Читать книгу DREI-HUNDERT-MEILEN TIGER Aufzeichnungen von LIN-CHI - Sokei-an Shigetsu Sasaki - Страница 13
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Jemand hat den Roshi gefragt: “Was ist Buddha., und was ist Mara?“
Der Roshi sagte: „Wenn du einen Augenblick des Zweifels in deinem Geist hast, ist dies Mara. Wenn du begreifst, dass nichts im Weltall geschaffen wurde, dass dein Geist einem Gespenst gleicht und dass nichts existiert, nicht einmal ein Atom von Staub oder das Fragment eines Gedankens, gibt es keinen Ort, der nicht rein ist. Das ist Buddha. Buddha und Mara sind unterschiedliche Umstände. Der eine ist rein und der andere ist weltlich.
„Nach meinem Verständnis gibt es keinen Buddha., kein empfindendes Wesen, keine Vergangenheit, keine Gegenwart. Jeder, der fähig ist dies zu begreifen, kann danach handeln, ohne Zeit zu verschwenden. Es verlangt keine Disziplin oder Verwirklichung, kein Erreichen oder Aufgeben. Überall in Ewigkeit besteht kein anderes Dharma. Wenn auch eine Wahrheit erscheinen kann, die besser zu sein scheint, als das, was ich sage, so ist dies nur ähnlich einem Traum oder einem Gespenst. Alles was ich prediqe, kommt zu DAS.“
SOKEI-AN SAGT:
Viele Japaner denken, dass Zen eine groteske Religion ist, dass die Zen-Lehrer Chinas grotesk sind. Ich fühle nicht auf diese Art. Für mich ist Zen sehr einfach und die chinesischen Zen-Lehrer waren einfache, ehrliche Männer. Warum finden japanische Übende, dass die chinesischen Lehrer Dämonen oder Wilden ähnlich gewesen sind, die in den Bergen leben? Vielleicht haben die chinesischen Sätze für Japaner eine groteske Natur, eine scharfe starke Kraft, die den japanischen Sätzen fehlt, obwohl sie in chinesische Zeichen geschrieben und zusammengesetzt werden. Wenn ich aus dem Chinesischen ins Englisch übersetze und dann die englische Version lese, ist mein Gefühl über das, was gesagt wird, völlig verschieden von meinem Gefühl, wenn ich die chinesischen Zeichen lese. Ein Zen-Lehrer muss dies verstehen, wenn er eine solch spezielle Schule des Buddhismus westlichen Ländern übermittelt. Er muss Zen selbst übermitteln. Als Religion ist Zen rein, ohne mystische oder groteske Elemente.
Wenn andere Lehrer des Zens nach mir in dieses Land kommen, sollten sie beachten, was ich gerade über die Übertragung des Zens an Amerikaner gesagt haben. Sie sollten nicht dieses besondere poetische Gefühl übermitteln, das den chinesischen Sätzen eigen ist. Ich versuche Zen selbst den amerikanischen Menschen zu übermitteln, nicht chinesische Literatur.
Jemand hat den Roshi gefragt: „Was ist Buddha., und was ist Mara?“ Der Roshi sagte: „Wenn du einen Augenblick des Zweifels in deinem Geist hast, ist dies mara. Wenn du begreifst, dass nichts im Weltall geschaffen wurde, dass dein Geist einem Gespenst gleicht und dass nichts existiert, nicht einmal ein Atom von Staub oder das Fragment eines Gedankens, gibt es keinen Ort, der nicht rein ist. Das ist Buddha. Buddha und Mara sind unterschiedliche Umstände. Der eine ist rein und der andere ist weltlich.“ Der wichtige Punkt hier ist, dass ihr das wahre Verstehen als das Fundament eures Lebens haben müsst. Zweifel bringen Angst. Wenn ihr von eurem Fundament nicht überzeugt seid, könnt ihr nicht erfolgreich sein; ihr lebt in einem blinden Kampf mit der Dunkelheit, aus der wir alle kommen. Von morgens bis abends handelt ihr nach der Initiative eures Instinkts, nicht in Übereinstimmung mit eurem wahren Verstehen. Durch die acht Stufen von rupadhatu und arupadhatu kommt der Bodhisattva zur Erkenntnis, dass nichts erschaffen wurde. Vom Standpunkt der Wirklichkeit entdeckt er, dass alle Phänomene in ES eingeschlossen sind. Es ist nicht notwendig, Phänomene zu zerstören; Phänomene sind Wirklichkeit; und Wirklichkeit sind Phänomene, was einer Vision, einem Phantom gleichkommt, das durch unsere Sinnesorgane geschaffen wird.
Alles hat sein eigenes innewohnendes Gesetz. Die Zweige eines Baums wachsen immer symmetrisch. Wir haben auch unser Gesetz. Wir nennen es Dharma. Aber es ist nicht gut, zu genau zu sein. Konfuzius hat gesagt, wenn ihr versucht, der Regel genau zu folgen werdet ihr unter einer Belastung stehen, und dies wird eure ganze Aufmerksamkeit erfordern. Es gibt eine Regel, der man folgen soll, aber wenn ihr versucht, ihr zu genau zu folgen, werdet ihr euch selbst und anderen Sorgen bereiten. Mit anderen Worten, handelt spontan. Der Buddha hat alle Regeln der Sangha gemacht, aber er hat sie nicht unterschiedslos angewendet. Das ist das Gesetz, das nicht erschaffen wurde.
