Читать книгу Second Chance For Love - Sarah Glicker - Страница 5

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Ich arbeite in einer großen Eisdiele, die schon seit Generationen im Besitz unserer Nachbarn ist. Ihre Familie hat mit einem kleinen Betrieb angefangen und sich im Laufe der Jahrzehnte immer weiter vergrößert. Mittlerweile stellen sie das Eis sogar in ihrer eigenen Fabrik her.

Der Laden ist immer voll. Doch als ich nun um die Ecke biege, erkenne ich, dass sich die Schlange heute bereits draußen auf der Straße befindet. Seufzend straffe ich meine Schultern und betrete das Geschäft.

Ich werde von den lauten Unterhaltungen der Kundschaft empfangen. Rechts von mir stehen verschieden große Tische und links befindet sich die Eistheke. Hinter ihr verläuft ein Spiegel von oben nach unten und von rechts nach links. Überall an den Wänden hängen Bilder der verschiedenen Eisbecher, von denen einer leckerer aussieht als der andere.

„Lindsay! Zum Glück bist du da. Ich hatte schon die Befürchtung, dass du gar nicht mehr kommst.“

Lionel, einer meiner Kollegen winkt mir aufgeregt zu, als ich mir einen Weg durch die Menge bahne.

Lionel ist so alt wie ich. Er ist gut gebaut, was seine Kleidung noch unterstreicht. Man sieht ihn immer in engen Hosen, die seinen knackigen Hintern perfekt zur Geltung bringen. Außerdem trägt er meistens enge Shirts, durch die man seine Muskeln vor Augen hat. Am Anfang hatte ich mich noch darüber gewundert, wieso er den Annäherungsversuchen der Frauen ausweicht. Bis mir irgendwann klar wurde, dass Lionel schwul ist.

Als ich nun vor ihm zum Stehen komme, werfe ich einen prüfenden Blick auf die große Uhr, die hinter ihm an der Wand hängt.

„Du weißt aber schon, dass meine Schicht erst in ein paar Minuten beginnt, oder?“

„Trotzdem hoffe ich, dass du mir gleich helfen wirst.“

Mit diesen Worten nickt er in die Richtung der wartenden Menge hinter mir. Während ich an ihm vorbeigehe, um meine Tasche in den Aufenthaltsraum zu bringen, lache ich leise. Er ist jedes Mal überfordert, sodass ich mich schon oft gefragt habe, wieso er überhaupt noch alleine im Laden bedienen darf.

Im Nebenzimmer werfe ich meine Tasche auf den Tisch und schnappe mir meine Schürze.

Während der nächsten drei Stunden kümmere ich mich um die Kunden und habe deswegen keine Zeit, an das bevorstehende Treffen mit Sean zu denken. Meine Arbeit lenkt mich ab, sodass mich der große Andrang nicht stört. Erst, als ich mich in der Pause auf einen Stuhl sinken lasse, denke ich wieder an den Zusammenstoß.

Als ich mich damals von Sean getrennt habe, dachte ich, dass ich ihn nie wiedersehen werde. Ich wollte den Mann, den ich geliebt habe, aus meinem Leben verbannen, und das nur, weil ich Angst davor hatte, dass er mich betrügt. Jetzt weiß ich, wie lächerlich sich das eigentlich anhört. Ich habe immer gewusst, dass er das niemals machen würde. Denn obwohl nicht viele von unserer Beziehung wussten, hat er nie den geringsten Zweifel daran gelassen, dass er mich liebt.

Gedankenverloren ziehe ich meine Tasche zu mir und greife nach dem Handy, um Sean eine kurze Nachricht zu schreiben. Dabei habe ich ein wenig die Hoffnung, dass er das Treffen vielleicht absagt. Es dauert nicht lange, bis das Display blinkt und mir eine neue Nachricht anzeigt.

Ich freue mich schon auf dich.

Sean

Noch während ich die Worte lese, beginnt mein Herz schneller zu schlagen.

Nur ein Treffen, mehr nicht, ermahne ich mich selbst. Dabei weiß ich, dass dies gar nicht in meiner Hand liegt.

Kurz überlege ich, ob ich etwas zurückschreiben soll, aber sosehr ich es auch versuche, mir fällt einfach nichts Gescheites ein. Dabei habe ich so viele Dinge im Kopf, die ich ihm sagen möchte.

Ich bin froh, dass die restlichen Stunden meiner Schicht genauso schnell vorbeigehen. Um sechs Uhr trete ich auf die Straße und atme tief durch. Die Arbeit hat mir dabei geholfen, mir die Zeit zu vertreiben, ohne viel grübeln zu müssen. Allerdings habe ich nun immer noch zwei Stunden, um vor Aufregung wahnsinnig zu werden.

