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Der französische König war trügerisch wie der Mond

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Bei den Damen, mit denen er sich gerne umgab, galt er als charmanter Kavalier, für seine politischen Freunde und Feinde aber war er völlig undurchsichtig, keiner konnte wirklich auf ihn bauen.

Daher war sein Ruf bei den Fürsten Europas äußerst zweifelhaft, vor allem natürlich bei den Habsburgern. Denn von allem Anfang an hatte Franz, der nach dem Tod seines Oheims Ludwigs XII. auf den französischen Thron gekommen war, das Bedürfnis, sich in Europa eine ganz besondere Machtposition zu verschaffen, und dies war bei der Umklammerung durch die Habsburger wahrlich kein leichtes Unterfangen! Wahrscheinlich war es auch seine politisch hoch aktive Mutter Louise von Savoyen gewesen, die den einzigen Sohn von Kindheit an in dem Bewusstsein erzogen hatte, alles daran zu setzen, Frankreich zu einer Großmachtstellung zu verhelfen.

Mit Franz I. von Frankreich und Karl V. standen sich zwei Männer gegenüber, von denen keiner bereit war, nur eine Handbreit Boden dem anderen zu überlassen. »Macht« hieß das große Zauberwort, dem auch Papst Clemens VII. und Heinrich VIII. von England oblagen, genauso wie der türkische Sultan Süleyman I., der vielfach das Zünglein an der Waage spielen sollte. Die Rollen in Europa waren zwar verteilt, aber noch lange nicht gesichert.

Franz I. von Valois hatte am 12. September 1494 auf der Burg Cognac das Licht der Welt erblickt und war im Januar des Jahres 1515 in Reims zum König gekrönt worden. Es dauerte nur Monate, bis er seine erste Schlacht bei Marignano gewann, in der er die Schweizer endgültig aus Oberitalien verdrängte. Der Besitz von Mailand war für den französischen König von ganz besonderer Wichtigkeit, denn durch die Herzogswürde war er zum Fürsten des Heilig Römischen Reiches geworden und somit in der Lage, sich 1519 um die deutsche Kaiserkrone zu bewerben. Dass er dadurch zwangsläufig ein ernst zu nehmender Konkurrent des 19-jährigen Habsburgers Karl werden würde, verwunderte niemanden, obwohl man natürlich nicht unbedingt einen Franzosen auf dem deutschen Königs- beziehungsweise Kaiserthron sitzen sehen wollte. Franz galt als Fremdling, während man Karl, wahrscheinlich glorifiziert durch seinen berühmten Großvater Maximilian I., als »echtes, deutsches Blut« ansah, wobei der so Gepriesene außer Flämisch nur noch Französisch und höchstens einige Brocken Deutsch verstand.

Die Chancen für Franz wären nicht schlecht gewesen, hätte ihm nicht ausgerechnet eine Dame, die er persönlich kannte, einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht: Margarete von Österreich, die Tante Karls V. war mit allen politischen Wassern gewaschen, sie wusste genau, mit wie viel mehr Geld man die Kurfürsten bestechen musste, um den Neffen zum Herrscher über das Reich zu machen. Und Margaretes Plan ging am 28. Juni 1519 auf, wodurch sich zwangsläufig eine beinah lebenslange Feindschaft zwischen den beiden Kontrahenten Karl und Franz ergab, obzwar der Habsburger des Öfteren versuchte, den feindlichen Nachbarn zu besänftigen und diesem sogar seine ältere Schwester Eleonore als zweite Gemahlin ins Brautbett legte. Aber auch die verwandtschaftlichen Bande konnten die Gegensätze nicht aus der Welt schaffen, dazu war die politische Kluft zwischen den beiden Machtblöcken zu groß. Eleonore vermochte in ihrer sanften Art niemals das Herz ihres Ehemannes zu gewinnen, Franz war von Jugend auf von den schönsten Damen umschmeichelt und verwöhnt worden, seine Mätressen blieben für ihn auch in Zukunft die Frauen, die ihn interessierten.

