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2. Mable
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Mable
E s ist ein Kampf. Jede einzelne Welle ist ein Kampf. Nur noch wenige Meter … nur noch wenige Schwimmbewegungen …
Aber es dauert.
Das Ufer kommt und kommt nicht näher.
Wenigstens fühlt sich das Wasser nicht mehr kalt an. Mein Adrenalin hat längst dafür gesorgt, dass mir warm wird. Ich habe Angst und gleichzeitig noch nie solche Kraft gehabt. Das Ufer.
Erreiche einfach das verdammte Ufer.
Lichter am Strand deuten darauf hin, dass die gesamte Halbinsel Marylands ihre Einsatzkräfte mobilisiert hat. Menschenmassen am Strand, mehr noch, als jemals auf der Party hätten sein können.
Ich weiß nicht, was dort passiert, in der Ferne, aber ich werde es erfahren.
Weil ich durchhalte.
Weil ich es schaffe, den Strand zu erreichen.
Noch ein Zug.
Noch ein Zug.
Atmen, atmen.
Noch ein Zug …
Kaum spüre ich Sand unter meinen Füßen, heule ich glückselig auf. Ich habe es geschafft!
Auf allen vieren krabble ich vorwärts, erreiche den letzten Wellenkamm und sinke auf dem Strand zusammen. Es ist kalt und nass, und ich werde mich verkühlen, wenn ich liegen bleibe, aber ich muss für einen Moment zu Atem kommen.
»Belle?« Füße in meinem Augenwinkel. Eine Hand an meinem Kopf, die mich herumdreht, und ich sehe Jaxon mitten ins Gesicht. Er starrt mich an, als wäre ich ein Geist. Im wenigen Licht wirkt seine Makellosigkeit grau und seine Augen matt. »Bitte sag etwas«, verlangt er rau.
»Mir geht es gut«, bringe ich über die Lippen. »Wo sind die anderen?«
»Wie zur Hölle bist du so weit abgetrieben? Was war das für ein fucking Boot, von dem Crescent geredet hat?« Er setzt sich neben mich, reißt ungeniert das teure Kleid auf und fährt mit der Hand über meine nackte, kalte Haut. »Bist du verletzt?«
Die Sorge, die aus seiner Stimme herauszuhören ist, und die umsorgende Art lassen mein Herz schneller schlagen.
»Geht es Reece gut?«, wispere ich.
»Ja«, sagt er einfach.
»Geht es ihm wirklich gut?«
»Ja, alles in Ordnung. Wer waren diese Leute? Was ist passiert?«
Ich nehme mir Zeit, ihn zu betrachten. Festzustellen, dass er unbeschadet aus dem einstürzenden Haus gelangen konnte, macht mich glücklicher, als ich es vor mir selbst zugeben will. Jaxon Tyrell ist noch immer derjenige, der mir all das Leid erst angetan hat. Und allen anderen Leuten, die ihn mittlerweile hassen. Warum bin ich also froh, dass es ihm gut geht? Müsste es nicht genau andersherum sein?
»Wo sind die anderen?«, frage ich.
Jaxon blickt über seine Schulter, winkt und kurz darauf kommen sie alle zu uns.
Reece, Vance, Sylvian. Niemand von ihnen trägt mehr Schuhe und alle Blicke ruhen auf mir.
»Ist sie okay?«, fragt Reece.
»Scheint so.« Jaxon beobachtet mich aufmerksam. »Was ist passiert, Belle?«
Ich sehe ihn an und ein gewaltiger Kloß bildet sich in meinem Hals. Der Widerstand. Es war der Widerstand. Ich muss lügen, um ihn zu schützen. Aber es will nicht über meine Lippen. Die Lüge will einfach nicht über meine Lippen, fuck! »Da waren betrunkene Typen«, wispere ich.
»Was?«, fragt er fassungslos.
»Betrunkene … Typen. Sie wollten … dasselbe tun wie die anderen.«
Jaxons Augen weiten sich.
»Da bin ich ins Wasser gesprungen, um zu fliehen.«
»Haben sie dich angerührt?«, fragt Reece knurrend.
Mein Blick flackert zu ihm. Würde Reece wirklich knurren?
»Nein, alles gut«, lüge ich. Hoffentlich wollen sie nicht mehr wissen. Wer die Typen sein könnten oder wie sie angeblich ausgesehen haben. Aber die Lüge klingt relativ sinnig. Nach dem, was mir heute Nacht in Rachels Zimmer geschehen ist, würde ich von einem Boot mit jungen, betrunkenen Männern fliehen, egal, ob sie sich mir überhaupt genähert haben oder nicht.
Ich hoffe einfach, die Kings fragen nicht weiter nach.
Denn ich kann ihnen nicht erzählen, dass Rachel auf dem Boot war, ebenso wie Eleanore und noch zwei Typen, die das Boot gesteuert haben. Und dass wir alle ins Wasser gesprungen sind, als die Scheinwerfer von Hubschraubern über uns geglitten sind. Es wäre fatal, hätten sie Eleanore und die anderen entdeckt. Und auch wenn das, was sie getan haben, krass war und einem terroristischen Anschlag gleichkommt, muss ich sie decken.
So lange jedenfalls, bis ich mir wirklich sicher sein kann, dass die Kings sich geändert haben.
Dass sie bereuen. Und mit ihren Grausamkeiten für immer aufhören.
Wird das jemals geschehen?
»Vance, hol einen der Sanitäter«, ordnet Sylvian an und Vance joggt los. Sirenengeheul zerreißt das Meeresrauschen. Ein weiteres Mal blicke ich zu den Überresten der Wasservilla.
Dass hier ein prächtiges Haus gestanden hat, ist inzwischen nicht mehr zu erkennen. Die verbliebene Balkenkonstruktion brennt lichterloh.
»Mable.« Wieder Sylvian. Er hockt sich direkt vor mich in den Sand. »Geht es dir gut?« Seine Stimme ist dunkel und rau und in seinen grünen Augen steht nichts als Sorge.
»Ich bin okay«, murmle ich und beginne langsam zu frieren.
