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»Bis dass der Tod Euch scheidet …«

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Aber bis zum Tod wollte Margarete Maultasch nicht an der Seite des ungeliebten Gemahls als Jungfrau leben und jagte kurzerhand Johann Heinrich von Böhmen aus dem Schloss.

Die Ehe, die von den beiden Vätern Herzog Heinrich von Kärnten und König Johann von Böhmen arrangiert worden war, hatte schon den Keim der Katastrophe in sich. Denn die beiden ungleichen Kinder, die in einer prunkvollen Zeremonie den Bund fürs Leben hatten schließen müssen, waren nichts weiter als politische Marionetten. Dabei spielten viele Zufälligkeiten eine Rolle, da Heinrich, der Herzog von Kärnten und Tirol, zwar auf eine Unzahl unehelicher Kinder blickte, aber in seinen drei Ehen nur zwei Töchter gezeugt hatte. Die ältere der beiden verbrachte leicht behindert, wie sie war, ihr Leben als Nonne hinter Klostermauern, während Margarete, die im Jahr 1318 zur Welt gekommen war, den unsteten Vater schon als kleines Kind auf seinen ausgedehnten Reisen begleiteten musste. Als unverbesserlicher Optimist hatte er sich dereinst um den Thron von Böhmen beworben und war auch gekrönt worden, aber schon nach kurzer Zeit hatte man ihn abgesetzt. Sein Nachfolger, der Luxenburger Johann, war aus dem gleichen Holz geschnitzt wie der Kärntner, ein Lebemann vom Scheitel bis zur Sohle, der nicht nur nach der neuesten Pariser Mode gekleidet war, sondern auch noch politische Ambitionen hatte. Genauso wie die Habsburger und Wittelsbacher hatte er schon bald ein Auge auf das schöne Land Tirol geworfen, denn der Weg nach Italien, dem Land der Sehnsucht, führte am sichersten über dessen Alpenpässe. Daher war es in Mitteleuropa kein Geheimnis, dass die begehrteste Braut Margarete hieß, denn mit ihr würden dem zukünftigen Ehemann auch noch ihre Länder mit ins Brautbett gelegt werden.

Der Wettlauf um das Mädchen begann, als Margarete noch keineswegs im heiratsfähigen Alter war. Johann von Böhmen ließ seinen erst fünfjährigen Sohn Johann Heinrich, der in dem düsteren Schloss Melnik in Böhmen am 12. Februar 1322 das Licht der Welt erblickt hatte und um den er sich bislang herzlich wenig gekümmert hatte, einfach aufs Pferd setzen und schickte das Kind mit großem Gefolge nach Tirol, wo der völlig erschöpfte und verängstigte Knabe mühselig ein paar angelernte deutsche Sätze zur Begrüßung hervorstotterte. Seine Begleiter hatten mittlerweile dem Herzog außer kostbaren Geschenken auch noch die Botschaft des Böhmenkönigs überbracht, wie sehr sich Johann geehrt fühlen würde, käme er als Schwiegervater Margaretes in Betracht. Geschmeichelt wie er war, zögerte Heinrich nicht lange, dem Böhmen die Hand seiner Tochter zu versprechen. Dabei spielte es für ihn keine Rolle, dass sich die Kinder von Anfang an unsympathisch fanden, Margarete wusste nicht, was sie mit dem seltsamen Knaben anfangen sollte, mit dem sie sich nicht verständigen konnte, und auch Johann suchte keinen Kontakt mit dem um vier Jahre älteren Mädchen. Und so sollte es in den nächsten Jahren bleiben.

Die Einzigen, die von dieser Verbindung begeistert waren, waren die Väter, die einander bestens verstanden. Schon nach drei Jahren, in denen Johann Heinrich in Tirol aufwuchs, drängte König Johann auf eine offizielle Eheschließung, denn nur so würden die Luxemburger endgültig Chancen auf Tirol haben. Am 16. September 1330 standen die beiden Kinder herausstaffiert wie kleine Erwachsene vor dem Altar und gaben einander ein Versprechen, dessen Sinn sie nicht verstanden.

Johann Heinrich war auch als Heranwachsender alles andere als ein netter Jüngling, seine Erzieher hatten ihre liebe Not, da er es strikt ablehnte, irgendetwas zu lernen, am allerwenigsten die deutsche Sprache. Margarete gegenüber gebärdete er sich wild und ungehobelt, kratzte und biss sie und schikanierte sie in übelster Weise, so dass aus der Antipathie Margaretes allmählich blanker Hass wurde. Wo immer es ging, mied sie seine Gesellschaft und hörte mit Empörung von ihren Tiroler Beratern, dass sich Johann Heinrich wie der Herr von Tirol aufzuspielen begann, denn im Jahre 1335 war Herzog Heinrich überraschend gestorben, so dass seine Tochter Margarete offiziell die Erbschaft angetreten hatte.

