Читать книгу Charmante Tribune küsst man nicht - S.A. Michael - Страница 7
Kapitel III
Оглавление„Was soll diese Schweinerei? Ist es denn zuviel verlangt, einen um die Ecke zu bringen, und mir dann die Leiche zubringen, damit ich von seinem Tod überzeugt kann?“
Pulchers Schläfe pochte. Zuckte unkontrolliert unter seinem immer lichter werdenden Haaransatzes. Sein Gesicht wurde feuerrot angesichts seines Zorns, der ihn in diesem Moment übermannte, denn mit soviel Inkompetenz seiner freien Mitarbeiter hatte er nicht gerechnet.
„Ich habe dir einen simplen Auftrag gegeben, und ihr alarmiert gleich ganz Rom. Warum hängt ihr nicht gleich ein riesiges Schild auf mit der Adresse und dem Spruch “Verhaftet mich“ auf? Penner!“
Pulcher drehte sich um, und starrte auf die Leiche des Schlägers. Fulvio hatte ihn arg zugesetzt. Damit hätte er eigentlich rechnen müssen, denn der Killer war schon zu Lebzeiten ein harter Knochen gewesen. Sein Ergebnis. Ernüchternd. Was für ein Desaster, mit dem er sich auseinander setzten musste. Ein total ramponierter Schläger, die Leiche seines Kumpels, und das Wiesel namens Falco, der einen nassen Mantel und eine Rose in der seiner blutverschmierten Hand hielt. Eine Laus, der man lieber nicht den Rücken zudrehen sollte, und ihn nicht unterschätzen durfte. In Pulchers Inneren tobte die unendliche Angst, doch noch von den Häschern, die Falco in der Nacht verfolgten hatten, entdeckt zu werden.
Sein Nichtsnutz von Partner stand in dem Büro seines Bordells. Die Schläger hatte er von einem, in Rom lebenden, Lanista abgekauft, in der Hoffnung, dass sie ihm verstanden, und ihm zu Willen waren.
Pulcher schüttelte den Kopf. Warum hatte ihn diese Hexe nur an ihn verwiesen? Er kam mit dem Schleimer nicht klar. Geschweigeden, dass der Wirt irgendetwas richtig machte. Der Senator kochte. „Vergebung, Herr“, schleimte sich Falco ein. Leise, wie eine giftige Schlange und schaute ihn von unten nach oben an. Versuchte die Laune des Senators ein wenig zu bessern. Pulcher verkrampfte seine Hand zu einer Faust und versuchte, sich zu beruhigen.
Wenn er jetzt Falco den Schädel einschlug, hatte er nichts erreicht. Dann war der Killer umsonst gestorben.
„Ich hatte meine Wünsche klar geäußert. Zum einen solltest du für meinen Schutz sorgen. Zum anderen, deine emensen Schulden die du bei mir hast, mit den Diensten diesen Kerlen abbezahlen. Du hast, und deine Worte dröhnt immer noch in meinem Schädel, versichert, dass die Leute, die du mir besorgst, die Besten ihres Faches sind. Und nun? Der beste Killer Roms ist ein Fressen für die Würmer, nur weil du seinen Sturkopf im entferntsten unterschätzt hast, Und der da, blutet hier alles voll. Und du...“, schnaufte er außer sich. Seine Stimme wurde schriller. „... scheißt dir fast in die Hose.“
Pulcher riss der Geduldsfaden. Falco fuhr zusammen. Er wusste von seine Jähzorn. Nun saß er in der ersten Reihe, und erwartete den Moment, wo seine Wut ausuferte. Seine Angst fraß sich in seine Brust, auch, als ein junges Mädchen namens Tilrun hereinkam. Eine cheruskische, junge Frau, die ihnen die Getränke zu servieren. Wütend fuhr er sie an: „Raus du Schlampe. Sonst setzt es was. Und mache die Tür hinter dir zu. Ich brauche kein Publikum!“
Ängstlich schaute sie ihn an, setzte hastig ihr Tablett mit dem Most ab und verschwand mit gesenktem Kopf leise dem Raum. Falco atmete auf. Wer weiß, was der Senator sonst mit ihr angestellt hätte, denn diese Kleine bedeutete ihm etwas. Sie arbeitete als Schankmädchen, und er teilte sie nicht mit einem der vielen Perverslinge. Sie war für seine Bedürfnisse bestimmt, die er Nacht für Nacht einforderte.
Da er sie herausgeschmissen hatte, goss er eigenständig den Saft in die Gläser. Pulcher beobachtete ihn immer noch garstig und entriss ihm eins der Silberbecher aus seinen Händen. Kippte hastig das Zeug hinunter, wischte sich die Tropfen, die von seinem Kinn hinunterliefen, mit dem der Zipfel seiner Toga vom Mund und versuchte sich langsam zu beruhigen. Seine Ziele waren zu ehrgeizig. Hätte er auch nur im Ansatz gewusst, wie Fulvio draufgewesen war, hätte er Falco nie erlaubt, ihn anzusprechen. Das hätte ihm diesen Ärger erspart. Der Tod des Sklaven war Falcos Verlust. Nicht der seine. Falco beobachtete unterdessen seinen Herren und fragte sich, was in seinem Kopf vor sich ging. Noch mehr Verluste an seiner Ware bedeutete seinen Ruin. Er musste sich also schnellsten etwas anderes überlegen.
