Читать книгу Verlockende Versuchung - Samantha James - Страница 6

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Erstes Kapitel

Ende März, 1815

Devon St. James war völlig ratlos.

In zwei Tagen war die Miete für das kleine Zimmer fällig, in dem sie lebte. Ihr Hauswirt, Mr Phillips, verlangte auf einmal einen skandalös hohen Betrag. Devon war nicht nur empört, sondern zugleich erstaunt, denn der Raum bot gerade einmal genügend Platz für einen Stuhl und das schmale Bett, das sie mit ihrer Mutter bis zu deren Tod geteilt hatte. Zu allem Unglück hatte der Schuft sie erst gestern von der Mieterhöhung in Kenntnis gesetzt.

»Diebische Elster«, murmelte Devon entrüstet. Sie zog mitleidslos an den Schleifen ihrer Haube. Dieselbe Unbarmherzigkeit wurde den Bändern ihres wallenden Umhangs zuteil, den sie um ihre Schultern geworfen hatte. Ein altmodisches Kleidungsstück, dessen Saum ausgefranst, zerschlissen und für ihre zarte Figur viel zu groß war. Doch er erfüllte seinen Zweck – wie auch der Rest ihrer Garderobe – und dafür war sie dankbar.

Sie strich sich vorsichtig mit der Hand über die gerundete Wölbung ihres Bauches und hielt kurzzeitig vor dem Hintereingang des Crow’s Nest inne, einer Taverne nahe des Strand, in der sie arbeitete. Nachdem sie die Tür fest hinter sich geschlossen hatte, trat sie hinaus in die feuchte, in Nebelschwaden gehüllte Nacht. Es verging kein Abend, an dem sie den langen Heimweg durch das Gewirr dunkler Seitengässchen nicht fürchtete. Heute war es sogar noch später als sonst gewesen, als der letzte Gast aus der Schankstube getorkelt war. Um sich Mut zu machen, besann sich Devon darauf, dass sie den Weg nun bereits seit einem Jahr ohne Zwischenfälle zurückgelegt hatte.

Ein Jahr. Um Himmels willen, ein ganzes Jahr!

Für den Bruchteil einer Sekunde ließ eine Woge der Traurigkeit ihr Innerstes erkalten. Es kam ihr vor, als sei eine Ewigkeit vergangen! Den Verlust ihrer Mutter fühlte sie wie einen Messerstich, der sich tief in ihr Herz gebohrt hatte. Zuweilen fiel es ihr sehr schwer, nicht zu verzagen. Aber etwas tief in ihr gab sich nicht damit zufrieden, für immer als Bedienung zu arbeiten. Mama hatte es gehasst, dass sie dort arbeitete – ebenso wie sie selbst. Nein, sie würde ihre Hoffnungen und Träume nicht aufgeben. Sie war sogar fester entschlossen denn je zuvor ...

Eines Tages würde sie einen Ausweg aus St. Giles finden. Irgendeinen Ausweg ...

Dieses Versprechen hatte sie sich vor langer Zeit gegeben. Ein Versprechen, das sie unter keinen Umständen brechen wollte.

Wie sie dies allerdings bewerkstelligen sollte, war eine andere Sache, denn Phillips Worte klangen immer noch in ihrem Kopf nach. Es hatte sie große Überwindung gekostet, ihren Stolz hinunterzuschlucken und ihn anzuflehen. Wenn er ihr nur etwas mehr Zeit gewährte, um die Miete aufzutreiben ...

»Auf keinen Fall!«, hatte er geknurrt. »Du zahlst, Fräulein, oder du wirst auf die Straße gesetzt!«

Sein aufbrausender Ärger ließ keinen Zweifel darüber offen, dass er meinte, was er sagte.

Welch ein Gauner, dachte sie düster. Sie verachtete ihn schon seit Jahren aus tiefster Seele, denn er hatte ihre Mutter immer unverschämt und grob behandelt. Doch so sehr sie Phillips zum Teufel schicken wollte, würde es ihre eigenen Schwierigkeiten nicht lösen.

Allein Geld könnte dies.