Es schien das Schicksal der beiden Herrscher zu sein, dass sie fast ein Leben lang gegeneinander kämpften, wobei es Karl V. nicht verstand, die errungenen Siege wirklich auszunützen. Denn in der Schlacht von Pavia 1525, in der die Franzosen mit ihren Söldnern zahlenmäßig überlegen waren, wurde Franz I., der sich in dem Glauben, unverwundbar zu sein, mitten ins Schlachtgetümmel gestürzt hatte, vom Pferd gestoßen. Mit blutüberströmtem Gesicht schlug er weiter wie ein Berserker um sich, bis er schließlich als der König von Frankreich erkannt und dingfest gemacht wurde. Man brachte den prominenten Gefangenen nach Madrid, wo er vertraglich auf die unteritalienischen Gebiete verzichten sollte und obendrein noch auf Burgund. Der französische König ließ sich mit diesen erzwungenen Zusagen Zeit, denn einerseits lebte es sich nicht schlecht in »ehrenvoller Haft« und andererseits wusste er Frankreich in den besten Händen. Seine Mutter Louise von Savoyen führte einstweilen die Regierungsgeschäfte. Er hatte ihr nach der Gefangennahme ein kurzes Schreiben zukommen lassen, in dem es hieß: »Madame, um Euch kundzutun, wie weit das Übermaß meines Unglücks reicht, so wisset, daß mir nur die Ehre und das nackte Leben verblieben sind … Indem ich Eure Enkel und meine Kinder Eurem Schutze anempfehle, bitte ich Euch inständig, dem Überbringer dieses Briefes sicheres Geleit für den Weg nach Spanien und zurück zu gewähren, da er beim Kaiser in Erfahrung bringen soll, wie dieser mich behandelt zu sehen wünscht.«

Schließlich akzeptierte der französische König alle Bedingungen, sodass man den Frieden von Madrid 1526 schließen konnte. Die Tinte war auf den Urkunden noch nicht getrocknet, als man den französischen König schon in allen Ehren ziehen ließ. Und da Karl V. seinen Kontrahenten immer noch nicht durchschaute, vertraute er darauf, dass dieser sein gegebenes Wort auch einhalten würde. Aber kaum hatte Franz die französische Grenze überschritten, erklärte er alle Zusagen für null und nichtig, weil sie unter Druck zustande gekommen wären, sodass der Kampf um die Vormachtstellung in Europa weitergehen konnte. Neue Machtkonzentrationen ergaben sich, in denen der Papst und die Türken eine wesentliche Rolle spielten, immer natürlich gegen die Habsburger gerichtet. Die Osmanen, gefürchtet in halb Europa, waren auf Grund eines Geheimabkommens gern gesehene Gäste in Frankreich, sodass im Reich das Gerücht in Umlauf war, dass man sich ohne weiteres am Hofe Franz I. in türkischen Gewändern zeigen konnte, während man verfolgt worden wäre, wenn man deutsche Kleidung getragen hätte.

Obwohl seine Kämpfe im Norden und Westen beinah erfolglos blieben, war es Franz auf die Dauer gelungen, Mailand zu erwerben und gleichzeitig große Gebiete in Oberitalien zu besetzen. Und da der König ein großer Kunstliebhaber war, kam er hier mit den bedeutendsten Malern und Bildhauern seiner Zeit in Verbindung. Er lud Leonardo da Vinci nach Frankreich ein, wo der berühmte Maler blieb und schließlich auch starb. Durch die Anwesenheit der Künstler und Wissenschaftler war der Hof Franz I. zu einer wahren Kunstmetropole aufgestiegen, wozu auch der Lebensstil des Herrschers beitrug. Als echter Renaissancefürst umgab sich der König nur mit Menschen, die ihn bewunderten und gleichzeitig interessierten. Franz I. führte ein exzessives Leben, er schöpfte aus dem Vollen, nachdem er allgemein die Steuern hatte erhöhen lassen und besonders die Bauern schröpfte. Aber er brauchte an allen Ecken und Enden Geld, für seine Kriege, aber auch für die prachtvollen Schlösser, die er erbauen ließ und wo er glanzvolle Feste gab, denn als begeisterter Kunstmäzen scheute er keine Kosten, wenn es um persönlichen Luxus ging. Daneben beschäftigte sich Franz, der selber hoch gebildet war, mit den Errungenschaften der Wissenschaft und gründete in Paris das heute noch bestehende Collège de France, in dem damals die drei Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch gelehrt wurden.

Mit seiner ersten Gemahlin Claude de France hatte der König acht Kinder, von denen Heinrich und dessen Bruder als Geiseln an den spanischen Hof geschickt worden waren, eine Schmach für den französischen König, die er niemals vergessen konnte. Auch Heinrich II., der nach dem Vater den französischen Thron bestieg, verzieh dem Kaiser diese verlorenen Jugendjahre nie. In der Zukunft ging unter seiner Regentschaft der Kampf gegen die Habsburger weiter, selbst verwandtschaftliche Bande brachten keine Versöhnung!

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