„Vergebung. Niemand konnte diesen Ausgang vorhersehen.“
„Hmmm...“, brummte er und betrachtete das schäbige Hinterzimmer. Falco nutze den Raum als Büro. Wurmstichige Tische, alte Regale, die nun wirklich nicht zueinander passten, irgendwelche Truhen, dessen Alter man aufgrund seines angestaubten Pelzes nicht mehr bestimmen konnte, das durchgelegenes Bett, auf dem der ramponierte Sklave wie eine abgestochene Sau lag und vor sich her tropfte. Wieviel seiner hässlichen Schlampen er hier einreiten ließ, konnte sich Pulcher nur denken. Ihm fröstelte.
Bei Falcos Läufigkeit war sowieso eine neue Matratze nötig. Sie stank schon auf drei Meter. Angewidert rümpfte die Nase und versuchte, sich einen neuen Plan zu ausdenken. Er konnte es sich einfach nicht leisten, einen anderen einzuweihen. Die Zeit wurde einfach zu knapp. Der andere Plan musste greifen, wenn er je den versprochenen Posten des Augustus erhaschen wollte. Die Gunst einiger Republikaner hatte er. Auch außerhalb des geheimen Kreise, der sich um ihn bildete. Er hatte für ihr Wohlwollen genug springen lassen. Und die anderen, die ihm nicht bestanden? Die rote Liste hatte er schon früh erarbeitet, und im Fall seines Triumphes setzte er auf legalen Mord, der kein Gesetz brach. Abschaum wie Falco gierten schon wie Hyänen nach dem geeigneten Besitz und den gewaltigen Finanzen, die er abstauben wollte.
„Wird man seine Leiche finden?“, fragte er nachdenklich.
„Nein, Herr. Fulvio fiel in den Tiber und wird erst im Latinum auftauchen. Keiner kann ihn mit uns in Verbindung setzten. Dafür habe ich gesorgt.“
„Hatte er die Möglichkeit, irgendjemand von diesem Komplott zu erzählen?“
„Das glaub ich nicht.“
„Du glaubst? Glauben ist nicht Wissen!“ Wenn er doch einmal sein Gehirn einschalten würde, könnte er auch mit ihm mithalten. Vielleicht war er aber auch als Kind beim Baden einmal zu viel in das kochende Wasser getaucht worden und hatte ihm geschadet.
Falco schreckte erneut zusammen. „Das Einzigste, was er nach dem Treffen tat, war Musa, die niedliche Blumenhändlerin, vor Titus, dem Bäcker vom unteren Aventin, zuretten, und er hat sie danach nach Hause gebracht.“
„Und? Hat er ihr irgendetwas erzählt?“
„Keine Ahnung. Wir waren zu weit weg.“ Pulcher blinzelte. Falco war zu dämlich, um ihn eine Lüge aufzutischen. Er wusste, dass auch nur der Ansatz einer Täuschung, seinen Tod bedeutete, und Pulcher zu geschickt mit dem Dolch. Wusste, wie er damit umzugehen hatte. Falco war in dieser Hinsicht ganz anders. Hinterrücks nutzte er seine Chance, wie ein Wiesel auf Beutezug.
Falco sah sich um. Der vor Blut triefende Sklave war immer noch am Leben. Hielt an seinem Schicksalsfaden fest und röchelte auf. Darüber wunderte er sich am meisten, und er konnte nichts gegen die Launen des Senators unternehmen. Er befand sich ganz und gar in seiner Hand.
„Hmmm...“, wiederholte Pulcher. Falco ahnte, was in seinem Kopf vor sich ging. „Überlass die Kleine mir. Ich werde schon herausbekommen, was sie über ihn weiß, oder nicht. Und du? Räume erst einmal deinen Saustall auf. Sonst tu ich es!“
Falco atmete auf. Froh aus der Sache mit dem Killer herausgekommen zu sein, grinste er breit auf und sah zu, wie der Senator seinen Becher auf den Tisch stellte. Pulcher musste seinen Kontakt treffen. Der Trottel von Hurenwirt wäre nur fehl am Platz, obwohl er mit dem Wunsch rang, ihn ein für alle male den Schädel einzuschlagen. Noch brauchte er ihn. Später konnte er sich ja etwas einfallen lassen, um ihn verschwinden zu lassen. Leise verließ er den Raum. Er musste aus dem Haus heraus, wenn er nicht seine Gesundheit riskieren und sich eine Krankheit einfangen wollte. Wer gern mit Flöhe oder Ratten spielte wollte, war in seinem Puff genau richtig, und er wunderte sich, dass der Laden brummte.
Die Strasse vor dem Laden war wie immer überlaufen. Händler priesen ihre Waren an, räudige Hunde balgten sich um die Abfälle der Metzger, und die unzähligen Taschendiebe spähten ihr nächstes Opfer aus. Es war Markttag, und jeder tat beschäftigt. Selbst die Kleine mit ihren exotischen Blumen. Sie war eine Schönheit, und ihre lange, gelockte, schwarze Mähne glänzte in der Sonne. Sie lächelte. Ihre Kundin war zufrieden. Er kannte die Käuferin der Blume genau und wäre viel lieber an ihr vorbeigeschlichen, ohne sich mit ihren zynischen Sprüchen auseinander zusetzten. Musa war wichtiger, als die Flucht vor der Großnichte der Livia Drusilla, und so stellte er sich der giftigen Natter, die ihn aus ihren Augenwinkel gesehen hatte, anwidert ihre Lippen spitzte und hinter vorgehaltener Hand mit ihrer Sklavin tuschelte. Leise lachte sie auf, als er auf sie zuschlich, sich umdrehte und ihn fragend anschaute.
