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Umschwärmter Held und kaltblütiger Mörder: Cesare Borgia

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Er war wohl der berühmteste aller Papstsöhne mit seiner makellosen Gestalt, seinem kühnen Wesen aber auch mit seiner unglaublichen Brutalität und Skrupellosigkeit. Cesare Borgia wurde geliebt und gehasst, ohne dass man sein Wesen je ergründen konnte.

Bis heute gibt es zahllose Hinweise auf das zügellose Leben des Papstsohnes, der alle Höhen und Tiefen seiner Zeit durchlebte. Schon als Cesare als Sohn des Ehepaares Domenico Giannozzo da Rignano und Vanozza de’ Cattanei im September 1475 geboren wurde, wusste ganz Rom, dass der eigentliche Vater Rodrigo Borgia hieß und einer der reichsten Kardinäle der Stadt war. Aber der spätere Papst Alexander VI. legte großen Wert auf die »Nicht-Vaterschaft«, obwohl er eine geheime Urkunde in späterer Zeit unterzeichnete, in der er Cesare ausdrücklich als seinen leiblichen Sohn anerkannte. Wie ein guter Vater sicherte er Cesare schon als kleines Kind materiell gut ab, indem er ihn mit sieben Jahren zum Apostolischen Pronotar ernannte, zusätzlich erhielt er noch eine Kanonikerstelle in Valencia.

Cesare war nicht nur ein hübsches, sondern auch ein intelligentes Kind, das zunächst bei der Mutter lebte und später von Verwandten aufgezogen wurde. Er lernte leicht, vor allem die Sprachen Spanisch, Italienisch, Französisch, aber auch Latein und Griechisch beherrschte er schon sehr bald. Was aber an ihm bei jeder Gelegenheit auffiel, war sein ungewöhnlicher Wagemut, der an Tollkühnheit grenzte. Das war etwas, was man im Rom der Renaissancezeit liebte, schöne, geistreiche Männer, die keine Gefahr scheuten. Ein Musterbeispiel seiner körperlichen Stärke lieferte Cesare, als er sich bei einem Umzug als Stierkämpfer betätigte, wobei er vom Pferd aus einem Stier mit einem Schlag den Kopf abschlug. Dass er auch bei Menschen nicht zimperlich sein würde, dachte sich vielleicht so mancher Zuschauer im Stillen!

Nachdem dem jungen Mann noch andere Kirchenpfründen zugesprochen worden waren, galt er als so vermögend, dass er als Student in Peruga und in Pisa das Geld mit vollen Händen ausgeben konnte. Die Feste in seinem Hause wurden legendär, nicht nur wegen der üppigen Speisen, die aufgetragen wurden, sondern vor allem auch durch die schönen Damen, die man überall spärlich bekleidet in den prunkvollen Räumen erblicken konnte. Cesares Lebensstil machte schon bald die Runde und kam auch dem päpstlichen Vater zu Ohren – Rodrigo Borgia war am 11. August 1492 zum Papst gewählt worden –, der selbstverständlich jetzt in seiner neuen Position eine andere Stellung für seinen Sohn finden musste. Der Kardinalshut war die richtige Bekleidung für den jungen Mann, der natürlich niemals daran dachte, irgendeine geistliche Funktion auszuüben, geschweige denn die Priesterweihe zu empfangen. Denn wie es um seine religiöse Einstellung bestellt war, wussten nicht einmal seine engsten Vertrauten. Auf keinen Fall lebte er christlich! Dabei war sein Vater vorübergehend von dem Gedanken beseelt gewesen, eine tatsächliche Kirchenreform durchzuführen, die vielleicht eine Reformation durch Martin Luther verhindert hätte. Aber das Dolce vita war Alexander VI. wichtiger als eine Reform an Haupt und Gliedern!

Man amüsierte sich weiter im Vatikan, wo Cesare bald zur rechten Hand seines Vaters avancierte und legendäre Feste veranstaltete. Cesare stand dabei als ungewöhnlich umschwärmter junger Mann im Mittelpunkt, obwohl er die Damen, deren er überdrüssig geworden war, keineswegs wie ein Kavalier behandelte. Aber »er übte mit seinem hübschen Gesicht und seinem athletischen Körper die gleiche Anziehung auf Frauen aus wie sein Vater. Er war damals schon bekannt für seine Extravaganz und gab zweifellos viel Geld aus für kostbare Stoffe und Berberpferde … Mit der prächtigen Kleidung wollte er ablenken von seinem von der Krankheit entstellten Gesicht.« Denn Cesare Borgia hatte sich wie viele seiner Zeitgenossen mit der »Franzosenkrankheit«, der Syphillis, angesteckt, die durch die französischen Soldaten und deren Liebchen in Neapel verbreitet wurde.

