Читать книгу Verdammt. Verliebt. - der Nr.1 amazon Bestseller über eine Liebe, die nicht sein kann, aber sein muss, weil sie von anderen beschloßen wurde - Simona Dobrescu - Страница 9

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Kapitel 3

„Mimi, wenn du mich hören kannst, drück meine Hand.“

Die Stimme klang besorgt, vertraut und unruhig. In sie mischten sich weitere Klänge, Türen, die auf und zu gemacht wurden, Musik, Anfeuerungsrufe, ein Poltern. Ich kämpfte mir den Weg frei, durch dicken Nebel auf die vielen gedämpften Stimmen zu, die in meinem wummernden Kopf hallten, laut und weit weg, nah und doch fern. Dann roch ich Zimt und wusste, ich war bald da.

„Sollen wir sie aufrichten?“

„Ich glaube, es wäre besser, sie nicht noch mehr zu bewegen.“

„Weil das viel anders ist als ihr ständiges Um-sich-Treten.“

„Wenigstens wissen wir, dass sie sich nichts an der Wirbelsäule getan hat“, flüsterte die erste Stimme leicht gereizt zurück.

„Bist du sicher, dass sie nur ohnmächtig ist? Die Wunde sieht schlimm aus.“

„Sie bewegt sich, sie spricht, das sind wichtige Funktionen, wenn du mich fragst. Und sie ist deren fähig.“

„Aber warum wacht sie nicht auf?“

„Ich weiß es nicht“, lautete die knappe Antwort.

„Wir müssen sie zu einem Arzt schaffen.“ Eine neue, belegte Stimme erklang dicht an meinem Ohr. „Mimi? Melody!“

„Anschreien ist bestimmt hilfreich, Drew.“

„Hör auf zu klugscheißen und hilf mir lieber, sie hochzunehmen. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus.“

Ein leises Pochen setzte ein. Es vibrierte in meinem Kopf. Der Zimtgeruch wurde stärker.

„Das reicht. Ich rufe ihre Tante an.“

Tante.

Meine Ohren klingelten bei dem Wort.

Das vage Bild einer jung gebliebenen Frau mittleren Alters kam mir in den Sinn. Sie hatte dunkle Haare und ein ovales Gesicht, wie jemand, den ich kannte. Liebte. Vermisste.

„Nein!“, rief ich energisch und schlug die Augen auf.

Um mich herum stand eine Handvoll Leute, die meisten mit besorgten Mienen. Sobald ich zu sprechen begonnen hatte, erstarrten sie und schauten mich an. Es wirkte wie Leben im Standby.

„Melody!“, zwei Arme umfingen mich stürmisch und drückten mir die Luft aus der Lunge, „dem Himmel sei Dank.“

Ich bedeutete ihr, den Griff zu lockern, während Abbys Getränk in der Hitze ihrer euphorischen Geste überschwappte und neben mir auf dem cremefarbenen Teppich landete. Sie nannte mich nie bei meinem vollen Namen. Nur wenn sie wütend war. Oder panisch.

Irgendetwas war faul.

„Warum liege ich auf dem Boden?“, schaffte ich in einem Zug hervorzubringen. Mit extrem belegter und brüchiger Stimme, als wäre ich eben erst nach tagelangem Schlaf aufgewacht. Den Versuch, mich dabei aufzusetzen, bereute ich sofort, nachdem mir bittere Übelkeit mit Schallgeschwindigkeit die Speiseröhre hochstieg. Meine Sicht wurde milchig-trüb, aber das Handy erkannte ich noch rechtzeitig.

