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Kaiser Karl V. erbte von seinem Großvater auch dessen höchst private Verpflichtungen

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Und die waren schier unüberschaubar. Denn Maximilian hatte im Laufe seines Lebens allein 72 »natürliche« Söhne gezeugt, von denen der Vater diejenigen anerkannte und versorgte, von denen er wusste, dass sie sein eigenes Fleisch und Blut waren.

Dabei ist allerdings nur eine Hand voll Kinder des Kaisers urkundlich belegt, obwohl Maximilian in seiner jovialen Art Order gegeben hatte, dass alle seine Nachkommen zumindest finanziell abgesichert sein sollten, auch noch nach seinem Tod im Jahre 1519. Wie das allerdings seine Erben, zunächst nur sein älterer Enkel Karl und später nach dem Vertrag von Brüssel im Jahre 1522 auch sein zweiter Enkel Ferdinand, bewerkstelligen sollten, war wahrscheinlich auch dem stets optimistischen Maximilian nicht ganz klar, der selber beinah ein ganzes Leben lang in leere Kassen schaute. Dabei hatte sich Karl nicht nur um die finanzielle Versorgung seiner Stiefonkel und Tanten zu kümmern, auch ihre Karriere hatte ihm am Herzen zu liegen, denn schließlich handelte es sich, wenn auch um illegitime, so doch um Kinder seines Großvaters. Mit einigen von ihnen war er sogar am Hofe seiner Tante Margarete in Mechelen aufgewachsen, wie mit den beiden Söhnen einer schönen Salzburgerin, die der kaiserliche Großvater in die Niederlande hatte kommen lassen, da er ihr besonders zugetan gewesen war. Georg und Cornelius sollten genauso wie die Kinder seines Sohnes Philipp eine standesgemäße Erziehung erhalten, immerhin waren sie Repräsentanten der kaiserlichen Familie, wenn auch nicht ganz offiziell und man konnte schließlich nie wissen, welche politischen Schachzüge mit ihnen in der Zukunft einmal möglich sein würden.

Die Mutter der beiden Knaben muss eine höchst bezaubernde und liebenswürdige Dame gewesen sein, die wenigstens einen Teil des Herzens des lebenslustigen Kaisers erobert hatte, denn kein anderes seiner »Schlafweiber«, wie die Familie Fugger aus Augsburg die jeweiligen Bettgespielinnen Maximilians bezeichnete, ließ er in die Niederlande kommen. Sicherlich war die verheiratete Dame in der Liebe reichlich erfahren, was der leidenschaftliche Kaiser besonders schätzte, denn mit keuschen Mädchen hatte er nichts im Sinn. Maximilian erklärte nicht nur einmal, dass er sich an Jungfrauen nicht vergreife, dies würde die Sache nur komplizieren. Leichter war es, wenn ein Ehemann auf alle Fälle zur Stelle war, wenn sich die Folgen eines Liebesabenteuers einstellten und die Mutter nicht den Kaiser als Vater des Kindes offiziell bekannt geben wollte. Dabei war ein außerehelicher Sprössling in der damaligen Zeit keineswegs eine Schande, im Gegenteil, so mancher Ehemann war stolz darauf, dass seine Gemahlin so reizvoll war, dass sie dazu auserkoren wurde, dem einsamen Kaiser die Nächte zu versüßen.

Als Maximilian erfahren hatte, dass seine Salzburger Geliebte wahrscheinlich in den Jahren 1506 oder 1507 einem weiteren Sohn das Leben geschenkt hatte, gab er sofort Order, auch Cornelius, wie man den Knaben genannt hatte, so wie seinerzeit den Bruder nach Mechelen bringen zu lassen, damit er zusammen mit seinen Enkelkindern aufwachsen konnte. Der Knabe war ein Lichtblick für den vom Schicksal wenig verwöhnten Kaiser, denn er hatte nicht nur das einnehmende Äußere seiner Mutter, sondern auch das charmante Wesen seines kaiserlichen Vaters geerbt, so dass er schon sehr bald ein besonderer Liebling am Hofe von Mechelen war. Auch mit seinen Leistungen war der Vater voll und ganz zufrieden, denn immer wenn es seine Zeit nur irgendwie zuließ, kehrte Maximilian bei seiner Tochter Margarete ein, um sich über die geistigen und körperlichen Fortschritte seiner Enkel und natürlichen Kinder zu informieren. Lob und Tadel verteilte er gerecht, daneben aber nahm er sich die Zeit, mit den Kindern lustige Spiele zu spielen und sich mit ihnen im sportlichen Wettkampf zu messen, da Maximilian auch in fortgeschrittenem Alter körperlich ungewöhnlich gewandt war. Dabei fiel ihm auf, dass sein überaus zurückhaltender Enkel und Nachfolger Karl Cornelius in vielem nicht das Wasser reichen konnte, der Sohn Philipps des Schönen wirkte langsam und geistig viel träger als das vife Bürschchen aus Salzburg. Nur ab und zu zeigte der zukünftige Herrscher über ein Weltreich sich dem Stiefonkel gegenüber beinah überlegen, denn merkwürdigerweise saß Karl wie angegossen im Sattel, parierte mit dem Degen fast genauso geschickt wie Cornelius und schwang das Schwert so behänd wie er.