Während sie weiter in Richtung St. Martin’s Lane schritt, dachte sie über die kostbaren Münzen nach, die sie in der linken Tasche ihres Kleides aufbewahrt hatte. Heute war ihr Lohn ausbezahlt worden. Noch vor einer Woche war sie so sicher gewesen, dass sie ein weiteres Kleid kaufen könnte, und sich somit ihre Aussichten auf eine bessere Anstellung erhöhen würden. Aber nun musste sie jeden Penny ihres Lohns für die Miete aufbringen ... wenn nicht sogar noch mehr.

Ein Schauder überlief sie, der nichts mit der kühlen Nachtluft zu tun hatte. Großer Gott, was wäre, wenn Phillips sie tatsächlich hinauswerfen würde?

Als sie um die nächste Straßenecke bog, gelang es ihr, die Furcht zu unterdrücken, die sich in ihrem Innersten ausgebreitet hatte. Stattdessen betrachtete sie aufmerksam die Umgebung. Es war still, so still, wie es nur in diesem Teil Londons sein konnte. Dunkelheit hatte die Dächer eingehüllt. Tagsüber drängelten Pferde und Kutschen um einen Platz in den engen Gassen, und das Rufen der Geschäftsleute, die sich trotz des regen Treibens bemerkbar machen wollten, füllte die Luft.

Ihr Umhang flatterte um ihre zierlichen Knöchel, als sie so rasch wie möglich nach Hause eilte – keine leichte Aufgabe angesichts ihres schwellenden Leibes. Einmal verlor sie auf dem rutschigen Kopfsteinpflaster die Balance, doch es gelang ihr gerade noch rechtzeitig, sich wieder zu fangen. Dabei ließ sie ihren Blick schweifen. Niemand war in der Nähe.

»Deiner Zwangslage wäre beizukommen, wenn du ab und zu einen der Gäste ins Hinterzimmer begleiten würdest«, hatte Bridget heute festgestellt. »So verdiene ich mir den einen oder anderen Shilling hinzu, wenn ich in Geldnöten bin.«

Die Leichtfertigkeit, mit der sie ihr diese Belehrung erteilt hatte, war bestürzend. Obwohl Devon wusste, dass Bridget es gut mit ihr meinte, würde sie ihren Rat natürlich nicht annehmen. Sie weigerte sich, ihren Lebensunterhalt auf dem Rücken zu verdienen!

Ein weiteres Versprechen, das sie sich gegeben hatte.

Als sie ihren Umhang fester um ihre Leibesmitte schlang, fiel ihr Blick auf die nächste Straßenecke. Die Straßen von St. Giles waren gefährlich und unbarmherzig – wahrlich kein Platz für eine Dame.

Besonders nachts.

Natürlich war sie keine wirkliche Dame, nicht so wie Mama. Obwohl ihre Mutter seit Devons Geburt als Näherin gearbeitet hatte, wusste Devon, dass sie davor als Gouvernante angestellt gewesen war.

Aber die Gesellschaft, dachte sie mit einem Anflug von Bitterkeit, vergab einer unverheirateten Frau kein Kind an der Brust und hatte ihre Mutter in die Armut getrieben.

Unbewusst fuhr sie mit der Hand in die Tasche ihres Kleides. Warme Fingerspitzen streiften kaltes Metall. Sie tastete nach dem Kreuz. Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf ... Als ihre Mutter den letzten Atemzug getan hatte, hatte Devon die Halskette aus deren Tasche ... in ihre eigene gleiten lassen. Der Verschluss war kaputt, weshalb ihre Mutter das Schmuckstück nicht mehr tragen konnte.

Devon hatte ihn aus Versehen beschädigt.

Zweimal in ihrem Leben hatte sie ihre Mutter zum Weinen gebracht. Sie hatte bittere Tränen vergossen, als Devon die Kette beschädigt hatte, und die Erinnerung daran rief noch immer einen stechenden Schmerz in ihrer Brust hervor. Devon wusste weder etwas über den Wert des Schmuckstücks noch hätte dieses Wissen einen Unterschied gemacht. Die Halskette war der kostbarste Besitz ihrer geliebten Mutter gewesen.