„Nein. Bitte!“, ich brach ab, um wenigstens den wichtigsten Gedanken zu formulieren, den ich hatte, „bitte niemanden anrufen.“

„Bleib liegen“, Abby steckte ihr Handy wieder weg, setzte sich neben mich, hob vorsichtig meinen Kopf und bettete ihn zaghaft auf ihrem Schoß. Ihre langen hellbraunen Haare kitzelten mein Gesicht und ich versuchte sie wegzuwischen. Ihren wachsamen Augen, sonst in der Farbe von Erde, fehlte der Glanz, aber das ihr eigene zimtige Aroma haftete ihr nach wie vor an. Die leiseste Bewegung führte dazu, dass es mir heiß und kalt den Rücken herunterlief. Sie bemerkte mein Frösteln, legte mir prüfend die Hand auf die Stirn, nickte zufrieden und verteilte, ganz in ihrem Element, Befehle an die Anwesenden.

„Tori, bring ihr ein Glas Wasser, Drew, hol ihr eine Kompresse, oberstes Fach im Kühlschrank. Michelle, sieh zu, dass du die Musik leiser drehst und den Leuten Bescheid gibst, und oh – hol den Sekt aus dem Kühler!“ Noch während sie sprach, entfernten sich Schritte, eine Tür wurde geöffnet, laute Musik erklang, gemischt mit vielen Stimmen und lautem Lachen, ehe sie ins Schloss fiel und es stiller wurde. Wir waren plötzlich allein.

„Was ist passiert?“, wollte ich wissen, da ich mich etwas gesammelt hatte und endlich in der Lage war, mich aufzurichten.

„Sag du mir das! Wir haben dich länger nicht gesehen, und da fiel Tori ein, dass du Getränkenachschub holen wolltest. Also bin ich hinterher, nachschauen, wo du bleibst. Ich dachte, dir wäre vielleicht ein schnuckliger Kerl über den Weg gelaufen und du seist mit ihm verschwunden.“ Ich verdrehte die Augen, so gut ich trotz Kopfweh konnte, und ihr Grinsen verschwand, indes sie fortfuhr: „Du lagst reglos am Ende der Kellertreppe, Süße. Ich bin zu dir, habe an deiner Schulter gerüttelt, mit dir geredet, aber du hattest blaue Lippen, warst verdammt blass und einfach nicht zu Bewusstsein zu kriegen, da habe ich Drew gerufen. Er hat dich in das nächstgelegene Zimmer getragen. Mein Gott, Mimi, dein Gesicht, weiss wie Schnee! Deine Hände ganz kalt, dein Puls schwach. Ich dachte für einen Moment, du seist –“ Ihre Stimme erstarb und sie schluckte schwer. „Na, jedenfalls meinen wir, du wärst gestolpert und dabei wohl auf deinem Hinterkopf gelandet.“ Ihre Augen fixierten meine Haare. Ahnungsvoll suchte ich die Wunde und stöhnte, sobald ich den riesigen Schnitt fand. Ich tastete an ihren Rändern entlang und atmete durch den Mund, weil ich klamme Feuchtigkeit fühlte. Die Frage hing noch in der Luft, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, also zuckte ich hilflos die Schultern.

Abby schaute mir beruhigend in die Augen und erzählte weiter: „Sie hat stark geblutet, aber sofort aufgehört, nachdem wir den Seidenschal zur Kompresse zweckentfremdet haben. Sorry, er war das Einzige, was wir schnell auftreiben konnten.“

„Du wirst aufs Krankenhaus bestehen, hab ich recht?“

„Verwette deinen Allerwertesten darauf“, sagte sie, während ich verwirrt auf das am Boden liegende Geschenk meines Onkels blickte und die Augen schloss. Rot-bräunliche Flecken vermischten sich mit dem Batikmuster.

„Geht es?“

Bilder von Sternenregen blitzten in meinem Bewusstsein auf und wechselten sich mit Schatten von rot unterlaufenen und meerblauen Pupillen ab. „Ich kann kaum die Augen offen halten.“

Matt machte ich sie zu und rieb mit der rechten Hand vorsichtig darüber.

