Читать книгу Seal Team 9 - Sarah Glicker - Страница 6
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ОглавлениеKendra
Verblüfft sehe ich ihm nach.
Was war das?, frage ich mich, während ich in Gedanken noch einmal unsere kurze Unterhaltung durchgehe.
Doch ich finde, dass unsere Unterhaltung eindeutig zu kurz war, um wirklich einen Grund für seinen Ausraste zu haben. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob man sie wirklich als Unterhaltung bezeichnen könnte. Dafür war sie eindeutig zu kurz.
Als die Tür mit einem lauten Krachen hinter ihm ins Schloss fällt, zucke ich kurz zusammen, habe mich aber schnell wieder im Griff.
„Mach dir nichts draus. Er macht gerade eine harte Zeit durch“, erklärt eine weitere männliche Stimme, die sich hinter mir befindet. „Eigentlich ist er sehr umgänglich.“
Langsam drehe ich mich in die Richtung, aus der die Stimme kommt und betrachte den Mann. Er ist mindestens genauso groß und breit gebaut wie mein neuer Nachbar. Auf mich machen sie den Eindruck, als würden sie viel Zeit beim Sport verbringen.
Für einen kurzen Moment schießt mir die Frage durch den Kopf, was die beiden beruflich machen, denn irgendwie kommt es mir so vor, als wäre ihre körperliche Fitness wichtig dafür. Doch bevor ich mich näher damit beschäftigen kann, schiebe ich diesen Gedanken wieder zur Seite. Es kann mir egal sein und es ist mir auch egal.
„Dann bin ich ja froh, dass es anscheinend nichts mit mir zu tun hat.“
Ich lasse den Sarkasmus in meiner Stimme mitschwingen. Auf diese Weise zeige ich ihm, dass ich der Meinung bin, man kann sich dennoch etwas besser im Griff haben. Schließlich kann ich nichts dafür. Daher bin ich der Meinung, dass er seine schlechte Laune auch nicht an mir auslassen muss.
„Brady …“, beginnt er, beendet den Satz jedoch nicht.
Ich erkenne auf den ersten Blick, dass er mit sich selber ringt. Er sieht so aus, als würde er etwas sagen wollen, von dem er sich nicht sicher ist, ob er es von sich geben soll oder nicht. Und ja, ein wenig macht sein Verhalten mich neugierig. Schließlich würde ich schon gerne wissen, wer in meiner Nachbarschaft wohnt.
Doch ich gehe nicht näher darauf ein. Im Hinterkopf mache ich mir jedoch eine Notiz, dass ich ihn bei der nächsten Gelegenheit danach fragen werde. Und dabei ist mir egal, welchen von beiden ich nehme.
„Ich gehe mal davon aus, dass das der Name meines reizenden Nachbarn ist“, erkläre ich stattdessen und zeige in die Richtung, in die er verschwunden ist.
„Ja, das ist Brady. Nimm es einfach nicht persönlich, dass er dich so angegangen ist. Er ist zurzeit nicht er selber.“
Sein Freund sieht mich entschuldigend an.
„Das bin ich auch mal nicht, doch deswegen lasse ich meine Laune nicht an Menschen aus, die ich überhaupt nicht kenne. Aber ich werde mal darüber hinwegsehen, geschweige denn, er benimmt sich bei unserem nächsten Zusammentreffen nicht so.“
Mit diesen Worten gehe ich auf ihn zu und bleibe einige Meter von ihm entfernt stehen. Für den Bruchteil einer Sekunde sieht er so aus, als würde er noch etwas dazu sagen wollen. Doch er geht nicht näher auf meine Aussage ein.
Ich kann nicht für mich behalten, dass ich wütend bin. Und von mir aus kann sein Kumpel das auch ruhig wissen. Dabei ist mir sehr wohl bewusst, dass er nichts dafür kann.
„Ich freue mich auf jeden Fall, dich kennenzulernen. Mein Name ist Ryan.“
Mit diesen Worten geht er um seinen Wagen herum und kommt auf mich zu. Mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht streckt er mir seine Hand entgegen, die ich ohne zu zögern ergreife.
„Kendra“, erwidere ich nur und sehe dabei noch einmal in die Richtung des Hauses, in dem Brady verschwunden ist.
„Ich bin mir sicher, dass wir uns nun öfter über den Weg laufen werden. Aber jetzt muss ich mich auf den Weg zum Stützpunkt machen.“
„Stützpunkt?“
Ich ziehe meine Augenbrauen ein Stück nach oben.
„Wir sind Soldaten.“
„Oh“, sage ich nur, da ich in diesem Moment die Befürchtung habe, dass das Verhalten meines Nachbarn etwas mit seinem Job zu tun hat.
Ich gebe zu, dass ich mich noch nie so genau damit beschäftigt habe. Doch ich weiß, dass man in diesem Beruf wahrscheinlich öfter in eine gefährliche Situation kommt, als es einem lieb ist.
Vor allem bei Auslandseinsätzen.
Doch ich behalte die Worte für mich. Es geht mich nichts an und deswegen würde ich mich wahrscheinlich sehr weit aus dem Fenster lehnen.
„Wir sehen uns“, verabschiedet sich Ryan von mir und steigt in seinen Wagen.
Einige Sekunden sehe ich ihm noch nach, ehe ich das letzte Mal zu dem Haus von Brady sehe. Doch bevor ich mich noch genauer damit beschäftigen kann, taucht meine Schwester auf.
„Du solltest den Umzugshelfern vielleicht sagen, wo das Sofa stehen soll. Sonst wirst du nachher noch alles wieder umräumen dürfen“, verkündet Lynn und bleibt neben mir stehen. Allerdings sieht sie in die andere Richtung, nämlich in den Transporter.
„Hmmm“, mache ich nur, da ich mit meinen Gedanken gerade ganz woanders bin.
Langsam sieht sie mich an.
„Ist alles in Ordnung?“
„Ja, ich habe gerade nur über etwas nachgedacht.“
Während ich spreche, werfe ich noch einen kurzen Blick auf das Haus von Brady, bevor ich mir einen der zahlreichen Kartons nehme, die vor der Laderampe stehen und verschwinde im Inneren meines Hauses.
Den restlichen Tag versuche ich mich mit der Einrichtung abzulenken. Doch die Wahrheit ist, dass das nicht so einfach ist. Immer wieder schaue ich zum Fenster hinaus zu seinem Grundstück. Doch ich kann ihn weit und breit nirgends entdecken.
Wundern tut es mich aber nicht. So betrunken wie er war, wird er sicherlich im Bett liegen, um seinen Rausch auszuschlafen.
„Wir sehen uns die Tage. Versuche es ruhig angehen zu lassen. Ich weiß, dass du am liebsten alles sofort fertig haben willst, aber das geht nicht von heute auf morgen“, weist mich meine Schwester an, als sie sich abends von mir verabschiedet.
Es ist so spät, dass die Sonne bereits untergegangen ist.
„Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Zwischendurch muss ich auch noch arbeiten und heute werde ich eh nichts mehr machen.“
Ein letztes Mal umarme ich sie, bevor sie sich umdreht und zu ihrem Wagen geht. Es dauert einen Moment, doch dann fährt sie vom Straßenrand an und verschwindet.
Seufzend gehe ich wieder ins Haus und sehe mir das Chaos an. Möbel und Kartons sind überall verteilt. Doch wie ich meiner Schwester schon gesagt habe, werde ich heute nichts mehr machen. Ich bin seit drei Uhr nachts wach und muss jetzt dringend schlafen, damit ich morgen neu starten kann.