Jetzt war sie ihr wertvollster Besitz.

Niemals würde sie sich von dem Kleinod trennen. Niemals. Egal, welchen Preis sie dafür erzielen könnte, egal, wie sehr der Hunger an ihr nagte oder sie im Regen und in der Kälte übernachten müsste! Solange sie die Kette besaß, trug sie einen Teil ihrer Mutter bei sich.

Devon schlang sich den Umhang fester um die Schultern und wich einer Pfütze aus, die sich während des letzten Regengusses gesammelt hatte. Zu beiden Seiten schmiegten sich die Häuser wie zitternde Kinder gegen die beißende Kälte aneinander. Eine verwahrloste Frau schlief in einem Hauseingang, eingewickelt in eine zerschlissene Decke.

Trotz ihrer gerade getroffenen Entscheidung berührte dieser Anblick Devon im Innersten ihres Herzens. Ich möchte nicht so enden, dachte sie mit einem Anflug von Verzweiflung. Nicht so!

Ihre Schritte verlangsamten sich. Mit einem Mal fiel ihr das Gasthaus in der Buckeridge Street ein, in dem sie gewohnt hatten, als sie jung war. Ein abscheulicher, übel riechender Ort voller Abschaum und Fäulnis, und beide, sie und Mama, hatten das Leben dort gehasst.

Obdachlos waren sie allerdings nie gewesen, sondern hatten immer ein Dach über dem Kopf gehabt, auch wenn es manchmal leckte.

Sie holte tief Luft und kämpfte gegen die aufkeimende Hoffnungslosigkeit an. Auf keinen Fall durfte sie aufgeben. Immerhin besaß sie einen klaren Verstand, Entschlusskraft ... und die Halskette ihrer Mutter.

»Was haben wir denn hier? Eine Dame mit einer Vorliebe für uns Kerle!«

Die heisere Stimme dröhnte unheimlich durch die Nacht. Devon blieb abrupt stehen. Ein Mann versperrte ihr den Weg. Ein weiterer trat aus dem Schatten hervor.

»Hallo, Süße.«

Die feinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf, und Devon ahnte, dass sie sich für den Rest ihres Lebens an den Klang der rauchigen Stimme erinnern würde ...

Einer der beiden winkte sie heran. »Komm her, Liebling. Komm zu Harry!«

»Lass das!«, protestierte der andere. »Ich habe sie zuerst gesehen!«

»Aber ich bin näher, Freddie!«

Harry. Freddie. Sie konnte nicht mehr atmen. Als die Namen in ihrem Kopf durcheinander purzelten, stieg ein Gefühl tiefster Hoffnungslosigkeit in ihr auf. Sie kannte das Paar – oder besser gesagt Geschichten über die beiden. Sie gehörten einer der gefürchtetsten Banden an, die St. Giles unsicher machten.

»Was sagst du, sollen wir teilen, Freddie?«

Der Vorschlag kam von Harry, einem grobschlächtigen Mann, der eine schmutzige Tweedjacke trug und seine Kappe tief ins Gesicht gezogen hatte. Freddie verzog das Gesicht zu einem fratzenhaften Grinsen und entblößte gelbe, faulige Zähne. Es waren abstoßende, widerliche Männer mit finsterem Gesichtsausdruck, deren Verhalten von dem vielleicht ältesten aller Übel geleitet wurde.

Gier.

Oh ja, sie konnte es in ihren Augen sehen. Und nun baute sich auch Freddie vor ihr auf. Er war kleiner als sein Bruder, nicht viel größer als sie selbst.

Devon reckte trotzig das Kinn in die Höhe. Bei Gott, sie würde keine Angst zeigen!

Obgleich sie innerlich vor Furcht erbebte. Kaltes Grauen legte sich wie ein beklemmendes Band um ihr Herz und ließ sie erstarren.

Auf keinen Fall durfte sie Panik in sich aufsteigen lassen. Ihre Mutter hatte ihr immer gesagt, sie besäße eine zähe Konstitution. Sie würde nicht schreien. Was brächte es ihr auch?

Eben war sie noch dankbar darum gewesen, dass ihr keine Menschenseele begegnet war. Doch nun ...