Er rückt über den Sandboden näher, umfasst mit beiden Händen mein feuchtes Gesicht und zieht es vor seine Lippen. Er küsst mich sanft. Sein Geschmack, sein Atem, seine Zunge, alles kommt über mich und ich lasse es zu.
Ich öffne bereitwillig meinen Mund und höre auf nachzudenken. Was mit den Kings geschieht, kann ich sowieso nicht kontrollieren.
»Was zur Hölle tust du da, Silvano?« Reece drückt Sylvian von mir weg und er lässt es geschehen. »Du bist verlobt, schon vergessen? Und wir befinden uns hier in der öffentlichsten Öffentlichkeit überhaupt.«
Sylvians Blick glüht und ihn scheinen Reece’ Worte nicht zu kümmern.
Das lässt Reece umso wütender werden. »Was soll das, Mable?«, fährt er mich an, als ich mich langsam aufrichte. »Echt jetzt? Er quält dich psychisch, wann immer es ihm möglich ist, macht Scheißsprüche über Harper, nachdem du seinen Schwanz geblasen hast, und bei allen Typen, die du zur Auswahl hast, lässt du zu, dass ausgerechnet Silvano dich immer wieder anrührt?«
Ich sehe ihn an. Er hat mich Mable genannt, aber er klingt nicht nach Reece. Angestrengt versuche ich zu erfassen, ob an meiner Theorie etwas dran sein könnte. Sie waren beide bei mir, als ich ins Wasser gefallen bin, oder? Sind Zayn und Reece dieselbe Person? Oder sind Reece und Zayn …
Der Gedanke liegt nahe und ist genauso fern. Ohne zu zögern, trete ich auf ihn zu. Reece weicht zurück, aber ich rücke nach, und dann küsse ich auch ihn.
Er öffnet seinen Mund nicht, sondern starrt mich nur an. Wie würde der ›freundliche Reece’ in diesem Moment reagieren?
Er würde mich leidenschaftlich küssen, oder nicht?
Er würde mich in seine Arme nehmen und liebevoll umsorgen.
Das hier ist nicht Reece.
Reece wäre anders.
Oder?
Frustriert trete ich zurück und gebe zu, dass meine Theorie bescheuert ist. Zayn und Reece können nicht Zwillinge sein. Ich habe mir im Wasser eingebildet, dass jemand Drittes bei uns war. Reece ist Reece. Eben manchmal nett und manchmal ablehnend und bescheuert. Manchmal vögelt er Rachel, manchmal sieht er zu, wie Romeo sie ins Meer wirft …
»Hier. Ich habe die letzte Decke von der Feuerwehr ergattert.« Vance stößt zu uns. Jaxon will die Decke entgegennehmen. »Nicht für euch, ihr Arschlöcher. Sondern für sie.« Vance breitet die Decke über mir aus und ich blicke dankend zu ihm hoch.
»Das nützt ihr nichts, solange die Kleidung nass ist«, sagt Sylvian und greift nach meiner Hand. »Wir gehen.«
Ich lasse mich von ihm Richtung Wald ziehen, nicht ohne von Vance einen missbilligenden Blick zu kassieren. Er verurteilt mich zu Recht dafür, dass ich mich immer wieder in die Hände der Kings begebe.
»Jaxon?«, fragt Sylvian.
Der King scheint sich nur widerwillig in Bewegung setzen zu wollen, da ihn der Anblick der brennenden Villa zu faszinieren scheint. »Lasst Amabelle durchchecken und dann fahren wir.«
»Mir geht es gut, danke.«
Niemand der umstehenden Männer scheint mir glauben zu wollen.
»Ich wurde zwar nur fast vergewaltigt, durch den Wald gejagt und aus einem einstürzenden Haus ins Meer geworfen, aber sonst …«
»Stimmt«, sagt Reece. »Sie scheint putzmunter zu sein, wenn ihr der Zynismus geblieben ist, oder?«
Die Kings und Vance bestehen darauf, dass ich mich von einem der Sanitäter untersuchen lasse. Die Rettungskräfte haben alle Hände voll zu tun, aber die Kings sorgen dafür, dass ich vor allen anderen an der Reihe bin. Ich komme mir dämlich vor, mich vorzudrängeln, aber die Untersuchung geht zum Glück schnell vorbei.
Anschließend geben wir unsere Personalien der Polizei, Jaxon beantwortet ein paar Fragen, erklärt, dass wir in Kingston bleiben werden, und sie lassen uns gehen. Der Weg führt ein ganzes Stück am Wald entlang, durch eine sensationslüsterne Spring-Break-Studententraube hindurch, die noch immer mit ihren Smartphones die brennende Wasservilla filmen.
Schließlich gelangen wir zu einem großen Parkplatz. Dort stehen nicht nur zig Luxuswagen und Jaxons Limousine, sondern auch Reece’ Tesla.
»Ich bringe dich nach Hause, Mable«, sagt Sylvian und steuert auf seinen Aston Martin zu.
»Nein«, brummt Vance. »Sie wohnt sowieso in meinem Haus. Sie fährt mit mir.«
Sylvian lacht kalt. »Du wirst in ihrer Nähe nicht mal atmen, wenn wir nicht dabei sind.«
»Denn ihr wehzutun muss ich natürlich ganz dir überlassen«, knurrt er zurück.
Jaxon fährt mitten im Gehen herum. Seine Hose ist noch immer nass, seine nackte Brust glänzt im wenigen Licht und in sein herrschaftliches Gesicht ist völlige Verwunderung getreten. »Hast du deine Rolle irgendwie missverstanden, Buchanan?«
Vance sieht aus, als würde er jederzeit auf die Kings losgehen wollen.
»Seit wann tust du mehr, als Befehle auszuführen? Du bist so kurz davor, in Kingston abzuschließen. Da du Amabelle sowieso nicht alleine beschützen könntest , sollten wir sie zerstören wollen , brauchst du deinen Abschluss doch nicht zu riskieren, oder?«
»Ihr seid so fies, nur weil er mir helfen will!«, rufe ich wütend.
