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1. Leidenschaft für Menschen und Technologie: Andrea Martin, Leiterin Watson Center @ IBM

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Andrea Martin, Leiterin IBM Watson Center München & IBM Distinguished Engineer, IBM Deutschland GmbH; Bildrechte: Shilpa Marathe

Über mich: Ich habe eine Leidenschaft für Menschen und für Technologie. Mein Ziel ist es, eine Umgebung zu schaffen, in der jede und jeder in die Lage versetzt wird, innovativ zu sein, für unsere Kunden Mehrwert zu schaffen und sich selbst weiterzuentwickeln. Dafür stehe ich. Seit Juli 2019 bin ich die Leiterin des IBM Watson Center in München und damit verantwortlich für die inhaltliche Ausgestaltung sowie die Marktrelevanz des Centers. Zuvor war ich Chief Technology Officer (CTO) für IBM in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie für zwei Jahre die Präsidentin der IBM Academy of Technology. In meiner Rolle nutze ich meine Erfahrung und mein globales Netzwerk aus über 25 Jahren internationalem Servicegeschäft. Dies liefert auch wichtigen Input für meine Aufgabe als Sachverständige in der KI Enquête Kommission des Deutschen Bundestages, die am 27.09.2018 konstituiert wurde. Meine Laufbahn bei IBM begann im Jahr 1992 nach meinem Studium der Wirtschaftsmathematik an der Universität Karlsruhe.

Kontakt:

Website: www.ibm.com

LinkedIn: https://bit.ly/2Meh04h

Twitter: https://twitter.com/amartin171

Liebe Andrea, wo stehst du heute, beruflich und privat, und was hat dich in deinem Leben geprägt?

Vor einigen Jahren stand ich vor der Frage, was ich in mein LinkedIn Profil schreibe. Meine Rolle alleine schien mir zu langweilig. Ich habe dann beschlossen, das zu schreiben, wofür ich stehe: Ich habe eine Leidenschaft für Menschen und für Technologie. Dafür möchte ich stehen, wenngleich sich das erst im Laufe der Zeit so explizit herauskristallisiert hat. Meinem 19-jährigen Ich war das sicherlich nicht dermaßen klar. Damals wusste ich nur, dass mich Naturwissenschaften interessieren, vor allem Mathematik. Ich habe mich deshalb für das Fach Wirtschaftsmathematik entschieden und das dann auch studiert. Durchaus mit dem Hintergrund, dass mich zwar Mathematik unheimlich reizte, mir jedoch die praktische Anwendung ebenso wichtig war. Wirtschaftsmathematik war zu dem Zeitpunkt, 1987, recht neu und ich hatte die Nebenfächer Marktforschung, Marketing und angewandte Informatik. Danach habe ich mich breit beworben, von Marktforschungsunternehmen über Beratungshäuser und Pharma-Unternehmen bis hin zur IBM, bei der ich 1992 eingestiegen bin und bei der ich heute noch bin. Das klingt ungewöhnlich, aber innerhalb der mehr als 27 Jahre hatte ich so viele unterschiedliche Rollen inne, dass mir nie langweilig wurde.

Es war damals noch viel weniger üblich als heute, dass Frauen sich in technischen Berufen engagieren.

Möglicherweise war es ein Stück weit familiäre Prägung, dass ich mich für Mathematik interessierte. Mein Vater ist Elektrotechniker, meine Mutter hätte gerne Chemie studiert. Mein Onkel ist Maschinenbauer, der Cousin ist Elektrotechniker, der andere Onkel hat Chemie studiert, der nächste ist Bauingenieur. Ich bin also durchaus in einem technischen Umfeld groß geworden. Wobei ich als Kind zunächst Ärztin werden wollte, später wollte ich Kunstgeschichte studieren. Weder meine Eltern noch mein schulisches Umfeld haben mich in eine konkrete Richtung gedrängt oder mich zurückgehalten.

Möglicherweise war es ungewöhnlich, denn meine Tante hatte begonnen, Pharmazie zu studieren, meine Mutter ist Lehrerin geworden, eine andere Tante ebenso. Das waren jetzt nicht unbedingt die weiblichen technischen Role Models. Doch ich fand es nicht bemerkenswert, mich für Wirtschaftsmathematik zu entscheiden. Es war schlicht das, was mir am meisten Spaß gemacht hat, auch in der Schule.