Sie versuchte, ihre Angst durch gespielte Tapferkeit zu verbergen. »Was wollt ihr?«, fragte sie scharf.

»Kommt d’rauf an, was du hast!«, antwortete Freddie, dessen Lachen wie ein finsteres Grollen klang. Er machte einen Schritt auf sie zu und packte sie am Kinn. Die Straßen waren nur schwach beleuchtet und lagen beinahe in völliger Dunkelheit, doch der Mond schob sich hinter einer Wolke hervor. Freddie riss ihr Gesicht gen Himmel. »Oh, da haben wir ja ’was Hübsches gefangen, Harry!«, jauchzte er. »Komm und sieh dir diese Augen an! Pures Gold!«

Innerlich verfluchte Devon ihre Zerstreutheit. Sie achtete normalerweise genau auf ihre Kleidung, wenn sie die Schenke des Nachts verließ. Die Krempe ihrer Haube war breit genug, um ihr Gesicht zu verbergen, und auch ihre dichte, kupfergolden glänzende Lockenpracht verhüllte sie normalerweise geschickt. Sie schmierte sich sogar mit Ruß ein, um ihren schwanengleichen Hals und die jugendlichen Wangen zu kaschieren. Aber heute Nacht war sie mit ihren Gedanken derart weit fort gewesen, dass sie sämtliche Vorsichtsmaßnahmen vergessen hatte.

Sie befreite sich aus Freddies hartem Griff. »Ich habe nichts«, sagte sie ruhig. »Und jetzt lasst mich in Ruhe. Ihr werdet doch keine unschuldige Frau berauben?« Welch lächerliche Frage! Die beiden würden alles und jeden ausplündern! »Könnt ihr nicht sehen, dass ich kurz vor der Niederkunft stehe?« Sie drückte ihren Bauch heraus, so dass sich ihr schwellender Leib deutlich durch den Umhang abzeichnete. Und genau dorthin schweifte Freddies Blick.

Jedoch nicht so, wie Devon es sich vorgestellt hatte.

»Oh ja, das sehe ich«, feixte Freddie. »Und wir sin’ froh, dass du uns Kerle magst, nich’ wahr, Harry?«

Harry verneigte sich übertrieben höflich. »In der Tat, Freddie.«

Freddies schmale Lippen verzogen sich zu einem kalten Grinsen. »Und was ist das hier in deiner Tasche?«

Devon erbleichte. Zu spät bemerkte sie, dass sie genau das Einzige gemacht hatte, was sie niemals hätte tun dürfen. Ihre Hände waren unwillkürlich in die Taschen ihres Kleides geglitten. Dann kam ihr das Messer in den Sinn, das sie in ihrem Stiefel versteckt hatte. Verflixt, sie waren so nah! Und wären bei ihr, bevor sie auch nur danach greifen könnte!

Sie zeigte ihre leeren Hände. »Nichts«, antwortete sie fieberhaft. »Und jetzt lasst mich in Ruhe!«

»Wir schauen nur mal kurz nach, ja?«

Es war ein vertrautes Kunststück, das die beiden bis zur Perfektion vollendet hatten. Harrys flinke Finger fanden den Beutel mit den kostbaren Münzen in einer der Taschen. Unter Gejohle erbeutete Freddie die Halskette aus der anderen.

Etwas in Devons tiefstem Inneren zerbarst.

»Nein!«, schrie sie. Sie konnten ihr Geld stehlen oder sie bewusstlos schlagen, aber sie durften sie nicht der Kette berauben! Solange sie am Leben war, würde sie um das Schmuckstück kämpfen. Ungeachtet der Gefahr, in der sie sich befand, jagte sie Freddie nach. Harry war bereits in der dunklen Tiefe der Gasse verschwunden, Devon achtete allerdings nicht mehr auf ihn. Sie stürzte sich auf Freddie und erhaschte den Saum seines Mantels.

Es war genug, um ihn zum Straucheln zu bringen, wobei nicht nur Freddie, sondern auch Devon zu Boden fielen. Plötzlich packte er sie am Hals. »Miststück!« Er drückte ihr die Kehle zu, seine abgekauten Fingernägel bohrten sich tief in das zarte Fleisch unterhalb ihrer Kieferpartie.

