Читать книгу Geschwisterduo Bennett - Samina Haye - Страница 6

Voreilige Entscheidung

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Abi war so froh, dass noch niemand zuhause war, als sie heimkam. Denn sie flüchtete sofort nach oben in ihr Zimmer und warf sich heulend auf ihr Bett.

„Scheiße, mit meiner doofen Tollpatschigkeit hab ich wieder alles kaputt gemacht, bevor es überhaupt losgehen konnte. Die melden sich bestimmt nicht nochmal bei mir“, heulte sie in ihr Kissen und schlief kurz darauf ein.

Hope kam nach Hause, lief nach oben und stürmte in Abis Zimmer, die sich wahnsinnig erschreckte und einen Schrei losließ.

„Boah, sag mal, spinnst du? Wegen dir bekomm ich sicher nochmal einen Herzinfarkt, mich so zu erschrecken“, schnauzte sie ihre kleine Schwester an.

„Tut mir leid, Kleine, ich hab doch nicht gewusst, dass du tagsüber schläfst. Jetzt sei doch nicht gleich so böse auf mich, war doch keine Absicht“, meinte sie entschuldigend und setzte sich zu ihrer Schwester aufs Bett.

„Doch jetzt erzähl mal, was ist denn passiert?“ Nun kamen Abigail wieder die Tränen und sie brachte nur ein paar Wörter über die Lippen.

„Ich hab Kaffee auf die Hose des Juniorchefs gekippt.“ Hope drückte sich sofort ihre Handfläche auf den Mund, um nicht loszulachen und Abi kamen weiter die Tränen.

Doch die Tränen versiegten schnell. Die Schwestern sahen sich an und begannen lauthals zu lachen, Hope konnte nur noch quietschen.

„Mann oh Mann, das ist wieder mal so typisch für dich. Kannst du dich denn nicht einmal zusammenreißen und versuchen nicht so ungeschickt zu sein?“, fragte sie ihre große Schwester, die sich das nicht gefallen ließ und mit einem Kissen nach ihr warf.

„Tz, ja, genau das sagst du zu mir, die, wenn es um was Wichtiges geht, kein Wort über die Lippen bekommt und zu stottern anfängt.“

„War ein guter Konter und ich weiß auch, dass du Recht hast, aber ich schwöre dir, andersrum wäre es mir auch lieber. Denn es ist hart, vor lauter Nervosität nur ein Stottern zusammenzubringen“, erklärte Hope und Abi nahm sie dann in die Arme.

„Ich weiß das doch, Süße. Naja, ich bin die Tollpatschige und du die Stotternde, so hat jeder seine Eigenheiten“, sagte sie und stand auf.

„Komm, lass uns hinuntergehen, ich glaube, Penelope ist gerade nach Hause gekommen.“

Die Schwestern gingen nach unten in die Küche und sahen einen Berg voll Essen auf dem Tisch stehen. Hope stieß einen Pfiff aus.

„Wow, wer kommt denn heute Abend noch alles zum Essen vorbei?“, sah sie fragend ihre Tante an.

„Niemand. Zur Feier des Tages dachte ich mir, ich nehme ein bisschen was vom Chinesen mit, dann brauchen wir heute mal nicht selber kochen. Ist doch auch was Schönes, oder?“ Abigail sah sie an und wirkte nun wieder traurig.

„Hm, zur Feier des Tages. Da gibt es leider nichts zu feiern, denn der Chef vom Autohaus wird mich sicherlich nicht einstellen“, sagte sie leise und Penelope sah sie fragwürdig an.

„Naja, ich war wieder mal zu tölpelhaft unterwegs und verschüttete meinen Kaffee auf der Hose des Juniorbosses.“ Die Tante sah von Abigail zu Hope und wieder zurück zu Abigail und musste sich auf die Lippe beißen, um nicht sofort loszulachen. Doch als sie merkte, dass die zwei Hühner zu lachen begannen, stimmte sie kraftvoll mit ein. Nach ein paar Minuten hatten sich alle wieder beruhigt und deckten den Esstisch auf, um endlich zu Abend zu essen. Hope holte noch eine Flasche Wein und schenkte drei Gläser ein. Kurz darauf kam Penelope aber nochmal auf das Thema zurück.

„Und du glaubst wirklich, dass du wegen diesem blöden Missgeschick nicht dort als Sekretärin eingestellt wirst?“ Abi nahm einen Schluck von dem Wein und antwortete.

„Ich kann es mir nicht vorstellen. Es sei denn, der Juniorchef würde das alleine entscheiden, dann schon. Aber der Seniorboss war, glaube ich, ganz und gar nicht begeistert von mir.“ Es entstand eine Stille und dann wollte Abi ihnen noch etwas sagen.

