Читать книгу Endstation Tod - Samantha Prentiss - Страница 8
ОглавлениеKapitel 5
Egal wo auf der Welt: Überall kann man Menschen finden, die so verbohrt, so Besessen von einer Idee sind, dass sie in einem schon fast missionarisch zu nennenden Eifer bemüht sind Andere von ihrer Ansicht zu überzeugen. Dabei lassen sie keinerlei Zweifel an der Richtigkeit und dem besonderen Wert ihrer Überzeugungen – ja, vielmehr verteidigen sie diese sogar gegen jede Infragestellung und sind keiner vernünftigen Argumentation mehr zugänglich. Alles was deren Vorstellung betrifft ist ihrem kritischen Reflexionsvermögen entzogen und die damit verbundenen negativen Konsequenzen für sich selbst oder andere werden als solche nicht mehr er- oder anerkannt.
Larry Perkins war einer von ihnen – ein politischer Fanatiker – und zugleich war er nicht ganz richtig im Kopf. Bereits zweimal hatte er eine psychiatrische Einrichtung von innen gesehen. Seine erste Einlieferung erfolgte, weil er völlig verwirrte Weltverschwörungsparolen mit Farbspraydosen auf Plakate in der Strumpfabteilung im Kaufhaus ›Harrods‹ gespritzt hatte, wie: ›Nylons aus der Nebula-Galaxis greifen an! Tötet die Nylons!‹ »Die Nylons sind Körperfresser«, schrie er und deutete auf die Beine einer Kundin. »Seht nur, wie sie schon von ihrer Haut Besitz ergriffen haben!« Dann war er über eine brünette Französin mit Wuschelkopf hergefallen. »Ich werde Sie retten, Miss … Ich rette Sie«, hatte er geschrien und ihr die Strümpfe vom Leib gerissen. Gleich darauf hatte er sämtliche Ausstellungsbeine mit einem mitgeführten Ritterschwert zerschlagen und hunderte von Strumpfpackungen damit durchzustoßen, bis er seitens der herbeigerufenen Polizei mittels Elektroschocker außer Gefecht gesetzt wurde.
Die zweite war die Folge seines Angriffs auf einen norwegischen Handelsdelegierten, dessen Bauch er mit einem Jagdmesser aufzuschlitzen versuchte – was ihm zum Glück nicht gelungen war. Seither bastelte er nächtelang an irren Reden, die er irgendwann einmal im Fernsehen halten wollte. Dabei stellte er sich vor, einfach zur ›BBC‹-Sendeanstalt zu fahren, eine Handgranate zu ziehen, die er sich in Nordirland beschafft hatte, und zu verlangen, vor eine Kamera gesetzt zu werden, um dann seine heiße Brandrede zu halten, die erst Großbritannien und dann die ganze Welt wachrütteln sollte.
Perkins war ein Ausbund an Hässlichkeit. Möglicherweise hätte er sich ganz anders entwickelt, wäre da ein weibliches Wesen gewesen, eines, das ihm rechtzeitig mit einem emotionalen Reinigungsmittel seine Ganglien geputzt hätte. Aber alle Mädchen, die er kannte, machten einen größtmöglichen Bogen um ihn.
Schon seit einigen Tagen rotierte er besonders heftig. Prinzipiell hasste er alles und jeden – insbesondere aber alles aus Holland herüberschwappende. Die Freizügigkeit der Niederländer übte seiner Meinung nach einen Einfluss auf die Welt aus, der diese schon bald an den Abgrund führen würde, wenn es die ›Nylon-Aliens‹ nicht vor ihnen schafften. Er war zwar noch niemals dort gewesen, und dennoch war es eine Antipathie, von der ihn bislang kein Psychiater zu befreien vermocht hatte.
Als Perkins las, dass ein berühmter holländischer Wissenschaftler nach London gekommen war, um sich hier mit einigen seiner Kollegen zu treffen, glaubte er, dass nun seine große Stunde angebrochen war. Wie schon die Handgranate, hatte er sich in Nordirland auch ein Gewehr aus ehemaligen IRA-Beständen beschafft. Für ihn hieß es von jetzt an: Der Niederländer muss weg! Der Grund dafür war ihm egal. Es reichte völlig aus, dass der Mann Holländer war.
Wo der Wissenschaftler wohnte, war unschwer zu erfahren. Den Rest erachtete er als ein Kinderspiel. Und schon einen Tag später würde er mit Namen und Foto in allen Zeitungen erscheinen. Er würde berühmt sein, in Großbritannien und der ganzen Welt in aller Munde.
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