Читать книгу Gantenbein und die Tote in der Dusche - Sanela Egli - Страница 12
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Und da saß Vesna nun auf der schwarzen Lederbank im Restaurant und wartete auf Maja. Die Tür schwang auf, und ihre Freundin trat ein. Optisch konnten die beiden Frauen unterschiedlicher nicht sein. Vesna saß einmal die Woche beim Frisör, ging regelmäßig zur Kosmetikerin und war stets darauf bedacht, adrett angezogen das Haus zu verlassen. Maja hingegen, eine zweiundsechzigjährige Frau, die Kamm und Bügeleisen nur von der Werbung im Fernsehen kannte. Während Vesna zu ihrem grau melierten Haar stand, färbte ihre Freundin sich den kurzen Busch braun. Nur machte sie das immer selbst, dafür beim Frisör Geld auszugeben wäre ihr zu teuer, wie sie einmal betont hatte. Ihr Geiz forderte allerdings jedes Mal seinen Tribut, denn auch vier Tage später waren in ihrem Gesicht noch dunkle Flecken sichtbar. Beim Gehen schwankte sie immer ein wenig hin und her, wie sie selbst zugab, aufgrund ihres Übergewichts. Aber daran etwas zu ändern kam dennoch nicht infrage. Sie schlenderte mit ihrer schwarzen Ledertasche unter dem Arm zu Vesna an den Tisch.
Die Frauen Umarmten sich herzlich, Maja schälte sich aus der Jacke und schnaubte.
„Und jetzt erzähl. Was gibt es denn so Dringendes?“
Vesna beäugte die Schatten hinter den Ohren ihrer Freundin, dann seufzte sie und senkte ihren Blick. Bevor sie mit ihrer Erzählung anfangen konnte, bestellte Maja bei der bereitstehenden Kellnerin zwei Gläser des istrischen Weißweins Malvazija und je eine Portion Scampi.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich hungrig bin“, meinte Vesna.
„Das, meine Liebe, sieht man dir an. Du bist ja völlig ausgehungert. Und übrigens ist es bereits viertel vor zwei.“
Vesna blickte auf ihre Armbanduhr. Tatsächlich, es war in der Tat bereits Mittag.
„Und?“, machte Maja. „Was ist?“
Vesna trommelte mit den Fingern auf dem Tisch.
„Mensch, Vesna. Was ist denn los mit dir? So gefällst du mir aber überhaupt nicht. Ich glaube, ich bestelle dir einen Šljivovic zur Auflockerung.“
„Nein, bitte nicht. Hast du die Tage mal deine Haare gefärbt?“
„Ja, vorgestern. Aber versuche jetzt nicht, vom Thema abzulenken. Also, erzähl schon, was ist los?“
„Mirko … er … er hat mich betrogen.“
„Er hat was?“, schrie Maja entsetzt auf, und die Blicke der Gäste waren ihnen sicher.
„Er hat eine Affäre.“
„In seinem Alter?“
„Was heißt denn hier in seinem Alter? Wäre er jünger, wäre es in Ordnung?“
„Nein, so habe ich das doch nicht gemeint.“ Maja fuhr ihrer Freundin sanft über den Oberarm.
Sie schwiegen einen Moment.
„Er hat mich angelogen. Er war die letzten Tage gar nicht in Split, er war in Zagreb. Mit Frau Obalski, der Sekretärin.“
„Ach, du dickes Ei. Mensch, meine Liebe, das tut mir so leid. Komm her“, sagte sie und nahm Vesna zu sich in die Arme.
„Ich weiß jetzt überhaupt nicht, was ich machen soll.“
„Weiß er denn, dass du es weißt?“
„Nein. Aber das halte ich so nicht mehr länger aus. Ich muss ihn darauf ansprechen.“
Der Wein wurde gebracht, und die Freundinnen prosteten sich zu.
„Auf uns, živjeli.“
Maja nippte am Glas und sagte dann: „Du kannst mit ihm darüber sprechen, oder….“
Skeptisch richtete sich die Betrogene auf und erwiderte den Blick.
„Oder?“
„Ich habe da so eine Idee.“
Maja schaute ihre Freundin mit aufgerissenen Augen an.
„Was für eine?“
„Du musst deinen Mann mit seinen eigenen Waffen schlagen.“
„Wie meinst du das?“
„Na, du betrügst ihn eben auch. Und zwar so, dass er dich in flagranti erwischt. Mal sehen, wie er reagiert. Wahrscheinlich besäße er noch die Dreistigkeit, dir Vorwürfe zu machen. Aber … gesagt … der Falsche … einen besseren verdient ….“
Vesna bemerkte, wie sie ihrer Freundin nicht mehr richtig zuhörte.
„Vesna?“
„Entschuldige bitte. Was hast du eben gesagt?“ Flüsternd fuhr sie fort: „Ich solle Mirko betrügen? Sex haben mit einem anderen Mann?“ Verlegen zupfte sie an ihrer Waschen-Legen-Föhnen-Frisur.
„Ja, genau das meine ich, liebe Vesna. Du weißt, dass ich bei Mirko schon immer ein schlechtes Gefühl hatte. Und ich bin mir sicher, dass er dich schon früher betrogen hat. Oder glaubst du etwa, er ist erst jetzt auf die Idee gekommen?“
Vesna schwieg. Ihre Freundin hatte natürlich Recht. Sie war sich sicher, bereits die ganze Ehe durch betrogen worden zu sein. Anzeichen gab es zu genüge, nur wollte sie diese nie sehen.
„Aber gibt mir das das Recht, ihn gleichfalls zu hintergehen? Vielleicht sind Männer einfach so. Sie müssen ihren Trieben nachgehen.“
„Vesna“, gluckste Maja, „das kann doch nicht dein ernst sein, oder? Das Recht? Er hat dich betrogen. Mirko dich. Du hast alles Recht der Welt, ihm dasselbe anzutun.“
„Ja, aber ich bin halt nicht so. Und vor allen Dingen, in meinem Alter? Wer will denn schon mit mir ins Bett?“
„Wir waren uns doch einig, dass das Ganze mit dem Alter nichts zu tun hat. Für dieses Problem gibt es doch Callboys. Du kannst dir so einen nach Hause bestellen, und wenn Mirko Heim kommt, erwischt er euch. Das Gesicht möchte ich sehen.“
„Callboy.“
„Mhm.“
„Du meinst, ich soll mir eine männliche Hure in mein Haus bestellen?“
Maja rollte mit den Augen.
„Nenne ihn, wie du willst, aber das ist die beste Lösung. Nein, die zweitbeste. Ihn zu verlassen wäre die beste.“
„Du spinnst doch. Du weißt ganz genau, dass ich so etwas nie machen würde. Das ist wohl eher deine Fantasie.“
Maja lächelte.
„Ich weiß doch, meine Liebe. Aber heimzahlen müsstest du ihm das schon. Und bitte, egal, wie schwer es für dich wird, verlasse ihn.“
Vesna seufzte schwer.
„Ja, muss ich wohl. Nun habe ich den eindeutigen Beweis, den ich all die Jahre nie hatte. Ich meine, geahnt habe ich es natürlich längst. Aber weißt du, ich habe ihm immer geglaubt, weil ich ihm schlicht glauben wollte.“
Die Frauen wurden von der Bedienung unterbrochen, die die Scampi servierte.
Vesna und Maja unterhielten sich noch eine Weile und spazierten anschließend am Lungomare entlang, bis sie den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen in einem Bistro ausklingen ließen.