Читать книгу Geschichten aus dem Wiener Wald von Ödön von Horváth: Reclam Lektüreschlüssel XL - Sascha Feuchert - Страница 7

Zweiter Teil

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I – Stille Straße im achten Bezirk. Die kurze Szene dient vor allem dazu, Oskar und seinen Gehilfen Havlitschek weiter zu Demaskierung von Oskar und Havlitschekdemaskieren: Zunächst ›flirtet‹ Havlitschek mit einer Kundin, dem Fräulein Emma, der er seine sexuellen Absichten nur wenig verschlüsselt zu verstehen gibt. Mit ihr redet er auch über den unglücklichen Oskar, der sich ein Jahr nach der Trennung emotional noch immer nicht von Marianne lösen kann. Nachdem sich Havlitschek mit Emma für den Nachmittag verabredet hat, macht er seine Gewaltphantasien gegen FrauenVerachtung für die Frau nur allzu deutlich, indem er ihr »[d]ummes Luder, dummes –« (S. 43) hinterhermurmelt. Seinen Chef Oskar versucht er anschließend damit zu trösten, dass es »Weiber […] wie Mist« gebe, außerdem hätten die »Weiber […] keine Seele, das ist nur äußerliches Fleisch! Und man soll so ein Weib auch nicht schonend behandeln, das ist ein Versäumnis, sondern man soll ihr nur gleich das Maul zerreißen oder so!« (S. 44). Oskar geht auf diese frauenverachtenden Bemerkungen nicht direkt ein und ergeht sich stattdessen in allgemeinen Reden über die Rätselhaftigkeit der Frauen und speziell Mariannes. Er wirkt dadurch weniger brutal als Havlitschek, doch das täuscht: Nur kurz zuvor hat er nebenbei zu verstehen gegeben, dass ihm normalerweise das Abstechen einer Sau »Spaß« (S. 43) bereite. Dass Havlitschek daraufhin auch Marianne eine »Sau« (S. 44) nennt, zeigt deutlich, wie die beiden Fleischer gestrickt sind.

II – Möbliertes Zimmer im achtzehnten Bezirk. Alfred und Mariannes BeziehungMarianne und Alfred leben derweil in schäbigen Verhältnissen und scheinen sich schon nach einem Jahr auseinandergelebt zu haben, obwohl (oder gerade weil) Mariannes Wunsch nach einem Kind bereits in Erfüllung gegangen ist. Desillusionierung nach einem JahrGanz offensichtlich kann Alfred seiner Partnerin nichts mehr abgewinnen: Sie meint zu hören, wie er sie leise »dummes Kalb« (S. 47) nennt und verbittet sich, dass er sie immerzu beschimpft. Das aber nimmt Alfred zum Anlass, sich darüber zu beklagen, dass Marianne so »penetrant dumm« sei, obgleich sie es »doch schon gar nicht nötig« (S. 47) habe. Alfred möchte das gemeinsame Alfred will gemeinsames Kind loswerdenKind gerne zu seiner Mutter weggeben – vordergründig, weil es ihm in der Wachau besser gehen würde als in »diesem feuchten Loch« (S. 46); doch ist klar ersichtlich, dass das Kind Alfred einfach stört. Nicht zuletzt seine berufliche Erfolglosigkeit macht Alfred so aggressiv: Seine betrügerischen Wettgeschäfte musste er aufgeben und er versucht sich nun als Verkäufer von Hautcreme – ein Produkt, das in der Wirtschaftskrise nicht gerade ein Renner ist.

III – Kleines Café im zweiten Bezirk. Im Gespräch mit seinem Freund, dem Alfred und Hierlinger reden KlartextHierlinger Ferdinand, macht Alfred zum einen deutlich, dass seine Leidenschaft für Marianne endgültig erloschen und allenfalls noch Mitleid für sie vorhanden ist; zum anderen berichtet er, dass er alles unternommen habe, um zu verhindern, dass ein gemeinsames Kind geboren werde. Sogar zu einem Abtreibung misslungenAbtreibungsversuch konnte er Marianne überreden, der aber letztlich scheiterte. Nachdem Marianne in dem Café erschienen ist und Alfred und der Hierlinger Ferdinand sich aus der Ferne respektlos über ihr Aussehen geäußert haben, bittet Alfred seinen Freund, ihm zu helfen, »möglichst schmerzlos für alle Teile aus dieser unglückseligen Beziehung« (S. 50) Alfred will Marianne loswerdenherauszukommen. Der Hierlinger Ferdinand hat auch gleich eine Idee: Marianne solle berufstätig werden, denn eine »Geliebte mit Beruf unterhöhlt auf die Dauer bekanntlich jede Liebesverbindung, sogar die Ehe!« (S. 51). Nach Alfreds Hinweis, Marianne habe nur Interesse an rhythmischer Gymnastik, schlägt Ferdinand vor, Kontakt zu einer »Baronin mit internationalen Verbindungen« aufzunehmen, die »so Marianne soll Tänzerin werdenBallette zusammen[stellt] für elegante Etablissements« (S. 51). Nicht nur Alfred dürfte sofort die Natur dieser »Ballette« und der erwähnten »Etablissements« klar sein.