Als ich endlich zu Hause ankomme, bin ich fix und fertig mit den Nerven. Glücklich darüber, dass ich daheim niemandem über den Weg laufe, betrete ich mein Reich und lasse mich auf das Bett fallen. Mein Zimmer ist so klein, dass gerade mal das große Bett, ein Schreibtisch, ein Kleiderschrank und ein Regal hineinpassen. Aber das hat mich noch nie gestört. Ich habe mir immer gesagt, dass ich so weniger aufzuräumen habe.

An den Wänden hängen ein paar Filmplakate und Autogramme von Schauspielern, denen ich während meiner Aufenthalte in Los Angeles über den Weg gelaufen bin.

Wenige Minuten später klopft es aber an meiner Tür, sodass ich seufzend meinen Kopf hebe.

„Ja?“

Mein Bruder steckt seinen Kopf zur Tür herein. Es dauert ein wenig, aber schließlich schiebt er auch den Rest seines Körpers in mein Zimmer.

Mike ist drei Köpfe größer als ich. Er liebt es zu trainieren, und das sieht man ihm auch an. Er hat ein breites Kreuz, und jeder Zentimeter seines Körpers besteht aus Muskeln. Auf seinem kompletten Brustkorb, am Rücken und auf dem größten Teil seiner Arme befinden Tattoos. Seine braunen Haare sind etwas länger, sodass er sie fast zu einem Zopf zusammenbinden kann. Ich muss zugeben, dass er mit seiner dunklen Sonnenbrille fast schon ein wenig brutal aussieht.

„Na, Schwesterherz. Tauchst du auch endlich mal auf?“

„Ich musste arbeiten“, gebe ich knapp zurück, da ich mit meinen Gedanken schon bei der Verabredung bin.

„Du hast nicht zufälligerweise Sean getroffen?“

Bei seinen Worten werde ich hellhörig. Automatisch schießt mir die Frage durch den Kopf, ob Sean und Mike miteinander gesprochen haben. Die beiden waren früher nämliche beste Freunde. Daher müsste mein Bruder es eigentlich wissen, wenn Sean wieder in der Stadt ist.

Ich beobachte Mike genau, aber dieser verzieht keine Miene. Schon früher habe ich das gehasst, aber jetzt verfluche ich ihn für ein Pokerface.

„Gut, du hast also bereits mit ihm gesprochen“, kommt es vorsichtig über meine Lippen, da ich keine Ahnung habe, wie viel Mike weiß.

Er setzt sich in Bewegung und lässt sich auf die Bettkante fallen.

„Wirst du dich mit ihm treffen?“

„Ich glaube, die Antwort auf deine Frage kennst du schon. Du kannst mir nicht erzählen, dass er dir kein Sterbenswörtchen verraten hat.“

Meine Stimme klingt herausfordernd. Ich bin eh schon kurz vor einem Nervenzusammenbruch deswegen. Mich jetzt auch noch mit meinem Bruder darüber unterhalten zu müssen, macht die Sache nicht gerade einfacher für mich.

„“Na gut“, erwidert Mike, weicht dabei aber meinem Blick aus. „Dieser Mann liebt dich.“

Während er spricht, versuche ich meine Atmung unter Kontrolle zu halten. Aber so ganz gelingen will es mir nicht. Mein Körper füllt sich buchstäblich mit Freude bei dem Gedanken daran, dass Sean vielleicht wirklich immer noch Gefühle für mich hat. Obwohl Joleen das auch gesagt hat, konnte und wollte ich es einfach nicht glauben.

„Ich weiß, was dir gerade durch den Kopf geht, und ich kann dir nur sagen, dass du es darauf ankommen lassen solltest. Er ist nicht seine Schwester.“

Bei diesen Worten hebe ich ruckartig meinen Kopf und blicke ihn an.

„Das weiß ich“, entfährt es mir schnell.

Mike soll gar nicht erst denken, dass ich Sean mit Heather vergleiche. Die beiden sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht.

„Wovor hast du dann Angst?“

„Ich weiß es nicht“, gebe ich zu und streiche mir dabei ein paar Strähnen aus dem Gesicht.

„Hör auf, dir darüber den Kopf zu zerbrechen, was passieren könnte.“

Er gibt mir einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und steht wieder auf.

„Hast du eigentlich gewusst, dass Cole Heather einen Antrag gemacht hat?“, frage ich ihn beiläufig.

„Das ist doch super. Sie passt zu ihm wie Arsch auf Eimer. Die Kinder von denen tun mir jetzt schon leid. Mit den beiden als Eltern wird es sicherlich nicht einfach.“

Auf seinem Gesicht breitet sich ein gemeines Grinsen aus. Aber in diesem Punkt kann ich ihm nur recht geben. Beide sind Kontrollfreaks und wollen immer alles an sich reißen. Wenn sich jemand ihren Wünschen entgegenstellt, lassen sie ihm das nicht durchgehen.

