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Am nächsten Tag machte Frau Bogart einen Besuch. Sie sah aus wie eine eifrige gackernde Henne. Ihr Lächeln war zu unschuldig. Das Gackern ging sofort los:

»Cy sagt, Sie haben sich gestern beim Picknick kolossal amüsiert. Hat's Ihnen viel Spaß gemacht?«

»O ja. Ich bin mit Cy um die Wette geschwommen. Er hat mich schrecklich geschlagen. Er ist so stark, nicht wahr?«

»Der arme Junge, er ist auch ganz einfach verrückt danach, in den Krieg zu gehen, aber – Der Erik Valborg war auch mit, nicht?«

»Ja.«

»Ich find' ihn sehr hübsch, und er soll auch gescheit sein. Gefällt er Ihnen?«

»Er scheint sehr gute Manieren zu haben.«

»Cy sagt, Sie haben mit ihm 'ne reizende Kahnfahrt gemacht. Herrje, das muß aber hübsch gewesen sein.«

»Ja … ja.«

»Haben Sie bald wieder 'n Picknick vor?«

»Ich hab' noch gar keine Ahnung. Oh! Weint da nicht Hugh? Ich muß schnell zu ihm hinauf.«

Sie konnte gegen das Spionieren der Stadt rebellieren, denn jetzt hatte sie etwas, wenn auch nur Verworrenes, weswegen sie rebellieren konnte. Zu einer leidenschaftlichen Flucht gehört nicht nur ein Ort, von dem man flieht, sondern auch ein Ort, zu dem man flieht. Sie hatte gewußt, daß sie mit Freuden Gopher Prairie, die Hauptstraße und alles, wofür diese Symbol war, verlassen würde, aber sie hatte kein Ziel gehabt. Jetzt hatte sie eines. Dieses Ziel war nicht Erik Valborg und seine Liebe. Sie sagte sich immer wieder, daß sie nicht verliebt in ihn sei, sondern ihn »gern habe und sich für seinen Erfolg interessiere«. Doch an ihm hatte sie zweierlei entdeckt: daß sie Jugend brauchte, und daß die Jugend sie willkommen heißen würde. Nicht zu Erik mußte sie fliehen, sondern zur ganzen fröhlichen Jugend in Collegesälen, in Ateliers, in Büros, bei Versammlungen, die gegen die Zustände überhaupt protestierten … Aber diese ganze fröhliche Jugend hatte einige Ähnlichkeit mit Erik.

Beim Abendessen der Baptistenkirche, eine Woche nach dem Picknick, sah sie ihn wieder. Als Carola ihm ein zweites Mal einen Blick zuwarf, entdeckte sie, daß Frau Bogart sie beobachtete. Voller Entsetzen erkannte sie, daß es jetzt doch etwas gebe, was ihr vor Frau Bogarts Spionieren angst machen konnte.

»Was ist mit mir? Bin ich in Erik verliebt? Untreu? Ich? Ich brauche Jugend, aber ich brauche nicht ihn – ich meine, ich brauche nicht Jugend, nur – auf keinen Fall geht es so weiter! Ich muß raus von hier. Schnell.«

Auf dem Heimweg sagte sie zu Kennicott: »Will! Ich muß für ein paar Tage fort. Möchtest du nicht nach Chicago fahren?«

»Dort ist's noch ziemlich heiß. Vor'm Winter ist in einer großen Stadt nichts los. Warum willst du denn hin?«

»Menschen! Meinen Geist beschäftigen. Ich brauche Anregung.«

»Anregung?« Er fragte gutmütig: »Wer hat dir denn zuviel Fleisch zu essen gegeben? Diese ›Anregung‹ hast du aus einer von den dummen Geschichten über Weiber, die nicht wissen, was mit ihnen los ist. Anregung! Aber im Ernst, Spaß beiseite, ich kann nicht weg.«

»Warum willst du mich dann nicht allein fahren lassen?«

»Ja – Es ist nicht das Geld, verstehst du. Aber was geschieht mit Hugh?«

»Gib ihn zu Tante Bessie. Es wär' ja nur für ein paar Tage.«

»Ich halt' nicht viel davon, Kinder aus dem Haus zu geben. Es ist nicht gut für sie.«

»Du meinst also nicht –«

»Ich will dir was sagen: ich meine, es ist besser, wir verschieben die Sache bis nach dem Krieg. Dann wollen wir 'ne blendende lange Reise machen. Nein, 's wird wohl besser sein, du denkst jetzt nicht viel an Wegfahren.« So wurde sie Erik in die Arme getrieben.

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