IV – Bei der Baronin mit den internationalen Verbindungen. Marianne wird von Hierlinger zur Baronin begleitet, bei der sie sich Marianne stellt sich als Tänzerin vorvorstellen soll. Dort trifft sie zunächst auf deren blinde Schwester Helene, die ihr aus der Hand liest und prophezeit, sie werde noch viel Freude mit ihrem Sohn haben. Die Baronin will Marianne überreden, nicht nur zu tanzen, sondern auch zu singen. Widerstrebend trägt Marianne als Kostprobe »Das Lied von der Wachau« vor.

V – Draußen in der Wachau. Das so idyllische Lied aus der letzten Szene leitet über zum Häuschen von Alfreds Mutter und Großmutter. Das Kind lebt in der WachauKind, der kleine Leopold (er trägt denselben Vornamen wie Mariannes Vater, der Zauberkönig), lebt mittlerweile bei ihnen. Die Großmutter redet auf Alfred ein, dass er Großmutter intrigiert gegen MarianneMarianne verlassen solle, dann werde sie ihm auch wieder Geld leihen. Sie schlägt ihm vor, er möge nach Frankreich gehen – einerseits weil es dort wirtschaftlich »noch am besten« (S. 59) laufe, andererseits natürlich, damit Alfred von Marianne, die die Großmutter als »Bettelweib« und »schlamperte[ ] Weibsperson« (S. 58) bezeichnet, wegkommt. Auch der Umgangston zwischen Enkel und Großmutter ist nicht gerade liebenswürdig: Sie nennt ihn »Schuft […], Haderlump, Verbrecher«, während er sie als »alte Hex« (S. 57) beschimpft.

VI – Und wieder in der stillen Straße im achten Bezirk. In der längsten Szene des zweiten Teils geraten erst der Rittmeister und Valeries Liebhaber Erich als AntisemitErich aneinander, wobei sich Letzterer abermals antisemitisch äußert, ehe auch Alfred und Valerie ein Wortgefecht austragen. Alfred ist auf dem Weg nach Frankreich, will Valerie aber noch wissen lassen, dass er sich von Marianne Trennung Alfred – Mariannetrennt – was Valerie zunächst unbeeindruckt lässt. Allerdings berichtet sie gleich darauf Oskar, der nach Alfreds Abgang zu ihr tritt, dass Marianne »wieder frei ist« (S. 64). Der Fleischer kann sich offenbar eine erneute Beziehung vorstellen, »[w]enn sie das Kind nicht hätt« – deshalb fantasiert er davon, dass der Kleine »vielleicht Oskars Tötungsluststirbt« (S. 64). Nach diesen Gedankenspielen hat er offenbar auch wieder Freude daran, eine Sau »selber ab[zu]stechen« (S. 65).

VII – Im Stephansdom. Die verzweifelte Marianne sitzt im Beichtstuhl und sucht nach geistlichem Marianne sucht geistlichen BeistandBeistand. Der Priester aber weist ihr nur Schuld zu und verlangt, dass sie ihre ›wilde Ehe‹ mit Alfred und den Versuch, ihr Kind abzutreiben, bereue. Das vermag Marianne noch zu leisten, doch als der Beichtvater auch ihr Bedauern darüber hören will, das »Kind im Zustand der Todsünde empfangen und geboren« (S. 66) zu haben, begehrt sie auf: »Nein, ich bin sogar glücklich, dass ich es hab, sehr glücklich –« (S. 67). Der ZurückweisungPriester schickt sie daraufhin (ohne Absolution) weg; sie solle erst wiederkommen, wenn sie mit sich im Reinen sei. Das lässt Marianne ratlos zurück und der zweite Teil des Dramas endet mit ihrer hilflosen Frage: »Was hast du mit mir vor, lieber Gott? –« (S. 67).

Geschichten aus dem Wiener Wald von Ödön von Horváth: Reclam Lektüreschlüssel XL

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