»Sei leise«, zischt Jaxon mich an, die Augen verengt. »Wenn irgendjemand mitbekommt, dass wir dich begleiten, wird morgen dein Wohnheim gesprengt statt die Pfeiler dieser Wasservilla.«
»Als ob«, sagt Vance spröde.
»Stell mich nicht infrage, du verdammter Wurm«, entgegnet Jaxon.
»Lassen wir Amabelle entscheiden, bevor wir uns alle noch den Arsch abfrieren.« Reece hat die Arme vor der Brust verschränkt. »Mit wem fühlst du dich heute Abend am wohlsten? Kleiner Spoiler: Irgendjemand von uns wird dich begleiten. Selbst Vance will dich nicht mehr aus den Augen lassen, also Pech gehabt. Sag einfach, wer das kleinere Übel für dich ist, und derjenige fährt dich.«
Ich öffne hilflos den Mund und sehe alle vier nacheinander an. Reece, Jaxon, Sylvian, Vance. Jede einzelne Miene undurchschaubar und hart wie Stein. Wenn ich wählen müsste, würde ich alle nehmen, weil sie sich dann gegenseitig foppen statt mich.
Aber ich wäre nicht an diesen Punkt gelangt, wenn ich nicht liebend gerne besonders dumme Entscheidungen treffen würde.
»Ich fahre bei Jaxon mit.«
Die Gesichter aller entgleiten und Jaxon öffnet erstaunt den Mund.
»Können wir bitte los?«, frage ich.
Die Männer zögern, aber dann öffnet Jaxon die Tür seiner Limousine für mich.
»Und wer soll euch fahren?«, fragt Reece verstört.
»Immer der, der fragt, Crescent«, erwidert Jaxon spöttisch und steigt hinter mir in den länglichen Wagen. Ich bin gar nicht erst auf die mittlere Bank gerutscht, sodass er sich direkt neben mich auf den Rücksitz setzen muss.
»Du könntest auch nach vorne gehen und mich allein lassen, damit ich mich umziehen kann«, schlage ich nüchtern vor.
»Könnte ich«, erwidert er und zieht die Tür hinter sich zu.
»Wenn du bleibst, werde ich mich trotzdem ausziehen.«
Seine Brauen schnellen in die Höhe. »Tu dir keinen Zwang an.«
Die Limousine setzt sich wie von Zauberhand in Bewegung. Ohne weitere Umschweife ziehe ich das Kleid aus, das an mir klebt wie eine zweite Haut. Dann lege ich die Decke, die Vance mir gegeben hat, um meine Schultern und löse auch meinen BH, ziehe meinen Slip aus, während ich mich dabei bedecke. Sobald ich nackt bin, wickle ich mich fest in die Decke ein und sehe Jaxon herausfordernd an.
Er hat mich nicht aus den Augen gelassen. Seine Iriden leuchten blau und interessiert, und er wartet offenbar darauf, dass ich das Gespräch beginne. Stattdessen schweige ich für eine ganze Weile, in der ich versuche, Herr der Lage und über meine Gefühle zu werden.
»Was waren das für Typen auf dem Boot?«, fragt er schließlich und beobachtet meine Reaktion genau.
»Sie haben ihre Masken noch getragen«, erfinde ich.
»Ihre Masken? Wie sind sie von der Party so schnell auf ein Motorboot gekommen und warum sollten sie überhaupt?«
Ich hebe die rechte Schulter.
»Hast du dich strafbar gemacht?«, fragt er interessiert.
»Wie kommst du darauf?«
»Was weiß ich? Das FBI wird alles absuchen und kontrollieren, um die Täter des Anschlags ausfindig zu machen. Wenn ich dafür sorgen soll, dass sie nichts bei dir finden, sag es mir jetzt.«
»Erstens werden sie nichts bei mir finden und zweitens würde ich dir niemals vertrauen.«
»Okay.« Sein Blick ruht dunkel auf mir. »Aber?«
»Was, aber?«
»Warum erzählst du es mir überhaupt? Du könntest auch einfach behaupten, du hättest vergessen, was passiert ist.«
»Das wäre eine Lüge und im Lügen bin ich schlecht.«
»Vor Harper kriegst du es doch auch hin? Oder sagst du ihr, wenn du Sylvian fickst?«
Ich beiße mir auf die Unterlippe. Ja. Ich schaffe es, Harper anzulügen. Aber ich hasse es. Am liebsten würde ich weder sie noch Jaxon anlügen. Ich will einfach nicht, dass er mir nicht mehr vertrauen kann. Das ist eine grausame Erkenntnis, aber sie ist wahr.
Meine Gefühle sind zu stark.
Es kostet mich einiges an Kraft, ihm nicht sofort alles über den Widerstand, über Eleanore und Rachel und die Zusammenhänge zu erzählen. Aber ich muss es zurückhalten. Diese Leute sind meine einzige Waffe. Sollte Jaxon sich wieder gegen mich stellen, brauche ich sie. Denn dann werde ich selbst zum Widerstand . So verrückt und albern es auch klingt.
Jaxon betrachtet mich nachdenklich. »Ehrlich, Belle, wenigstens das FBI musst du anlügen. Du weißt nichts mehr von der Nacht, klar? Kein Boot. Keine Typen. Keine Masken.«
Mein Mund öffnet sich leicht. »Wie soll ich …«
»Du hast alles vergessen, ganz einfach. Du hast etwas gegen den Kopf bekommen und bist erst wieder am Strand aufgewacht, als ich dich gefunden habe. Das ist die Story, die du erzählen wirst.«
»Und warum …?«
»Weil ich dir nicht glaube. Und das wird das FBI auch nicht tun. Du machst dich verdächtig, wenn du etwas erfindest. Und wenn es nur ein winziges Detail ist.«
»Das ist doch eigentlich das, was du letztes Semester noch wolltest, oder?«, frage ich ihn herausfordernd. »Dass das FBI mich einsperrt, sodass ich mein Stipendium aufgeben muss.«
Jaxon schmunzelt. »Du hast absolut keine Ahnung, wie sehr ich jede einzelne Sekunde unseres Spiels genossen habe, oder? Wärst du nicht zurück nach Kingston gekommen, hätte ich dich vermutlich geholt.«
»Wirklich?«, frage ich fassungslos.
