Читать книгу Mafia Brothers - Sarah Glicker - Страница 8
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ОглавлениеCody
„Cody?“, dringt die Stimme von Taylor durch den dichten Nebel, der mich umgibt. Gleichzeitig fuchtelt er mit den Händen vor meinem Gesicht herum, um sicherzugehen, dass ich mich auch wirklich auf ihn konzentriere. „Bist du noch anwesend? Oder sollen wir einfach eine Entscheidung treffen?“
Langsam komme ich wieder in der jetzigen Welt an und kann mich wieder auf die Unterhaltung konzentrieren, die wir führen. Doch das ändert nichts daran, dass mir ihr Anblick nicht mehr aus dem Kopf geht.
Ich habe von Anfang an gespürt, dass etwas passiert ist. Verdammt, ich wusste schon vor Jahren, dass sie etwas beschäftigt, doch sie hat es mir nie gesagt. Und auch jetzt kann ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was es ist. Doch eines weiß ich mit Gewissheit: Es hat etwas mit den zahlreichen Prellungen zu tun hat, die ihren Körper zieren. Ja, müsste ich raten, würde ich sagen, dass auch die Haut unter ihrer Kleidung so aussah, wie ihre Arme.
Und alleine dieser Gedanke sorgt dafür, dass ich wütend werde. Meine Muskeln spannen sich an und ich muss mich zusammen reißen, damit ich nicht auf irgendwen losgehe.
Rachel war damals die einzige Person, die keine Angst vor mir hatte. Es war egal, wie schlechte Laune ich hatte, sie hat noch Scherze gemacht. Sie hat durch die dicke Schale gesehen, die mich umgeben hatte, und mich auch jetzt noch immer existiert. Ich kann nicht genau sagen, was sie dabei gesehen hat. Ich weiß nicht einmal, ob sie überhaupt etwas gesehen hat. Doch ich weiß, dass sie mich wie einen ganz normalen Mann behandelt hat, den sie liebt, und nicht wie das Tier, zu dem ich geworden bin.
Und dafür habe ich sie wiederum geliebt. Leider ist mir das erst bewusst geworden, als ich verhaftet wurde. Daher habe ich meine Brüder auch angewiesen, dass sie ihr nichts sagen sollen, falls sie ihnen über den Weg läuft. Sie weiß bis heute nichts von den Geschäften, die ich führe, und ich will nicht, dass sich das jetzt ändert.
Als ich nun zu meinen Brüdern blicke, erkenne ich, dass sie mich keine Sekunde aus den Augen lassen. Sie kennen mich zu gut, daher entgeht ihnen nichts.
„Sie sah traurig aus.“
Die Feststellung meines Bruders dringt an meine Ohren und sorgt dafür, dass ich aufstehe und ein paar Schritte gehe. Doch auch das sorgt nicht dafür, dass ich mich wieder beruhige. Je mehr Zeit vergeht, umso wütender werde ich.
„Ich will, dass du herausfindest, ob sie noch immer in der gleichen Wohnung lebt. Und wenn nicht, besorge mir ihre Adresse. Du hast zehn Minuten“, knurre ich und verlasse dann das Wohnzimmer.
Mit großen Schritten gehe ich nach draußen und balle meine Hände zu Fäusten. In der nächsten Sekunde lockere ich sie allerdings wieder und atme tief durch. So versuche ich mich wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Doch wenn es um diese Frau geht, habe ich mich nicht mehr im Griff. Das hatte ich noch nie und das habe ich auch jetzt noch nicht. Und der Anblick, der sich mir bot, tut den Rest dazu.
Ich trete nach draußen in die Dunkelheit und atme mehrmals tief durch. Ich hoffe, dass es mir auf diese Weise gelingt, meine aufgebrachten Nerven zu beruhigen. Doch die Wahrheit sieht so aus, dass ich sie sehen will. Ich will ihre warme Haut an meiner spüren und ihren Geruch in meiner Nase haben.