„Liv, ich wusste ja nicht, dass du auf Orchideen stehst. Bei deinem Wesen hätte ich eher auf eine Distel getippt.“
„Ach, Sextus. Du begibst dich unter anständige Menschen. Sag mir jetzt bitte nicht, dass du plötzlich ein Gewissen entwickelt hast. Sonst versteckst du dich doch hinter dem Rücken der widerlichsten Schleimer und Maden und bezeichnest sie als beste Freunde“, kicherte das hochnäsige Biest und grinste ihn boshaft an. Sauer lachte Pulcher auf. Sollte sie doch ihr Gift verspritzen. Er würde den längeren Atem haben.
„Wie immer, Haare auf den Zähnen. Ich frage mich die ganze Zeit, wie das dein Mann aushält, wenn du deinen speziellen Charme ausspielst. Doch die Valeries waren schon immer treudoofe Schoßhündchen. Ich würde glatt das Weite suchen und mich von dir scheiden lassen.“
„Ha. Quintus ist kein Trottel und weiß mich schon zu nehmen. Er liebt mich schon seit langer Zeit, und ich ihn. Führte ich eine Ehe mit dir, währe dieser Bund für dich die Hölle auf Erden, und ich wäre gezwungen, oder zumindest dem Versuchung erlegen, dich mit schnellwirkenden Gift unter die Erde zu bringen. Gemeinheiten sind ja dein einzigste Hobby, was dich im Leben antreibt, und irgendwann einmal werden dir deine Intrigen dein Genick brechen. Was spuckt jetzt schon wieder in deinem Kopf herum? Eine Verschwörung? Ein Mord? Reizt dich die feuchte Fantasie nach Hause zu gehen, und dir nach unserer Begegnung einen herunterzuholen? Du bist, wer du bist, und wirst dich auch nicht ändern!“
Livia minor drehte sich um. Musa gab ihr Sklavin schmunzelnd die rosafarbene Orchideen. „Wenn du also noch eine Dosis meines reizenden Charmes benötigst, kann ich dir tagtäglich einen Brief schreiben. Nicht, dass ich noch mehr Beleidigungen für dich auf Lager hätte.“
Pulcher schaute sie abfällig an. Diese Demütigung dieser Hexe saß, und er sehnte sich jenen Tag herbei, an der er ihr für diese Worte eine Reinwürgen konnte. Diese Entscheidung war leicht. Ihr Mann und seine chaotischen Freunde waren für Pulcher schon immer ein rotes Tuch in seinen Augen, und er hatte für jeden einzelnen der Freunde schon den passenden Racheplan ausgeheckt hatte. Livia hob ihre Hand und verabschiedete sich von ihm mit einer ihrer typisch abfälligen Handbewegungen. Der Wunsch, ihr in diesem Moment einen Dolch in den Rücken zu rammen, wurde immer größer.
Pulcher ließ es bei diesem Wortgefecht. Die Zuschauer auf dem Marktplatz würden ihn nach dieser Tat sicherlich steinigen und ein triefendes Häufchen Fleisch zurücklassen. Selbst wenn er aus einer alten Familie Roms stammte.
Musa schaute ihn mit ihren glänzenden, schwarzen Augen an. Das war also die Kleine, die Fulvio aus der Patsche geholfen hatte. War nun die Frage, wieviel sie wusste? Hatte sie der Killer eingeweiht, kurz bevor er in die Ewigkeit versank?
„Ich suche Fulvio“, sagte er in seinem typisch arroganten Ton. Er kam gleich auf den Punkt. Sah sie fragend an. „Du weißt nicht zufällig, wo er ist?“
„Vergebung, Herr. Ich habe ihn gestern Nacht das letzte Mal gesehen. Er hat mich nach Hause gebracht und ist danach gegangen. Doch heute? Nein, Herr. Heute habe ich ihn noch nicht gesehen.“
Pulcher betrachtete sie ganz genau. Ihr puppenhaften Gesicht verriet nicht, was sie dachte, fühlte oder gar wusste? War sie überhaupt für eine Lüge fähig? Keine ihrer Regungen. Sagte sie auch die Wahrheit? Pulcher musste es herausfinden, doch Musa klimperte unschuldig mit den Augen, sah ihn fragend an und verschränkte ihr Arme vor ihrer Brust.
„Na, macht nichts. Er wird sich sicherlich bei mir melden. Sollte er zu dir kommen, könntest du mir Bescheid geben?“, sagte er freundlich.
„Oh, na klar. Aber wenn du einen Termin mit ihm etwas ausgemacht hast, wird er sicherlich heute noch kommen“, jauchzte sie.
Pulcher atmete auf. „Dann wünsche ich dir noch einen guten Tag, schönes Mädchen.“
„Ebenso, Herr“, verabschiedete sie sich und wand sich ihren Blumen zu.
Langsam drehte er sich um. Behielt sie im Auge. Geschäftig sortierte sie ihre weißen Rosen, die sie geschickt in eine tönerne Vase stopfte, zupfte an jedem Blatt und benetzte die Blüten ihrer Blume mit Wasser.
