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ОглавлениеAnatoli
Ich muss zugeben, dass Sarah es gestern geschafft hat, mich zu überraschen. Ich bin davon ausgegangen, dass sie sich von Blair in die Ecke drängen lässt. Sie kann sehr bestimmend sein und das ist etwas, was manche Frauen dazu bringt, dass sie zurückweichen. Ein paar Mal habe ich dieses Verhalten schon beobachtet. Dabei kann ich aber nicht sagen, ob sie das machen, weil sie nicht damit umgehen können, oder weil sie einfach vielleicht keine Lust haben, sich damit zu beschäftigen.
Sarah hat mir in dem Club aber eine neue Seite an sich gezeigt und ehrlich gesagt war ich froh darüber, dass sie diese an den Tag gelegt hat. Es ist nämlich die einzige Sprache, die Blair versteht. Auch, wenn ihr das sicherlich nicht gefallen hat.
Als ich Blair gesehen habe, wusste ich, dass sie vor Sarah eine Szene machen wird. Und hätte ich Sarah kommen sehen, hätte ich irgendwie versucht, es zu verhindern. Und ja, ich bin mir sicher, dass sie uns vorher beobachtet hat. Ich habe nämlich die Wut gespürt, die von ihr ausgegangen ist.
Schon alleine deswegen war es richtig, dass ich sie als meine Verlobte bezeichnet habe, auch wenn es nur ein Reflex war. Wirklich darüber nachgedacht habe ich nämlich nicht. Doch ich bereue es nicht. Ihr diesen Titel zu verleihen hat sich gut angefühlt. Früher habe ich darum immer einen riesigen Bogen gemacht. Ich wollte von Verlobungen nichts wissen. Ich bin ja nicht einmal eine Beziehung eingegangen, obwohl es mehr als genug Frauen gab, die diesen Schritt mit mir gemacht wären.
Doch Sarah hat meine Einstellung dazu verändert, auch wenn wir noch nicht an dieser Stelle angekommen sind.
„Viktor!“, rufe nach meinem Freund und gehe gleichzeitig mit festen Schritten durch das riesige Haus, bis ich ihn schließlich im Eingangsbereich gefunden habe.
„Was ist denn mit dir los?“, fragt er mich ein wenig amüsiert, als er meinen genervten Blick bemerkt hat.
Von oben bis unten betrachtet er mich, als würde er etwas an mir suchen. Doch nachdem er das anscheinend nicht gefunden hat, grinst er mich belustigt an.
„Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen. Dabei habe ich nicht einmal gedacht, dass du überhaupt an Gespenster glaubst, beziehungsweise sie in der Lage sind, den großen Anatoli aus der Ruhe zu bringen.“
„Das ist wirklich sehr lustig“, fahre ich ihn an. „Und um deine Frage zu beantworten, ich habe das mit Blair geklärt. Oder besser gesagt, Sarah hat das“, seufze ich und lasse mich auf den riesigen Sessel sinken, der in der Ecke steht.
„Moment“, ruft Viktor aus und sieht mich fassungslos an. „Blair? Reden wir hier von der gleichen Blair?“
Als Antwort nicke ich nur. Er weiß nur zu gut, was vor ein paar Jahren geschehen ist. Blair hatte es nicht gerade gut verarbeitet, dass ich mich von ihr trennen wollte und auf mich geschossen. Viktor hatte es allerdings geschafft sie zu überwältigen.
„Und Sarah hat sie gesehen?“
Wieder nicke ich nur. Leise pfeift er durch die Zähne.
„Ich hoffe, die beiden sind sich nicht gegenseitig an den Kragen gegangen. Was dich angeht, kann Blair sehr einnehmend sein. Das war sie schon immer. Eigentlich wundert es mich sogar, dass sie dir nicht nach Russland gefolgt ist“, überlegt er.
Im Stillen muss ich ihm recht geben. Als ich endlich im Flieger zurück saß habe ich es nur noch bereut, dass ich etwas mit ihr angefangen habe.
„Nein, Sarah hat ihr aber klar zu verstehen gegeben, dass sie die Finger von mir lassen soll.“
„Ich muss sagen, dass ich das wirklich gerne gesehen hätte.“
„Du wärst beeindruckt gewesen“, sage ich. „Aber obwohl sie gestern die Coole war und sich nicht hat aus der Ruhe bringen lassen, kommt es mir so vor, als wäre sie ein wenig überfordert. Und als wir gestern Blair im Club gesehen haben wusste ich, dass es wirklich so ist. Ich weiß von der Geschichte mit ihren Eltern, dass sie immer dann in die Verteidigung geht, wenn sie nicht mehr weiter weiß.“
„Woher willst du wissen, dass es auch dieses Mal der Fall sein könnte? Es kann ja auch einfach sein, dass sie keine Lust mehr hat, das kleine Mäuschen zu sein“, überlegt Viktor. „Ihr seid zusammen und du bist dafür bekannt, dass du kein Blatt vor den Mund nimmst. Da würde es mich nicht wundern, wenn auch sie einfach mal jemandem die Meinung ins Gesicht sagt.“
Seine Worte sorgen dafür, dass ich mich wieder an das gestrige Gespräch mit meiner Mutter erinnere.
An meiner Seite wird sie die Frau, die sie sein soll.
„Was schlägst du vor, was ich wegen Blair machen soll? Sie wird bestimmt herkommen.“
„Ja, wahrscheinlich wird sie das. Deswegen werde ich mit Sarah nach Tarpon Springs in das Haus meiner Mutter fahren“, entscheide ich mich. „Dort werden wir vielleicht ein paar Tage Ruhe haben.“
Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Der andere ist, dass ich so Sarah von Blair fernhalten kann, ohne mit ihr zurück nach Los Angeles fliegen zu müssen.