Sie versuchte zu atmen. Doch lediglich ein schwacher, erstickter Laut ließ sich vernehmen ... der keinesfalls einem Schrei glich. Sie zerkratzte ihm das Gesicht, aber vergebens. Dann erinnerte sie sich ...

Das Messer befand sich seitlich in ihrem Stiefel.

Freddie drückte noch fester zu. Devon krallte sich mit letzter Verzweiflung an ihn. Sie war sicher, dass er ihr mit seinen gewaltigen, knochigen Fingern das Genick brechen würde. Ein röchelndes Lachen durchschnitt die Luft.

Die Welt verdunkelte sich. Unverdrossen kämpfte Devon weiter. Ihre Fingerspitzen schlossen sich um den Griff des Messers. Sie biss die Zähne zusammen und stach mit aller Kraft zu.

Mit einem Mal füllten sich ihre Lungen wieder mit Luft. In dem schwachen Licht sah sie Freddies weit aufgerissene Augen, die sie entsetzt anstarrten. Erst jetzt bemerkte sie, dass die Klinge ihr Ziel erreicht hatte.

»Du ... du hast mich erstochen!«, murmelte er schwach.

Devon zögerte keine Sekunde. Mit einem heiseren Schrei stieß sie ihn von sich und rollte sich geschwächt und benommen zur Seite. Als sie wieder zu sich kam, sah sie das Messer, das sie immer noch in der Hand hielt. Blut tropfte von der Klinge auf das Kopfsteinpflaster. Von Grauen gepackt ließ sie die Waffe fallen.

Aus dem Augenwinkel sah sie ihre Halskette. Mit einem verzweifelten Seufzer der Erleichterung griff sie nach dem Kleinod und drückte es fest an die Brust.

Hinter ihr hörte sie ein leises Stöhnen. Ihr Herz machte einen Sprung. Freddie!

Lauf!, rief ihr eine Stimme in ihrem Kopf zu. Du musst laufen!

Zu spät. Er hatte ihren Dolch gepackt. Sie wollte sich umdrehen, wurde jedoch mit gewaltiger Wucht nach vorn geschleudert, so dass sie stürzte und über den feuchten, rutschigen Steinboden schlitterte. Glühendes Feuer, heiß wie ein siedender Schürhaken, brannte durch ihren Körper. Ein Schrei hallte in ihren Ohren ... ihr eigener, wie sie feststellen musste.

Devon fühlte sich wie in einem Albtraum gefangen, und durch den schattenhaften Nebel ihrer Wahrnehmung gewahrte sie, dass Freddie taumelnd in die Gasse einbog, in der auch Harry verschwunden war.

Dann verhallten Freddies schleppende Schritte. Devon bewegte sich wie in Trance. Sie fühlte sich schwindlig und krank. Und sie war in eine Pfütze gefallen, bemerkte sie undeutlich, als sie das nasse Kopfsteinpflaster an ihrer Wange spürte. Feuchtigkeit bahnte sich einen Weg durch ihre Kleidung hindurch, und sie begann, mit den Zähnen zu klappern. Ihr war schon früher kalt gewesen, doch diesmal war es etwas anderes, eine betäubend eisige Kälte in ihrem Inneren, die sich immer weiter ausbreitete.

Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf, Erinnerungen an die letzten Stunden ihrer Mama, die mit verhaltenem Atem von dieser beißenden Kälte gesprochen und am ganzen Körper gezittert hatte.

Oh Gott. Sollte sie womöglich sterben? Nein!, schrie sie innerlich auf. Ich möchte nicht sterben, nicht so. Nicht in der Dunkelheit und in der Kälte.

Fest biss sie sich auf die Lippe, um ein Schluchzen zurückzuhalten – sie wusste, dass es nichts nützen würde zu schreien.

Niemand würde sie hören. Niemand kümmerte sich. Sie war in St. Giles, der Heimat der Bettler und Diebe, der Armen und Ausgestoßenen.

Verlockende Versuchung

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