Du sagst, es wurde nicht langweilig. Wie hat sich dein Weg bei der IBM entwickelt?

Bei meinem Einstieg war ich verantwortlich für die Implementierung kundenindividueller Lösungen im Bereich Systems und Service Management. Anschließend bin ich in die IT-Beratung gewechselt mit einem Schwerpunkt in der Bewertung und Optimierung von IT-Prozessen, später dann IT-Strategie. 2009 habe ich eine Karrierestufe erreicht, die sich Distinguished Engineer nennt. Etwa 800 der weltweit 350 000 Mitarbeiter haben diesen Titel, sie kommen aus unterschiedlichen Richtungen und Geschäftsbereichen, das ist das Spannende daran. Das können Berater sein, IT-Architekten, IT-Spezialisten, Entwickler. Als Distinguished Engineer habe ich in einem globalen Team für unsere größten Outsourcing-Kunden ein Innovationsframework entwickelt. Ich war in Workshops und Projekten in den USA, in Peru, letztlich auf der gesamten Welt unterwegs.

Communities spielen bei uns eine große Rolle. Wir haben zum Beispiel eine große technische Community mit etwa 800 Mitgliedern aus über 40 Nationen, die alle Geschäftsbereiche mit dem Ziel vertreten, innovative Lösungen zu entwerfen und unsere technische Strategie mit zu gestalten. Der Leader, der President wie es bei uns heißt, dieser IBM Academy of Technology, wechselt alle zwei Jahre. Ich hatte das große Vergnügen, diese Rolle 2014 und 2015 zu übernehmen. Es war eine weltweite Aufgabe, ohne dass an mich direkt Mitarbeiter berichteten, jedoch mit Community Verantwortung. Und eine weltweite Community zu steuern und zu Ergebnissen zu führen, mit Menschen, die das freiwillig neben ihrem Job machen, das war eine hochinteressante Erfahrung. Danach war ich CTO im DACH Raum und seit Mitte 2019 leite ich das Watson Center in München.

Mir fällt auf, dass sich die Themen Veränderung und Vielfalt wie ein roter Faden durch deine berufliche Laufbahn ziehen.

Das hat mich begleitet und das ist Teil der Firmenkultur. Die Ursprünge von IBM gehen ins 19. Jahrhundert zurück. Ein solches Unternehmen überlebt nicht am Markt, wenn es nicht konstant in Veränderungsprozessen, in der Transformation ist. Ich stelle gern die Frage: ‚Wer weiß, was das erste Produkt der IBM war?‘. Die Kernprodukte in den Anfängen waren Wurstschneidemaschinen, Waagen und Uhren. Heute stehen wir für Künstliche Intelligenz, für Cloud, für Blockchain, für Internet of Things. Daher sind die ständige Veränderung und das permanente Lernen tief in der IBM DNA verwurzelt.

Diversity und Inclusion haben bei IBM eine lange Tradition. Die erste Frau und ebenso die ersten farbigen Mitarbeiter wurden 1899 eingestellt. Es gab intern eine sogenannte Policy zum Thema Diversity und Gleichbehandlung von Geschlechtern in den 1950ern, das war lange bevor dieses Recht in den USA gesetzlich verbrieft war. Selbstredend kommt es in der Praxis ebenso auf das Umfeld an, wie diese Werte gelebt werden. Insgesamt hatte ich Glück, dass ich Führungskräfte hatte, die mein Potential gesehen haben und mich entsprechend gefördert und unterstützt haben. Beziehungsweise es war nicht unbedingt Glück: Ich habe sorgfältig geprüft, ob ich mich in der Situation zufrieden und unterstützt fühlte. Wenn nicht, habe ich mich umorientiert. Und in der Rückschau kam mir das so vor, als ob ich Glück gehabt hätte. Wenn ich einen anspruchsvollen Job habe, sollte ich mich nicht zusätzlich damit beschäftigen müssen, ob ich als Frau (oder Mann) in einem Berufsfeld akzeptiert werde. Allenfalls dann, wenn die Leidenschaft für ein Themengebiet sehr groß ist.

Gibt es einen weiblichen Führungsstil oder ist es abhängig vom Menschen, von dessen Persönlichkeit und Prägung?