„Kein Problem, du verpasst nicht viel. Nur Sean in deinem neuen Bikini, Grant, wie er in ’nem Tanga auf der Theke strippt und – Himmel, Herrgott und Jesus!“, ich öffnete die Augen wieder, da sie sich die Hände geschockt vor dem Mund schlug und aus dem Fenster in Richtung Swimmingpool blickte, „Hayden, wie er sich von Michelle einen Zehner in den String stecken lässt.“

„Oh mein Gott, sei still. Ich werde nie wieder in der Lage sein, meine Augen zuzumachen.“

Abby schmunzelte. „Was mich anbelangt, habe ich diese Eigenheit bereits seit der Sache mit der Pubertät und der gemischten Sportumkleide abgelegt.“

Grinsend schüttelte ich den Kopf und meine Verletzung pochte anklagend, ließ mich abrupt innehalten. Nachdenklich betrachtete ich die Luke-Skywalker-Lampe auf dem Nachttisch. „Ich erinnere mich gerade an deinen Ratschlag, mich mehr unter Menschen zu mischen …“

„Mimi“, sie lächelte jenes sie charakterisierende warme Lächeln, das mich öfter unterstützt hatte, denn ich zählen konnte. „Das solltest du auch. Es wird Zeit, mal wieder nur an dich zu denken. Herauszukommen. Wann hast du das zuletzt getan?“

„Und wie wird das enden? Mit einer Platzwunde am Kopf. Mit einem Notaufnahmebesuch“, ich lachte bitter auf. „Wieso ihnen auch nicht etwas Neues zum Reden geben?“

Mit einer wegwischenden Handbewegung folgte sie meinem glasigen Blick. „Für den Tratsch kannst du nichts, noch kannst du was dagegen unternehmen. Ob du willst oder nicht, du bist und bleibst das Interessanteste, was diesem Kaff in letzter Zeit – jemals! – passiert ist. Die Geschichte war überall in den Medien – was erwartest du da von gelangweilten Kleinstädtern? Auch wenn dein Unfall eben, jetzt da ich genauer darüber nachdenke, irgendwie die richtige Dramatik vermissen lässt. Wärst du von uns gegangen, hättest du wahrscheinlich unsterblich werden können.“

Heimgesucht von dem mulmigen Gefühl, nahe dran gewesen zu sein, versuchte ich, die letzten verstörenden Visionen von Schlössern und Hunden zu vertreiben. Am hartnäckigsten widerstand die Vision eines verhüllten dunklen Prinzen dem Bedürfnis, vergessen zu werden. Ich konnte noch die Hitze seiner Hand spüren, wo er meine gehalten hatte. Den unterschwelligen Schmerz in meinem Gelenk, an dem er mich hinter sich gegen die Höhlenwand geschleudert hatte. Erstaunt hob ich die Rechte vor die Augen und schnappte nach Luft. Meine Hand umgab ein zartes, rotes Seidenband. Abby starrte mich unsicher an, bereit jederzeit doch noch ihr Handy zu zücken.

Theatralisch verdrehte ich die Augen und konzentrierte mich wieder auf unser Gespräch.

„Unsterblich in Mainfield, Kalifornien. Welche Siebzehnjährige träumt nicht davon?“

„Achtzehn“, korrigierte mich eine tiefe, freundliche Stimme, und Drew trat wieder in das Zimmer meines kleinen Cousins, in der einen Hand einen Plastikbeutel mit Eiswürfeln, in der anderen Sektgläser. „Es ist fünf nach Mitternacht.“

„Happy birthday, Süße!“, quietschte Michelle klatschend, lief an ihm vorbei, um mich behutsam zu umarmen und an ihre parfümierte Brust zu drücken. Ich bat sie, mir beim Aufstehen behilflich zu sein, doch Drew war schneller und stützte mich, bis ich einigermaßen sicheren Halt fand. Und das dauerte. Die Welt drehte sich um mich, während ich seufzend darauf wartete, dass sie zusammenbrach.

