Читать книгу Weil sie eine schlechte Mutter ist ... - Sheila Catz - Страница 9
Оглавление1. Generation:
Anna Klosterfrau, nach beendigtem Noviziat, sprach mit dem Beichtvater
Anna wartete auf den Seelsorger des Klosters. Sie hatte eiskalte Hände und Füße, ihr war schwindlig. Sie fühlte das Herz bis zum Hals hinauf pochen. Dann versuchte sie, sich zu beruhigen. Ich habe doch gar nichts Böses getan, habe ich etwas Schlechtes gedacht?
In der Kapelle durchzog kalter Wachsgeruch die leicht modrige Luft, Anna saugte sie förmlich ein, es beruhigte sie ein wenig. Dann hörte sie die Beichtstuhltür knarren. Sie konnte im Dämmerlicht wenig erkennen, der Vorhang wurde vom Holzgitter zur Seite gezogen. Sie bekreuzigte sich und sprach die rituelle Formel:
»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, in Demut bekenne ich meine Sünden «.
Sie wartete auf die übliche Frage des Pfarrers. Aber heute schwieg er lange, bevor die Stimme hinter dem Holzgitter erklang:
»Anna, wie lang bist du jetzt schon im Kloster?«
» Drei Jahre, Hochwürden.«
»Und würdest du sagen, du hast deinen Platz gefunden? «
Die Frage traf sie unvorbereitet. Ihre Gedanken flogen wild umher, was bedeutet das denn, wie sage ich das Richtige? Sie war nicht zufrieden, weder mit sich, noch weniger mit den Mitschwestern.
»Ich habe das Gefühl, ich muss noch besser werden, ich glaube, ich bin nicht die Richtige für meine Aufgaben.«
»Du bist doch nach dem Noviziat im Wirtschaftstrakt eingeteilt worden und du machst die Kochausbildung?«
» Ja, aber… das ist so weltlich. «
»Im Noviziat hat es mir besser gefallen, die religiösen Übungen, die Texte der Heiligen, die Sakristei-Pflege, das Schmücken der Altäre und der kleinen Kapelle…
Und dann die frühen Gottesdienste, die Luft ist noch ganz frisch und kühl, das Vogelgezwitscher begleitet mich in die Kirche. Beim Küchendienst kann ich immer erst viel später gehen, ich muss doch das erste Morgenmahl herrichten. «
»Anna, jeder muss seinen Platz ausfüllen, wo er es am besten kann. Und die Novizenmeisterin hat dich in die Küche gestellt, offenbar bist du dafür geeignet. «
Anna hustete mühsam und lange.
»Und du hast doch nächste Woche deine Untersuchung ? «
»Ach das ist nichts.«
Auch jetzt hatte sie wieder gelogen, eine Welle der Scham überflutete sie. Sie fürchtete sich vor dieser Untersuchung, was würde der Doktor dieses Mal finden?
»Was hast du sonst noch zu beichten, was belastet noch dein Gewissen? «
»Ich möchte den anderen oft sagen, was sie falsch machen, aber es kommt immer zum Streit. «
»Anna du musst das Schweigen lernen und die Demutsübungen machen.«
Ein paar lässliche Sünden fielen Anna noch ein, hässliche Gedanken über eine Mitschwester, die sie immer kränken wollte und noch die Sünde des Stolzes - ich bin besser beim Anrichten der Saucen. Ich weiß doch schon so viel, ich habe daheim von der Mutter einiges gelernt.
Nach der rituellen Absolution und den auferlegten Bußgebeten von zehn Vaterunsern, die sie kniend vor der Marienstatue betete, verließ Anna langsam die Kirche. Sie hatte den Kopf gesenkt mit Blick auf den Boden, so stellte sie sich Demut vor; sie bemerkte sehr wohl ihre Mitschwestern, gab aber vor, sie nicht zu sehen.
Draußen blieb sie vor dem großen antiken Spiegel stehen, er war altersfleckig. Aber sie konnte sich erkennen, ihr Gesicht weiß, fast durchsichtig. Die dichten Brauen zusammengezogen, erinnerte sie sich an ein zufällig erlauschtes Gespräch der Eltern.
»Sie wäre ja gar nicht übel, das Gesicht, na ja, sie schaut immer finster, aber wenn sie lacht, mag es ja gehen.«
Ihre Mutter verteidigte sie nicht, es demütigte Anna und tat weh. »Sie ist nicht so hübsch wie ihre Schwestern, aber ihr Gesicht hat Charakter, wo hat sie bloß die schwarzen Haare her?“
Ja, woher , das fragte sie sich oft. Alle anderen waren blond und hatten helle Augen. Sie hatte zwar grüne Augen, aber die schwarzen Haare waren ungewohnt in der Familie. Und dann dachte Anna, bin ich auch viel zu groß für eine Frau. Wenigstens bin ich nicht dick, trotz des Küchendienstes. - Schon wieder stolz, das ist eine Sünde, sie beschimpfte sich jetzt selbst, ihre Züge wurden steinern, mit zusammengepressten Lippen betete sie wieder.