Erst dann kann ich mir sicher sein, dass es ihr wirklich gut geht. Erst dann weiß ich, dass sie in Sicherheit ist.
Die Vorstellung, dass sie in den letzten Jahre Probleme hatte und allein war, gefällt mir überhaupt nicht. Sie sorgt dafür, dass ich rot sehe und mich nicht mehr beherrschen kann.
Ruckartig drehe ich mich herum und gehe wieder ins Haus. Dort kommt mir bereits Taylor entgegen. Er macht auf mich den Eindruck, als würde er irgendetwas zu meinem Gemütszustand von sich geben wollen. Und ich kann mir sehr wohl vorstellen, was das ist.
„Und?“, fahre ich ihn auch, auch wenn ich weiß, dass er nichts dafür kann.
„Sie wohnt noch immer in der gleichen Wohnung. Aber bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?“
Taylor wirft mir einen vorsichtigen Blick zu. So zeigt er mir, dass er sich nicht sicher ist, ob es wirklich so schlau ist. Doch ich habe meine Entscheidung bereits gefällt.
Ich will bei Rachel sein, mich mit ihr unterhalten und ihr zeigen, dass sie mir anvertrauen kann, was in ihrem Leben passiert ist. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich funktionieren wird.
„Sie hat mich damals schon gebraucht, doch ich habe sie im Stich gelassen. Dieses Mal werde ich diesen Fehler nicht machen. Dieses Mal werde ich es von Anfang an richtig machen.“
„Es ist eine lange Zeit vergangen“, erinnert mich Brad, auch wenn er das nicht muss.
Einige Sekunden bleibe ich stehen und sehe ihn an. Doch dann ziehe ich meine Autoschlüssel aus der Hosentasche.
„Kümmert euch um diese Angelegenheit. Ich muss zu ihr.“
Mit diesen Worten gehe ich an ihm vorbei. Mir ist bewusst, dass er mir wahrscheinlich noch sagen will, dass ich vorsichtig sein soll, was ich ihr sage. Doch das weiß ich auch so.
Mit viel zu hoher Geschwindigkeit fahre ich durch die Straßen von Los Angeles. Dabei nehme ich mir vor, dass ich erst dann nachgeben werde, wenn ich die Wahrheit erfahren habe.
Ich konnte mich schon immer auf mein Gefühl verlassen. Und gerade sagt es mir, dass diese Geschichte tiefer geht.
Als ich endlich vor ihrem Haus stehen bleibe, muss ich mich beruhigen. Ich will nicht, dass sie sofort merkt, wie aufgebracht ich bin, da ich die Befürchtung habe, dass sie sich dann erst recht verschließt. Doch ich habe auch keine Ahnung, wie ich die Wahrheit in Erfahrung bringen kann.
Seufzend fahre ich mir ein letztes Mal über das Gesicht und sehe zu den beleuchteten Fenstern, bevor ich aussteige und auf die Haustür zugehe. In der Sekunde, in der ich sie erreiche, geht sie auf und ein Mann kommt heraus. Er nickt mir kurz zu und verschwindet dann die Straße runter, ohne mich weiter zu beachten.
Ich hingegen nutze die Gelegenheit, die sich mir bietet, und schlüpfe durch die geöffnete Tür.
Rachel schien heute Nachmittag nicht genau zu wissen, wie sie darauf reagieren sollte, dass ich plötzlich vor ihr stehe und ich gebe zu, dass auch ich überrascht war. Am Tag meiner Entlassung habe ich mir vorgenommen, dass ich sie besuchen und ihr alles erklären werde. Allerdings wollte ich vorher in Erfahrung bringen, wer dieser Wichser ist, der mich in den Knast gebracht hat. Ich will mich nur auf sie konzentrieren und ihr so die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdient hat.
Die Aufmerksamkeit, die ich hier damals schon hätte geben sollen!