„Nach meinem Verständnis… „Das Verstehen von Lin-chi ist sehr wichtig. Er meint das Verstehen, das er unter dem Stock seines Lehrers Huang-Po [ca. 850] erreicht hat. Lin-chi hatte auf Anweisung Huang-Po’s Ta-yu besucht. Als er zu Huang-Po zurückgekehrt ist, hat ihn Huang-Po über sein Treffen befragt. Als Lin-chi ihm erzählt hatte, was geschehen war, sagte Huang-Po: „Hmm, er ist eine Persönlichkeit (ein Original) nicht wahr? Wenn er hierherkommt, werde ich ihm einen Schlag geben.“
„Warum warten?“ hat Lin-chi geantwortet: „Ich werde sie euch gleich geben.“ Und Lin-chi hat Huang-Po geschlagen. Lin-chi‘s Einsicht war, dass es nicht drei Personen gab, sondern nur eine, dass es nicht notwendig war auf Ta-yu oder Lin-chi zu warten.
Das Schlagen hat natürlich keine Bedeutung. Die Zen-Lehrer waren Taubstumme, die die Wirklichkeit nicht in philosophischen Begriffen erklärt haben, sondern nur die ursprüngliche Substanz manifestierten. In der Zen-Schule verwenden wir das echte Ding. Heute, jedoch, wird unser Zen poliert und entwickelt, es ist nicht so grob, wie es damals war.
Zu dieser Zeit war Lin-chi jung, gerade aus der Schale geschlüpft, stark, leuchtend und derb, wie ein Blitzstrahl, der Meinung, dass er es verwirklicht hatte, nachdem er von Ta-yu zurückgekommen ist. Er hat gesehen, dass es nur eine Person im Weltall gibt, weder Buddha noch Mensch, weder Tier noch Pflanze; nur ein Ding im Universum. Natürlich, wenn es nur ein Ding gibt, ist es nicht notwendig, es „Eins“ zu nennen.
Einmal saß ein Zen-Lehrer mit seinen drei Schülern bei Vollmond im Herbst zusammen. Diese Gruppe war für eine Teezeremonie zusammengekommen, aber der Roshi hat keinen Tee gemacht. Er saß nur da und beobachtete den Mond. Alle drei Schüler beobachteten ebenfalls den Mond, wie er durch die Kiefernbäume emporsteigt. Nach einer Weile hat er einen der Schüler gefragt: „Was denkst du in diesem Moment?“ Der Schüler antwortete: „Ein schöner Moment, um das Ganze Unterrichten zu begreifen.“ Der Mond ist das Symbol des Tathata [DJW: jap. 真如, shinnyo = Soheit, fundamentale Wirklichkeit, Leerheit], des ursprünglichen Bewusstseins des Universums. Und das ganze Weltall manifestiert die Symbole seiner eigenen Natur.
Dann hat der Roshi einen zweiten Schüler dieselbe Frage gestellt. Er antwortete: „Das ist ein wunderbarer Moment, um zu üben.“
Als der Roshi den Dritten gefragt hat, ist der Schüler aufgestanden, hat seinen Ärmel geschwenkt [DJW: Dies geschieht bei einer tiefen Verneigung in der Mönchsrobe] und verschwand — keine Antwort. Nichts blieb zurück, nicht einmal ein Schatten.
Der Roshi sagte zum ersten Schüler: „Du verstehst Buddhismus.“ Zum Zweiten hat er gesagt: „Du verstehst Zen.“ Zum Dritten hat er gesagt: „Du bist der Einzige, der nichts versteht.“ Und dieser wurde sein Fackelträger [DJW: sein Dharma-Nachfolger].
„Es gibt keinen Buddha, kein empfindendes Wesen, keine Vergangenheit, keine Gegenwart. Wie versteht ihr das? Würden ihr es Dharmakaya nennen? Wenn ja, versteht ihr Buddhismus nicht. Das ist die Stufe des Manjushri, dem Gott der latenten Weisheit, verborgene, unverständliche Weisheit. Samantabhadra ist der Gott der sich manifestierenden Weisheit. Philosophie kann die Stufe von Manjushri als ursprüngliche Weisheit erklären, die schläft; aber als eine Erfahrung in der Meditation, wie erklärt ihr es?
So wie mit dem Schüler, der verschwunden ist, nicht einmal einen Schatten hinterlassend, hat es fünfhundert arhats und fünfhundert Jahre gebraucht, um es im Mahaprajnaparamita Sutra zu erklären. Wenn ihr das hört, bzw. lest, könnt ihr eine Idee von der Größe eines Zen-Schülers haben, der es begreift und es in einem Augenblick ausdrücken kann. Ihr könnt kein Wort sagen, um „nichts“ auszudrücken.
„Jeder, der fähig ist dies zu begreifen, kann danach handeln, ohne Zeit zu verschwenden.“ Ihr braucht keine fünfzehn Jahre. Wenn ihr es in diesem Moment nicht versteht, werdet ihr es nicht verstehen, obwohl ihr drei kalpas wandert. „Es verlangt keine Disziplin oder Verwirklichung, kein Erreichen oder Aufgeben.“ Lin-chi zerstört den ganzen Buddhismus, die ganze Religion, die ganze Verwirklichung, die ganze Meditation, alle Versuche etwas zu erreichen, alle Gebote des Praktizierens — nichts bleibt!