Pulcher schreckte zurück. Er erhaschte noch einmal einen Blick von ihr. Starr und verräterisch mit einer roten Rose in der Hand. Es war genau die selbe Blüte, die Falco aus dem Tiber fischte. Zufall? Er konnte es kaum fassen.
„Herr, da bist du ja.“ Japsend versucht Falco ihn einzuholen. Die Schritte unter seinen Füßen hallten auf den verwitterten Steine wieder.
„Was willst du schon wieder?“ Gereizt sah ihn Pulcher an.
„Senator Gaius Junius Flaccus sucht nach dir. Er ist schon zu deiner Villa gegangen und wartet dort auf dich. Es klang sehr wichtig.“
„In wie fern?“
„Das hat er nicht gesagt.“ Falco blinzelte nervös auf. Zwei miese Nachrichten in einer Stunde erhöhten nicht gerade seine Sympathie. Das heißt, wenn der Senator je für ihn welche übrig gehabt hätte. Was er aber nicht glaubte, so wie der arrogante Idiot drauf war.
„Wieso nicht?“
„Er wollte er mir nicht mitteilen.“ Rechtfertigungen. Nichts als Rechtfertigungen. Falco schluckte. Warum musste er ihn auch immer in den Hintern kriechen? Das nächste Mal wollte er sich aus allem heraushalten, auf Sizilien Urlaub machen oder sich in ein Loch verstecken. Scheiße auf das Geld, was der Senator zahlte. Eine Hungerlohn zu dem, was Pulcher einsackte. Er würde niemals den gewünschten Posten bekommen.
Pulcher atmete auf: „Also, gut. Du kannst gehen. Musa wird ja überwacht.“
„Aber sicher. Wenn sie einen falschen Ton sagt, wissen wir es. Sie wird danach nicht mehr die selbe Frau sein“, sagte er und schaute zu ihr hinüber. Ihre geschmeidige Bewegung, ihr sanftes Lächeln erregte ihn.
Sie würde sich schon fügen, wenn er mit ihr fertig war, und das Juwel in seinem Stall werden.
„Gut!“ Pulcher zupfte seine Toga zurecht und hielt seinen Zeigefinger vor seinen riesigen Zinken. „Wir sehen uns. Diesmal sollte alles nach meiner Zufriedenheit laufen!“
„Aber natürlich“, hechelte der Hund.
Pulcher nickte. An die Worte des Falco wollte er nicht so recht glauben. Viel zu oft tanzte seine Marionette aus der Reihe und verfehlten das Ziel. Zumindestens jetzt lief er in der richtigen Spur. Wer weiß, was seine anderen Handlanger versieben. Er war der Meister in seinem hinterhältigen und manipulativen Spiel. Alle anderen glaubte an die Wiederherstellung der Republik. Bis auf eine. Schafe. Lämmer, die er zur Schlachtbank führte. Sein Ziel hatte er klar vor Augen.
Etwas später hatte er seine Villa erreicht. Zahlreich Sklaven wuselten geschäftig durch die Räume. Sie hatten Angst. Allzu oft griff er zur Peitsche, wenn sie nicht so wollten, wie er. Grazia, seine Frau, ließ ihre Pflichten schleifen. Dieses Verhalten musste er bei ihr im Keim ersticken. Schlampig war sie schon immer gewesen. Viel zu oft mit ihren Freunden unterwegs, auch, wenn er ihre nächtlichen Ausflüge nicht guthieß, und sie bat, sie zu lassen. Warum hatte er damals einer Heirat auch zugestimmt? Das fragte er sich noch bis zum jetzigen Tag. Vielleicht half eine Scheidung. Gründe für diese Trennung gab es genügend, und er würde alles unternehmen ihr Vermögen, welches sie mit in die Ehe brachte, unter den Nagel zu reißen. Egal, was ihre Familie danach für einen Rechtsstreit anstrebten. Das Leben war hart. Diese Lektion ihrer Untreuen sollte sie lernen, und er würde dafür sorgen. Immer wieder setzte sie ihm gewaltige Hörner auf und spielte ihr eigenes intrigante Spiel mit ihm. Hinterließ Zweifel. Verriet ihn, vor Eifersucht quälend und vergiftete seine Seele. Er war schon immer bestimmend gewesen und versuchte seine Ziele zu realisieren. Das wusste Grazia und verhöhnte sein maiputatives Spiel, dass er jeden Tag perfektionierte.
Finster schaute er in das Atrium. Pulcher schäumte. Wiedereinmal hatte sie ohne seine Zustimmung die Handwerker in sein Haus geholt, die das Wasserbecken ausmaßen. Er fand, dass sein Innenhof in seinem Glanz ausreichend. Sie jedoch wollte noch einen Dschungel anlegen. Die ersten Palmen und Blumen verzierten das Innere der Villa den Raum unter dem Dach und verschönerte den Hof.
Klar, sie hatte recht. Aber ausgerechnet an diesem Tag? Hatte er sie nicht gebeten, später mit ihren Vorhaben zu beginnen? Na ja, zumindest dann, wenn sie nicht spionieren konnte. Wo sie sich befand, konnte er dem Gezeter entnehmen. Ein Vorteil ihrer Anwesenheit. Die extreme Lautstärke, wenn sie in vollkommener Rage war. Sonst schlich sie wie eine Raubkatze auf Beutejagd durch ihr Heim, und er war ihre Beute.
