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La prima gentildonna del mondo – Isabella d’Este

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Sie galt nicht nur als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, ihre ungewöhnliche Ausstrahlung, ihr Charme, ihr Geist und ihr diplomatisches Gespür inspirierten die berühmtesten Dichter und Maler wie Mantegna und Tizian und selbst Leonardo da Vinci war von ihr fasziniert.

Fortuna hatte wahrlich ihr Füllhorn über der ältesten Tochter Herzog Ercoles I. von Ferrara ausgegossen, als die kleine Isabella im Mai 1474 endlich in der Wiege lag. Ihre hochkultivierten Eltern boten der Tochter von klein auf alle Voraussetzungen, ihre Fähigkeiten voll entfalten zu können, und auch der Geist der neuen Zeit war dazu angetan, Frauen nicht nur als schönes Beiwerk zu betrachten, sondern ihnen eine aktive Rolle auf dem politischen Parkett zuzubilligen.

Isabella und ihre Geschwister Beatrice und Alfonso waren aufgeweckte Kinder, die schon in jungen Jahren zusammen mit ihrem Lehrer, dem Humanisten Guarino da Verona, die Werke der römischen Dichter lasen, knifflige Rechenexempel lösten oder sich mit den Schwierigkeiten der französischen Grammatik herumplagten. Um sich dann und wann von der grauen Theorie zu erholen, musizierten die Kinder entweder zusammen mit ihrer Mutter Eleonore von Aragon am Clavichord oder ein Tanzmeister sorgte für weitere Abwechslung, der die reizvolle Aufgabe übernommen hatte, die Bewegungen und den Gang der jungen Mädchen zu verfeinern. Ziel der Eltern war, die Kinder sowohl körperlich als auch geistig zu vollkommenen Menschen zu formen. Dabei wurde den Mädchen vieles erlaubt, worüber so mancher Zeitgenosse noch den Kopf schüttelte, besonders, wenn er Isabella nur spärlich gekleidet in die Fluten des Po eintauchen sah. Aber Herzog Ercole und seine Gemahlin waren in jeder Hinsicht ihrer Zeit voraus und legten daher durch ihre freizügige und allumfassende Erziehung den Grundstein für das ungewöhnlich abwechslungsreiche Leben ihrer schönen älteren Tochter.

Als Isabella sechs Jahre alt war, traf die Werbung des Markgrafen von Mantua für seinen Sohn Francesco in Ferrara ein, ein wahrer Glücksfall für die Herzogsfamilie, denn der junge Prinz galt weit und breit als attraktiver junger Mann, ein begeisterter Jäger, der obendrein noch in der von dem berühmten Vittorino da Feltre gegründeten »Prinzenschule« eine hervorragende Ausbildung genossen hatte. Auch politisch war eine familiäre Bindung zu Mantua äußerst interessant, denn von den oberitalienischen Stadtstaaten kochte jeder sein eigenes Süppchen, so dass auf Grund der Eheschließung das Herzogtum Ferrara und die Markgrafschaft Mantua wenigstens in nicht allzu ferner Zukunft an einem Strang ziehen würden. Isabella würde außerdem in Francesco einen Mann an ihrer Seite haben, der sie rundum glücklich machen konnte.

Alles wäre wahrscheinlich auch so eingetreten, wie sich die Eltern die Zukunft Isabellas vorgestellt hatten, hätte nicht eines Tages der reiche und mächtige Herzog von Mailand Ludoviko Sforza, der wegen seines dunklen Teints den Beinamen »il Moro« erhalten hatte, um die Hand einer der beiden Herzogstöchter angehalten. Und da Isabella schon nach Mantua versprochen war, blieb nur ihre jüngere Schwester Beatrice als Braut für Ludoviko übrig, sehr zum Leidwesen Isabellas, die vielleicht nicht so sehr von der Erscheinung des Moro geblendet war als vielmehr vom Glanz seines Goldes. Neid auf die Schwester, mit der sie sich bisher gut verstanden hatte, erfasste sie, vor allem als sie den unwahrscheinlichen Prunk anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten am Mailänder Hof erlebte. Wenn sie Ludoviko schon nicht mehr haben konnte, so wollte sie ihm doch auf Schritt und Tritt zeigen, was ihm entgangen war. Deshalb unterstrich sie ihre ungewöhnliche Schönheit noch durch kostbare Roben und erlesensten Schmuck, daneben bezauberte sie die Hochzeitsgesellschaft, in der sich auch Leonardo da Vinci befand, durch ihren geistreichen Charme derart, dass eigentlich niemand mehr die Braut, sondern nur noch deren schöne Schwester bewunderte. Auch der Bräutigam war von Isabella so fasziniert, dass er ihr außer anderen kostbaren Geschenken noch zwei Löwen samt Löwenbändigern schickte. Erst als die unglückliche Beatrice bei der Geburt eines Kindes mit nur 22 Jahren im Jahre 1497 starb, bereute Isabella ihr Verhalten der Schwester gegenüber zutiefst ein Leben lang.