„Ich kenne das Haus. Doch ich muss sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob das gerade eine so gute Idee ist.“
Viktor scheint sich nicht sicher zu sein, ob er die Worte wirklich aussprechen soll. Doch er hat mir schon immer die Meinung ins Gesicht gesagt. Deswegen erwarte ich, dass er das auch jetzt macht.
„Was meinst du?“
„Ein paar Tage hier weg sind super, das weiß ich. Und es würde Sarah vielleicht auch helfen. Zurzeit ist nur viel zu tun. Du musst dich um die Geschäfte kümmern und allen klarmachen, dass du die Nummer eins nun bist. Das wird nicht einfach werden.“
„Ich weiß. Und sobald die Zeit dafür gekommen ist, werde ich das auch machen. Nun steht Sarah aber ganz oben auf meiner Liste.“
Mir schießen die Worte durch den Kopf, dass ich sie nicht verlieren will. So bescheuert es vielleicht auch klingen mag, aber es ist die Wahrheit. Sarah war von Anfang an die Konstante in meinem Leben. Und ich will nicht, dass sich das ändert. Doch bevor sie mir über die Lippen dringen, kann ich sie gerade noch für mich behalten. Viktor würde mich nur mit Worten bedenken, von denen ich mir sicher bin, dass ich sie überhaupt nicht hören will.
Kurz sieht er mich an, als würde er darüber nachdenken, bevor er zögerlich nickt. Auf seine Weise zeigt er mir, dass er nicht sehr begeistert von meinem Vorhaben ist. Allerdings ist mir das egal. Ich brauche schließlich nicht seine Erlaubnis.
„Du bist der Chef“, setzt er noch hinterher.
Nun bin ich derjenige, der nickt, bevor ich aufstehe und mich auf die Suche nach Sarah mache. So schnell wie möglich will ich ihr von meiner Idee erzählen. Auch wenn ich nicht weiß, was sie davon halten wird. Schließlich will sie auch das Problem mit ihrer Familie so schnell wie möglich klären.
„Hier hast du dich versteckt“, stelle ich fest, nachdem ich sie endlich gefunden habe.
Sarah sitzt in der oberen Etage auf der gepolsterten Fensterbank, hat die Beine an ihren Oberkörper gezogen und sieht nach draußen.
„Ist etwas passiert?“ Alarmiert schaut sie mich an.
„Nein, alles in Ordnung. Ich habe dich nur gesucht, da ich etwas mit dir besprechen wollte.“
Neugierig und auch ein wenig irritiert schaut sie mich an. Doch ich spreche nicht sofort weiter. Stattdessen setze ich mich so hin, dass sie ihren Rücken an meine Brust lehnen kann.
„Ich dachte mir, dass wir einen kleinen Urlaub machen“, sage ich schließlich. „Meine Mutter hat ein Haus in Tarpon Springs, in das wir für ein paar Tage fahren können.“
„Das hört sich wunderbar an“, stellt sie fest. „Aber musst du dich nicht um ein paar wichtigere Sachen kümmern?“, fragt sie ein wenig zögerlich.
Ich drehe Sarah so, dass sie mich ansehen kann. Das, was ich ihr jetzt sage, ist die Wahrheit. Obwohl ich es selber nicht glauben kann. Doch ich will, dass sie es versteht und weiß, dass ich es genauso meine, wie ich es sage.
„Du bist das Wichtigste in meinem Leben. Wichtiger als irgendwelche Geschäfte, wichtiger als Geld, wichtiger als mein Leben. Ich liebe dich und ich will nicht, dass dir etwas geschieht.“ Kaum habe ich ausgesprochen, küsse ich sie. So will ich meine Aussage noch unterstreichen.
Diese Frau hat sich einen Platz in meinem Herzen gesucht und ich werde alles dafür tun, dass ich den Rest meines Lebens mit ihr verbringen kann.
„Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen“, erklärt mein Vater, als wir uns einige Stunden später von den beiden verabschieden, und zieht Sarah für eine Umarmung zu sich.
Nicht zum ersten Mal bin ich froh darüber, dass sie sich so gut mit meinen Eltern versteht und die beiden sie in der Familie aufgenommen haben. Das macht die nächsten Schritte für mich nur noch einfacher. Und dabei geht es nicht nur um meine Geschäfte, sondern auch um unsere Beziehung.
„Das würde mich auch freuen“, sagt sie nun und verabschiedet sich dann von meiner Mutter.
Ich beobachte meine Mom dabei, wie sie Sarah etwas ins Ohr flüstert, ehe diese nickt. Als Nächstes wirft sie mir einen mahnenden Blick zu, den ich nur zu genau kenne.
Sie will mir stumm zu verstehen geben, dass ich es besser nicht versaue. Das habe ich aber auch gar nicht vor.
„Ich habe nicht gedacht, dass ihr nach ein paar Tagen wieder verschwindet“, stellt mein Vater fest, nachdem er sich neben mich gestellt hat.
„Ich auch nicht, aber es muss sein.“
Mein Vater nickt und zeigt mir so, dass er meine Entscheidung verstehen kann.
Nachdem Sarah sich von allen verabschiedet hat, steigen wir ins Auto und machen uns auf den Weg. Mit dabei habe ich ein paar meiner Männer, die uns in zwei dunklen Wagen folgen.
Ich werde kein Risiko eingehen, auch wenn ich will, dass wir wie ein normales Paar ein paar ruhige Tage verbringen. Doch ihre Sicherheit geht vor meine Wünsche.