Er meint, ihr sollt nicht träumen. Ihr müsst Vernunft aufgeben, all das, was ihr in eurem Geist angesammelt habt und zu eurem nackten Grund kommen. Was bedeutet das? Vergleicht das mit allen Aussprüchen, den Sutras, den Systemen und den Lehren des Zens — alle diese hat er heruntergezogen. Er hat alles zerschlagen, keinen Buddhismus, kein Zen, kein Unterrichten übrig lassend, gerade denjenigen übrig lassend, der hier ist — essend, schlafend, aufwachend. Das ist alles.
„Überall in Ewigkeit besteht kein anderes Dharma.“ Nur das. Wir haben nicht nach ES gesucht. Wir suchten nach etwas Anderem. Aber ES war vorhanden und hat bestanden und wird bestehen. Das ist das Einzige und es gibt keinen Dharma, aber das! Wir haben es für lange Zeit vergessen, seit Langem, aber nun begreifen wir es. Das ist alles, was wir haben, und es ist wirklich. Was auch immer eine Lehre sagen mag, das kann nicht zerstört werden.
„Wenn auch eine Wahrheit erscheinen kann, die besser zu sein scheint, als das, was ich sage, so ist dies nur ähnlich einem Traum oder einem Gespenst.“ Das Avatamsaka Sutra ist wunderbar. Es enthält viele Gesichtspunkte der Religion, alle Standpunkte in der Welt. Aber Lin-chi sagt, dass all das nur ein Traum und ein Gespenst ist!
„Alles was ich predige, kommt zu DAS.“ Lin-chi hat auf viele verschiedene Arten gepredigt, gebrauchte viele verschiedene Begriffe, aber alles kommt zu DAS: Es gibt weder Buddha noch Menschen, weder Vergangenheit noch Gegenwart.
Wenn ihr das so klar wie einen Kristall seht, berührt es nicht, weil ihr es zerstören würdet. Wenn ihr reines Dharma begreift, wird sogar ein Wort es verderben. Passt auf.
„Brüder, derjenige, der in diesem Moment erleuchtend scheint und meiner Predigt zuhört, ist derjenige, der nirgends verweilt, der in mannigfaltigen Richtungen eindringt und frei in den drei Welten ist. Obwohl er in verschiedene Verhältnisse eintritt, wird er nicht abgelenkt. In einem Augenblick durchdringt er das Universum. Wenn er einen Buddha trifft, überzeugt er den Buddha. Wenn er einen Patriarchen trifft, überzeugt er den Patriarchen. Wenn er einen Arhat trifft, überzeugt er den Arhat. Wenn er einen Preta trifft, überzeugt er den Preta. Egal welche Länder er überquert, er erleuchtet alle Wesen, nie lässt er auch nur einen Augenblick einen Gedanken aufkommen. Wo auch immer er ist, ist Klarheit. Sein Licht strahlt in jede Richtung aus und alles ist eins mit ihm.“
SOKEI-AN SAGT: Wenn Lin-chi „in diesem Moment sagt“, umfasst „dieser Moment“ die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, d. h. vor der Erschaffung und Vernichtung des Weltalls. Wenn ihr das versteht, werdet ihr denjenigen kennen, der nirgends verweilt, der in viele Richtungen eindringt und frei in den drei Welten ist. Dieser ist natürlich dieses Bewusstsein, dieses gegenwärtige Bewusstsein. Dieses Bewusstsein jedoch, obwohl es so hell scheint, ist nicht Gott.
Es wird in einem frühen Sutra gesagt, Mahabrahma ist dem Buddha während seiner tiefen Meditation erschienen und sagte: „Ich bin der Vater aller Väter, der König aller Könige, der Geist aller Geister.“ Der Buddha sagte zu ihm: „Du sterblicher Mahabrahma, bist nicht der Vater aller Väter, König aller Könige, Geist aller Geister.“ „Dann“ fragte Mahabrahma, „wer ist der Vater aller Väter?“ „Es gibt Niemand [DJW: Leerheit]“, hat der Buddha geantwortet, „ER ist der Vater aller Väter.“
Das ist genau unser Verstehen. Für den Buddhisten ist Gott Nicht-Existenz [Leerheit]. Irgendetwas Existierendes wie Bewusstsein (Mahabrahma repräsentiert das höchste Bewusstsein), ist nicht der Vater. Mahabrahma ist der König des Lichtes. Er spricht das eine himmlische Wort des Lichts, das alle Bedeutungen, aller von Menschen gesprochenen Wörter, enthält. Wenn dieses Licht jedoch einmal im Menschen aufgenommen wird, kann es nie zu seinem himmlischen Ursprung zurückkehren.
Es gibt kein Wort, das wir verwenden können, um Nicht-Existenz, das latentes Bewusstsein ist, zu erklären. Hier muss sogar Lin-chi seinen Mund halten. Das ist dharmakaya. Im Buddhismus ist dieses vergängliche Bewusstsein immer der sekundäre Teil des Bewusstseins. Wir verstehen dharmakaya durch sambhogakaya. Durch das sambhogakaya Bewusstsein erreichen wir den Vater des Bewusstseins. Wir können dieses Bewusstsein namentlich nennen, aber wir können es mit unserem Bewusstsein nicht beweisen, wir können die Stufe dieses latenten Bewusstseins nicht identifizieren. Jeder, der sagt, Buddhismus ist eine Religion des Nicht-Ich, muss auf dieses besondere latente Bewusstsein hinweisen.