Nun habe ich aber die Befürchtung, dass sie mir icht die Tür aufmachen wird, wenn ich ihr sage, dass ich hier bin. Daher bin ich froh, dass ich es so ins Haus geschafft habe.
Schnell gehe ich die Treppen nach oben und halte auf ihre Tür zu, nachdem ich die richtige Etage erreicht habe. Davor bleibe ich stehen.
Unweigerlich habe ich die Bilder im Kopf, als ich das letzte Mal hier stand. Ich wollte ihr sagen, dass ich sie liebe. Allerdings habe ich diese Worte nie über meine Lippen bekommen, dabei wollte ich, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben. Und das will ich auch jetzt noch.
Doch wie erzählt man einer Frau, dass die Familie die Unterwelt an der Ostküste der USA führt?
Ich wollte sie nicht verschrecken und auch nicht, dass sie plötzlich Angst vor mir hat. Denn das ist etwas, was sie nie haben muss. Es ist egal, was für ein Tier ich in meinem Job bin, ihr könnte ich niemals etwas antun. Ich wollte sie immer nur beschützen!
Daher habe ich es vorgezogen zu schweigen und gehofft, dass sie es selber merkt. Doch das hat sie nie.
Bevor ich mich noch weiter an diese Unterhaltung erinnern kann, klopfe ich und warte ungeduldig darauf, dass sie endlich die Tür öffnet. Doch genau das macht sie nicht. Stattdessen höre ich nach einigen Sekunden ihre Stimme auf der anderen Seite.
„Was machst du hier?“, ruft sie mir zu.
„Ich muss mit dir sprechen“, erwidere ich nur. Ich brauche sie nicht zu fragen, woher sie weiß, dass ich es bin, da sie sicherlich durch den Türspion geschaut hat.
Ich lasse keinen Zweifel daran, dass es einige Themen gibt, über die wir uns dringend unterhalten müssen. Und das ist die Wahrheit. Unter anderem will ich herausfinden, ob sie noch immer Gefühle für mich hat, auf denen wir aufbauen können. Denn daran, dass ich sie für sie habe, besteht kein Zweifel.
„Ich wüsste nicht worüber.“
Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich noch nie eine ruhige Person war. Und auch jetzt spüre ich, wie meine Muskeln sich erneut anspannen und ich kurz davor stehe, die Nerven zu verlieren.
Am liebsten würde ich ihr sagen, dass sie sofort die Tür öffnen soll. Doch ich kenne sie. Rachel hatte schon immer einen starken Willen und dementsprechend hat sie sich auch noch nie etwas sagen lassen. Und das gehört zu den Dingen an ihr, die mich schon immer magisch angezogen haben.
„Bitte“, sage ich nur und hoffe, dass ich es so schaffe, dass sie ihre Bedenken über Bord wirft.
Auch, wenn es nur ein paar Sekunden sind, so kommt es mir vor, als würde es eine Ewigkeit dauern, bis ich höre, wie sie das Schloss entriegelt und schließlich die Tür öffnet. Langsam gehe ich hinein.
Dicht vor ihr bleibe ich stehen, sodass sie ihren Kopf heben muss, um mich ansehen zu können. Dabei fällt die Haarsträhne, die ihr gerade noch im Gesicht war, nach hinten und sorgt dafür, dass ich scharf die Luft einziehe.
Ich hebe meine Hand und lege sie an ihr Gesicht, wobei sie zusammenzuckt und den Blick senkt. Ich sehe ihr an, dass sie mir ausweichen will, doch sie macht es nicht. Stattdessen erkenne ich die Tränen in ihren Augen, die dafür sorgen, dass ich noch ein Stück näher daran stehe, die Nerven zu verlieren.
„Wer war das?“, erkundige ich mich mit einfühlsamer Stimme, während ich ihr geschwollenes Auge betrachte, welches bereits in mehreren Farben leuchtet.