gerne annehmen. Als Nächstes steht auch noch in jedem VWL-Buch, dass Geld zusätzlich ein „Wertaufbewahrungsmittel“ sei, denn es rostet und verrottet im Regelfall nicht sehr schnell, und man hat keine Erhaltungskosten zu zahlen. Auch hier merkt der geneigte Leser bereits, dass die Wirtschaftstheorie nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand zu sein scheint, denn heutzutage kann Geld zu haben auch Geld kosten, aber dazu später mehr.
Außerdem ist das Geld noch ein Wertmaßstab und Recheneinheit, denn die Höhe der Schulden wird in Geldeinheiten ausgedrückt und man kann sie miteinander verrechnen, was auch bei viermal Rasenmähen für dreimal Autowaschen vielleicht noch möglich wäre, was sich beim Fensterputzen für eine Blinddarm-Operation aber dann doch schwierig und langwierig gestalten kann. Außerdem können wir aufgrund der Tatsache, dass Geld den Wert misst, an alle Güter praktische Preisschildchen hängen, so dass jeder gleich weiß, wie viele Bankschulden er dafür an den Verkäufer abtreten muss.
Vom BIP, unserem vermeintlichen Maßstab für Wohlstand, müssen wir zwangsläufig beim Charakter des Geldes und den Gelddefinitionen landen. Wir sollten versuchen, die Frage zu beantworten, ob Geld tatsächlich ein Tauschmittel ist. Die genannten Definitionen (Tauschmittel, Wertaufbewahrung, Recheneinheit) existieren schon seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und werden bis heute gelehrt. Sie gehen davon aus, dass, wie eingangs erwähnt, wir uns alle auf einem Markt treffen, uns dort auf ein Tauschmittel, z.B. Salz, einigen und dann alle Preise in Einheiten dieses Tauschmittels ausdrücken können. Zum Beispiel 1kg Salz = 1kg Salz, das sei der Standard, dann ist eine Kuh vielleicht 100kg Salz wert und ein Gramm Gold vielleicht 33kg Salz. Eine Kuh kostet dann 3g Gold. Lang lebe der Dreisatz. Wichtig ist es, in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass das Tauschmittel immer schon da ist, als ein Bestandteil der Wirtschaft. Das Salz gibt es tatsächlich bereits bevor wir es zum Tauschmittel küren. Man kann sich auch auf Gold oder Silber einigen, wenn es ein selteneres und dadurch wertvolleres Tauschmittel sein soll. Damit könnte man dann deutlich höhere Preise zahlen. Aber in diesem Zusammenhang würde auf dem Markt niemand behaupten, bunte Zettelchen seien ein Tauschmittel.
Die Wirtschaftslehre geht weiter davon aus, dass der Markt nach gewissen Gesetzmäßigkeiten funktioniert, diese werden gesteuert durch Vernunft (Stichwort „Homo Oeconomicus“). Wir kommen alle mit unterschiedlichen Gütern und Dienstleistungen auf den Markt, und dann tauschen wir solange hin-und her, bis wir unseren Nutzen optimiert haben. Das heißt im Klartext, ich kam mit einer Kuh zum Markt und gehe mit 5 Koteletts, aber auch Kartoffeln, Möhren, Bier, 2 Büchern und Gartengeräten nach Hause. Außerdem wurden mir noch die Haare geschnitten. Auch der Gleichgewichtspreis entstammt der Wirtschaftslehre. Dieser besagt, dass im Falle einer Missernte, wenn Möhren und Kartoffeln entsprechend knapp geworden sind, ich unter Umständen statt der üblichen 3kg Salz, plötzlich 4 oder 5kg Salz dafür zahlen muss. Aber das wichtigste Merkmal der Volkswirtschaftslehre ist, dass nirgendwo Geld vorkommt, nur Güter und Dienstleistungen. Geld wird in den Theorien gerne als „monetäre Schicht“ bezeichnet, die über der Realwirtschaft liegt. Die Experten sprechen von der „Neutralität“ des Geldes, da es am Marktgeschehen nicht teilnimmt und in der Volkswirtschaftslehre die Abläufe des Marktes nicht beeinflusst.
Geldtheorien füllen in den Universitätsbibliotheken ganze Regalmeter. Es ist doch eigenartig, dass man Geld erforschen muss. Wir benutzen es doch jeden Tag?! Aber offensichtlich gibt es viele Missverständnisse und Fehleinschätzungen, die noch nicht abschließend geklärt sind. Um uns überhaupt ein Bild von der Wirkungsweise des Geldes machen zu können, sollten wir zunächst in die Vergangenheit schauen, in einem kleinen Exkurs.