Dieses Bewusstsein ist hier, was auch bedeutet nirgends. Er, der nichtexistierend ist, dringt in alle Stufen der drei Welten ein, aber hinterlässt nie ein Zeichen, wie der Mond auf das Wasser scheint, aber keine Spur hinterlässt. Es gibt hier einen sehr wichtigen Punkt. Vergängliches Bewusstsein dringt auch überall in allen Richtungen ein, wird aber immer durch die Umstände, die objektiven Gefühle des Körpers beschränkt. Wenn der Körper zu seiner ursprünglichen Substanz, akasha, zurückkehrt, hat Bewusstsein keinen Aufenthaltsort, keinen Platz mehr zu bleiben.
In China kehren Buddhisten [DJW: buddhistische Mönche] in den drei Monaten der Regenzeit immer zu ihren Tempeln zurück. Einmal ist Lin-chi erst spät zurückgekehrt, die Regeln des Klosters missachtend. Wenige Tage vor dem Ende der drei Monate ist er zum Quartier von Huang-Po gekommen, der ein Sutra las.
Lin-chi sagte: „Ich bin gekommen, um Ihnen meine Aufwartung zu machen, ich reise jetzt ab.“
Huang-Po antwortete: „Du hast die Ordnung der Mönche dieses Tempels durch dein Zuspätkommen gebrochen, und jetzt brichst du es wieder und reist früher ab.“
Lin-chi sagte, zu Huang-Po‘s Sutra zeigend: „Ich sage Ihnen, dass Sie nur eine Taube sind, die schwarzen Bohnen (chinesische Zeichen) der Wohltätigkeit vom Sutra aufpickt und sie isst.“
Huang-Po ergriff Lin-chi und schlug ihn. Lin-chi war verwirrt. Wie sollte er auf den Schlag von Huang-Po antworten? (Dieses Ereignis hat stattgefunden, kurz bevor Lin-chi als der Nachfolger von Huang-Po ordiniert wurde. Nach dieser Begegnung verbrachte Lin-chi zwei oder drei Wochen in Zweifeln.)
Lin-chi sagte: „Das Bewusstsein von Huang-Po und mein Bewusstsein sind dasselbe Bewusstsein. Warum haben wir Regeln für die Mönche, tragen Roben und bleiben im Tempel? Das ist Unfug!“
Als er dies Huang-Po erzählte, hat Huang-Po ihn wieder geschlagen und Lin-chi hat wieder nicht gewusst, was er antworten könnte. Lin-chi muss gedacht haben, dass es sonderbar war — es muss irgendetwas jenseits meines Verstehens geben!
Lin-chi blieb für den Rest des Sommers im Tempel seines Lehrers. Als der Sommer zu Ende war, sind die Mönche auf Pilgerfahrten gegangen. Lin-chi ging wieder zum Quartier von Huang-Po. „Roshi, ich reise jetzt ab.“ „Wohin gehst du?“ hat Huang-Po gefragt.
„Ich gehe über den Fluss nach Norden oder nach Süden. Es ist alles das Gleiche. Nach der Gnade des Winds.“
Huang-Po ergriff ihn und hat ihn wieder geschlagen. Lin-chi hat den Schlag von Huang-Po zurückgegeben. Dann wurden mehrere Schläge ausgetauscht, als ob hier zwei Menschen mit dem gleichen Argument handeln.
Lin-chi blieb nicht im kleinen Kreis seines Bewusstseins. Er blieb nicht in einem Konzept über das Bewusstsein, nicht als der Lehrer des Weltalls, noch an irgendeinem besonderen Platz; er hat frei alle Dimensionen der drei Welten durchdrungen. Das ist ein schwieriger Punkt, um ES zu erfassen. Ein Zen-Übender kann fünfzehn Jahre verbringen, um den echten Punkt des Nicht-Ich zu ergreifen. Als Huang-Po Lin-chi festgehalten und geschlagen hat, hat Lin-chi ihn festgehalten und zurückgeschlagen. Ist das ein Zeichen des Nicht-Ich? Sicher nicht aus westlicher Sicht!
„Obwohl er in verschiedene Verhältnisse eintritt, wird er nicht abgelenkt.“ Da er nicht an irgendeinem besonderen Ort ist, nicht im Ich und nicht im Nicht-Ich. Er weiß, er hat kein vergängliches Bewusstsein. Sein Bewusstsein ist nicht quadratisch, dreieckig noch rund; er kann in jedem Stern des Himmels sein, doch nicht in einem verweilen.
„In einem Augenblick durchdringt er das Universum.“ Das ist das Weltall von dharmadhatu, die phänomenale-noumenale Existenz — nur ein dharmadhatu.
„Wenn er einen Buddha trifft, überzeugt er den Buddha.“ Wie „überzeugt“ man einen Buddha? Lin-chi drück sich hier etwas ungenau aus, aber was er sagen will, ist, dass ihr Buddha werdet.
„Wenn er einen Patriarchen trifft, überzeugt er den Patriarchen.“ Als Bodhidharma den Kaiser Wu traf, fragte der Kaiser ihn: „Weiser, wie ist Ihre Lehre?“ Bodhidharma antwortete: „Es gibt keinen Weisen.“ „Wer sind Sie dann?“ Bodhidharma sagte: „Ich weiß es nicht.“
Er ist nicht Bewusstsein. Wenn er nicht Bewusstsein ist, weiß er nicht [wer er ist]. Wie könnte er wissen? Bodhidharma hat die richtige Antwort gegeben. Ich stimme mit ihm überein. Wenn wir Bodhidharma treffen, wie predigen wir zu ihm? Wisst ihr es?