Pulcher schlängelte sich durch den angehäuften Schutt, durch die Steine und den teuren Marmorfliesen. Zeichen ihres Wohlstands und ihrer Sucht, besser zu sein als ihre Freundinnen. Das er bezahle musste, konnte er sich schon vorher ausmalen.
Das edle Holz stapelte sich an der Tür zu Küche. Die Sklaven versuchten emsig wenigstes ein wenig Luft in das Chaos zu schaffen, und die Bretter in das Zimmer zu hieven, welches ansonsten seine Tante benutzte, wenn sie geruhte, ihm auf die Nerven zu gehen. Zum Zeitpunkt ihres Besuches flüchtete er aus der Villa und verkroch sich bei dem erstbesten Schleimer, der ihm einfiel. Was nicht bedeutete, dass er ihn auch mochte.
„Wo ist die Herrin?“, fauchte er einen seiner Sklaven an, der das Pech hatte ihn über den Weg zu laufen. Der sommersprossige, rothaarige Bursche erschrak, und ängstlich schaute er zu Boden. Er wusste, wie der Herr drauf war, wenn er miesgelaunte nach Hause kam und zeigte zitternd mit seinem Finger in Richtung Küche. Die Tür stand offen, und ein lauter Schrei des Schmerzes drang aus seinen Inneren.
Grazia schlug erneut zu. Die neue Sklavin, ein junges Ding, welches gerade einmal fünfzehn Jahre alt war, krümmte sich auf dem Boden zusammen und hielt ihre blutende Nase. Flehend sah sie nach oben. Grazia schaute sie wütend an. Sie hatte ihren ganzen Frust ausgelassen.
Das zerrissene Kleid entblößte ihren zarten Oberkörper, und eine blutverkrustete Haarsträhne lag auf dem teuren Fleisch, dessen Anschaffungspreis weit über der blonden Kuh lag. Hart zog er das Mädchen an ihrem Arm nach oben. Ängstlich wich seinem gebieterischen Blick aus.
„Wasch dich, und richte dich wieder her. Es ist nicht nötig, dass du noch mehr einsaust, als du ohnehin schon getan hast. Na los. Beweg dich. Sonst setzt es noch eine“, schupste er sie zur Tür und wartete, bis sie verschwunden war. „Grazia, was bei zu all den rachsüchtigen Furien, soll der Mist.“
Pulcher schäumte vor Wut, und hasserfüllt schaute er seine Frau an. Seine Hand zuckte, übte sich in der Selbstbeherrschung, um nicht ihren Kopf auf die heiße Herdstelle zu drücken. Dieser Wunsch hielt sich hartnäckig in ihm. Grazia schaute ihn an. Es interessierte sie nicht im geringsten. Stolz hob sie ihren Kopf. In ihren braunen Augen glimmte der zornige Funken ihrer Wut. Sie stellte sich an den Küchentisch, griff nach einer zerbrochenen Karotte und warf sie auf das Holzbrett in seiner Nähe.
„Was das soll? Die kleine Schlampe, die du gekauft hast, versuchte heimlich diese Karotte heraus zu schmuckeln. Das nenne ich Diebstahl. Du solltest einmal wie ein Mann handeln und nicht wie das armselige Würmchen, dass du bist!“
„Ach, und wegen diesem Stück Gemüse...“, barsch zeigte er auf das Brett. „... machst du so einen Aufstand. Du hast sie doch nicht alle! Die Kleine sieht aus wie frisch gerupft und ist weniger repräsentabel. Nun muss für eine ganze Weile im Stall arbeiten.“
„Du verteidigst diese Diebin? Hast sie wohl schon in deinem Bett gehabt!“
„Wie kommst du den jetzt darauf? Wenn du dich weniger um deine Orgien und deinen anderen Schnickschnack kümmern würdest, als an deine ehelichen Pflichten zu denken, würden wir wohl kaum dieses Gespräch führen.“
Sie war verdorben. Warum sollte er sie dann auch noch in Schutz nehmen? Mitgefühl war nur fehl am Platz. Sie würde sie nicht einmal erkennen, wenn ihre Arroganz einen Rückschlag erhielt. Dabei hatte er die Kleine nun wirklich nicht angefasst. Sie war ihm einfach zu dünn und zu flach. Der Spruch von ihm war ein riesiger Schlag in ihr hübsches, anmutig wirkendes Gesicht. Grazia sah aus, als würde es jeden Moment aus ihr herausbrechen.
„Lass es. Was auch immer du in deinem Kopf ausbrütest. Es wird nicht halb so schmerzhaft sein, als dass, was ich dir antuen könnte. Ach, und noch etwas. Du würdest es bedauern. Ich habe das Recht, dich für alle Zeiten wegzusperren. Vielleicht in eine ferne Provinz, wo es nur Ziegenhirten und Vergewaltiger gibt. Thrakien oder Makedonia Dafür würde ich sogar die Hälfte meines Vermögen opfern, nur um einmal zu sehen zu sehen, wie du die Klappe hältst und dahinvegetierst.“
Grazia schaute ihn an. Fassungslos, und überlegte sich, was sie als nächstes machen sollte. Er hatte das Recht, und sie musste ihn wieder unter ihre Kontrolle bringen.