Er hebt die Schultern. »Ich kann es dir nicht genau sagen, denn du bist zurückgekommen.«
»Und warum? Weil du es liebst, wenn ich leide?«
Er lacht offen. »Ich bin nicht Sylvian.«
»Aber du bist sein bester Freund, oder?«
»Absolut. Für Sylvian würde ich sterben.« Er sagt es und ich glaube ihm sofort. »Ich liebe es nicht, wenn du leidest . Ich liebe es, wenn du dich mir widersetzt . Auf all die kreativen Arten, die dir einfallen. Selbst die Entscheidung für einen von uns zögerst du hinaus.«
»Weil ich es nicht kann!«, fauche ich ihn an. »Okay? Wie soll ich mich zwischen euch entscheiden, wenn ich weiß, dass jeder von euch meinen Untergang bedeuten kann?«
Für einen Moment bleibt seine Miene glatt und undurchschaubar. »Diese Scheiße habe ich nur fürs Spiel gesagt. Niemand von uns will deinen Untergang. Wir alle wollen … dich.«
Angespannt halte ich den Atem an.
»Warum bist du bei mir mitgefahren?«
»Die Limousine bietet genügend Platz, um sich auszuziehen.«
»Ah«, sagt er und lehnt den Kopf zurück. Dass sein Oberkörper komplett nackt ist, macht die Situation nicht gerade erträglicher. »Ich dachte schon, du würdest mich vorziehen.«
»Nein.«
»Schade.« Seine Mundwinkel zucken, aber ich bekomme das Gefühl, dass er künstlich lächelt. Als würde er mir vorgaukeln wollen, es würde ihn nicht verletzen. »Stört es dich, wenn auch ich mich ausziehe?«
Ich presse die Lippen zusammen und schüttle den Kopf.
Als seine Hände zu seinem Gürtel gehen und er ihn langsam öffnet, spüre ich, dass es mich doch stört. Weil es mich nicht kaltlässt. Ich hatte gerade Sex mit ihnen. Danach ist die Villa eingestürzt. Ich bin Eleanore begegnet. Und trotzdem starre ich auf seinen Schritt, als würde ich es kaum erwarten können, dass er endlich wieder nackt ist?
Wie in Zeitlupe öffnet er seinen Reißverschluss, dann schiebt er die nasse Hose von seinen Schenkeln.
Es ist erbärmlich, wie sehnsuchtsvoll mein Körper reagiert. Als gäbe es nur einen einzigen Männerkörper, den ich berühren kann, will und muss. Meine Fingerspitzen kribbeln, meine Mitte flammt auf. Jaxon macht weiter. Schiebt seine Shorts mitsamt seiner Hose hinunter, entblößt seinen Schwanz und wirft beides zusammen zu Boden.
Während er mich fixiert, wächst seine Lust unter meinem Blick an.
Mein Atem verflüchtigt sich, die Luft um uns herum wird gefühlt dünner, und mir fällt nichts Besseres ein, als den Anblick zu genießen.
Jaxon ist einfach zu perfekt. Alles an ihm ist perfekt und unwirklich schön.
Nackt und unbedeckt bleibt er vor mir sitzen. Zwar arbeitet die Heizung des Autos bereits auf Hochtouren, aber ich sehe trotzdem, wie sich die Härchen auf seiner Haut aufstellen.
»Was glaubst du , wer die Pfeiler der Wasservilla gesprengt hat?«, frage ich wispernd.
Sein Blick verdunkelt sich. »Jemand, der nichts mehr zu verlieren hat, wenn er ausgerechnet die Nachkommen der reichsten und einflussreichsten Familien angreift.«
»Wer könnte das sein?«
»Mir fallen einige ein. Zum Beispiel jemand wie du. Jemand, der trotz allem nach Kingston zurückkehrt, weil er keine andere Wahl hat.«
Damit liegt er nicht falsch. »Wirst du jemals damit aufhören? Das Leben anderer zu zerstören?«
»Gefiel dir nicht, wie ich Rachel und die drei Flachwichser auf der Party vor allen zerpflückt habe?«
»Es hat mich daran erinnert …«
»Was?«, fragt er mit Ärger in der Stimme. »Kannst du bitte deine Sätze beenden?«
»Ich musste auf der Party daran denken, wie ich es war, die du derart vorgeführt hast. Wie du es mit mir getan hast. Vor allen.«
Jaxons Lippen bleiben für eine ganze Weile stumm. Schließlich spricht er leiser als zuvor. »Wie schlimm fandest du es wirklich?«
Ich atme bebend ein.
»Es hat dich ganz schön gefickt, hm?«
»Das war doch dein Plan, oder?«
»Definitiv.« Sein Blick ruht auf meinen Augen, und es fällt mir schwer, ihn zu erwidern und nicht immer wieder auf seinen nackten Körper zu starren. »Aber ich habe das nicht alleine entschieden.«
»Sondern?«
»Wir alle. Ich wette, ich liege richtig mit der Einschätzung, dass jedem von uns übel wurde, als du im Crowns die Gläser aufgesammelt hast und niemand dir half. Dass es jeden von uns Anstrengung kostete, so zu tun, als würdest du uns nichts bedeuten. Als wärst du wie alle anderen. Müll. Wertlos. Ob eine Dole oder eine Schlampe der Elite, wir würden sie alle vor uns auf dem Boden kriechen lassen. Weil wir es nicht einmal mitbekommen würden, dass sie überhaupt da sind.«
»Und ausgerechnet ich soll das nicht sein? Wertlos?«
»Ausgerechnet du?«, wiederholt er fragend. »Das war doch im Verbindungshaus dein erster Vierer, oder?«
Meine Wangen werden sofort glühend heiß.
