Читать книгу Verdammt. Verliebt. - der Nr.1 amazon Bestseller über eine Liebe, die nicht sein kann, aber sein muss, weil sie von anderen beschloßen wurde - Simona Dobrescu - Страница 11
ОглавлениеKapitel 5
Mein Spind, tatsächlich Nummer 251, entpuppte sich als ein leicht ramponiertes Blechmonstrum direkt neben Drews. Gerade dabei meine Bücher darin abzuladen und nach meiner Tasche greifen, tauchte sein Gesicht plötzlich neben mir auf.
„Hau ab.“
Ich zuckte zusammen, ob des kritischen Blickes, der seine Augen zu schmalen Schlitzen verzogen hatte.
„Wie bitte?“
„Eine Sekunde“, sagte er und legte seine Hand auf meinen Unterarm, während er mit dem anderen um mich herumgriff.
„Sie hat kein Interesse“, stellte er klar, und zerrte einen Jungen unseres Alters unsanft weg, den ich weder bemerkt noch gehört hatte.
Wie lange steht er schon da?!
„Drew, Alter“, er verwies demonstrativ auf seinem Arm, der unter Drews Griff an der Druckstelle weiß wurde.
„Sag ‚Bye, Mimi‘.“
„Bye, Mimi?“
„Das war dein Stichwort, Finn. Verzieh dich.“ Drews Stimme machte klar, was passieren würde, wenn nicht, und nach einem letzten Blick, der ihm von meinem Freund ein „beweg dich“ einbrachte, trottete Finn davon. Zwei weitere Schüler, die mir bis dato flirtend zugelächelt hatten, schreckten auf, während Drew sie anstarrte, und verschwanden so schnell, dass ich schwören könnte, sie hätten eingebaute Motoren.
Erst nachdem sie außer Sichtweite waren und Drew den Gang gecheckt hatte, ließ er mich los und setzte ein zufriedenes Lächeln auf.
„Psycho“, grinste ich und stieß ihn mit dem Ellbogen.
„Ich passe nur auf dich auf.“
„Kontrollmonster.“
„Ja, ja, danke mir später“, sein Lächeln wurde nur breiter und ich stöhnte. „Wie war es?“
„Beeindruckend unspektakulär“, erklärte ich, indes er die Kombination für sein Schließfach eingab, es öffnete, seine Footballjacke hineinschmiss und die Tür mit einem lauten Knall zudonnerte. Erleichtert nickte er.
„Was habe ich gesagt?“
Ich lehnte mich mit der Schulter an den Metallschrank und legte mir nachdenklich den Zeigefinger an die Lippen. „Dass dich ein guter Katalysator locker zweihundert Dollar kosten wird, ein Drive beim Football aus vielen Plays besteht oder dass du dir lieber mit einer heißen Nadel in den Augapfel stechen würdest, als dir jemals einen Irokesen schneiden zu lassen. Und das sind nur die Highlights der letzten Tage.“
„Schön zu merken, dass einem zugehört wird“, erwiderte er feixend, nahm meine Hand und zusammen liefen wir in die Richtung, in die viele Schüler scharenweise strömten. Er versuchte mich gegen das Rempeln und Stoßen abzuschirmen und öffnete die Schwingtür zu den heiligen Hallen.
Die Mensa war riesig und obwohl es zwei Pausenblöcke gab, war sie bereits im ersten, meinem, restlos überfüllt. Wir kämpften uns den Weg zur Essensausgabe frei und trieben mit dem Strom in den hintersten Bereich, wo die Tische weiter auseinander standen. Ich drückte die Schultern durch und versuchte selbstsicher auszusehen und nicht wie das Mädchen, das jedes Augenpaar anstarrte, weil sie glaubten meine Geschichte zu kennen, sie einen Fernseher, ein Zeitungsabo oder Radio besaßen. Einige Jungs pfiffen, ehe sie sich an mir vorbeidrängelten, und warfen mir eindeutige Blicke herüber, die meisten Mädchen begnügten sich mit hasserfülltem Stieren. Und die ganze Zeit über kam ich mir vor wie in einem Fischschwarm gefangen und fragte mich, was passieren würde, wenn sich einer dazu entschloss, in die Gegenrichtung zu wollen. Abby sah uns kommen und rutschte auf, sodass wir uns mit viel Fingerspitzengefühl zwischen sie und Michelle quetschten. Ein Blick auf mein angespanntes Gesicht und sie schielte und lächelte mich albern an.