Sobald ich als Zeichen, dass ich zurechtkam aufblickte, stellte Abby sich auf meine andere Seite. Eingehüllt in den süßlichen Geruch ihres Shampoos und das nach Ingwer und Zitrusöl riechende Aftershave von Drew hielt die Drehung irgendwie an.

„Danke“, lächelte ich und drückte mir abwechselnd die Kompresse an die Stirn und Drew und Abby an mich. Kaum war jeder fertig mit seinen Gratulationen, schwang die Tür auf und Tori stellte die Flasche daneben, verhinderte ein neuerliches Zufallen, musterte mich eindringlich, befand meinen Zustand für akzeptabel und drehte sich weg, um den Daumen in Richtung Küche zu heben.

Hektisches Treiben war auszumachen, dann wurden meine Gäste leiser.

Anfangstakte erfüllten leise, aber anschwellend das dicht bevölkerte Wohnzimmer, die ersten Sekunden von „Happy birthday to you“ erklangen. Die meisten Stimmen fielen gleich in den Gesang der CD mit ein und nach und nach sang die gesamte Feiermeute mit. Abby nahm schnell ihr Halstuch ab und band es mir um den Kopf damit die Wunde provisorisch verdeckt war und es wahrscheinlich sogar noch hip wirkte. Sobald der Stoff sie berührte, biss ich mir vor Schmerzen auf die ohnehin bereits zerbissene Lippe, was sie Gott sei Dank nicht bemerkte. Sie half mir zur Tür, wo ich leicht nervös an meinem funkelnden Paillettenkleid, das nagelneu und sauber aussah, zerrte, ehe sie meine Hand festhielt und ich nickend schluckte. Ich bestand darauf, zwei, drei weitere Meter ohne Hilfe zu gehen, bis ich im Kreis meiner Gesellschaft angelangte, die gerade zum gesanglichen Höhepunkt kam.

„Happy birthday, liebe Mimmmiiii, happy birthday to yooouuu!“

Auch wenn sie einen mittelmäßigen Chor abgaben, war ich derart ergriffen von der Geste, dass ich Mühe hatte, nicht in Tränen auszubrechen. Das musste ihnen bereits zum Hals heraushängen.

Ich beschloss, Abby zuzustimmen. Es war an der Zeit, damit aufzuhören, mein Leben zu vernachlässigen. Ein neues Lebensjahr war eine gute Gelegenheit, den Blick nach vorn zu richten. Dankbar verbeugte ich mich im Rausch des tosenden Applauses und vergaß völlig, wie aufgelöst ich anmuten musste, meine zerstörte Frisur, mein zerlaufenes Make-up. Papierschlangen flogen kreuz und quer durch die Luft und trafen auf bunten Konfettiregen, der auf mich prasselte, indes eine Hand aus der Menge mir ein Glas mit prickelndem Sekt reichte.

Ich nahm mir einen kleinen Moment Zeit und blickte verbunden von einem zum anderen. Ein Augenpaar fiel mir in der Masse besonders auf. Es gehörte einem schlaksigen hochgewachsenen Jungen, der leicht abseits innerhalb einer kleinen Gruppe stand und mir aufmunternd zulächelte. Ich konnte sein hübsches Gesicht keinem bestimmten Namen zuordnen, aber seine hellbraunen, aufrichtigen Augen waren mir auf Anhieb sympathisch.

„Danke“, setzte ich an und musste mich räuspern, um meine Stimme wiederzufinden. Mit einem Strahlen, wie ich es seit Monaten nicht mehr auf meinem Gesicht gefühlt hatte, riss ich mich von dem mir aufmunternd zuzwinkernden Jungen fort und musterte die festlichen Gesichter. Mein Blick verharrte in der Ecke, in der Abby Gates, Tori Sullivan, Michelle Yang, Drew Gardener und sein Zwillingsbruder Sean standen und mir feierlich zuprosteten.