»Wenn Sylvian dein fucking erstes Mal war, muss es dein erster Vierer gewesen sein.«
»Und?«
»Nichts, ›und‹. Für uns war es auch der erste.«
»Was?«, frage ich fassungslos.
Jaxon streckt die Beine aus. Ich versuche mir einzubilden, sein Schwanz wäre bedeckt, und konzentriere mich allein auf seine Augen. Und vielleicht noch die Lippen. Seine Lippen sind verdammt schön und … ich vermisse es, sie zu fühlen.
»Wir waren noch nie alle gemeinsam mit einer Frau allein. Wir haben normalerweise mehrere Frauen dabei oder wir sind weniger«, führt er aus. »Oder mit uns sind irgendwelche Bauern im Raum, die sich … nach uns bedienen.«
Ich verziehe das Gesicht.
»Das hört eine Feministin nicht gern, hm?«, fragt er schmunzelnd. »Keine Angst. Niemand von den Stümpern wird dich jemals auch nur anrühren , solange ich an dieser Universität studiere. Was ich sagen will …«
»Ja?«, frage ich schnell. Ich will es unbedingt verstehen. Ich will verstehen, warum er nichts von dem, was er mir im ersten Semester angedroht hat, wahr gemacht hat. Wieso er so tut, als würden die Kings mich beschützen wollen, warum Romeo nicht von meiner Seite weicht. Und wenn es nur eine weitere Lüge ist, die Jaxons Lippen verlässt, dann will ich sie unbedingt hören.
»Wir wollten es alle genau so, wie es im Verbindungshaus geschehen ist. Du auch. Und deswegen bist du etwas Besonderes. Und es war dämlich, auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, an unseren Prinzipien festzuhalten und dich wie alle anderen vertreiben zu müssen.«
»Meinst du das ernst?«
»Ja.« Gelassen blickt er mir entgegen. »Du wärst längst nicht mehr du selbst, wenn es anders wäre. Normalerweise hätte ich dein Herz herausgerissen und es auf dem Boden zertrampelt nach dem, was du im letzten Semester getan hast.«
»Warum macht ihr das alles überhaupt? Geht es euch wirklich nur um Spaß? Ihr wollt die Stipendiatinnen loswerden, weil ihr es könnt? Weil sie nicht nach Kingston gehören? Das ist der einzige Grund?«
Jaxons Kiefer verspannt. »Nein. Da steckt mehr dahinter. Aber die meisten Frauen aus den unteren Schichten sind Rachels. Niederträchtige, psychotische Weiber mit einem Hang zur Kriminalität. Ich hatte nie ein schlechtes Gewissen dabei, ihnen die Lehre ihres Lebens zu erteilen.«
»Aber nur weil vielleicht viele so sind, kannst du doch nicht pauschal alle … «
»Du siehst doch, dass ich es kann«, schneidet er mir das Wort ab. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt, was einmal mehr zeigt, wie muskulös er ist. Gott, wieso muss er so gut aussehen und solche furchtbaren Dinge sagen?
»Aber wie soll dich so jemals jemand mögen?«, frage ich verzweifelt. »Wenn du so … bist.«
»So ein Arsch?«
»So arrogant, selbstverliebt, ekelhaft, abtrünnig, gemein …«
»Vielleicht will ich ja niemandem gefallen? Nur derjenigen, die hinter meine Fassade blicken kann?« Sein Blick wird so intensiv, dass ich die Decke enger um mich schließe, weil es mich fröstelt.
Hinter seine Fassade blicken. Ja, das wäre gut. Wenn ich das könnte.
Aber kann ich es?
Werde ich jemals einen Blick auf den wahren Jaxon Tyrell erhaschen? Oder kann ich für immer nur meiner Intuition vertrauen?
»Ich muss dir etwas … sehr Dunkles gestehen«, flüstere ich.
Seine Augen ruhen auf mir, und ich schaffe es nur mit viel Mut, seinen Blick zu erwidern. »Und was?«, fragt er interessiert.
»Wenn nicht ich das Opfer bin, ist es …«
Er hebt langsam eine Braue.
»Ist es ziemlich faszinierend, was du tust«, beende ich murmelnd den Satz.
Jaxon lächelt schief, aber seine Augen strahlen um einiges mehr. »Wieso sollte ausgerechnet ich dich nach Hause bringen, Belle?«
»Ich wollte wissen, inwieweit du das alles ernst meintest, was du Rachel und den anderen gegenüber gesagt hast.«
»Und? Bist du zu einem Ergebnis gekommen?«
»Nein.«
»Sondern?«
»Das war nur der vorgeschobene Grund. Den, den ich mir eingeredet habe, damit ich mich selbst ein kleines bisschen besser ertrage, weil ich …«
»Was?« Er wird eine Spur ungeduldig.
»… in deiner Nähe sein will.«
Sein rechter Mundwinkel zuckt. »Deine Ehrlichkeit dir selbst gegenüber ist verblüffend.«
»Ich habe mich in dich verliebt, Jaxon.« Die Worte stolpern aus meinem Mund und dann sind sie da. Zwar glaube ich nicht, dass es einen Unterschied macht, ob sie gehört werden oder weiter in meinem Kopf bleiben, aber es fühlt sich ein kleines bisschen weniger wie eine Last an, die Wahrheit auszusprechen.
Jaxons Miene wird steinhart. »Wie bitte?«, fragt er tonlos.
»Ich weiß, dass es Quatsch ist. Du machst mir bestimmt nur etwas vor. Hinter deiner einen Maske liegt die nächste und darunter die nächste, und vielleicht hast du gar kein Herz, sondern nur die Illusion eines Herzens, was weiß ich. Aber einer dieser Masken bin ich verfallen, und zwar nicht auf besonders gesunde Art. Ich weiß nicht, warum ich es dir sage, weil es gar keinen Sinn ergibt, aber vielleicht ist das ein Grund dafür, weshalb ich Kingston nicht verlassen konnte. Ich will diesen Teil in mir, der mir gar nicht guttut und mich willentlich in mein absolutes Verderben stürzt, besser kennenlernen. Und ihn hoffentlich überwinden, bevor mir das Ganze passiert, während es noch um wesentlich mehr geht als ums College.«
Jaxon sieht mich an, als hätte er noch nie zuvor solche Worte gehört. »Mein Herz ist keine … Illusion«, flüstert er.