„Ich werde morgen früh zum Supermarkt gehen, der gleich hier um die Ecke ist, und fragen, ob sie jemanden zur Aushilfe brauchen.“ Hope schüttelte unverständlich den Kopf.

„Warum das denn? Warte doch einfach ein paar Tage ab, so schlimm steht es auch wieder nicht um uns“, äußerte sie ihrer Schwester gegenüber, die sich aber nicht mehr davon abbringen ließ.

„Lass mich doch bitte machen, ich möchte das so und falls sie mich doch im Autohaus einstellen, beende ich die Arbeit im Supermarkt wieder“, erwiderte Abi und somit war das Thema beendet.

Sie quatschten im Anschluss noch über Hopes Studium, darüber, dass bei ihr in den nächsten Wochen einige Prüfungen anstanden und sie somit wenig zuhause wäre.

**


Diese Nacht war für Abi sehr unruhig, denn sie träumte von ihrer verstorbenen Mutter und auch von dem misslungenen Bewerbungsgespräch.

Anscheinend war die Enttäuschung vom Vortag nicht ausreichend, da ihre Mutter im Traum mit ihr schimpfte und auch total empört darüber war, dass sich Abigail so blöd bei dem Vorstellungsgespräch anstellte.

Als sie an diesem Morgen erwachte, kamen ihr erneut die Tränen und sie verwünschte sich für ihre Ungeschicklichkeit, die sie oft an den Tag legte.

„Was soll´s! Herumheulen bringt mich auch nicht weiter, im Gegenteil, ich muss nach vorne blicken.“ Abi bewegte ihren Hintern hoch und trödelte in das Badezimmer.

Sie sah in den Spiegel.

„Warum lasse ich mich so von einem Traum fertigmachen, das kann doch wohl nicht wahr sein. Ich mache mich gleich auf den Weg zum Supermarkt und frage, ob sie denn eine offene Stelle haben“, führte Abi Selbstgespräche.

Nachdem Hope und Penelope ebenfalls schon außer Haus waren, machte sich Abigail auch gleich auf den Weg. Dann würde sie es bald hinter sich haben und hoffte sehr, nach dem Besuch dort einen Arbeitsplatz ergattert zu haben.

„Huch, heute Morgen ist es schon noch etwas frisch, damit habe ich nicht gerechnet“, meinte Abi zu sich und zog sich die Weste etwas enger um ihren Körper. Da sie so fröstelte, ging sie schnellen Schrittes zum Supermarkt und als sie nach wenigen Minuten dort angekommen war, brauchte Abigail eine kleine Verschnaufpause.

„So, und nun schlendere ich da rein und komme mit einer Arbeitsstelle wieder raus“, sagte sie und weg war sie.

Auf der Suche nach einer Verkäuferin, sah sie weiter vorne den bösen Drachen vom letzten Mal, der sie zur Schnecke machte, als sie den Zeitungsständer umstieß.

„Nein, da suche ich lieber nach einer anderen Verkäuferin, denn die, die schickt mich sofort wieder nach Hause“, flüsterte Abi und ging in den nächsten Gang, wo sie auch schon fündig wurde.

„Guten Morgen. Entschuldigen Sie, ich wollte kurz nachfragen, ob der Chef oder die Chefin im Haus ist.“ Die Dame sah Abigail fragend an und überlegte einen Moment.

„Morgen, ähm, ja, die Chefin ist heute hier, aber weshalb brauchen Sie sie denn?“

„Ich möchte kurz nachfragen, ob es eine offene Stelle gibt und wenn ja, möchte ich mich dafür bewerben“, gab sie der Verkäuferin zur Antwort, die nickte und den Gang entlangging.

„Ach so, das hört sich gut an. Kommen Sie doch bitte mit mir mit.“ Abis Gedanken spielten verrückt und sie hörte nur mehr die Wörter der Verkäuferin:

Ach so, das hört sich gut an“

Hieß das denn, dass es eine offene Stelle gab? Auf Abis Gesicht machte sich ein Grinsen breit und die Freude stieg. Doch Abi bekam schnell zu spüren, dass sich das leider innerhalb einer Sekunde wieder ändern konnte, als sie zur Chefin geführt wurde.

„Sie schon wieder. Haben Sie denn wieder etwas umgeschmissen und mir eine Menge Arbeit damit hinterlassen?“, fragte die Dame unhöflich und mit schroffem Ton. Abigail konnte nur den Kopf schütteln.

„Guten Morgen. Nein, habe ich nicht. Eigentlich bin ich hier, um mich für eine offene Stelle bei Ihnen zu bewerben. Hm, doch das werde ich wohl vergessen können, nach der doofen Aktion vom letzten Mal“, sagte Abi leise und mit traurigem Gesicht. Sie drehte sich zu der netten Verkäuferin.