„Wie ihr euch alle denken könnt, waren die letzten Monate für mich nicht leicht“, fing ich an und brach fast wieder ab. Der Kloß in meinem Hals formte sich hartnäckig. „Seitdem ich denken kann, war das Haus meiner Tante, war Mainfield, stets der Ort, an dem ich die besten Sommer meines Lebens verbracht habe.“ Begleitet von einem zustimmenden Pfeifkonzert fuhr ich fort: „Hier gibt es das beste Minzeis, die schönsten Sonnenuntergänge und die nervigsten Bademeister“, wir gedachten kurz Mr. Gordon, der das große Freibad bewachte und leidenschaftlich gern herumbrüllte, jährlich ein neues Geschwür entwickelte, „hier bekam ich meinen ersten Kuss“, die Menge grölte und ich prostete in Drews Richtung, „und das schon im stolzen Alter von elf Jahren, neun Monaten und zwanzig Tagen. Hier leben meine allerbesten Freunde – Abby, Drew.“ Sie wurde rot, aber warf mir eine Kusshand zu und ich lächelte amüsiert. „Aber am wichtigsten ist: Hier habe ich mich niemals einsam gefühlt.“

Stille befiel bei meinen letzten Worten abrupt den Raum. Ohne mein Zutun, dachte ich doch an meine Familie und was mich heute, unverhofft schnell, in die Mitte meiner hiesigen Freunde geschleudert hatte. Räuspernd beendete ich das Schweigen. „Aber heute ist kein Tag, zum traurig sein. Heute bin ich dankbar. Dankbar für eure Unterstützung, für diese Überraschungsparty, für roten Sekt“, mit einer flüssigen Geste erhob ich das Glas mit der importierten Marke, die ich hauptsächlich wegen der Farbe mochte. Gut dreißig Hände machten es mir nach.

„Mainfield ist der Ort, an dem ich die schönsten Sommer verbracht habe – und das wegen euch.“

„Auf Mimi!“, sagte Drew und hob das Glas.

„Auf Mimi!“, hallte es im Chor.

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Natürlich fuhren wir in die Notaufnahme, sobald ich mein Glas leer getrunken hatte und selbstverständlich alarmierte eine der freundlichen Krankenschwestern meine Familie, die aufgelöst zu meinem eisernen kleinen Freundeszirkel dazustieß. Drew, Sean und Abby weigerten sich den Aufforderungen der Schwestern Folge zu leisten und mich zu verlassen, völlig egal, wie oft sie aufgefordert worden waren.

Tante Madison und Onkel Trevor wurden soeben von dem älteren Bereitschaftsarzt darin eingewiesen, ab morgen täglich das Pflaster meiner frisch genähten Wunde zu wechseln, bedankten sich herzlich bei meinen Freunden für ihre tolle Reaktion und baten sie, mir morgen die streng benötigte Ruhe zu gewähren. Eine leichte Gehirnerschütterung und eventuelle Narben waren wahrscheinlich. Sobald der Arzt „Stressvermeidung“ sagte, wusste ich, dass ich mich vorerst von meinem Handy verabschieden konnte, und gab es Maddy freiwillig, bevor sie es auf kreativem Wege einkassierte.

Sie fingen Samstagnacht um kurz nach eins damit an, mich wie ein rohes Ei zu behandeln und hörten bis Montagmorgen damit nicht mehr auf, als meine Tante erschien, um mir erneut beim Duschen zu helfen. Die letzten achtundvierzig Stunden waren dank der Schmerz- und Schlaftabletten in einem Sumpf von Müdigkeit an mir vorbeigezogen und obwohl ich vor dem Zubettgehen nicht an den Jungen aus meinem Traum denken wollte, tauchte er in einem wieder auf.

Und plötzlich erinnerte ich mich, warum er mir bekannt vorgekommen war.