„Wenn er einen Arhat trifft, überzeugt er den Arhat. Wenn er einen Preta trifft, überzeugt er den Preta.“ Ein Preta ist ein hungriger Geist. Ein Arhat ist derjenige, der die höchste Erleuchtung erreicht, sein Selbst aufgegeben hat. Das ganze Universum bietet ihm sein Leben an. Ein Arhat ist die Schlussfolgerung, die wir unmittelbar durch unseren eigenen Geist erfahren.
Deshalb hat diese Religion sofort hier einen Eingang. Der Schrein ist genau hier. Hin und wieder nenne ich es Buddha. Nicht den Buddha, der in Indien geboren wurde, sondern den Buddha, der überall existiert. Ich kann ihn „DIESEN Buddha“ nennen. Ja, die Antwort ist hier, unmittelbar.
Shakyamuni Buddha hat entschieden, dass das seine Religion war. Für uns hat die Entdeckung dieser Religion durch ihn große Bedeutung. Wir sagen, dass ein Mensch wahre Religion erreicht hat, und dass der Weg, durch den er sie erreicht hat, einfach (gerade) und ohne Hindernisse ist. Buddhismus kann sehr leicht und einfach erklärt werden und ihr könnt sofort daran glauben, ohne Zweifel zu haben. Andere jedoch versuchen, etwas Höheres zu erreichen, als sie selbst sind. Sie schauen immer nach oben, mit zusammengelegten Händen beten sie zu jemandem im Himmel. Von unserem Standpunkt aus ist das falsch und es ist nicht sehr zweckmäßig. Warum müssen wir danach im Himmel suchen? Warum versuchen wir, etwas zu bekommen, auf das wir hoffen, indem wir jemand anderen darum bitten? Gebete sind der Ausdruck des unmittelbaren Wunsches der Menschen und er bietet ein Geschenk an, um eine Antwort zu erhalten. Für uns [Zen-Übende] ist Gebet unsere Hoffnung, unser unmittelbarer Wunsch eine Antwort zu bekommen, aber wir bemühen uns; dafür sich zu bemühen ist unser Geschenk. Ohne das Angebot von Geschenken wird auf Gebete nicht geantwortet. Wenn unser Wunsch natürlich ist, wird darauf natürlich geantwortet; wenn er unnatürlich ist, wird darauf nicht geantwortet.
Wir brauchen kein Bildnis, um zu beten. Unser Selbst ist Buddha und unser Geist ist der Eingang zum Schrein von Buddha. Die Geburt Buddhas hat diese Religion in die Welt gebracht und wir folgen ihr.
„Egal welche Länder er überquert, er erleuchtet alle Wesen.“ Die „Länder“ auf die verwiesen wird, sind natürlich nicht wirkliche Orte. Lin-chi spricht von einem subjektiven Platz. Jedermanns Geist ist ein Land gemäß bestimmten buddhistischen Sutras. Die Bedeutung der Behauptung, dass Buddha durch unzählige Länder im Weltall reist, ist, dass die Pracht Buddhas durch jedermanns Geist brodelt, wie magnetische Wellen. Obwohl in den Sutras diese Länder immer objektiv beschrieben werden, müsst ihr verstehen, dass ein subjektiver Sinn beabsichtigt ist.
So bedeutet „alle Wesen erleuchtend“, dass wir Gott im menschlichen Herzen bewahren. Jeder, den er trifft, wird eins mit ihm und wird von ihm erleuchtet. Lin-chi würde sagen, wenn ich Wasser erhalte, trinke ich (so wird dies dadurch erleuchtet). Das ist alles, was wir von morgens bis abends tun können; das ist die Manifestation von nirmanakaya, dem sich verwandelnden Körper. Erhaltet ihr eine Nudel, esst sie, erleuchtet sie; bekommt ihr einen Fisch, esst ihn, erleuchtet ihn; es gibt kein ihn, kein du. Wohin ihr auch geht, ihr seid immer eins damit. Das ist Erleuchtung. Kein besonderer Ort. Kein Ort, zu dem ihr nicht gehen könnt, immerhin durchdringt ihr in Freiheit die drei Welten. Das ist wahres Bewusstsein. Er reist durch alle Orte, reine und unreine und erleuchtet jeden dort. Natürlich ist das keine übliche Predigt; es ist nicht üblich, diese Weisheit denjenigen zu geben, die geringeres Verstehen besitzen.
„Er lässt nie, auch nur einen Augenblick, einen Gedanken aufkommen.“ Ksana ist ein Begriff aus dem Sanskrit, der ein Minimum der Zeit bedeutet, einen Moment. Geist, besonders unbewusster Geist, fließt durch unser Bewusstsein so schnell, dass es fast unvorstellbar ist. Manchmal wird das Wort ksana verwendet, um das auszudrücken. Was ist dieser Ksana-Geist?
Wann auch immer der Buddha „jetzt“ oder „in diesem Moment“ gesagt hat, war es sehr wichtig. „Heute“ von den Lippen des Buddha bedeutet nicht nur in diesem Moment, sondern auch in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ksana umfasst den Kosmos, der keine Zeit oder Raum kennt. Als der Buddha sich SCHWEIGEND vor seine Schüler gesetzt hat, war das der ksana Moment, die tiefste und höchste Manifestation des Buddhismus.
