Читать книгу Seal Team 9 - Sarah Glicker - Страница 7
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Frustriert drehe ich mich auf den Rücken und starre an die Decke. Seit Wochen bin ich nun schon krankgeschrieben und langweile mich. Ich bin mir sicher, dass dies auch noch ein wenig so bleiben wird. Ich bin mir sicher, dass mein Therapeut es noch einige Male versuchen wird, bevor er mich an einen Kollegen verweist, der dann sein Glück versuchen soll. Sobald er allerdings merkt, dass er keinen Schritt weiter kommt, wird er mich testen, feststellen, dass ich einsatzfähig bin und mich wieder in den Dienst schicken.
Woher ich das weiß?
Weil es meistens so läuft!
Ich war zwar noch nie in dieser Situation, doch bei der Ausbildung wird kein Geheimnis daraus gemacht. Und ich habe es auch schon von ein paar Kollegen gehört.
Ich bin schließlich ein Navy Seal. Mit meiner Ausbildung und meiner Erfahrung kann man mich nicht ewig krankschreiben. Das werden auch die Therapeuten irgendwann einsehen.
Solange bleibt mir jedoch nichts anderes übrig, als mich selber fit zu halten, damit ich es leichter habe, wieder in das Training hineinzufinden, sobald ich wieder im Dienst bin.
Daher werfe ich die dünne Decke zur Seite und verlasse mein Bett. Schnell ziehe ich meine Trainingssachen an und binde meine Sportschuhe zu.
Ich will nicht mehr Zeit verlieren, als es unbedingt nötig ist.
So schnell wie möglich renne ich die Straße entlang, nachdem ich das Haus verlasse habe, in der ich wohne, und entferne mich so immer weiter von meinem zu Hause. Und je weiter ich renne, umso befreiter kann ich atmen. Es fühlt sich richtig an und mehr ist nicht für mich wichtig. Ein wenig kommt es mir so vor, als würden all meine Probleme verschwinden.
Schon früher war es so. Beim Sport konnte ich alles vergessen und mich nur noch auf mein Training konzentrieren. Es hat mir dabei geholfen, dass ich die Dinge von einer anderen Seite sehe.
Bei diesem Punkt hat das bis jetzt noch nicht funktioniert, denke ich zähneknirschend.
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon unterwegs bin. Doch ich spüre die Energie, die durch meinen Körper fließt und weiß, dass ich noch eine Weile so weitermachen kann. Daher mache ich das auch.
Gerade gibt es nichts, was mich stoppen kann.
Ich will mich auspowern und den ganzen Mist vergessen, der in meinem Leben passiert und passiert ist. Und das geht nur, wenn ich laufe und trainiere.
Als ich irgendwann wieder in meine Straße einbiege, bleibe ich ruckartig stehen und atme tief durch, um meinen Puls wieder zu beruhigen. Auch aus dieser Entfernung kann ich meine neue Nachbarin erkennen. Kendra steht neben ihrem Wagen und scheint etwas daraus zu holen. Da ich mich jedoch auf der anderen Straßenseite befinde und ein paar Autos zwischen uns stehen, kann ich leider nicht so genau erkennen, was es ist.
Für einen Moment beobachte ich sie. Mir ist bewusst, dass ich gestern gemein zu ihr war, als ich sie einfach angegangen bin, nachdem sie sich mir vorgestellt hat. Sie hat nichts Böses gesagt oder getan. Dennoch ist es die richtige Entscheidung gewesen.
Sie kann und soll von Anfang an wissen, dass ich keine Lust habe, mich mit ihr zu unterhalten und sie mich in Ruhe lassen soll. Auf diese Weise will ich sie von mir fernhalten und so dafür sorgen, dass sie nicht mit diesem ganzen Mist belastet wird.
Denn das ist noch etwas, was ich von meinen Kollegen gelernt habe. Diese Geschichte belastet nicht nur einen selbst, sondern auch alle Menschen, mit denen man zu tun hat. Jeden einzelnen, der sich in der Nähe befindet.
Und das hat sie sicherlich nicht verdient.