Beim einzelnen Menschen ist es abhängig von der Persönlichkeit und der persönlichen Geschichte. Jegliches Klischee hat jedoch einen Ursprung. Das heißt, es gibt sicherlich ein Charakteristikum oder eine Tendenz – ob angeboren, anerzogen oder durch das Umfeld geprägt, vermutlich ein Stück weit alles zusammen. Ich weiß nicht, ob es einen weiblichen und männlichen Führungsstil gibt. Ist das eine männliche Eigenschaft, wenn ich stark auftrete und auf meiner Meinung beharre? Ist es eine weibliche Eigenschaft, wenn ich versuche, in einem Kreis Harmonie herzustellen? Das finde ich schwierig zu beantworten. Möglicherweise ist es situativ. Manchmal muss ich stark und beharrlich auftreten, egal ob ich Mann oder Frau bin, weil es die Situation aktuell erfordert. Ein Beispiel: Wenn der Säbelzahntiger hinter mir steht, werde ich nicht versuchen, im Kreis Harmonie herzustellen und zu fragen, was wir jetzt machen sollen. Sondern dann ist die Ansage: ‚wegrennen‘, und es ist dann egal, ob die von einer Frau oder einem Mann kommt.

Gab es auf deinem bisherigen Weg prägende Erfahrungen oder Herausforderungen?

Mit Mitte Zwanzig war ich schwer krank. Während meiner Krankheit war ich fest davon überzeugt, dass ich es überlebe und wieder in gleichem Maße leistungsfähig bin wie vorher. Insgesamt hat sich das entsprechend ergeben, eventuell mit Abstrichen in der sportlichen Kondition. Durch das Ereignis hat sich das Bewusstsein für meinen Körper verändert. Was dann wiederum Einfluss darauf hatte, dass ich in mich hineinhöre, was mir wann guttut. Nicht nur körperlich, sondern in gleichem Maße mental. Auch zu wissen, wann ich Pausen brauche. Dieses Bewusstsein kam durch das Erlebnis prägnanter zum Vorschein.

Ein sehr positives Erlebnis hatte ich im Coaching Netzwerk der IBM. Als ich dieses in Anspruch nahm, litt ich unter starken Rückenschmerzen. Ich war auf der Suche nach einer Lösung, sei sie nun physisch oder mental. Mit dem Coach habe ich ein Werte-Netz für mich erarbeitet. Das war richtig anstrengend, denn mein Coach hat mir intensive Fragen gestellt und wir haben sehr offen meine Gefühle in spezifischen Situationen reflektiert. Letztendlich sind Gesundheit, Authentizität, Integrität und Harmonie Werte, die mich bis heute begleiten. Deshalb achte ich sehr bewusst auf meinen Körper. Die Werte dienen mir beruflich als Hilfestellung und ebenso im Alltag.

Ich erlebe deinen Weg in der Technologiebranche als sehr natürlich, dennoch hadern viele Frauen damit, einen solchen Beruf zu ergreifen. Begegnet dir das?

Durchaus begegnet mir das. Ich muss da an eine Kollegin denken, die eine Zeit lang einen großen Geschäftsbereich geleitet hat. Sie sagte, es gäbe zwei wesentliche Entscheidungen, um Beruf und Familie gut vereinbaren zu können: Die Wahl des Partners und die Wahl der Firma. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr bin ich davon überzeugt, dass ich mit der Wahl der Firma eine gute Wahl getroffen habe. Mit der Wahl meines Mannes natürlich ebenso. Wenn du zum Beispiel als Frau nach der Kinderpause erneut in den Beruf einsteigst, ist es essentiell, für welchen Arbeitgeber du arbeitest und ob dein Partner dich unterstützt.

Es scheint stetig wichtiger zu werden, wie sich Unternehmen nach außen darstellen, in anderen Worten Image und Employer Branding. Diversity und Inclusion sind bei der IBM sehr präsent – nicht nur als Marketing-Message, sondern aus Überzeugung. Wir haben insbesondere in den letzten Jahren viel mit sehr bunten Stories gearbeitet und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dargestellt mit ihrem Lebenslauf und ihrer Lebenssituation. Wir haben zum Beispiel eine Kollegin, Mitte 30, Distinguished Engineer, die mehr als 200 Patente hat und zwei Zwillingspärchen. Oder eine Entwicklerin in den USA, die jeden Tag mit dem Motorrad zur Arbeit fährt. Komplett unterschiedliche Typen. Und wenn eine Firma das nach außen darstellt, dann kannst du daraus etwas ableiten. Andere zeigen nach außen nach wie vor Männer mittleren Alters im grauen Anzug, das sagt ebenfalls etwas aus.