Puff! Der Großteil meiner Anspannung verflog.
Es war der Sommer vor unserer Einschulung, in dem sie festgestellt hatte, dass ich Grimassen toll fand. Wir lagen in ihrer Hängematte unter den Blättern zweier Eichen, den einzigen Bäumen in ihrem Garten, die stark genug waren, um etwas Derartiges daran zu befestigen, und redeten über den ersten Schultag.
„Bist du aufgeregt?“, fragte ich, während sie den Rest vom Zitroneneis ihrer Mom schleckte. Sie legte den Holzstiel auf den Beistelltisch und warf mir über den Gläsern ihrer runden, blauen Sonnenbrille hinweg stirnrunzelnd einen langen Blick zu. Ihr rechtes Bein hing fast auf dem Boden, das linke war nah an meinem Gesicht. Ich fühlte, wie sie meins unabsichtlich streifte, weil sie sich einen zerzausten Pferdeschwanz band, und wartete. Nach einer kleinen Ewigkeit schloss Abby die Augen. Das bedeutete, sie dachte angestrengt nach. Nach zwei Minuten öffnete sie sie wieder.
„Was, wenn mich die anderen Kinder nicht mögen?“
„Mach dir darum keine Sorgen. Sie werden dich lieben“, versicherte ich ihr.
„Was, wenn ich sie nicht mag?“
„Du magst Andy – er passt auf dich auf. Das hat er mir versprochen.“
Sie verzog die Miene trotzig. Abby war eine Kämpfernatur, sie brauchte niemanden, der sie beschützte, schon gar keinen Jungen. Sie konnte Bäume hinaufklettern, sprang vom höchsten Klettergerüst und angelte Fische mit ihren bloßen Händen. Sie war es, die mir beigebracht hatte, Fußball zu spielen oder Frösche zu fangen. Salto rückwärts zu machen.
„Was ist mit dir? Freust du dich?“
Ich hatte seit Wochen meine Kleidung für die Einschulung, meinen Ranzen, selbst meine Haarspangen für diesen Tag ausgesucht. Doch je näher er kam, desto mulmiger wurde mir zumute. Dadurch, dass ich in den Kindergarten vom Arbeitsplatz meiner Eltern gegangen war, standen die Chancen hoch, dass ich die Einzige in der ersten Klasse sein würde, die niemand kannte. Ich hörte das leise Klirren des Sprenklers, der den Rasen bewässerte, und spielte nervös mit meinem Haar. „Manchmal ja, aber ich weiß nicht, ob es nicht komisch sein wird, die Neue zu sein.“
„Die sind alle neu, Mimi. Es ist der erste Schultag!“
„Das meine ich nicht.“
Ich schaute hoch in die Wipfel des Baumes, von dem ich ein paar Wochen zuvor bei einem unserer Kletterwettbewerbe heruntergefallen war. Zum Glück schaffte ich es, mich auf dem Weg nach unten an einem Ast festzuhalten und Abby abzubremsen, die unmittelbar nach mir auch den Halt verlor. Wir hatten untereinander gehangen, ihre Hand fest in meiner, ihre Beine fünf Meter über der Erde, und so lange hysterisch gelacht, dankbar füreinander, dass uns die Tränen gekommen waren.
„Wir sind endlich quitt“, hatte ich grinsend bemerkt, sobald sie heruntergesprungen und ich neben ihr gelandet war. Ich war fünf Jahre alt und Carrie Armstrong hatte mir auf meiner Geburtstagsfeier meinen roten Buntstift einfach weggenommen. Abby war zu ihr gelaufen und hatte sie dafür in den Arm gezwickt, bis sie ihn fallen lassen musste.
„Die regt sich schon wieder ab“, hatte meine beste Freundin mich beschwichtigt, indes Carrie weinend zu ihrem Dad gelaufen war. Ein Jahr später wischte Abby meine Bedenken erneut mit einer energischen Geste weg.