„Dankeschön, dass Sie mich hergebracht haben.“

„Gerne“, sagte diese und ließ die zwei schnell alleine, da sie nicht wusste, um was es hier wohl ging.

Abigail drehte sich um, um dem Drachen in die Augen sehen zu können und verfluchte diesen Tag. In Gedanken fragte sie sich:

Warum muss genau „sie“ die Chefin hier sein?

„Ich will Sie gar nicht mehr länger aufhalten. Ich wollte mich bei Ihnen bewerben, doch da habe ich sowieso keine Chance“, meinte sie, drehte sich um sagte noch kurz angebunden:

„Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.“ Abigail ging nach vorne und blieb noch kurz bei dem Zeitungsständer stehen.

„Dann nehmen wir die aktuellen Zeitschriften wieder mit nach Hause, denn die Suche beginnt aufs Neue.“

Als sie bei der Kasse alles bezahlt hatte und aus dem Geschäft schlenderte, hörte sie wenige Sekunden später jemanden, der ihren Namen rief.

„Frau Bennett, Frau Bennett, bleiben Sie doch bitte stehen.“ Abi drehte sich um und traute ihren Augen nicht. Der Drachen rannte ihr nach und rief nach ihr.

„Frau Bennett, warten Sie.“

„Ja, ich bin doch hier, was ist denn mit Ihnen los?“, fragte sie neugierig und wartete ab bis die Chefin wieder bei Atem war.

„Sie sind jetzt so schnell davongelaufen, dass ich nicht mal Zeit hatte, um zu überlegen. Wir haben eine offene Stelle, wir brauchen dringend jemanden zum Regale Einräumen und sortieren. Hätten Sie denn Lust dazu?“, fragte die Chefin und sagte rasch noch dazu:

„Wenn ja, bitte ich Sie aber, die Regale stehen zu lassen, denn wenn es so läuft wie letztens, haben wir nur noch mehr Arbeit. Dann könnte es schon passieren, dass Sie diesen Job bald wieder los sind.“ Abigail kam ein kleines Schmunzeln auf die Lippen und sagte darauf:

„Ich würde diesen Job sehr gerne annehmen und ich verspreche Ihnen, ich werde mich bemühen alles zu Ihrer Zufriedenheit zu erledigen.“

„Schön, das hört sich vielversprechend an. Dann können Sie am Montag mit der Probewoche beginnen, ich mache den Dienstvertag fertig und ab dem 1. Mai arbeiten Sie dann fest hier“, erklärte sie und Abi bedankte sich bei der Chefin, reichte ihr die Hand und verabschiedete sich.

Nachdem Abigail um die Ecke bog und einige Meter von dem Supermarkt entfernt war, jubelte sie drauflos.

„Juhu, wie toll ist das denn! Eine Arbeit zum Wiedereinstieg in das Arbeitsleben, könnte zwar ein besserer Job sein, doch lieber das als gar nichts“, kreischte Abi voller Freunde und rannte fast den ganzen Weg bis nach Hause.

Als sie durch die Haustüre stürmte, rief Penelope gleich:

„Ah, was ist mit dir los? Warum stürmst du denn so herein?“ Hope kam aus dem Wohnzimmer und ging ebenfalls in die Küche, da sie wissen wollte, was mit ihrer großen Schwester los war.

„Erzähl doch, warum bist du heimgerannt und so außer Puste?“, fragte Hope neugierig, und Abigail begann zu kichern

„Ich hab den Job“, brüllte sie schon fast. Hope und Penelope sahen sich an und fragten im gleichen Moment:

„Beim Autohaus?“ Abi sah die zwei an und wusste nicht, warum sie das jetzt fragten. Sie musste husten und meinte dann:

„Wie kommt ihr denn jetzt auf das Autohaus? Ihr wusstet doch, dass ich heute früh zum Supermarkt wollte. Und ja, die haben einen Job für mich. Am Montag beginnt dort meine Probezeit“, erklärte sie ihrer Tante und ihrer Schwester, die etwas irritiert schauten, weshalb Penelope gleich nachhakte.

„Ich verstehe deine Einstellung da nicht ganz. Warum freust du dich denn so über einen Job im Supermarkt? Vielleicht meldet sich das Autohaus nächste Woche noch bei dir, das wäre doch ein Traumberuf. Du bist gelernte Bürokauffrau und hast was Besseres verdient, als in einem Supermarkt zu arbeiten“, erwiderte ihre Tante darauf und Abi wurde böse.