Da der kaiserliche Vater sich schon einige Jahre vor seinem Tod Gedanken darüber gemacht hatte, wie die Zukunft seiner »natürlichen« Kinder aussehen sollte, hatte er Karl gegenüber den Wunsch geäußert, dass Cornelius an der Universität in Padua die Rechte studieren sollte. Um seinen Werdegang und die Zukunft rechtzeitig auch finanziell abzusichern, hatte er dem Sohn die Herrschaft Enns in Oberösterreich verschrieben. Aber Karl hatte ganz andere Absichten mit seinem Onkel. Kaum hatte der kaiserliche Großvater die Augen für immer geschlossen, da versuchte der junge König, Cornelius zu überreden, Theologie zu studieren, um ein geistliches Amt zu übernehmen. Obwohl er ihm seine Zukunft als Bischof in den rosigsten Farben vor Augen führte, konnte Cornelius einem der Kirche geweihten Leben nichts abgewinnen – sein Blut rollte allzu feurig in seinen Adern. Er erklärte dem jungen König rund heraus, dass er »nit willens geistlich zu werden« sei.

Cornelius genoss das Leben in Padua in vollen Zügen, wobei er das Studium der Rechte genauso wenig ernst nahm wie die vielfältigen Abenteuer mit den schönen Damen, in deren Palazzi der attraktive junge Mann ein gern gesehener Gast war, obwohl allgemein bekannt war, dass er nur ein »natürlicher« Spross des Kaisers war. Dies störte auch Papst Clemens VII. herzlich wenig, der sich nicht nur um geistliche Angelegenheiten kümmerte, sondern sich auch als Heiratsvermittler betätigte. Ein junges Mädchen aus dem Hause Medici galt es zu verheiraten, etwas, was leichter gesagt als getan war. Denn die Mediceerin konnte man zwar in Gold aufwiegen, aber sie war so abgrundhässlich, dass selbst die Draufgabe – das Herzogtum Mailand – für Cornelius nicht ausreichte, die unattraktive Dame zum Traualtar zu führen!

Die Weigerung von Cornelius hatte sich bis Wien herumgesprochen, wo zu der damaligen Zeit der Bruder Karls, Ferdinand, regierte. Als diesem die Gerüchte zu Ohren gekommen waren, die zu einem Skandal auszuarten drohten, da der keineswegs standesgemäße »natürliche« Cornelius es gewagt hatte, die einflussreiche Mediceerin zu verschmähen, erteilte er den Befehl an den Stiefonkel, sich so rasch wie möglich »gen Wienn auf die schuel« zu begeben. Und damit Cornelius keine Ausreden finden konnte, um in Italien bleiben zu können, schickte ihm Ferdinand postwendend 100 Gulden Reisegeld.

Auch Ferdinand war der Meinung, dass Cornelius am besten im Schoße der Kirche aufgehoben sein würde und bemühte sich daher, ihm die Probstei Klosterneuburg zukommen zu lassen. Der Probst des Klosters war allerdings anderer Meinung. Er leistete erbitterten Widerstand gegen diesen Plan, wahrscheinlich waren ihm schon von diversen Zuträgern anrüchige Geschichten über den lockeren Lebenswandel des jungen Mannes zu Ohren gekommen.

Rettung in dieser für alle Beteiligten verfahrenen Situation kam wieder einmal von Margarete, der einfühlsamen Halbschwester von Cornelius und Tante Ferdinands, die zu dieser Zeit Statthalterin in den Niederlanden war. Sie machte in einem Schreiben deutlich, dass Cornelius zu allem besser geeignet wäre als zum Geistlichen. Damit war sein Schicksal endgültig besiegelt, er war endlich ein freier Mann und konnte tun und lassen, was er wollte. Niemand, auch nicht der Kaiser konnte mehr Einfluss auf sein Leben nehmen.

Cornelius blieb wahrscheinlich in Österreich, vielleicht sogar in Enns. Nach den wilden Jahren seiner Jugendzeit wurde es ruhig um ihn, sein weiteres Schicksal verliert sich im Dunkel der Geschichte.

Um Macht und Glück

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