„Du warst schon immer hübsch, Mimi. Ich glaube, dass dir das helfen wird.“
Der Satz hatte ihrem Blick zufolge eine tiefere Bedeutung, die mir entging.
„Und wenn das nicht hilft, kennst du die Wasserpistolenweltmeisterin“, fügte sie hinzu und ahmte Andys und Grants Gesichtsausdruck nach, während wir sie gestern von ihrem Fenster aus beschossen hatten. Grant hätte beinahe eine Bruchlandung hingelegt, so unvorbereitet traf ihn der Wasserstrahl im Gesicht. Ich lachte und hielt mir die Hand vor den Mund, weil mir einfiel, dass ihre Grandma letzte Woche gestorben war und ihre Mom das unpassend finden könnte. Abby hingegen presste ihre Hände gegen die Wangen und schielte und ich hielt mir den Bauch, weil sie Andy perfekt imitierte. „Ihr zwei kichert besser nicht weiter, wir sind Jungs! Wir haben erfunden wie man Wasserbomben wirft.“
Ich schreckte auf, gerade da ich den echten Drew „sexy“ sagen hörte und Abby ihm daraufhin die Zunge herausstreckte, bevor sie mir zuzwinkerte und ihr Gesicht wieder normal wurde. Michelle verwies darauf, dass es das Sinnvollste für Gesichtsmuskeln wäre, sie regelmäßig zu beanspruchen und erbrachte den Beweis, indem sie ein Schnute zog.
Das ganze Essen über drehte sich um meine Party. Ständig prasselten Fragen auf mich ein, Ratschläge, witzige Begebenheiten, Klatsch und Tratsch. Den Unfall ließen sie weg, wofür ich ihnen unendlich dankbar war. Ich hatte beschlossen, neu anzufangen, und in diesen Momenten am Tisch lachte und erzählte ich fröhlich. Dabei fühlte mich einfach wohl und vergaß für vergängliche Minuten, dass ich eigentlich nicht hierher gehörte.
Minuten später war die Pause auch schon um.
Vorsichtshalber nahm ich mir einen Apfel mit und hoffte, ihn irgendwann zwischen den Stunden essen zu können, doch nach der letzten Stunde, ausgerechnet Sport, hatte ich noch nicht einmal hineingebissen und freute ich mich darauf, stand wieder an meinem Spind und sortierte die nötigen Bücher für meine Hausaufgaben.
Zuerst war es nur ein Wispern.
Hätte es nicht meine Gedanken durchkreuzt, wäre es mir nicht aufgefallen. Aber wie ein Radio, das man langsam lauter dreht, bahnte es sich schleichend den Weg in mein Bewusstsein und meine Aufmerksamkeit. Erstaunt hielt ich inne und horchte.
Ein herrlicher Klang erfüllte wie aus dem Nichts kommend den ganzen, belebten Korridor und griff mit klammen Händen nach meinem Herz, als eine unendlich traurige Stimme den mir nur flüchtig bekannten Text zu singen begann, erst zaghaft, schließlich entschlossener. Verwundert stellte ich meine Bücher zurück in den Spind und schloss die Tür, lauschte intensiver, erkannte aber nicht mehr denn ein paar Worte: „Amores dolores …“
Dasselbe hatte sie wiederholt, während ich mich vor dem Reiter im Gebüsch versteckt hatte.
Vorsichtig ließ ich meinen Blick nach allen Seiten wandern, aber außer mir hielt niemand sonst inne, um ihr zuzuhören. Keiner blieb stehen und ließ sich von der großartigen Sängerin in ein Land entführen, wo es weit und friedlich war.
Alles war wie immer und nichts war wie sonst.
Und dann erklangen Huftritte.
Schreie.
Sengende Hitze und verzweifelte Stimmen, Wiesenduft und Blumenaromen.
Drew, der bei einem Freund stand und mir etwas zurief, ein Wort, das ich, von der lauter werdenden Musik übertönt, nicht verstand. Das Crescendo der schönen Stimme verdrängte ihn und schließlich auch jeden anderen Schüler vollständig aus meiner Wahrnehmung, filterte sie durch ein Netz von Gerüchen und Geräuschen. Ich blinzelte hoch in eine viel zu große Sonne und hielt die Luft an.
Wandte mich zurück zu meinem Spind. Und plötzlich war ich allein.