„Das wagst du nicht!“
„Reiz mich weiter, und du wirst es bald erfahren. Vielleicht schon heute abend!“ Sie überlegte. Trümpfe hatte sie kaum und war, zumindestens momentan, ihm ausgeliefert.
„Wenn du diese Abscheulichkeit wagst, werden alle deinen kleinen, schmutzigen Geheimnisse einen Weg an Augustus Ohr finden. Alle deine hinterhältigen Spielchen.“, fauchte sie ihn an und umschrieb einen runden Kreis mit ihrer Hand. „Nur weil du heimlich hinter meinen Rücken operierst, weiß ich dennoch, was du vorhast.“
Grazia hoffte, dass sie ihn durch diese Worte beruhigen könne. Pulcher ließ sich dennoch nicht auf sie ein.
„Du hast gar nichts. Beweise? Dieses Wort hast du sicherlich schon einmal gehört und weißt dennoch nicht, wie es geschrieben wird. Ohne diese sind es nur Indizien, und ich kann verhindern, dass man sie weiterverfolgt. Du hältst dich ja für so schlau, doch letzten Endes bist du genau so dumm, wie deine feinen, alten Freunde.“
Grazia zuckte zusammen. Ihr wich die Farbe aus ihrem schmalen Gesicht. Wenn er sein Vorhaben in die tat umsetzte?
Pulcher grinste schief. Diese Lektion schien sie gelernt zu haben.
„Wenn du das meinst! Eins solltest du bedenken. Die Sklaven stehen nicht nur auf deiner Seite“, fauchte sie, warf ihre rosafarbene Stola wütend über die Schulter und verließ schnell die Küche. Ihre anfangs lauten, stampfenden Schritte wurden leiser und verhallten irgendwo in der riesigen Villa. Sie wurde zur Gefahr. Pulcher musste handeln.
Marius Flaccus saß im Garten auf einer Kline und genoss einen der teuren, roten Falerner, der, wie Pulcher wusste, schon eine Weile in seinem Weinkeller unterhalb des Hauses, dahinstaubte. Mindestens fünf Jahre in seiner kleinen Amphore. Erinnerungen an eine lausige Zeit, die ihn nie wieder quälen sollte. Gedemütigt für zwei Tage, und Grazias Gehässigkeiten, die sie ihm zwanglos unter die Nase rieb.
Pulcher nickte. Zumindest für diese Erfrischung hatte sich seine Ehefrau aufgeopfert, und sie dem Senator reichen lassen.
„Wollten wir uns nicht heute abend treffen?“, murmelte er nachdenklich und goss sich einen Becher Wein ein. Den Sklaven schickte er mit einem Wink weg. Das Gespräch war zu heikel, und die Warnung, die Grazia ausgesprochen hatte, tobte in seinem Kopf. Wer wusste schon, welchen von der herumschnüffelnden Dienerschaft sie mit einem glänzenden Schmuckstück bezahlte, nur um hinter seinen Rücken an seine Geheimnisse zu kommen, und sie an sich zu reißen. Er machte die Tür zu und schob einen Riegel davor. Dass, würde sie erkennen und sollte sich besser nicht mit ihm anlegen.
„Bei dir alles klar?“, begrüßte ihn Flaccus und legte seine Beine lang auf den Boden. Hob seinen Kopf und schaute in den blauen Himmel. Wölkchen tanzten im Wind. Besser konnte er es nun wirklich nicht haben. Anders Pulcher, der grimmig aus dem Haus getreten war und versuchte, seinen Gemütszustand tapfer zu überspielen.
„Nicht wirklich“, murmelte er und setzte sich zu ihm auf den erstbesten Platz, der in seiner Nähe stand.
„Frauen.“ Flaccus prustete in seinen gläsernen Becher und zog so Pulchers Zorn auf sich. „He man, dass war nicht so gemeint. Ich habe nur deine...“, hastig verschluckte er ein hämisches Lachen. „... laute Diskussion mit ihr mitbekommen und war so frei, nicht hinzuhören.“
Pulcher lächelte sauer. Es war ihm nicht recht, dass sein Freund mitbekam, wie es um seine katastrophale Ehe bestellt war und es hinter vorgehaltener Hand ausplauschte.
„Was gibt es nun? Oder wolltest du nur über meine obskure Ehe sprechen, die mich an den Rand des Wahnsinns treibt?“
Flaccus straffte den Rücken. Langsam griff er nach dem Weinkrug und suchte nach den passenden Wörtern, die zu finden, in dieser Situation nicht so einfach war. Er saß Pulcher gegenüber und seine Laune war nicht die Allerbeste. Egal, was gleich passierte, er wollte seine Söhne aufwachsen sehen und nicht früh aus dem Leben scheiden. Der Wein schoss in sein Becher. Dunkelrote Tropfen rannte im Inneren des Glases herunter und ruhten am Grund.