Die jüngeren Generationen beschäftigen sich mit Sinnhaftigkeit und Werten. Das beschäftigt mich ebenso. Mit wem mache ich Geschäft, mit wem nicht. Habe ich das Gefühl, das Produkt bringt die Welt und die Gesellschaft voran. Da muss es einen Match geben, so dass du persönlich das Werte-System des Unternehmens unterstützen kannst.

Hast du in deiner Rolle die Möglichkeit, Frauen oder spezielle Talente zu unterstützen?

Ich bin schon sehr lange Mentorin aus Überzeugung. Mentoring ist bei uns – insbesondere in der technischen Laufbahn – eine Voraussetzung, um überhaupt die nächsten Karriereschritte zu machen. Aktuell habe ich – mit den einen intensiver, mit den anderen weniger intensiv – weltweit zwischen 15 und 20 Mentor-Mentee-Beziehungen, Frauen und Männer. Da formen sich auch zwischenmenschliche Beziehungen, nur dann funktioniert es meines Erachtens mit einem Mentoring.

Pflegt ihr ebenfalls reine Frauen-Netzwerke?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Themen gibt, die Frauen nicht in gemischten Kreisen erzählen wollen. Weil es zu wenig Verständnis dafür gibt, wie beim Thema Hausarbeit, die in Deutschland nach wie vor überwiegend von Frauen gemacht wird. In einem Women Round Table wurde beispielsweise gefragt: ‚Was hat dich davon abgehalten, direkt nach der Geburt deines Kindes wieder ins Berufsleben einzusteigen?‘ Die Antwort war unter anderem: ‚Weil es schwierig für mich war, einen Raum zu finden, wo ich Milch abpumpen konnte‘. Verständlich, dass die Frau das nicht in einem gemischten Kreis erzählen wollte. Also ja, es gibt Frauen-Netzwerke und -Round Tables. Andererseits ist es wichtig, dass Männer diese Themen ebenso erfahren, zum Beispiel wenn der Mann der Personalchef ist und entsprechende Räume einrichten möchte. Das ist wiederum ein Argument gegen Frauenrunden.

Wir haben ebenso Talent Programme bei IBM, weil wir in gleichem Maße damit zu kämpfen haben, dass der weibliche Nachwuchs ohne Zutun nicht in dem Maße da ist, wie wir das als Unternehmen im Technologiesektor gerne hätten. Wir haben zum Beispiel ein Programm aufgelegt im DACH-Raum, das sich ‚Women and Leadership’ nennt. Seit 2019 wird indes das M großgeschrieben, weil wir das Programm für beide Geschlechter geöffnet haben. Und das ist gut so – Dinge entwickeln sich.

Ähnlich die Diskussion um die Frauenquote. Unsere Gesellschaft ist erst dann selbstregulierend, wenn die magischen 30 Prozent erreicht werden. Wenn eine Gruppe etwa 30 Prozent der Gesamtgruppe repräsentiert, dann fängt sie an, Einfluss auszuüben. Hier kann eine Quote helfen. Andererseits löst eine feste Quote leicht Widerstand aus. Was gerecht ist, muss nicht notwendigerweise in einer einzelnen Situation fair sein. Eine gesellschaftliche Änderung ist wie eine kulturelle Änderung in einem Unternehmen, sie ist extrem langwierig und jeder und jede Einzelne muss die Änderungen vorleben.

Interessanterweise findet es im Ausland großen Anklang, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin ist – mehr als im Inland. Das hängt sicherlich auch mit der medialen Berichterstattung zusammen. Als jedoch Ursula von der Leyen Verteidigungsministerin wurde, lauteten die Überschriften: ‚Kann die das?‘ Bei einem Mann, selbst wenn er Erziehungsminister geworden wäre, wäre das vermutlich nicht gefragt worden. Das ist eine Hypothese, ich kann sie nicht belegen. Letztendlich müssen Politik, Gesellschaft und Unternehmen zusammenspielen.