Es war für Papst Alexander und seinen Sohn Cesare eine schwere Zeit, als der französische König Karl VIII. mit einem internationalen Heer Rom einnahm. Der Papst schloss mit ihm erzwungenermaßen einen Kompromiss und willigte ein, dass Cesare als Geisel mitgeführt werden sollte. Mit sieben Mauleseln, die mit schweren Truhen beladen waren, wurde der Papstsohn von den Franzosen aus der Stadt geführt. Die Bewachertruppen waren sich ihrer Sache ganz sicher, sie hatten keineswegs mit der Tollkühnheit Cesares gerechnet. Denn in einem unbewachten Augenblick schwang er sich auf das nächste Ross und ritt wie der Teufel aus dem Lager. Und da keiner so hervorragend wie er reiten konnte, war es für die Soldaten unmöglich, ihn einzuholen. Es war ein abgekartetes Spiel, denn die Truhen waren mit Ziegelsteinen beladen gewesen.

Papst Alexander hatte mit seinem Sohn große Pläne, da er ein eigenes Borgia-Herzogtum gründen wollte – mit Cesare als Herrscher. Um dies zu ermöglichen, war es aber notwendig, dass Cesare seine Kardinalswürde zurückgab, etwas, was es noch nie gegeben hatte! Und da ein zukünftiger Herzog nicht unbeweibt sein konnte, ging Cesare auf Freiersfüßen. Da man aber überall über seine dubiose Abstammung Bescheid wusste und er auch sonst kein unbeschriebenes Blatt war, sträubte sich so manche Prinzessin, ihm die Hand fürs Leben zu reichen. Erst in Frankreich fand sich die Schwester des Königs von Navarra, Charlotte d’Albret, bereit, in eine Ehe mit ihm einzuwilligen, freilich erst, nachdem Papst Alexander eine erkleckliche Summe dem Brautvater zugesichert hatte.

Was niemand für möglich gehalten hatte, trat ein: Die Braut verliebte sich in ihren Ehemann nach der ausgiebigen Hochzeitsnacht, für die sich Cesare bei einem Apotheker ein Potenzmittel besorgt hatte, das sich aber als Abführmittel erwies. Trotz dieser Malaise verlebten Cesare und Charlotte ein paar schöne Wochen in trauter Zweisamkeit, in denen die junge Frau mit Schmuck und Juwelen überhäuft wurde. Doch dann verabschiedete sich der Gatte und ließ Charlotte, die ein Kind erwartete, für immer zurück. Charlotte verwand diese Trennung nie. Sie gab Order, die Wände schwarz zu verhängen, schlief selber, so wie ihre Tochter Luisa, nur in schwarzer Bettwäsche und speiste mit ihr an schwarz gedeckten Tischen.

Cesare aber schlug sich zuerst auf die Seite des neuen französischen Königs Ludwig XII., dann bekriegte der kampfeslustige Feldherr die mittelitalienischen Städte und wurde schließlich von seinem Vater zum Gonfaniere, zum Oberbefehlshaber des päpstlichen Heeres, ernannt. Immer und überall, wo er hinkam, ließ er meist die Tore gewaltsam öffnen, schaffte jeden beiseite, der sich ihm in den Weg zu stellen wagte, sodass er schon bald im Ruf eines brutalen Machtmenschen stand, was aber diverse Damen nicht hinderte, sich in seine Arme zu werfen. Als Sieger über die unbotmäßigen Städte, die sich gegen den Papst gestellt hatten, zog er in Rom ein, umjubelt vom Volk als Held seiner Zeit.

Mit dem plötzlichen Tod seines Vaters endete auch die Gloria des Sohnes. Denn der neue Papst Julius II., mit dem sich Cesare zu arrangieren geglaubt hatte, zeigte schon nach kurzer Zeit ein völlig anderes Gesicht. Der berühmte Machiavelli, der ein Anhänger Cesares gewesen war, hatte den Handel durchschaut und Cesare gewarnt. Aber es war schon zu spät. Julius II. enthob Cesare all seiner Ämter und ließ ihn im Vatikan gefangen halten. Wie schon so oft gelang es Cesare nach Neapel zu fliehen, wo er sich in Sicherheit wiegte. Aber König Ferdinand gab dem Drängen des Papstes nach und lieferte den prominenten Flüchtling aus. Man brachte Cesare nach Spanien, wo er ein Jahr in Einzelhaft in der Festung Chinchilla schmachtete. Auch hier floh er über einen seidenen Strick, wobei er allerdings verletzt wurde. Kaum genesen versprach er seinem Schwager – immer noch kampfeslustig wie er war – , ihn im Kampf um die Festung Viana zu unterstützen, was er mit dem Leben bezahlen sollte. Seine Feinde lockten ihn in einen Hohlweg, wo er am 12. März 1507 erschlagen wurde.

Seltsamerweise wurde Cesare Borgia in der Kirche Santa Maria in Viana unmittelbar vor dem Hochaltar beigesetzt. Aber immerhin war er der Sohn des Papstes und einst Kardinal gewesen!

Der nächste Bischof allerdings, der keineswegs mit den Handlungen seines Vorgängers einverstanden war, verfügte allerdings, dass der Leichnam Cesares wegen des anrüchigen Lebens, das der Papstsohn weiland geführt hatte, aus der Kirche entfernt wurde. Man bettete das, was von dem einstmals schönen Mann übrig geblieben war, vor die Kirchentore um.

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