„Es gibt Neuigkeiten“, räusperte sich der Ältere „Ein Kurier kam heute aus Germanien und überbrachte mir eine äußerst beunruhigende Nachricht, in der steht, dass Sabienus sich entschieden hat, sich in das Lager des Augustus einzuschleimen.“
Pulcher wurde blass. Damit hatte er nicht gerechnet. „Wieso?“
„Keine Ahnung. Wer weiß schon, was in seinem kleinen Spatzenhirn so vor sich geht? Jedenfalls hat er ein Schreiben und eine Liste erstellt, mit den Namen der Eingeweihten oben im Norden, soweit er sich erinnern kann und im dem Fall, dass ihm, oder seiner korrupten Familie etwas passieren, sie in die richtigen Hände weitergeleitet wird. Er hat sie sogar schon weitergereicht. Doch an wen, dass schreibt mein Informant nicht.“
Pulcher hatte ihm nie getraut. Nur gut, dass er es damals für ratsam hielt, andere für diesen Schlag einzuspannen, so dass die verworrenen Wege auch unter größter, anstrengender Nachforschung nicht bis zu ihnen zurückzufolgen waren. Sabienus war zu wankelmütig. Das war er schon immer und hatte viel zu viel Angst, sein Vermögen und seine Familie zu verlieren, als sich für Pulchers Machthunger und für ihre Rache an Augustus und seine magersüchtige Hexe einzusetzen.
„Weiß du, wer er ist?“
„Soweit mir bekannt ist, gehört derjenige zum engsten Stab des Varus. Mein Informant wird den Aufendhalt des Schreibens in Erfahrung bringen, dessen bin ich mir bewusste.“
Abrupt hielt er inne und stellte seinen leeren Becher weg. „Er wird Sabienus zwingen, ihm den Namen zu verraten. Glaub mir. Der ist aus einem anderen Holz geschnitten, als der Legat und möchte nicht, dass die Geheimnisse seiner Vergangenheit ans Licht kommen.“
„Wenn sich Sabienus nicht schon in sein Schwert gestürzt hat. Feigling!“ Pulcher stützte sich auf seine Ellenbogen. Dieser Tag war Mist, und er wollte ihn streichen. Sollte das Schreiben nach Rom gelangen, musste er um sein Leben fürchten. Flaccus stand auf, trat an seine Seite und legte seine Hände auf seine Schultern.
„Seine Leiche wird man nie finden. Ich werde meinem Mann in der XVII. Legion heute noch schreiben, dass er ihn irgendwo in einer düsteren Ecke von Magna Germania erledigen soll. Sollte er den Anschlag überleben, was ich aufgrund seiner Fülle bezweifle, gibt es genug Sympathisanten am Rhein, die ihn schnappen können, und ihn im Fluss versenken. Sie will Ergebnisse diesbezüglich.“
Für Pulcher war sein Vorschlag akzeptabel, wenn er auch innerlich noch kochte. Seine Wut entlud sich im Abräumen des Tisches. Glassplitter tanzen über den Boden. Der rote Wein ergoss sich auf den Boden. Außer Atem sah er über die Stadt und versuchte einen Gedanken zu fassen. Bestechen? Aber wen? Er setzte auf Flaccus und hoffte, dass er etwas genug in Erfahrung bringen konnte.
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Immer noch spürte Musa die stechenden Blicke von Falco auf ihren Rücken, und hoffte insgeheim, dass sie dieses Ekel irgendwie abschütteln zu können, als sie fröhlich lächelnd ihre bunten, nicht verkauften Blumen vor den Eingang ihres Heimes abstellte. Hier war sie zu Hause. Sie liebte es. Die Menschen um sie herum, wie sie lachten, scherzten und in vielen lauen Nächten draußen aßen, tranken und ihren häuslichen Verpflichtungen nach gingen. Sie war beliebt, hatte für jeden ein offenes Ohr und half jenen, die nicht für sich selbst sorgen konnte.
Felix, einer ihrer nächste Nachbar grüßte sie. Sie hob ihre Hand und winkte zurück. Beschwingt, wie die Sommerfrische eines anbrechenden Morgens an der Adria, wies sie ihre beiden muskulösen Sklaven an, den Rest der nichtverkauften Töpfe im Hof zu verstauen und überreichte ihnen die Liste der reservierten Blumen und Pflanzen, die noch an diesem Abend abgeholt werden würden. Wann, dass wusste sie allerdings nicht und hoffte, dass es noch am gleichen Tag geschah.
Falco hockte immer noch in seiner Ecke, drückte sich in seine Ecke und behielt sie im Blick. Versteckte sich wie ein Ratte. Die Beute war sie. Musa tat so, als ob sie ihn nicht gesehen hatte. Zu sehr hämmerte die Warnung vor seiner Niederträchtigkeit in ihrem Kopf, und sie fürchtete sich davor, was er ihr antuen könnte, käme es heraus. Sie musste ihn täuschen, und erschrak bei dem Gedanken, wie leicht es ihr doch fiel.
Leicht stieg sie die hölzerne Treppe im Hof hinauf zu ihrer Wohnung, ohne ihm eines Blickes zu würdigen. Bog um die Ecke und schlenderte ihren Weg entlang. Keiner der Dielen knarrte mehr. Felix hatte Wort gehalten. Ihr alter Vater saß auf seiner Lieblingsbank auf der Terrasse im Freien und band die neuen bunten Glückwunschbändchen zusammen. Sanft wiegten sie sich im Winde, der vom Tiber heranzog. Schwebend, wie ein farbiges Meer aus lustigen Schimmern in der Abendsonne. Lächelnd sah er auf. Diese Arbeit war der einzigste Job, den ihn seine jüngste Tochter ihm zugestand. Alles andere machte er nicht richtig.