Der zweite Patriarch Chinas begegnete Bodhidharma und sagte: „Mein Geist ist nicht befreit.“ Bodhidharma sagte zu ihm:
„Wo ist dein Geist? Zeig ihn mir!“ Ihr werdet dieses Koan im sanzen beobachten; dann werdet ihr begreifen und den Ksana-Mo- ment verstehen.
„Wo auch immer er ist, ist Klarheit. Sein Licht strahlt in jeder Richtung aus, und alles ist eins mit ihm.“ „Er“ ist ohne Form oder Körper, aber durchdringt in mannigfaltige Richtungen. Das ist der Herr, der sich in zahlreiche Körper wandelt und predigt sein Dharma, wen auch immer er trifft. Dieses Dharma von Lin-chi entspricht nicht den Predigten, die in Kirchen oder Tempeln gehalten werden, sondern es gleicht unserem wirklichen Leben von morgens bis abends.
Lin-chi macht natürlich Spaß mit denjenigen, die Wahrheit außen suchen und ihr eigenes Bewusstsein vergessen, das der sambhogakaya des unsichtbaren dharmakaya ist. Das ist das Grundprinzip aller Lehren des Buddhismus.
Die leuchtende Pracht des Buddha ist eins mit dem Licht geworden und die Myriaden fache Existenz ist eins geworden mit ihm. Das ist der wichtige Ksana-Moment; alles wird auf eins reduziert.
Im Lukas-Evangelium wird gesagt: „Dass sie alle eins sein mögen in DIR.“ Das Eine in uns ist dasselbe. Lin-chi hatte im neunten Jahrhundert dieselbe Vorstellung von der Wahrheit. Alle Weisen sprechen dieselbe Wahrheit, dasselbe Wort, nicht zwei verschiedene.
„Brüder, heute wissen diejenigen, die stark sind, dass es nichts weiter zu tun gibt. Aber da ihr keinen Glauben an euch habt, lauft ihr ständig hin und her. Da ihr euren Kopf weggeworfen habt, lauft ihr herum und versucht ihn zu finden, unfähig damit aufzuhören. Ihr seid dem Bodhisattva ähnlich, dessen Erleuchtung unmittelbar und vollkommen ist. Durch seine erweckte Kraft zeigt er sich in der Welt der Phänomene und tritt in den Kosmos der Reinheit ein. Jedoch bevorzugt er das Heilige und zeigt Abscheu für das Weltliche. Solch ein Bodhisattva ist unfähig, seine Prädisposition aufzugeben, da er sich Begriffe wie rein und unrein vorstellt. Aber die Ansicht der Zen-Schule ist eine andere. Erleuchtung ist unmittelbar; es gibt keine Zeit, um irgendetwas zu erreichen. Egal was ich sage, alles kommt zu DAS. Heilmittel werden gemäß dem Grad der Krankheit verschrieben. Es gibt keine feste Regel. Wenn ihr versteht, seid ihr ein wahrer Entsagender der Welt und könnt jeden Tag zehntausend Münzen ausgeben.“
SOKEI-AN SAGT:
In diesem Abschnitt spricht Lin-chi über die Anbetung des Bodhisattva, eines universalen erleuchteten Wesens, das eine interindividuelle Natur und kein Ego hat. Die Kraft des Bodhisattva ist nicht seine eigene, sondern die Kraft des Universums. Derjenige, der das versteht, wird ein Bodhisattva genannt. In der Zeit Buddhas war das der Titel von allen Laien-Anhängern, von Königen und wohlhabenden Anhängern des Buddha. Die Mönche wurden Arhats genannt. Später wurde der Titel Bodhisattva an die Namen der Hauptgottheiten des Buddhismus hinzugefügt. Diese Bodhisattvas weisen auf hoch vergeistigte Menschen hin, deren Verstehen sehr nah dem des Buddha gewesen ist. Im Mahayana Buddhismus ist er ein hoch angesehener Erleuchteter. Heute, jedoch, werdet ihr Kuan-Yin Bodhisattva (Avalokiteshvara), die Göttin des Mitgefühls, in Kunstgeschäften als Räucherstäb-chen-Köcher-Avalokiteshvara finden. Ich denke, dass Kuan-Yin, der Bodhisattva, der die Schreie der Welt hört, nie vermutet hätte, einmal als Behälter für Räucherstäbchen zu dienen!
„Brüder, heute wissen diejenigen, die stark sind, dass es nichts weiter zu tun gibt.“ Mit anderen Worten, wenn wir, durch den Vater in uns, die Wahrheit kennen, dann ist das das Ende aller Zweifel und wir werden vom Suchen befreit. Das tägliche Leben ist dann die Pracht des universalen Bewusstseins. Das Gesetz steht darin geschrieben. Wenn wir wissen, dass wir frei sind, können wir alles genau so beobachten, wie es ist — das ist die höchste Form der Erleuchtung.
„Aber da ihr keinen Glauben an euch habt, lauft ihr ständig hin und her. Da ihr euren Kopf weggeworfen habt, lauft ihr herum und versucht ihn zu finden, unfähig damit aufzuhören.“ Dieses Bewusstsein, obwohl veränderlich und nicht ewig, ist der Sohn des Vaters; es ist direkt aus ihm gekommen und ist verkörpert in der Mutter (Fleisch, Erde) und manifestiert alle Fähigkeiten seiner Natur in diesem Leben von morgens bis abends. Aber wir haben keinen Glauben an diese Wahrheit und suchen deshalb außerhalb. Zu uns zurückzukehren, Gott in uns zu finden, ist leicht, aber außen zu suchen, philosophierend, ist sehr schwierig. Ihr werdet die gleiche Unterweisung beim Heiligen Paulus finden. Der Weg jeder wahren Religion ist derselbe. Wenn ihr euren eigenen Kopf sucht, gibt es kein Ende der Suche.