Das Gedränge im Gang war verschwunden, die Gespräche verhallt, meine Mitschüler fort. Die Schule, wie leer gefegt, trug Züge einer Bühne, auf der das melancholische Lied sich entfalten, widerhallen, empfunden werden konnte.
Nach einem flüchtigen Moment der Verwirrung legte sich abgrundtiefe Ruhe auf mein aufgewühltes Gemüt und mit ihr trat ein tiefer Seelenfrieden ein. Ich gab dem Drang nach und schloss genüsslich die Augen, lehnte mich dabei an den Metallschrank, der meine einzige Verbindung zur Realität war, und beschloss, den Augenblick auszukosten, bis das Lied verhallen würde. Es war mir ein elementares Bedürfnis, dem ich nicht widerstehen konnte.
Einer Eingebung verdankte ich es, dass ich sie dennoch plötzlich wieder öffnete.
Intuitiv wandte ich den Kopf in Richtung Eingangstür und erstarrte.
Eine Hand an der eingelassenen Glasscheibe, ganz, als wäre er gerade im Begriff gewesen, sie aufzustoßen und eintreten zu wollen, in der anderen einen Notizblock stand der Junge mit der Kutte da und sah mich fassungslos an. Seine Augen so blau wie in meiner schwammigen Erinnerung, seine Statur so groß und breit wie vor zwei Nächten. Das Einzige, was ihn von meinem Retter unterschied, war seine Kleidung. Eine mit den Initialen der High School versehene Footballjacke, aus der ein marineblauer Polokragen hervorblitzte, und Jeans, die seine Proportionen perfekt betonten.
„Amores dolores, voluptas dolores“, ertönte es nun empfindlich lauter. Das Lied verwandelte sich in eine Arie, die sich liebevoll an mich schmiegte, aber mich genauso wenig dazu bewegen konnte, meinen Blick von ihm abzuwenden, wie er sich scheinbar damit quälte, meinen zu halten.
Die Sekunden vergingen und in seine Augen mischte sich ein undefiniertes Grauen, das ich nur am Rande registrierte. Ein flaues Gefühl machte sich als Reaktion darauf in meiner Magengegend breit. Erst war es nur ein Druck auf meinen Unterleib, unmittelbar darauf schien er meinen ganzen Körper zu durchwandern. Meine Hände wurden kalt und taub und Schlieren vernebelten mir die Sicht, während mir unsichtbare glühende Fäuste mit brachialer Gewalt gleichzeitig wuchtige Hiebe in den Bauch und auf meine Wunde versetzten.
Ich verdankte es reiner Willenskraft, nicht ohnmächtig zu werden.
Unsicher blickte ich zu ihm, unfähig einer Regung, da der allgegenwärtige Schmerz jede Faser meines Seins infiltrierte, meine Adern sprengte, Knochen zertrümmerte – bis in die kleinsten Atome – und das physisch, mir die Luft aus der Lunge presste und ich mir hilflos an den Hals griff. Sein Blick folgte meiner Handbewegung und huschte augenblicklich von meinem mit Schweißperlen bedeckten Gesicht zum Handgelenk, indes er einen Schritt auf mich zu machte. Zuerst dachte ich, er würde mir helfen. Und in dieser flüchtigen Annahme empfand ich friedlichste Wärme, ähnlich der Rast nach einem endlosen Marsch. Mein Körper summte glücklich und schwerelos.
Doch dann überlegte er es sich anders und beim neuerlichen Anblick seiner plötzlich von Schmerz gefluteten Augen schauderte es mich.
Sie brannten hasserfüllt.
Die offene Abneigung traf mich heftig und ich drehte mich schützend weg, ahnend, was nun folgen würde. Mein gebeutelter Körper zitterte stärker, ein Umstand, den ich nicht für möglich gehalten hatte, meine Eingeweide bebten unter dem lauten, verzweifelten Geschrei, fühlten sich an, wie wenn sie versuchen würden sich neu zu einem matschigen Brei zusammenzusetzen.
Und dabei scheitern.
