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II. Was ist die gegenstandslose Meditation?

Die gegenstandslose Meditation ist ein Weg nach innen. Ein Weg zu unserem eigentlichen Wesen als Menschen, zu der spirituellen Dimension unserer Existenz (siehe Anhang C 4. «Die spirituelle Dimension»). Seit Beginn der Geschichtsschreibung berichten unzählige Menschen aus verschiedenen Kulturen, Regionen und Religionen über diese Erfahrung.

Das ‹Wissen›, das durch die gegenstandslose Meditation vermittelt wird, ist unabhängig von einem Konzept oder einer bestimmten Lehre. Es kann auch nicht mithilfe von Worten – auf der rationalen Ebene – erworben werden. Es beruht auf der direkten Erfahrung.

Wie in der Anleitung weiter unten beschrieben, ist die Grundform der Übung der gegenstandslosen Meditation sehr einfach: Der Atem wird als Anker verwendet, um den Geist zu sammeln und zu sich selbst im gegenwärtigen Augenblick zu kommen. Die regelmässige Praxis der gegenstandslosen Meditation ist trotzdem alles andere als mühelos und leicht. Es ist eine lange Reise mit vielen überraschenden und zum Teil nicht angenehmen Entdeckungen über sich selbst. Diese Einsichten zu akzeptieren und auf dem Weg zu bleiben, verlangt Mut und Kraft.

Ist die gegenstandslose Meditation ein ‹Egotrip› und eine Flucht vor der Realität? Von aussen her betrachtet mag der spirituelle Weg der gegenstandslosen Meditation vielleicht derart erscheinen.

Wir sind als Menschen ja beinahe ununterbrochen ichbezogen – auf einem ‹Egotrip›. Sei es, um unser Ego zu stärken, sei es, um es zu schützen oder um seinen Begehren zu folgen. Häufig sind uns diese Beweggründe gar nicht bewusst; so zum Beispiel, wenn wir anderen helfen aus einem Bestreben heraus, ein besserer Mensch als die anderen zu sein. In diesem Sinn kann auch die Motivation für die gegenstandslose Meditation dem Wunsch des Ego entspringen, durch einen spirituellen Weg besser und anderen überlegen zu sein, einem Wunsch vielleicht nach Gipfelerfahrungen, durch welche Erleuchtung und Vollkommenheit erreicht werden. Solche Wünsche sind bei jedem und jeder, die diesen Weg gehen, auch meist vorhanden.

Auf dem Weg stellen wir aber fest, dass er zu einem für das Ego überraschenden Resultat führt. Durch die regelmässige Übung der gegenstandslosen Meditation wird unser Ego transparenter; wir erkennen es als das, was es in Wirklichkeit ist: ein Knäuel von Geschichten, Bildern und Emotionen, mit denen wir uns identifizieren. Je klarer wir es sehen, umso mehr löst sich diese Identifikation auf. Die gegenstandslose Meditation könnte in diesem Sinne als paradoxer ‹Egotrip› bezeichnet werden: Obwohl die Motivation häufig primär von unserem Ego stammt, sägt sich dieses während der Übung sozusagen selbst den Ast ab, auf dem es sitzt.

Eine andere Vorstellung über den Weg der Meditation, die häufig dazu führt, dass sich Menschen darauf nicht einlassen wollen, ist die Meinung, es handle sich um eine Flucht. Flieht die meditierende Person nicht vor der Wirklichkeit? Hält sie nicht Nabelschau und baut sich eine heile Welt auf, die mit der Wirklichkeit des Alltags nichts zu tun hat? Es ist tatsächlich so, dass viele Menschen, die sich für diesen Weg entscheiden, ihn bewusst oder unbewusst als Fluchtmöglichkeit vor der Wirklichkeit eines Lebens sehen, durch das sie überfordert sind. Aber ähnlich wie beim ‹Egotrip› ist es eine paradoxe Flucht. Denn der Fluchtweg endet bei der Wirklichkeit. Regelmässiges Üben führt dazu, dass wir uns selbst (unsere eigene Wirklichkeit) und auch die Umgebung (die Wirklichkeit, in der wir leben) viel klarer und ohne Verzerrung sehen. Wenn oben der ‹Egotrip› verglichen wurde mit dem Durchsägen des Astes, auf dem das Ego sitzt, so könnte für die Flucht auf dem Weg der gegenstandslosen Meditation das Bild eines Bumerangs verwendet werden, dessen Flug am gleichen Ort endet, wo er begonnen hat.

Und es ist an diesem ‹Ort›, an dem die Identifikation mit dem Ego aufhört und wir die Wirklichkeit unverzerrt wahrnehmen und annehmen, wo wir den Sinn erfahren – und mit dem Sinn auch die Liebe – bedingungslose Annahme und Mitgefühl mir und allem und allen gegenüber.

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