Читать книгу Kindersoldaten - Sanela Egli - Страница 5

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Wenn von Kindersoldaten die Rede ist, so spricht man über Schulkinder. Oft werden Schulen als Kriegsschauplätze missbraucht, wie es Zama Coursen-Neff und Bede Sheppard von Human Rights Watch (hrw) erklärten. Von den 72 Millionen Kindern im Grundschulalter weltweit, die momentan keine Schule besuchen, leben mehr als die Hälfte - 39 Millionen - in Ländern, in denen bewaffnete Konflikte toben. In vielen dieser Länder bedrohen und töten bewaffnete Gruppen Schüler und Lehrer, verüben Brand- und Bombenanschläge auf Schulen. Das geschieht aus taktischen Erwägungen. Sicherheitskräfte von Regierungen nutzen Schulen in militärischen Operationen als Stützpunkte und Quartiere. So bringen sie Schüler in Gefahr und unterminieren das Bildungssystem.

In Süd-Thailand haben separatistische Rebellen seit 2004 mindestens 327-mal Schulen in Brand gesetzt, und Regierungstruppen besetzten 2010 mindestens 79 Schulen. In Kolumbien wurden im letzten Jahrzehnt Hunderte Lehrer ermordet, die sich in Gewerkschaften engagierten. Die Täter waren oft regierungsfreundliche Angehörige paramilitärischer Gruppen und anderer Parteien im anhaltenden Konflikt zwischen Regierung und Rebellengruppen.

Im Norden der Demokratischen Republik Kongo (DRK) haben die Rebellen der Lord's Restistance Army (LRA) unzählige Kinder aus Schulen entführt. Aus Rache an Dörfern, deren Einwohner sie verdächtigten, LRA-Überläufern zu helfen, plünderten sie Schulen und brannten diese nieder.

»Wir raten dir, schnellstmöglich deine Stelle als Lehrerin zu kündigen. Andernfalls werden wir deine Kinder köpfen und deine Tochter verbrennen«, lautete ein Drohbrief von Taliban-Rebellen in Afghanistan. Zwischen März und Oktober 2010 wurden dort 20 Schulen unter Einsatz von Sprengstoff oder durch Brandstiftung angegriffen, Rebellen töteten 126 Schüler.

Die brutalen Bilder von Angriffen auf Schulen in Afghanistan stehen der internationalen Öffentlichkeit lebhaft vor Augen: Männer auf Motorrädern nehmen Schüler unter Beschuss, Mädchen werden mit Säure übergossen. Zielgerichte Angriffe auf die Bildung sind jedoch so weitreichende wie wenig beachtete Phänomene. Sie beschränken sich nicht auf einzelne Länder, sondern stellen ein verbreitetes Problem in weltweiten bewaffneten Konflikten dar. Experten von Human Rights Watch haben Angriffe auf Schüler, Lehrer und Schulen - und deren Folgen für die Bildung - in Afghanistan, Kolumbien, der DRK, Indien, Nepal, Burma, Pakistan, den Philippinen und Thailand dokumentiert. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) berichtet, dass Angriffe zwischen 2007 und 2009 in mindestens 31 Staaten stattfanden.

Nur wenige nichtstaatliche bewaffnete Truppen befürworten solche Angriffe öffentlich. Gleichzeitig wird wenig dafür getan, sie zu dokumentieren, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und zu unterbinden.

Genauso wenig ist das volle Ausmaß der negativen Folgen von Langzeitbesetzungen von Schulen durch das Militär bekannt. Der Zugang zu Bildung wird zunehmend als wichtiger Teil des humanitären Katastrophenschutzes verstanden, insbesondere bei Massenvertreibungen und Naturkatastrophen. Dass Schulen, Lehrer und Schüler in Konfliktregionen vor mutwilligen Angriffen geschützt werden müssen, rückt erst seit kurzem in das Blickfeld internationaler Akteure. Organisationen für humanitäre Hilfe äußern sich zunehmend besorgt über den Schaden und die Folgeschäden solcher Angriffe. Auch Menschenrechtsgruppen haben begonnen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, meist im Zusammenhang mit dem Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten und der Förderung wirtschaftlicher und sozialer Rechte, einschließlich des Rechts auf Bildung.

Effektive Maßnahmen gegen Angriffe auf die Bildung erfordern spezifische politische Strategien, ein beherztes Vorgehen der betreffenden Regierung und viel größere internationale Anstrengungen. Damit Schüler, Lehrer und Schulen verbotene Zonen für bewaffnete Nichtregierungsgruppen und reguläre Armeen werden, müssen Regierungen, oppositionelle Gruppen und andere Organisationen wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen. Zu ihnen zählen strenge Überwachungsmechanismen, präventive Interventionen, schnelle Reaktionen auf Vorfälle und die Verurteilung von Angreifern durch nationale und internationale Gerichte.

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