Lin-chi hat Humor und eine scharfe Zunge.
„Ihr seid dem Bodhisattva ähnlich, dessen Erleuchtung unmittelbar und vollkommen ist.“ Dieser Bodhisattva hat es nicht nötig jahrelang zu meditieren. Die Meditation dieses Bodhisattva ist „unmittelbar und vollkommen.“ Zu irgendeiner Zeit, vielleicht während des Kartoffel-Schälens, kommt die Zeit, und er öffnet sein Auge für die Wirklichkeit des Kosmos. Wir können kein Wort sagen, aber er versteht alles sofort.
„Durch seine erweckte Kraft zeigt er sich in der Welt der Phänomene und tritt in den Kosmos der Reinheit ein.“ Seine Erleuchtung ist auf der ersten Stufe; er ist in den reinen Kosmos geboren. Das ist die Stufe der Existenz, die nicht mit den fünf Sinnen verbunden ist. Mit den philosophischen Begriffen des Westens ist es die noumenale Stufe; die fünf Sinne können es sich nicht vorstellen, aber unsere Weisheit kann es als den Kosmos des Reinen Landes, des Eingangs zu jeder Erleuchtung identifizieren. Das Bewusstsein des Bodhisattva hat sich ins unendliche Weltall ausgebreitet. All diejenigen mit einer religiösen Natur, Philosophen und Wissenschaftler verstehen diese erste Stufe des Erwachens.
Von dieser ersten Stufe des Erwachens manifestiert er sich nicht mehr durch sein eigenes Bewusstsein, aber erscheint natürlich noch einmal in der phänomenalen Welt, zum Beispiel, als eine Blume oder ein Mensch. Die zweite Stufe der Erleuchtung ist, den Himmel zur Erde zu bringen. Der Bodhisattva kommt vom Reinen Land zu dieser phänomenalen Stufe. Dort findet er die Blinden und die Schlafenden und er schüttelt sie ins Erwachen aus ihrem dunklen Standpunkt und schiebt sie ins Reine Land. Lin-chi sagt, dass es die Aufgabe des Bodhisattva ist, alle schlafenden Seelen in dieses „Weltall der Reinheit“ zu bringen, die noumenale Stufe, damit sie die Stufe des echten Erwachens des Lebens sehen können.
Lin-chi spricht über sein eigenes Verstehen als Zen-Lehrer.
„Jedoch bevorzugt er das Heilige und zeigt Abscheu für das Weltliche.“ Warum das eine bevorzugen und das andere verabscheuen? Das ist nicht echte Erleuchtung. Wenn ein himmlischer König auf der Erde erscheint, dann ist die Erde der Himmel. Alles existiert in eurem Verstehen, nicht außen. Sobald ihr in reine noumenale Erleuchtung eingeht, ist alles Noumenon, auch wenn ihr euch in Phänomenen manifestiert. Da aber Phänomene die Essenz von Noumenon sind, ist alles Wirklichkeit, dieselbe Substanz in Phänomenen und Noumenon.
„Solch ein Bodhisattva ist unfähig, seine Prädisposition aufzugeben, da er sich Begriffe wie rein und unrein vorstellt.“ Jeder hat diese Neigungen, die Tendenz zur Bevorzugung des Heiligen über das Weltliche. Aber Lin-chi nimmt den Standpunkt ein, dass solch eine Vorstellung nicht wahr ist. Diese Vorstellung stellt religiöse Lehrer vor eine harte Aufgabe, dieses Verstehen zu öffnen und zu reinem Licht zu führen. Wenn jemand vergleichbare Vorstellungen von rein und unrein hat, kann sein Leben nicht glücklich sein, weil sein Geist nicht völlig frei ist von der Anhaftung an die Vorstellungen der Menschen. Das ist Lin-chi‘s Verständnis.
„Aber die Ansicht der Zen-Schule ist eine andere. Erleuchtung ist unmittelbar; es gibt keine Zeit, um irgendetwas zu erreichen. Egal was ich sage, alles kommt zu DAS [ES].“ Unsere Schule wird heute Zen genannt; Chinesisch wird es Chan genannt, das ursprünglich aus dem Sanskrit Wort dhyana entstanden ist. Dhyana bedeutet Meditation [Versenkung], Ruhe und totale Vernichtung zu üben. Es bedeutet auch, eins zu werden mit anderen. Wenn ein Mann an seine Frau denkt, die in einem entfernten Land ist und sich konzentriert, vergisst er sich selbst. Seine Seele und seine Frau werden eins. Dann fühlt er alles, was seine Frau in diesem Moment denkt, er fühlt und er weiß. Das ist echte Meditation. Wenn wir uns in Meditation üben, fünf oder zehn Jahre, werden wir diese Kraft haben. Aber ein Brief ist schneller. Warum zehn Jahre meditieren?
Wenn ich Wasser am Strand beobachte, tauche ich nicht mit meinem Körper, aber mit meiner Seele und meinem Geist ein. Ich falle aus meinem eigenen Wesen heraus und bewege mich im Rhythmus der Wellen. Das ist meditieren — ihr seid eins mit dem ganzen Weltall. Vergesst die Grenzen des Körpers. Werdet grenzenlos. Nehmt wahr, dass die Seele des Universums und eure Seele eins sind. Das ist Meditation.