Kaum hatte man in Böhmen die Nachricht vom Tode des Herzogs vernommen, als Karl, der politisch begabte und geschickte Bruder Johann Heinrichs, in Tirol auftauchte, um dem unerfahrenen und uninteressierten Bruder zur Hand zu gehen, der, obwohl er längst landauf landab als Frauenheld bekannt war, die Ehe mit Margarete immer noch nicht vollzogen hatte. Ja, er scheute nicht davor zurück, die übelsten Gerüchte über sie zu verbreiten, auch der zweifelhafte Beiname »Maultasch« stammte wahrscheinlich von ihm, denn auf einem Siegel mit dem Konterfei Margaretes ist ihr Mund durchaus nicht verunstaltet.

Es war beinah ein abgekartetes Spiel, das die beiden luxemburgischen Brüder in Tirol aufführten, denn mit ihnen kamen böhmische Berater, die schon bald wichtige Ämter bekleideten. Hätte Margarete nicht ihre ergebenen Tiroler Freunde gehabt, die die Böhmen vehement ablehnten, wäre ihre Situation wahrlich zum Verzweifeln gewesen. Denn Karl und Johann waren alle Mittel recht, um gegen sie vorzugehen, sie zögerten deshalb nicht, sie eines Tages auf ihrem eigenen Schloss Tirol gefangen zu setzen, um sie endgültig aus der Tiroler Politik zu entfernen. Aber Karl, der sicherlich der Initiator dieser Aktion gewesen war, hatte den Bogen überspannt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass auch für die Tiroler das Maß voll war. Am Allerseelentag des Jahres 1341 machte Margarete mit deren Hilfe ernst: Als Johann Heinrich spät nachts nach einer Jagd polternd Einlass ins Schloss begehrte, stand er vor versperrten Toren. Auch auf anderen Schlössern in Tirol fand er keine Unterkunft, schließlich erbarmte sich der Patriarch von Aquileja und nahm den zu Tode Erschöpften auf.

Natürlich wusste Margarete, dass die Böhmen nicht zögern würden, die Schmach zu rächen, die sie Johann Heinrich angetan hatte, und von ihnen aufgehetzt, würde auch der Papst auf den Plan treten und den Bann, die gefürchtetste Kirchenstrafe, über Margarete verhängen. Aber Margarete hatte ein Eisen im Feuer, das niemand übersehen konnte: den deutschen Kaiser Ludwig den Bayern, dem schon längst die unhaltbaren Zustände in Tirol bekannt waren. Als redlicher Mann, der zugleich die Gunst der Stunde für die Wittelsbacher erkannte, sagte er Margarete nicht nur Hilfe gegen die Böhmen zu, er versprach ihr auch die Hand seines früh verwitweten Sohnes Ludwig, der als Markgraf in Brandenburg regierte. Obwohl der junge Ludwig zunächst ernste Skrupel hatte, die Frau eines anderen zu heiraten, stand schließlich der Hochzeitstermin für den 10. Februar 1342 fest, ein Tag, den alle in Tirol mit großer Freude begingen, denn im Jänner hatte Ludwig im Einvernehmen mit seiner zukünftigen Frau den Adeligen im Tiroler Freiheitsbrief viele Vorrechte bestätigt. Dem Hochzeitsfest folgte der Bann des Papstes für das frischvermählte Paar beinah auf dem Fuße und auch die Böhmen versuchten glücklos ihre Rechte auf Tirol mit Waffengewalt geltend zu machen. Als aber Karl im Reich zum Kaiser gewählt worden war, steckte er den Fehdehandschuh endgültig ein und söhnte sich mit Margarete und Ludwig aus. Endlich schien das Glück im Leben Margaretes eingekehrt zu sein, als sich auch Papst Innozenz VI. durchrang, den Bann von ihr und Ludwig zu lösen. Aber die schönen Stunden waren für sie gezählt, denn völlig unerwartet fiel ihr kerngesunder Gemahl Ludwig vom Pferd und starb in den Armen seiner entsetzten Leute. Schon zwei Jahre später folgte ihr einziger Sohn und Erbe Meinhard dem Vater ins Grab. Margarete stand wieder allein in der Welt, früh gealtert und verhärmt, mit nur einer Frage beschäftigt, wem sie ihre Länder, für die sie ein Leben lang gekämpft hatte, vererben sollte. Für sie kam 1363 eigentlich nur der junge dynamische Rudolf IV. von Habsburg als Nachfolger in Frage, da sie von dieser Familie in den letzten Jahren jede nur mögliche Hilfe erfahren hatte. Als alte Frau verließ Margarete ihre Heimat und zog in Begleitung Rudolfs nach Wien, in eine fremde Welt, in der sie 1369 starb.

Um Macht und Glück

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