»Du meinst, du hast eins?«
»Vielleicht ist es gleich vollkommen erkaltet, weil mir der kleine Bastard Buchanan keine Decke besorgt hat, aber ja. Ich habe eins.«
Ich kichere. Auch Jaxon schmunzelt wieder und dann öffne ich meine Arme.
Mit dem Stoff um meine Schultern setze ich mich auf und nähere mich Jaxons Schoß. Seine blauen Augen glühen, als ich mich auf ihm niederlasse und die Decke um uns herumlege.
Augenblicklich spüre ich, wie sein Schwanz unter mir härter wird. Ich kralle mich mit beiden Händen in sein Haar, während er meinen Rücken packt.
Erregt schaut er zu mir hoch und ich senke langsam meine Lippen in die Richtung seines Munds. In dem Moment, als unsere Zungen sich berühren, dringt er in mich ein.
Ich weiß, dass alles daran falsch ist, und spüre, wie gut es sich anfühlt.
Obwohl sein Schwanz riesig ist, setze ich mich mit einem Stoß auf ihn. Wir stöhnen beide, als meine Wände ihn umfangen, und dann küssen wir uns richtig.
Fuck.
Wir haben keinen Sex.
Wir haben eine Verbindung.
Jedenfalls fühlt sich alles in mir danach an. Seine Hände pressen mich auf seinen Schoß, seine Zunge umfährt die meine. Wir küssen uns ausgehungert und gierig und voller Lust und unschuldiger Gefühle.
Mit rhythmischen, zarten Bewegungen beginne ich, mich auf ihm zu bewegen. Es fühlt sich unglaublich gut an, von ihm ausgefüllt zu werden. Sein Schwanz berührt bei jeder Regung meine empfindlichen inneren Punkte.
Jaxon packt in mein Haar, küsst mich drängender und drückt meine Hüfte in die Höhe.
Mit der rechten Hand sorgt er dafür, dass ich mich auf ihm auf und ab bewege. Er beginnt mich zu ficken und ich lasse es geschehen.
Es dauert nicht lange, bis die Stöße meine Klit stimulieren. Er packt mich noch fester, schiebt mich unnachgiebig und hart auf seinen nackten Schwanz und starrt mich an, während ich komme.
Der Rausch erfasst mich und ich blicke ihm die ganze Zeit dabei in die Augen. Es ist vermutlich Einbildung, aber dass er ohne Schutz in mir ist, macht es noch heißer.
»Nein«, stöhnt er plötzlich, schließt die Augen. »Fordere mich nicht zu sehr heraus. Ich darf nicht kommen, vergiss das nicht.«
Ich lache, lasse den Orgasmus zu und höre sofort auf, mich zu bewegen. Zufrieden sinke ich an seine Brust und schaue zu ihm hoch.
Jaxon fährt liebevoll durch mein Haar, während sein Schwanz nach wie vor hart in mir pocht. »Wir haben längst gehalten.« Sein Grinsen ist ansteckend.
»Ja?«, frage ich zurück und löse mich von ihm.
»Bist du bescheuert?«, knurrt er. »Bleib gefälligst auf mir sitzen und komm ein zweites Mal.«
»Sicher?« Flink setze ich mich auf und lasse mich in den Fußraum vor ihm sinken.
Er schüttelt fassungslos den Kopf und stöhnt dann tief auf, als ich seinen Schwanz in meinen Mund nehme. Ich schmecke mich selbst und darunter seine herbe Note.
Mit einer Hand in meinem Haar stößt Jaxon sich in meinen Mund vor, sanft, aber bestimmt, und sinkt dabei entspannt zurück ins Leder.
Ich spiele mit seiner zarten Eichel, lasse seinen Schaft durch meine Lippen gleiten und sauge daran. Als ich zu ihm aufsehe, verzerrt er das Gesicht. Pure Lust spiegelt sich darauf, und er bewegt sich weiter fordernd in mir, fickt meinen Mund.
Plötzlich wird die Tür aufgerissen.
»Was zur Hölle tut ihr hier drin?« Reece. Er starrt uns an, ich starre ihn an, Jaxons Schwanz in meinem Mund. Jaxon, der mich mit einem Mal fixiert, sich in mich schiebt und seine Spitze bis in meinen Rachen stößt.
Ich würge und spüre kurz darauf, wie Jaxon sich in mir ergießt. Er stöhnt auf und lässt los. Nicht nur meinen Kopf, sondern seine gesamte Körperspannung. Ich nehme Abstand. Mir ist schrecklich unangenehm, dass Reece mich ansieht. Verurteilt er mich? Hält er es ebenfalls für völlig krank, dass ich Jaxon wieder und wieder an mich heranlasse? Dass ich ihm sogar einen blase, wenige Stunden nachdem wir zuletzt Sex hatten und er vor aller Augen das Geld von Rachels Familie verbrannt hat?
Schnell ziehe ich mir die Decke wieder über die Schultern und setze mich zurück.
»Was zur Hölle hast du ihr gesagt, damit sie das tut?«, fragt Reece Jaxon fassungslos.
»Nichts, was nicht sowieso wahr wäre«, entgegnet Jaxon zufrieden.
Reece sieht uns an. Erst ihn, dann mich, dann wieder Jaxon. Und dann steigt er plötzlich dazu. Er verriegelt die Tür hinter sich und setzt sich neben mich. Seine Augen leuchten blau vor Geilheit, als er eine Hand auf mein Bein legt, das ich vor ihm wegziehe. »Ich will auch«, sagt er fordernd.
Ich öffne den Mund, starre ihn an und muss über meine Theorie erneut nachdenken.
Reece wäre nicht so. Oder? Nein. Nein, er hat keine gespaltene Persönlichkeit. Er ist wirklich zweimal. Zwei Personen. Zwei verschiedene Männer. Meine Gedanken überschlagen sich und ich versuche in Sekundenschnelle das Ausmaß dieser Tatsache zu erfassen.