„Das weiß ich selber. Trotzdem ich bin glücklich darüber, vorerst eine Arbeit zu haben und Geld zu verdienen, was anderes kann ich mir nebenbei noch immer suchen“, meinte sie, drehte sich um und machte sich auf den Weg in ihr Zimmer. Sie rief noch:

„Ich freue mich über diese Zusage und den Job, egal, ob ihr euch mit mir freut oder nicht.“ Das Ende dieses Satzes wurde vom Zuknallen der Türe begleitet. Hope erschrak und blickte zu Penelope.

„Oh, oh, ich glaube, wir haben sie verärgert. Ich werde mal zu ihr raufgehen, mit ihr reden und hoffe, es wieder gutmachen zu können.“ Penelope nickte und machte sich einen Kaffee.

Hope klopfte an Abigails Tür, doch ihre Schwester bat sie nicht herein.

„Abi, jetzt komm. Sei doch nicht gleich so böse auf uns, wir haben das doch nur gut gemeint“, sagte sie und wartete auf eine Antwort, aber vergebens.

„Ich komme jetzt zu dir rein, nur, dass du es weißt.“ Die kleine Schwester betrat das Zimmer und sah Abigail weinend auf dem Bett liegen. Es zerriss Hope das Herz, wenn sie sah, dass es ihrer Schwester nicht gut ging.

„Kleine, was ist denn los? Weinst du jetzt wegen dem, was Penelope zu dir gesagt hat? Oder bedrückt dich was anderes? Bitte rede mit mir, ich bin deine Schwester und ich mache mir Sorgen um dich.“ Liebevoll strich Hope Abigail über die Haare und den Rücken. Es dauerte sicher fast fünf Minuten bis sich Abi umdrehte und ihrer Schwester ins Gesicht blickte. Hope wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht und nahm sie ganz fest in die Arme. Abigail seufzte.

„Weißt du, mir fehlt Mama und es tut mir immer noch so weh, dass sie nicht mehr unter uns weilt. Ich bin jetzt für dich, für uns verantwortlich und ich kann es mir nicht aussuchen, welchen Job ich machen möchte. Darum bin ich sehr glücklich darüber, vorerst mal im Supermarkt beginnen zu können, um Geld zu verdienen. Dass ihr es mir dann so schlechtredet und euch nicht mal einen kleinen Funken für mich freut, das schmerzt mich schon ein bisschen“, sprach sie zu Hope und redete gleich weiter.

„Und was mich noch bedrückt, ist …“ Abi konnte nicht weitersprechen, denn es kamen ihr erneut die Tränen und Hope wusste nicht wirklich, was los war.

„Was bedrückt dich noch, Schwesterchen? Rede doch bitte mit mir. Du bist mit deinen Problemen nicht alleine, wofür gibt es mich denn sonst?“, flüsterte sie Abi ins Ohr.

„Ich weiß, Süße. Okay, dann sag ich es dir. An diesem Wochenende möchte ich die ganzen Sachen von Mama, das, was wir zwei nicht mehr brauchen, in Kisten packen und hinunter in den Keller stellen. Denn je länger das Zeugs hier herum steht und liegt, desto mehr Zeit brauchen wir, damit klar zu kommen, dass Mama nicht mehr da ist.“

Damit hatte Hope ganz und gar nicht gerechnet. Das Thema rührte auch sie zu Tränen. Abigail rutschte etwas an Hope heran und die zwei nahmen sich in die Arme und heulten sich den Frust von der Seele.

Penelope stand schon länger vor der Türe, die einen Spalt offen war, und hörte das ganze Gespräch mit an. Sie ließ den beiden ein paar Minuten Zeit und trat dann ebenfalls in Abis Zimmer und setzte sich auf das Bett.

„Ich bin stolz, solche Nichten wie euch zu haben, ihr habt so viel Wärme und Liebe in euch und das liebe ich so sehr. Auch wenn eure Mutter nicht mehr hier ist, sie wird trotzdem weiterhin über euch wachen und alleine seid ihr nie, denn ich bin auch noch da. Gemeinsam werden wir an diesem Wochenende die Sachen von Susann sortieren und was ihr nicht mehr braucht in Kartons einpacken und wegräumen“, sagte sie fürsorglich und küsste die Mädchen auf die Wange.

„Dankeschön, Tante Penelope, das ist lieb von dir und wir sind wirklich erleichtert und froh darüber, dass du zu uns gekommen bist“, sagte Abi.

„Doch nun lasst uns runtergehen, Kaffee und Kuchen stehen schon bereit. Diesen Nachmittag verbringen wir mit Relaxen und dann müssen wir auch noch auf deinen neuen Job anstoßen, Liebes“, meinte Penelope und die drei gingen nach unten in die Küche.

„Das finde ich auch für eine tolle Idee“, gab Hope noch ihren Senf dazu.

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Geschwisterduo Bennett

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