Ohne darauf zu warten, ob sie ins Haus gehen will oder aus der Einfahrt fährt, setze ich mich wieder in Bewegung und halte direkt auf sie zu. Dabei lasse ich sie keine Sekunde aus den Augen. Sie scheint etwas zu suchen oder zusammenzuräumen, auf jeden Fall verraten mir das ihre Bewegungen.
Es dauert ein wenig, bis sie mich bemerkt, doch dann erkenne ich an ihrer Körperhaltung, dass sie nicht weiß, wie sie sich verhalten soll.
Sie spannt sich an und betrachtet mich aufmerksam, als würde sie meine Laune so herausfinden wollen. Ihre Lippen sind so dicht aufeinander gepresst, dass sie nur noch eine dünne Linie sind. Sie ist nicht nur unsicher, sondern auch wütend.
Ich habe die Hoffnung, dass sie kein Wort von sich gibt. Doch in dem Moment, in dem ich an ihr vorbeigehen will, bricht sie ihr Schweigen.
„Wie ich sehe, bist du wieder nüchtern“, stellt sie trocken fest. Gleichzeitig bildet sich ein kleines Grinsen um ihre Lippen.
Ruckartig bleibe ich stehen und drehe mich langsam zu ihr herum.
Ich lasse sie keine Sekunde aus den Augen, als ich mich ihr wieder nähere. Dabei lasse ich meinen Blick über ihren Körper wandern. Gestern ist mir nicht aufgefallen, wie scharf sie ist. Das leugne ich nicht. Ihre Rundungen passen perfekt zu ihrer Größe und wie ich finde auch zu ihrem frechen Mundwerk. Ihre blonden Haare, die ihr in weichen Wellen über die Schultern fallen, lassen sie noch ein paar Jahre jünger aussehen, als sie eigentlich ist. Und ihre Augen funkeln vergnügt.
Doch es ändert nichts an meiner Einstellung. Auch nicht für eine Nacht.
An oberster Stelle steht für mich, dass ich so schnell wie möglich wieder in den Dienst komme, ohne, dass ich mit jemanden über diese Erfahrung sprechen zu müssen. Und ich bin mir sicher, dass ich da auf dem besten Weg bin.
Ich sehe ihr an, dass es ihr immer unangenehmer wird.
Wahrscheinlich fragt sie sich gerade, wieso sie überhaupt etwas gesagt hat.
Ja, ich könnte sie einfach nicht beachten und in meinem Haus verschwinden. Doch ich habe nicht vor, sie schon gehen zu lassen.
„Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du ganz schön frech bist?“, erkundige ich mich.
Mit großen Augen sieht sie mich an, nachdem meine Worte bei ihr angekommen sind.
„Ich habe mich nur bei dir vorgestellt“, erinnert sie mich, obwohl sie das nicht muss. „Ich konnte ja nicht damit rechnen, dass du anscheinend zu betrunken warst, um dich freundlich zu verhalten. Zumindest habe ich das gedacht, bis jetzt. Jetzt stelle ich jedoch fest, dass dies bei dir aber wohl ein Dauerzustand ist.“
Mit zusammengekniffenen Augen sieht sie mich an und macht einen Schritt nach vorne. Einige Sekunden sieht sie mich einfach an. Es gibt ein paar Worte, die mir bereits auf der Zunge liegen und nur darauf warten, dass ich sie endlich ausspreche. Doch ich behalte sie für mich. Stattdessen warte ich ab, ob sie noch etwas dem hinzufügen will. Doch das macht sie nicht. Mit einem leisen Schnauben dreht sie sich um und lässt mich einfach stehen.
Ich kann nicht verhindern, dass sich ein kleines Grinsen bei ihrem Abgang auf meinem Gesicht bildet. Ich muss zugeben, dass sie mir gefällt. Sie hat ein Temperament, was ein wenig erfrischend ist.
Mir ist bewusst, dass es nicht unbedingt einfacher deswegen für mich ist. Doch aus genau diesem Grund werde ich mich nicht weiter damit beschäftigen.
Ich sehe ihr nach, bis sie in ihrem Haus verschwunden ist. Erst dann gehe ich in meines.