Wer von beiden ist derjenige, der mir das Gefühl gibt, er würde mich wirklich mögen? Und wer von ihnen hat mit Rachel geschlafen?
Reece’ – nein – Zayns Hand wandert mein Bein hinauf und ich lasse es geschehen. Weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, einen Hinweis an seinem Körper zu finden. Einen winzigen Unterschied, der darauf hinweisen würde, dass er ein Zwilling, einer von zwei verschiedenen Menschen, ist. Aber ich finde nichts. Da ist einfach absolut nichts , was sich unterscheiden ließe.
Als seine Hand meinen Schritt erreicht, presse ich die Beine zusammen und schiebe ihn von mir weg.
»Vergiss es, Crescent«, murmle ich. Crescent. So nennen ihn die Kings in meinem Beisein, wenn es nicht gerade Reece ist, der bei uns ist. Oder? Zayn und Reece Crescent …
Zayn betrachtet mich mit Spott in den Augen. »Du lutschst ihm den Schwanz?«, fragt er und zeigt auf Jaxon. Auch seine Kleidung ist noch immer nass. »Dem größten Motherfucker der Welt, der dir all die Scheiße angetan hat? Aber mir nicht?«
»Er hat nicht so billig danach ›gefragt‹ wie du gerade«, gebe ich gepresst von mir. »Außerdem hat er nicht mit Rachel geschlafen.«
Jaxon beobachtet uns interessiert, während er seine nasse Hose wieder anzieht.
»Natürlich hat er Rachel gefickt«, zischt Reece-Zayn und betrachtet mich mitleidig. »Glaubst du, er lässt irgendeine der kleinen Bitches auf diesem Campus unangerührt? Hat er das behauptet? Hat er wieder seinen Heiligenschein aufgesetzt und du bist wieder darauf reingefallen? Was ist los mit dir, Dole? Was muss er noch tun, damit du dich fernhältst?«
»Bist du eifersüchtig?«, frage ich ihn direkt.
Zayn-Reece reißt die Augen auf. »Auf Jaxon Tyrell? Ich würde eher sterben, als mit ihm tauschen zu wollen. Nein, ich will nur einen Blowjob von dir. Das ist alles.«
»Vergiss es«, erwidere ich kalt lachend, fange aber Jaxons Blick auf und verstumme.
»Tu es«, sagt Jaxon.
Mir wird so heiß, dass die Decke sich überflüssig anfühlt. »Niemals«, murmle ich. »Wie kommst du darauf, dass ich so einem Befehl von dir folgen würde?«
Ein Lächeln, das Jaxons Mundwinkel umspielt. »Gib dem verruchten Mädchen in dir nach, Belle. Tu es.«
Ich schüttle den Kopf, aber ich meine es nur halb ernst. Es wäre unfassbar verdorben, auf ihn zu hören. Jegliche Grenzen wären damit aufgesprengt. Die der Sitte, der Moral, des Anstands und des Respekts gegenüber mir selbst. Etwas in mir scheint danach zu verlangen. Es verlangt danach, mich dreckiger zu benehmen, als meine Fantasie es mir jemals ausgemalt hat.
Und trotzdem halte ich an meiner gewissenhaften Art fest und bleibe standhaft, schüttle den Kopf.
»Okay, dann fang du an, Crescent«, verlangt Jaxon hart.
Zayn-Reece feixt auf Jaxons Befehl hin und zerrt die Decke endgültig von meinem Oberkörper. Ehe ich etwas dagegen tun könnte, hat er bereits meine nackten Brüste umfasst. Den einen Nippel zwirbelt er zwischen seinen Fingern, bis er sich aufstellt, den anderen nimmt er zwischen seine Lippen.
Ich keuche auf, als er mich berührt. Insgeheim ist es das, was ich will, weil ich mich begehrt fühle. So unendlich begehrt. Und weil Reece oder Zayn heiß ist wie flüssiges Gold. Sein Haar fällt ihm in die Stirn, während er an meinem rechten Nippel saugt und knabbert. Die langen Wimpern sind nach unten gesenkt. Sein markantes Gesicht ist makellos, viel zu schön, um nicht als Statue verewigt zu werden, und als er zu mir aufsieht und schief grinst, prescht ein Rausch durch meine Venen.
Zayn.
Es macht mich an, dass ich nichts über ihn weiß. Vielleicht weiß ich aber auch alles?
Meinen Oberkörper küssend wandert er hinab zwischen meine Beine, und mit jeder Berührung seiner Lippen werde ich mir sicherer, dass es nicht Reece ist, der vor mir hockt. Woran ich das festmache? Abgesehen davon, dass er mich Dole nennt, härter flucht als sein Bruder und von Jaxon Crescent genannt wird?
Weiß ich nicht.
Als Zayns Zunge meine Scham durchteilt, denke ich auch nicht mehr darüber nach.
Er leckt mich und befördert mich mit wenigen Zungenstrichen in eine entfernte Sphäre. Ich kann es nicht mehr leugnen, dass mich Jaxons Blicke, der uns entspannt zusieht, besonders heißmachen. Ein Spiel nur zwischen Zayn und mir wäre nichts im Vergleich zu dem Prickeln, das Jaxons Augen, die in meine Richtung sehen, in mir erzeugen.
Zayn fickt mich mit seiner Zunge und ich genieße es mit jeder Faser meines Körpers. Sitze da, atme, fühle mich begehrt, am Leben und lasse es einfach geschehen. Als ich komme, keuche ich abgehackt, übertrete die Welle und blicke Jaxon dabei fest in die Augen, dann greife ich in Zayns Haar.
Ich halte ihn vor mir fest, schiebe ihm meine Pussy entgegen und fordere auf diese Weise indirekt, dass er weitermacht. Und ich weiß, dass ich nicht will, dass er aufhört. Vielmehr bin ich damit beschäftigt, den Moment so lange wie möglich auszukosten.
Ihn vollkommen zu durchdringen und zu verinnerlichen.