Wenn wir zehn oder zwanzig Jahre in die Zukunft blicken, wo stehen wir dann?

Ich wäre gerne optimistischer, weil ich prinzipiell eher an das Gute glaube. Wenn ich jedoch zurückblicke, was wir in den letzten zwanzig Jahren erreicht haben … Ich zweifle daran, ob sich die Lage in zwanzig Jahren signifikant verändert haben wird. Da spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: Was passiert im Kopf, welche Modelle werden vorgelebt, wie ist die politische Landschaft, die Medien, bis hin zur Kinderbetreuung. Es sind derart viele relevante Puzzlesteine, dass es schwierig ist oder zumindest eine Herausforderung, das alles zu koordinieren.

Das Wichtigste ist, persönlich herauszufinden, was einem Spaß macht. Sei es Informatik, Biologie, Astrophysik oder Tierpflege. Alles andere macht auf lange Sicht unglücklich. Für Frauen ist es ebenso wichtig, zu reflektieren, was im Alter passiert und wie ich mich so vorbereite, dass ich noch ein gutes, unabhängiges Leben im Alter habe. Und wenn es die Lebenssituation aus der eigenen Präferenz heraus erfordert, bei den Kindern zu Hause zu bleiben, sollten Frauen, die das für sich so entscheiden, trotzdem den Weitblick haben, was das langfristig für sie (und die Familie) bedeutet.

Jugendliche können wir unterstützen, indem wir aufmerksam beobachten, was ihnen liegt, was ihnen Spaß macht und das dann fördern. Ist das Kind oder der Jugendliche kreativ, eine Leseratte oder ein Baumeister? Und nicht zu sagen: ‚Du bist ein Junge und du musst jetzt Fußball spielen‘, wenn er besser Ballettunterricht bekäme. Als Erwachsener ist es in gleichem Maße spannend, sich zurück zu erinnern: Womit konnte ich als Kind fünf Stunden am Stück Zeit verbringen, wo war ich in meinem Thema, was war mein Traum?

Zum Abschluss: Was sind deine ultimativen Tipps?

Neugierig bleiben, den Horizont öffnen, neue Dinge ausprobieren. Wenn dir jemand sagt: ‚Ich würde dir gerne diesen Job geben‘. Dann zwar überlegen, ob das deinen Stärken und Interessen entspricht, aber nicht darüber hinaus. Unsere weltweite Chefin hat von einer Situation erzählt, in der sie selbst zögerte. Ihr Mann sagte dann zu ihr: ‚Glaubst du, dass ein Mann da jemals gezögert hätte? Und wenn sie dir den Job anbieten, dann glauben sie, dass du den kannst‘. Frauen überlegen oft zu lange: ‚Kann ich das?‘. Fakt ist: Man kann beinahe alles lernen. Und es ist nicht schlimm, jemanden um Rat zu fragen. Das ist eher ein Zeichen von Stärke als von Schwäche.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Allzu leicht unterliegen wir Vorurteilen im Hinblick darauf, was Mädchen und Frauen scheinbar nicht können. Und möglicherweise übertragen wir selbst diese Stereotypen unterbewusst auf nachkommende Generationen. ‚Frauen können kein Mathe‘ ist solch ein landläufiges Klischee. Zahlreiche Studien haben dies widerlegt. Weder fehlende Fähigkeiten noch ein geringeres Interesse führen zu schlechteren Schulnoten oder weniger Studentinnen in MINT-Fächern. Es ist hingegen die Sozialisierung der Gesellschaft, der Familie und des Umfelds die Mädchen und Frauen wegen des in Folge geringeren Selbstbewusstseins und Selbstvertrauens glauben lässt, sie seien in diesen Fächern inkompetent. Lasst uns diesen Mythen keinen Glauben mehr schenken.

„Eine Studie mit über 500 000 Personen aus 69 Ländern zeigt: Frauen sind in Mathematik gleich gut wie Männer – sowohl im Durchschnitt als auch in der Verteilung der Fähigkeiten. (…) Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind offenbar kulturell bedingt.“

ETH Zürich (2019): Frauen können keine Mathematik, S. 1

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