Gerade da ich versuchte, die Tränen mit Gewalt zurückzuhalten, verstummte das Gezerre abrupt. Mit ihm brach das Lied ab und der Schmerz verflog schnell genug, dass mein Körper sich fast übergab, bevor er hilflos von einer genervt dreinblickenden Menschenmasse achtlos hin und her geschleudert wurde. Orientierungssuchend erhaschte ich einen Blick auf meinen Spind, der auf der anderen Seite des Ganges war, bevor mich jemand packte und aus dem Schülerstrom zog.
„Mimi?“
Ich erkannte eine rote Nietenzunge, spürte zwei Arme, die sich beschützend um mich legten. Der Versuch, vorsichtig tief einzuatmen, scheiterte kläglich und ein Schluchzen entrang sich meiner Kehle. Ebenso schlecht war es um meine Standhaftigkeit bestellt. Ich gab auf und reduzierte mich darauf, mich zu beruhigen.
Es schien eines meiner Hobbys zu werden, mich regelmäßig am Rande der Hyperventilation zu bewegen. Mein Magen flau, mein Kopf leicht, fragte ich mich, ob es sich in etwa so anfühlen musste, wenn der Druckabfall in einem Flugzeug einsetzte, und zuckte bei der Vorstellung zusammen.
„Hey, kannst du mich hören?“ Gabes Gesicht tauchte vor meinen Augen auf, Besorgnis malte sich darauf ab.
„Ja.“
„Schön. Hier, trink das.“
Begierig riss ich ihm die Wasserflasche aus der Hand und verschluckte mich zweimal dabei, das kühle Nass meine Kehle hinunterzuspülen.
„Danke.“
„Geht es dir gut?“ In seinen Augen erkannte ich mein leichenblasses Spiegelbild und nickte. „Du klappst mir doch nicht zusammen, oder?“
Der feine Schweißfilm auf meinem Gesicht kühlte meine erhitzten Wangen. „Nachwehen vom Freitag“, erklärte ich ihm halbherzig und starrte zur Eingangstür. „Mein Kopf bringt mich fast um.“
Von dem Jungen keine Spur mehr.
Mein Gegenüber wirkte unüberzeugt.
„Was hast du mit ihr gemacht?“, erklang eine neue wütende Stimme und ich realisierte, dass ich noch halb an Gabes Brust lehnte. Peinlich berührt streckte ich die Hand nach Drew aus, der vermutlich kurz davor war sich auf ihn stürzen. Er zog mich fort von meinem neuen Bekannten und stattdessen zu sich. Sein forschender Blick glitt dabei von Gabe zu mir.
„Er hat mir geholfen“, fühlte ich mich verpflichtet, ihn zu verteidigen, und fügte hinzu: „Drew, das ist Gabe. Er ist auch neu.“
Sie reichten sich die Hand und musterten sich dabei gegenseitig. Die Geste erinnerte mich an alte Western, wo die Kontrahenten sich umkreisten, bevor einer das Duell mit dem schnellsten Schuss beendete. Offenbar schenkte Drew mir schließlich Glauben und entspannte sich, während Gabe ihn einfach höflich anlächelte.
„Meine Wunde“, sagte ich kryptisch und fühlte, wie es mir mit jedem Atemzug besser und besser ging.
„Was hältst du von einem Besuch bei der Schulschwester?“
„Nichts.“
„Mimi, du bist bleich wie ein Tischtuch.“
Ich fühlte mich wieder blendend. Zumindest körperlich. „Das legt sich.“
Gabe seufzte. „Am besten, du legst dich wirklich ein wenig hin.“
„Zu Hause, ja.“
Demonstrativ nahm ich die Tasche aus meinem Schrank und sperrte ihn zu.
Drew nahm sie mir ab. „Das heißt wohl, wir fahren?“
„Ja.“
„Wie du meinst.“
„Können wir dich vielleicht irgendwo absetzen?“, fragte ich Gabe, dessen Blick noch einmal von Kopf bis Fuß über mich huschte und am Ende den Kopf schüttelte. „Mein Onkel holt mich ab.“
„Los geht’s.“ Drew ergriff meinen Arm, um mich von dem Neuen fortzuziehen. Und mich gleich darauf wieder loszulassen, als hätte er einen Stromschlag abgekriegt. In derselben Sekunde fühlte ich es auf meiner Haut knistern.
Das rote Seidenarmband glühte.