Als sich die zweite Welle in mir anbahnt, werfe ich den Kopf zurück. Zayn hat längst meinen Hintern umfasst und leckt mich immer schneller, heftiger und gezielter.
Ich kann gar nicht anders, als nachzugeben.
Ein Schrei der Lust verlässt meine Lippen und ich sacke nach dem Feuerwerk in meiner Mitte zusammen. Wieder überkommt mich die Scham, als wäre sie ein fester, unabdingbarer Bestandteil der Nach-dem-Orgasmus-Phase, und gleichzeitig versuche ich sie mit aller Macht zu verdrängen.
Nimm dir, was du brauchst , echot Sylvians Stimme in meinem Ohr, und ich lächle. Ja, das tue ich. Ich nehme mir, was ich will. Es fühlt sich verdammt gut an.
Zayn schaut zu mir hoch. Der Blick verschleiert, die Lippen feucht.
»Willst du heute Nacht bei uns schlafen?«, fragt Jaxon.
Sofort ziehe ich die Decke über meine fröstelnden Schultern. »Was?«
»Nur so … ein Gedanke.« Jaxons Lächeln ist kaum zu sehen.
»Natürlich wird sie.« Crescent richtet sich auf, verlässt die Limousine und schlägt die Tür hinter sich zu.
»Ich werde jetzt gehen«, behaupte ich und schlinge die Decke fester um mich.
Jaxon zeigt zur Tür. »Ich werde dich nicht aufhalten.«
Verunsichert bleibe ich sitzen. »Warum nicht?«
»Warum ich dir deinen freien Willen lasse?«
»Ja. Ja, irgendwie …«
»Wäre es dir lieber, ich würde dich zwingen, mit uns zu kommen?«
Der Wagen setzt sich in Bewegung, bevor ich etwas erwidern kann. Ein bedeutender Teil von mir sträubt sich bei dem Gedanken, mit den Kings eine weitere Nacht im Verbindungshaus zu verbringen, und ein noch größerer Teil will es.
»Belle.« Jaxon beugt sich vor, den einen Arm auf sein Bein abgelegt, die andere Hand nach mir ausgestreckt. »Ich kann dir nicht versprechen, dass es nie wieder geschehen wird. Dass du nie wieder fallen wirst. Das, was wir gerade tun, ist nicht unbedingt ein Garant dafür, dass niemand verletzt wird. Aber du hast nichts zu verlieren. Wenn wir heute oder morgen entscheiden würden, dich erneut der Meute zum Fraß vorzuwerfen, worin bestünde der Unterschied, ob du vorher mit uns zusammen warst?«
»Darin, dass ich mich wohl lieber auf meine Rache konzentrieren sollte als darauf, verwerflichen, unmoralischen und absolut sittenwidrigen Sex zu haben.«
»Eine schöne Umschreibung für einen Vierer.«
»Ich möchte wirklich nach Hause«, murmle ich, die Decke als einzigen Schutz um mich gewickelt. »Das, was heute geschehen ist … Ich brauche Zeit, um das alles zu verarbeiten.«
Jaxon zieht seine Hand zurück und betrachtet mich schweigend. »Ich weiß, was du jetzt brauchst. Ein warmes Bad und ein weiches Bett. Im Verbindungshaus hast du beides. Ich werde dafür sorgen, dass dich niemand anrührt, wenn du es nicht willst.«
Mir ist klar, dass ich ihm nicht vertrauen sollte. Andererseits haben die Kings bisher stets ihr Wort gehalten, wenn es sich um sexuelle Annäherung gehandelt hat. Das meiste ging von mir aus. Möglicherweise ging fast alles von mir aus.
Ich nicke stumm und kurze Zeit später halten wir wieder.
Crescent öffnet die Tür und dieses Mal steigt Jaxon aus. Er reicht mir die Hand, aber ich greife nicht danach, denn ich bin damit beschäftigt, die Decke um meinen Körper festzuhalten. Meine nackten Füße landen in rauem Kies, und ich bin froh, dass wir die Steintreppe zur gigantischen Verbindungsvilla schnell erreichen.
Neben den beiden Flügeltüren warten Sylvian und Romeo. Sylvians schwarze Haare sind noch nass und er blickt mir düster entgegen.
»Was zur Hölle tut sie hier?«, fragt er rau.
»Nichts, was dich interessieren muss, Silvano«, entgegnet Jaxon schneidend und rauscht an ihm vorbei.
Sylvian tritt mir in den Weg und ich bleibe gezwungenermaßen stehen. »Du solltest heute Nacht nicht hier sein«, brummt er. »Ich werde dich nach Hause bringen.«
»Du tust gar nichts , solange du mit meiner Freundin zusammen bist und sie betrügst. Lass mich vorbei, Sylvian.«
»Das hat nichts mit Harper zu tun –«
»Hast du sie nicht gehört?«, fragt Zayn von hinten. Seine Tonlage ist im Vergleich zu der von Reece immer eine Spur weniger freundlich. »Geh zur Seite und fick deine Verlobte. Niemand will einen Betrüger wie dich hier haben.«
Sylvians Augen fixieren Crescent mit unverhohlener Abscheu. »Einen ›Betrüger‹ wie mich?«
Zayn hebt locker die Schultern. »Keine Zeit für Grundsatzdiskussionen, oder willst du, dass Mable sich erkältet?«
»Bitte.« Sylvian wendet sich wieder an mich, die Stimme gebrochen, die Miene voller Schatten. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass es nicht noch schlimmer werden kann. Vergiss nicht, was du über uns weißt. Alles davon ist wahr, und es ist noch so viel schlimmer, als du denkst …«
»Jeeze«, unterbricht Zayn ihn abfällig, umfasst meinen Oberarm und manövriert mich an Sylvian vorbei. »Zieh weniger Koks, Silvano.« Wir übertreten die Türschwelle, aber ich blicke mich verunsichert zu Sylvian um.
In seinen Augen steht blanker Hass, und ich weiß nicht, ob er wirklich Zayn gilt – oder mir.