Er und ich hatten uns in meinem Kopf schon oft getroffen, stets an einem Ort, der voller Magie steckte, im wundervollsten Sinne des Wortes. Meinem persönlichen Himmel,

New Haven, Connecticut.

In dem Traum kenne ich jede Bewegung der Grashalme, jede Veränderung der kleinen, weißen Wolken, die sich genau, wenn ich ihn entdeckte, vor die Sonne schoben. Ich warte unter einer raschelnden Baumgruppe und starre gebannt auf eine hohe Gestalt, die auf den steinernen Stufen vor dem Hauptgebäude steht und sich unterhält. Obwohl sich zwischen uns Hunderte anderer Studenten befinden, sehe ich nur ihn, die elegante Kurve seiner Schultern, die Art, wie seine rechte Hand lässig in der Hosentasche steckt, über seiner linken Schulter hängt ein schwarzer Rucksack. Beim Anblick seiner zerzausten dunklen Haare, seiner breiten Schultern zögere ich. Ich weiß nicht warum, aber ich bin unsicher, verspüre Angst und Wut zugleich, meine Emotionen mischen sich in mir zu Verzweiflung und lassen mich nervös meinen Taschenspiegel aus der Tasche herausholen. Ich bin älter, meine Augen verraten, wie verletzt ich bin, dicke schwarze Ringe zeugen von schlaflosen Nächten. Das Gesicht ist gerötet, die Haare verschwitzt von dem warmen Tag. Es muss Frühling sein, die Blätter über meinem Kopf fangen an zu blühen, dennoch liegt ein flüchtige Geruch von Schnee schwebend in der Luft. Eine Glocke ertönt pünktlich und im Takt der Schläge gehe ich los, halte auf ihn zu, meine Hände werden mit jedem Schritt kälter, die Innenflächen feuchter.

Ding. Ding. Ding.

Ich zähle die einzelnen Schläge, um mich abzulenken und laufe nun beinahe, komme ihm näher, indes seine rechte Hand aus der dunklen Jeans, deren Marke ich kenne, weil wir sie zusammen ausgesucht hatten, in den Nacken fährt und er lacht. Das blonde Mädchen bei ihm stupst ihn flirtend an und entdeckt mich, weil ich gerade den Mund aufmache, um ihn zu rufen.

Ding.

Sie verabschiedet sich hastig und starrt mich an, während er sie schnell umarmt, ihr Kiefer fest zusammengepresst, offene Ablehnung und Mitleid deutlich in ihrem Blick. Er wendet sich neugierig in meine Richtung, da machte ein neues Gefühl in meinem Herzen sämtliche anderen zunichte. Kummer.

Er treibt mir Tränen in die Augen, erschwert jeden Schritt und es braucht unmenschliche Kraft, um bei ihm anzukommen.

„Dreh dich nicht um“, sage ich leise, bleibe stehen und spüre, ich könnte es nicht, wenn er mich dabei ansieht. Was es ist, das ich machen will, weiß ich nicht. Ich kann kaum die Konturen seiner Wange ausmachen, doch er hält seufzend inne und kommt meinem Wunsch nach.

Der letzte Glockenschlag ertönt und er sagt meinen Namen, doch der Gong verschluckt seine Stimme. Trotzdem fühle ich die Liebe darin. Jetzt, da ich sie auch außerhalb meiner Fantasie gehört hatte, klingt seine Stimme noch schöner, noch unwiderstehlicher.

Mir stockt der Atem – eine Sekunde lang habe ich Hoffnung. Mit dem nächsten Wort ist sie nur noch eine Erinnerung.

„Geh“, erwidert er entschlossen und versteift sich.

Ich zwinkere und wache auf.

Ich hatte diesen Traum, seit ich denken konnte.

Verdammt. Verliebt. - der Nr.1 amazon Bestseller über eine Liebe, die nicht sein kann, aber sein muss, weil sie von anderen beschloßen wurde

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