Читать книгу Russian Mafia King - Sarah Glicker - Страница 8
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Ich war noch nie in Tarpon Springs. Ich weiß, dass einige meiner Kollegen schon in der Stadt waren und auch, dass zwei Abteilungsleiter hier ein Haus haben. Deswegen kenne ich die Stadt nur aus Erzählungen. Doch nach allem, was ich bis jetzt gehört habe, soll es dort wunderschön sein.
Wie ich nun allerdings selber feststellen kann, ist dies noch weiter untertrieben. Toli fährt am Hafen entlang, in dem kleine Fischerboote verankert liegen. Die Bewohner der Stadt stehen auf dem Bürgersteig oder sitzen auf den Bänken. Sie trinken einen Kaffee und unterhalten sich.
Toli bleibt auf der Hauptstraße, bis wir den Stadtrand erreicht haben. Dort hält er vor einem Haus an, was sich direkt am Wasser befindet.
Es ist ein idyllisches kleines Einfamilienhaus, was perfekt in seine Umgebung passt. Die Wände bestehen aus weißem Holz und der Vorgarten ist übersät von bunten Blumen.
„Es ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal hier war. Meine Eltern sind im Sommer immer für drei Wochen mit mir hergekommen. Da war ich aber noch in der Grundschule.“
„Du bist wirklich zur Grundschule gegangen? Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass du zu Hause in Kämpfen und Schießen unterrichtet wurdest.“
„Das habe ich automatisch gelernt. Aber ich bin auf eine Privatschule gegangen“, erklärt er mir, bevor er aussteigt und um den Wagen herum geht.
Neugierig folge ich ihm und betrete das Haus, nachdem Toli die Tür geöffnet hat. Von innen sieht das Haus genauso gemütlich aus wie von außen. Die Inneneinrichtung ist in besch und hellen Pastelltönen gehalten. Die dicken Kissen auf dem Sofa sorgen dafür, dass ich mich am liebsten in sie hinein sinken lassen würde.
„Gefällt es dir hier?“, fragt Toli und tritt hinter mich. Besitzergreifend schlingt er seine Arme um meinen Körper, sodass ich meinen Körper an seine Brust lehnen kann.
„Es ist wunderschön?“, flüstere ich. Dabei lasse ich meinen Blick zur Terrassentür schweifen, auf dessen anderer Seite sich ein kleiner Garten erstreckt.
Als Toli mir gesagt hat, dass seine Mutter hier ein Haus besitzt, bin ich von einem riesigen Anwesen ausgegangen. Und zwar von dem gleichen Typ Anwesen, wie auch die anderen sind. Deswegen bin ich nun umso überraschter, dass es sich hierbei um ein ganz normales Haus handelt.
„Und dennoch denkst du über etwas nach“, stellt er als nächstes fest. „Ich spüre es. Du scheinst gerade ganz woanders zu sein. Was beschäftigt dich?“
Einen Moment betrachte ich noch die Aussicht. Ich versuche so Zeit zu schinden und mir eine Antwort auf seine Frage parat zu legen. Doch ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Deswegen drehe ich mich schließlich doch zu ihm herum.
Seine aufmerksamen Augen sind auf mich gerichtet. Innerlich kämpfe ich mit mir selber. Ich will mich nicht darüber unterhalten, doch ich weiß, dass ich ihm von der Unterhaltung mit meiner Schwester erzählen muss. Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie er reagiert. Doch ihn geht es genauso etwas an, wie mich auch.
Wird er sich von mir trennen, weil es vielleicht zu viel für ihn ist?
Schließlich hat er auch so schon genug um die Ohren. Als neues Oberhaupt der Mafia hat er mehr als genug Probleme. Da will er sich bestimmt nicht auch noch mit diesem Mist herumschlagen, den meine Familie hervorgerufen hat. Und als die Frau an seiner Seite ist es meine Aufgabe, ihm diesen zusätzlichen Stress zu ersparen.
Doch während unserer gemeinsamen Zeit, die wir bis jetzt zusammen verbracht haben, habe ich ihn auch sehr gut kennengelernt. Deswegen weiß ich, wie hartnäckig er sein kann. Wenn ich es ihm jetzt nicht sage, wird er mich so lange damit löchern, bis ich mit der Sprache herausrücke. Und dann wird es bestimmt nicht einfacher werden. Also beschließe ich, dass ich es ihm sagen werde. Auch deswegen, weil ich hoffe, dass er vielleicht eine Lösung für das Problem hat. Ich habe nämlich ehrlich gesagt keine Ahnung mehr, was ich machen soll.
Also erzähle ich ihm in kurzen Sätzen davon. Dabei kann ich nicht für mich behalten, wie sehr mich das alles mitnimmt. Es war nie ein Geheimnis, dass ich andere Ansichten habe als meine Eltern. Allerdings habe ich immer versucht sie wenigstens ruhig zu stellen. In diesem Fall wird mir das jedoch nicht gelingen.
Toli hört mir zu und sagt kein Wort dazu. Er verzieht nicht einmal das Gesicht. Erst, als ich geendet habe, holt er tief Luft.