Es war das Geld des reichen Sforza gewesen, das sie gelockt hatte, etwas, wovon Isabella nie genug bekam, denn Francesco, den sie in einer glanzvollen Zeremonie in Mantua geheiratet hatte, konnte ihren Lebenswandel in keiner Weise finanzieren. Nicht nur, dass sie für ihre Kleider, Pelze und kostbarsten Schmuck Unsummen ausgab, beauftragte sie die bekanntesten Künstler Oberitaliens mit der Neugestaltung der Stadt Mantua, Maler wie Mantegna oder Tizian sollten nach ihren Vorstellungen die Palazzi mit Gemälden und Fresken verzieren, alles sollte von Grund auf den Geist der neuen Zeit atmen. Die Renaissance, die Wiedergeburt der Antike, sollte auch in Mantua ihren Einzug halten. Woher das Geld für die Künstler und Dichter, die Wissenschaftler und Forscher, die sie um sich scharte, kommen sollte, darüber machte sie sich wenig Gedanken. Wohl hatte sich Francesco als Condottiere in venezianische Dienste begeben, war aber dennoch nicht gewillt, sein Salär seiner verschwenderischen Gemahlin zur Verfügung zu stellen und deren Schulden zu bezahlen. So konnte es nicht ausbleiben, dass sich Isabella immer mehr von ihrem Gatten entfernte, um ihre eigenen politischen Wege zu gehen. Mit klarem Blick erkannte sie die heikle Lage der oberitalienischen Stadtstaaten und fühlte instinktiv, dass sie sich vor allem mit dem jeweiligen französischen König gut stellen musste, wollte sie verhindern, dass die Markgrafschaft Mantua zum Durchzugsgebiet für die französischen Truppen wurde. Denn Karl VIII. von Frankreich schürte, wo er nur konnte, genauso wie sein Nachfolger Ludwig XII. gegen Kaiser Maximilian, wobei die Haltung der einzelnen italienischen Staaten keineswegs durchsichtig war. Freund und Feind wechselten ihre Seiten schneller als das Wetter – und was der Papst im Schilde führte, wusste ohnehin niemand. Es war eine diplomatische Meisterleistung, die Isabella auf dem politischen Parkett vollbrachte, indem es ihr gelang, dass das Heer Karls VIII. auf seinem Zug nach Neapel nicht nur nicht durch Mantua zog, sondern dass ihr der französische König zudem noch kostbarste Geschenke überbringen ließ. Allerdings nahm ihr Gemahl den französischen König auf dessen Rückzug gefangen, ließ ihn aber entkommen, was ihm die Venezianer lange nicht verziehen.

Keineswegs siegreich kehrte Francesco Gonzaga nach Mantua zurück und anstatt mit seiner immer noch bezaubernden Gemahlin die politische Situation zu besprechen, verliebte er sich wie ein Jüngling in eine Dame mit zweifelhaftem Ruf, die er in aller Öffentlichkeit präsentierte. Bei so einem provokanten Auftritt verlor Isabella ihre sprichwörtliche Contenance und schnitt der Mätresse vor den Augen aller die Locken bis auf die Kopfhaut ab. In späteren Zeiten, als ihr zu Ehren der neue französische König Ludwig XII. ein glanzvolles Fest gab und ihren ältesten Sohn Federico nach Paris einlud, als sie als Schwägerin der Papsttochter Lucrezia Borgia und als Freundin von Papst Julius II. und Leo X. im Vatikan ein und ausging, als die hervorragendsten Männer Italiens um ihre Gunst buhlten und sie in ihren Werken verewigten, da waren ihr die Eskapaden ihres herabgekommenen Gemahls völlig gleichgültig geworden. Die »prima gentildonna Italiens« überlebte alle Kriegszüge und die Verwüstungen, die die ausländischen Heere auf italienischem Boden angerichtet hatten, sie entfloh dem berüchtigten »Sacco di Roma«, der Tausenden Menschen das Leben gekostet hatte. Höhepunkt ihres an Ereignissen überreichen Lebens aber war eine Einladung Karls V. zu dessen Kaiserkrönung nach Bologna, wo sie als Ehrendame einen ganz besonderen Platz einnahm. Isabella revanchierte sich für diese Auszeichnung, indem sie den Kaiser nach Mantua bat, wo Karl vier Wochen lang ihre Kunstschätze und ihren Lebensstil bewunderte. Die berühmteste Dame der Renaissance starb mit 65 Jahren im Februar 1539.

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