Sie schmunzelte zurück. Das schütternde Haar des Siebzigjährigen war wiedereinmal wirr. Ein eindeutiges Zeichen, dass er wieder einmal ohne sich zu kämmen, von seinem langen Mittagsschlaf aufgestanden war. Ihr Vater ließ sich gehen. Musa gefiel seine Gleichgültigkeit nicht.
„Hallo, Papa“, lächelte sie. Er liebte ihre Grübchen und lehnte sich an das Geländer zurück.
„Hallo, meine Kleine. Ich habe dich schon von weitem gesehen, und der Typ von neben an hat dich angelächelt. Du hast es einmal wieder nicht gesehen.“
„Gaius Felix ist verheiratet und liebt seine Lucilla.“
„Das ist ein Grund. Aber kein Hindernis. Irgendwann einmal stirbst du kinderlos und als alte Jungfer.“ Musa schüttelte ihren Kopf. Noch immer wollte er sie verkuppeln, egal, ob verheiratet oder nicht. Sie war das einzigste Kind seiner fünf Töchter, die ihm noch keine Enkel geschenkt hatte, und darüber war er nicht gerade amüsiert. Musa musste ihn stoppen, sonst würde seine Paranoia eines Tages einmal ausarten, und er bei seiner Suche nach einem geeigneten Freier für sie einen Herzinfarkt erleiden.
„Wie war dein Tag?“, fragte er schnell, um von diesem leidlichen Thema
abzulenken, denn er wusste, wie sie reagierte, wenn er weiter auf ihre Situation ansprach. Musa kannte ihn zu gut und atmete erleichtert auf.
„Wie immer, Paps. Es hat sich wieder einmal gelohnt, und sogar die ersten Patrizier kaufen bei mir ihre Pflanzen. Heute war die Nichte der Livia Drusilla bei mir, und auch die edle Amelia, die mit dem Senator Scipio Africanus verheiratet ist. Sie lobte meine Ware in den höchsten Tönen und hat mir zugesagt, öfters bei mir einzukaufen. Da kann der Doofi von unten an der Porta Capena nicht mithalten, obwohl er großspurig herumtönt, sein Gelände zu vergrößern. Den Plunder, den er in seinem Schuppen anbietet, kann er auch gleich in den Tiber schmeißen.“
„Du bist die Beste, Schnäuzelchen“, schwärmte er. „Mach weiter so, und wir können uns irgendwann einmal ein Häuschen auf dem Palatin kaufen. Ach, da ist der Faden.“
Musa lachte auf: „Ach, Paps. Da muss ich aber jede Menge Blumen verkaufen, und in fünfhundert Jahren kann ich dir diesen Wunsch erfüllen. Hast du schon etwas gegessen?“ Diese Frage hätte sie sich sparen können. Die Antwort kannte sie schon.
„Nein“
„Auch nicht zum Mittag?“
„Da gab es nur gallischen Babybrei. Ich jedoch, mein liebes Töchterlein, habe noch alle Zähne. Das solltest du einmal deiner nordischen Köchin sagen. Und noch eins. Sie verhätschelt mich wie ein Kleinkind.“
Musa schnaubte auf. Verächtlich. Dieses Spiel spielte er nur allzu gern. Der Tod ihrer Mutter war der Auslöser gewesen. Dabei schaute sie immer, dass, während sie an ihrem Stand war, er mit allem versorgt wurde. Ihr alter Herr weigerte sich wie ein altes, stures Maultier. Versuchte mit all seinen Kräften ihre Köchin zu sabotieren, nur um Musa zu erweichen, sich doch noch um ihn zu kümmern.
„Ich mache dir gleich etwas bissfestes“, murrte sie und betonte ihre Worte. „Nur solltest du wirklich einmal mit deinen Albernheiten aufhören. Gaia macht schließlich nur das Essen, was ich ihr auftrage, und du sträubst dich mal wieder wie ein alter Bock.“
„Gallisches Einerlei!“
„Ach, Paps.“ Leich strich sie über seinen Rücken. Immer noch der alte Sturrkopf. Wenn er doch endlich einmal auf sie hören würde. Musa hätte ein leichteres Leben. Doch er war nicht ihr einziges Problem. Etwas anderes beschäftigte sie noch mehr. Hinter dem Schrank in der Küche befand sich, von außen nicht einzusehen, der Kellereingang ihrer Wohnung.
Leicht schob sie die Tür auf und starrte auf das unten flackernde Kerzenlicht.
In der letzten Nacht schien noch alles perfekt gewesen zu sein. Ihr Herz machte einen Sprung, als sie Fulvio sah, und er ihr half. Musa war es egal, was die Leute über ihn sagten und wussten. Die meisten Geschichten wurden sowieso nach belieben ausgeschmückt. Es waren Tratschtanten und konnten den liebenlangen Tag nichts anderes. Und Paps? Müde zuckte sie mit ihren Schultern. Irgendwann einmal würde sie ihm davon erzählen. Spätestens, wenn er ihr auf die Schliche kam. Hinter ihr Geheimnis, was sie versteckt hielt, und sie fragen würde, wie sie in diesen Schlamassel gekommen war.
Musa wusste es selber nicht, und die hochgewachsene Nubierin, die sich in der Heilkunst auskannte, würde sie nicht verraten. Leise schloss sie die Tür und verschwand in dem feuchten Keller.