„Ich bin mir sicher, dass sie ihre Meinung ändern wird, sobald sie uns gemeinsam gesehen hat. Sie ist deine Schwester, da ist es doch gut, dass sie sich Sorgen macht, dass du nicht an den falschen Mann gerätst.“
„Du kennst Robyn nicht“, murmle ich und verziehe das Gesicht. „So schlimm?“
„Ich sage es mal so: Ich habe mein Handy ausgeschaltet, da ich mir sicher bin, dass mich meine Eltern früher oder später deswegen anrufen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie es erfahren. Wenn Robyn gegen etwas ist, setzt sie alles in Bewegung, um ihren Willen durchzusetzen. So war sie schon immer und so wird sie auch immer sein. Und in diesem Fall ist sie gegen unsere Beziehung. Auch wenn sie wohl nicht so ganz verstanden hat, dass ich kein kleines Kind mehr bin.“
„Aber vielleicht sagt Robyn es ihnen ja auch überhaupt nicht“, überlegt er weiter.
Ich schlucke die Worte hinunter, die mir auf der Zunge liegen. Ich sehe Toli an, dass er noch einen kleinen Funken Hoffnung hat, dass wir es ihr erst erklären können. Obwohl ich nicht so genau weiß, was es da zu erklären gibt. Wir lieben uns einfach. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass diese Chance sehr gering ist.
„Lass uns über etwas anderes sprechen“, fordere ich ihn auf.
Ich habe keine Lust mehr, über meine Schwester oder meine Eltern zu reden. Und daran lasse ich auch keinen Zweifel.
Einen Moment sieht er mich so an, als würde er mir stumm sagen wollen, dass wir mit diesem Thema noch nicht fertig sind. Und das sind wir wirklich nicht. Allerdings ziehe ich es vor, mich jetzt mit etwas anderem zu beschäftigen.
Als ich schon die Befürchtung habe, dass er noch etwas deswegen sagt, nickt er schließlich. Erleichtert darüber atme ich auf.
Während der nächsten drei Tage schafft Toli es mit seiner Aufmerksamkeit mich auf andere Gedanken zu bringen. Die meiste Zeit des Tages liegen wir an dem kleinen Pool, der sich ebenfalls auf dem Grundstück befindet und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Wir albern im Wasser herum, gehen spazieren, holen uns etwas zu essen und setzen uns dabei auf eine der Bänke, die sich im Hafen befinden. In dieser Zeit sind wir ein ganz normales Paar. So wie alle anderen. Auch wenn ich dabei immer im Hinterkopf habe, dass seine Männer sich in der Nähe befinden und so jederzeit einschreiten können, wenn sie der Meinung sind, dass Gefahr droht. Und auch Viktor ist aufgetaucht.
Ich weiß, dass zwischendurch sein Vater anruft. Ich sehe es an der Art, wie Toli jedes Mal die Augen verdreht, wenn sein Handy klingelt.
Gleichzeitig spüre ich, dass er sich Gedanken über das Problem mit meinen Eltern macht. Dabei soll er das überhaupt nicht. Er hat schon genug, um was er sich kümmern muss. Und dieses Problem ist definitiv meines. Ich gehöre nämlich nicht zu den Frauen, die bei dem kleinsten Problem zu ihrem Mann rennen.
„Blende ihn einfach aus“, befiehlt Toli mir, nachdem er meinen nachdenklichen Blick in die Richtung von Viktor gesehen hat.
Wir sitzen auf dem Rasen und lassen unsere Füße im Wasser baumeln.
Ich habe mich zwar mittlerweile daran gewöhnt, doch das bedeutet nicht, dass ich es nicht noch immer merkwürdig finde, immer einen Bodyguard in der Nähe zu haben. Er ist für meine Sicherheit da, doch das macht es nicht einfacher.
„Das ist nicht so einfach“, stelle ich deswegen fest.
„Ich weiß, aber wir werden einen Weg finden, der dich nicht einschränkt und dennoch dafür sorgt, dass dir nichts passiert.“ Toli fährt sich über den Nacken. „Ich werde ihm auftragen, den Jungs zu sagen, dass sie sich im Hintergrund aufhalten sollen. Aber ich hoffe, dass du es verstehst, dass ich sichergehen will, dass dir nichts geschieht. Vor allem jetzt, wo ich die Leitung von meinem Vater übernommen habe, gibt es da draußen sicherlich mehr als genug Leute, die mir eins auswischen sollen. Obwohl, das ist vielleicht nicht ganz richtig. Die gab es vorher auch schon.“
Kaum hat er ausgesprochen umgreift er meinen Hals und küsst mich. Ich weiß, dass er es nur gut meint. Deswegen protestiere ich auch nicht. Denn eins steht fest: Einem anderen Mann würde ich die Meinung sagen. Doch ich habe mich dafür entschieden an seiner Seite zu bleiben. Auch wenn das bedeutet, dass ich nun immer einen Schatten haben werde. Und vielleicht finde ich sogar einen Weg, wie ich die Jungs irgendwie in meine Shoppingtouren einschließen kann.