Mike beugt sich zu mir hinüber, um mich in seine Arme zu schließen. Nachdem er mir noch einen prüfenden Blick zugeworfen hat, verlässt er mein Zimmer wieder.

Ich schaue kurz auf mein Handy und beschließe dann, dass es an der Zeit ist, mich fertig zu machen. Von Sekunde zu Sekunde werde ich nervöser. Wenn man mich beobachten würde, könnte man vermutlich den Eindruck gewissen, dass ich noch nie in meinem Leben ein Date gehabt hätte. Aber sosehr ich es auch versuche, ich werde nicht ruhiger.

Um Punkt acht Uhr höre ich, wie das Geräusch der Türklingel durch das Haus schallt. Nervös schlüpfe ich in meine schwarzen High Heels und greife nach meiner ebenfalls schwarzen Tasche.

Bevor ich durch die Tür meines Zimmers trete, werfe ich noch einen letzten Blick in den großen Spiegel, der an meinem Schrank hängt.

Ich habe mich für ein graues Kleid mit schwarzen Mustern entschieden. Es passt zu den meisten Anlässen, also ist es egal, wohin Sean mich mitnimmt. Meine Haare habe ich offen gelassen, aber ein paar Wellen hinein gezaubert. An meinem Hals trage ich die Kette, die er mir damals geschenkt hat. Sie ist mit einem Herzen und mehreren Strasssteinen verziert. Oft habe ich versucht, sie in den Müll zu schmeißen, aber ich konnte es einfach nicht.

Als ich den Treppenabsatz erreiche, höre ich die Stimmen von Mike und Sean. Um die beiden auf mich aufmerksam zu machen, gehe ich so laut es geht hinunter, bleibe jedoch schon nach wenigen Schritten wie vom Blitz getroffen stehen. Denn der Anblick von Sean verschlägt mir die Sprache.

Er trägt eine tief sitzende Jeans und ein Hemd, von dem die oberen Knöpfe offenstehen. Es spannt sich um seine Arme und seine Brust und sorgt so dafür, dass mein Blick an seinen Muskeln hängen bleibt. Damals hatte er schon viele, aber in den letzten Monaten ist er eindeutig noch kräftiger geworden. Als mir wieder einfällt, dass Mike neben uns steht, reiße ich mich schnell zusammen und höre auf ihn anzuglotzen.

„Hi, du siehst fantastisch aus“, begrüßt er mich, nachdem ich die unterste Treppenstufe erreicht habe.

In der nächsten Sekunde lehnt er sich zu mir und drückt einen sanften Kuss auf meine Wange. Meine Haut beginnt zu prickeln und mein Verstand setzt einen Augenblick aus. Innerlich verpasse ich mir selber einen Arschtritt, weil mein Körper immer noch so intensiv auf ihn reagiert.

„Danke“, erwidere ich, wobei meine Stimme etwas zu schrill klingt.

So nervös bin ich nicht einmal gewesen, als ich Sean kennengelernt habe.

Beruhige dich, Lindsay!, ermahne ich mich selber, obwohl mir klar ist, dass dies nichts bringen wird.

„Wir müssen unbedingt wieder zusammen trainieren“, wendet sich Mike an Sean, der von der Idee begeistert zu sein scheint.

Erleichtert darüber, dass mein Bruder für etwas Ablenkung sorgt, atme ich tief durch.

„Auf jeden Fall“, meint Sean.

Kurz blicke ich zwischen den beiden hin und her, entscheide mich aber dazu, nichts zu sagen.

„Wollen wir?“, wendet sich Sean nun an mich und zieht so meine Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Von mir aus können wir los.“

Kaum habe ich ausgesprochen, greift er nach meiner Hand. Eine Art elektrischer Schlag durchfährt mich an der Stelle, an der seine Haut meine berührt. Als ich einen Blick in sein Gesicht wage, erkenne ich, dass er meine Reaktion bemerkt hat, denn ein leichtes Lächeln legt sich auf seine Lippen.

Damit sieht er so süß aus, dass ich mich zusammenreißen muss, um ihm nicht um den Hals zu fallen. Zum ersten Mal an diesem Tag habe ich das Gefühl, dass die kommenden Stunden doch nicht so schlimm werden könnten, wie ich befürchtet habe. Erst das Räuspern von Mike reißt mich aus meinen Träumereien.

„Viel Spaß“, flüstert er mir ins Ohr und nickt Sean zu.

Da ich nicht weiß, was ich sagen soll, verlassen Sean und ich das Haus, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Kaum sind wir durch die Tür getreten, kann ich endlich befreiter atmen. Ich habe das Gefühl, als wäre eine große Last von meinen Schultern gewichen, obwohl dies noch der leichtere Teil war.

Dieser Abend verspricht interessant zu werden.

Second Chance For Love

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