Lin-chi, vergleicht die buddhistischen Schulen und sagt uns, dass Zen-Erleuchtung unmittelbar ist — sie geschieht in einem einzigen Augenblick. Der Aufstieg geschieht nicht durch allmähliche Schritte, noch durch irgendwelche verwendeten Hilfsmittel. Wenn die Zeit kommt, öffnet der Übende sein Auge weit und sieht die Wirklichkeit und die Buddha-Natur in dieser Wirklichkeit und das Gesetz, das in dieser Buddha-Natur geschrieben steht, und er versteht das Leben des Menschen. Egal was Lin-chi sagt, alles kommt zu demselben Punkt der unmittelbaren Erleuchtung, als das Grundlegende der Zen-Übung.
Zen ist eine Schule der Meditation, nicht der Philosophie. Zen war wirklich das Kennzeichen des Buddhismus, der mit Buddha angefangen hat und nicht spezialisiert war. Es wurde das Auge des Buddhismus genannt. Es hängt nicht von Sutras ab, sondern von unserer eigenen Erfahrung. Mit diesem Kennzeichen des Buddhismus können wir in irgendetwas eintauchen und in diesem Augenblick verstehen wir das ganze Weltall von innen — Tennis spielen, Baseball, Boxen. Wenn wir mit ganzer Kraft in noumenale Existenz eintreten, begreifen wir, dass Sein nicht das Eigentum von irgendjemand ist, sondern dem Weltall gehört. Durch unsere Ausbildung können wir an jedem Ort und zu jeder Zeit meditieren. Das bedeutet Erleuchtung. Es gibt kein Reines Land, um in es einzutreten oder es zu verlassen. Alles gehört zu der Natur des Menschen, wenn ihr das Absolute beweist. Es ist nicht notwendig, zu warten. Begreift euch in diesem Moment!
„Heilmittel werden gemäß dem Grad der Krankheit verschrieben. Es gibt keine feste Regel.“ Wenn er auch auf viele Arten gemäß den Stufen des menschlichen Geistes spricht, wie ein Arzt, der verschiedene Rezepte für jeden Patienten gemäß der Schwere seiner Krankheit verschreibt. Und Koans sind Rezepten ähnlich. Derjenige, der sich seit langer, langer Zeit etwas vormacht, braucht eine starke Dosis, um den Geist von allen Täuschungen zu reinigen, so gibt der Zen-Lehrer ein Koan, das alles zerstört und ihn ins Nichts führt. Es zerstört die Außenseite und das Innen und lässt ihn den absoluten Zustand des Universums sehen. Dann, gemäß dem Zustand seines Geistes, wird der Lehrer ihm eine andere Art von Koan geben. Wenn der Schüler dieses durchdringt, wird er etwas finden, das dem Bewusstsein ähnlich ist in diesem eintönigen Nichts. Er wird ein neues Ego finden, das von demjenigen davor völlig verschieden ist. Dann, durch eine andere Art von Koan, wird dieses Ego zerstört, und durch dieses dann folgende Ego wird er Buddha-Natur erreichen.
Bis schließlich ein anderes Koan, wie Gift, diese Buddha-Natur töten wird. Dann wird er seine eigene menschliche Natur finden und ein natürlicher, alltäglicher Mensch werden. Er kehrt noch einmal zur menschlichen Stufe zurück — „Ahhh! Hier bin ich.“
Auf solche Art und Weise kann man durch viele Arten von Krankheit gehen, nach und nach fortschreitend, bis man zur wahren Verwirklichung kommt. Das ist ähnlich wie die Vorbereitung eines Heilmittels gegen jede Stufe einer Erkrankung. Es gibt keine eingeführte Regel. Wenn es keine Krankheit gibt, wird der Arzt nichts verschreiben, weil sich ja die Medizin auf die Krankheit bezieht. An welche Religion ihr auch glaubt, diese Religion ist euer Heilmittel. Wenn ihr geheilt seid, braucht ihr keine Religion mehr. Es gibt kein absolutes Medium, keine feste Idee, keine feste Überzeugung, keinen besonderen Glauben an die Religion. Wenn es irgendetwas gibt, das ihr „fest“ nennen könnt [DJW: z. B. feste Vorstellung], ist dies ein Hindernis gegen die Wahrheit der Buddha-Natur.
Buddha-Natur ist wie ein Gong, einem Echo ähnlich. Wenn jemand „AH!“ sagt, ist die Antwort „AH!“ Wenn ihr stark schlagt; ist seine Antwort stark. Wenn ein Telefonmädchen etwas in ihrem Geist sagt, kann sie euch nicht richtig antworten. Das Gesetz der Natur oder des Universums ist Reaktion. Euer Geisteszentrum erzeugt nicht Gedanken; alle Gedanken sind Echos auf eure Reaktion und Erfahrungen aus dieser Reaktion. Wenn ihr die Physik oder die Gesetze in den niedrigeren Tieren studiert, werdet ihr finden, dass alle Bewegungen Reaktion sind. Das Tier reagiert unbewusst; es gibt keine besondere Kreation in dieser Reaktion. Natürlich, in einer niedrigeren Stufe, reagiert das Tier genauso, dass wir eine genaue Aufzeichnung machen können. Auf höherer, menschlicher Stufe, hat sich diese Reaktion zu einem komplizierten System entwickelt, sodass es so scheint, dass der Mensch etwas denkt, um dann entsprechend den äußeren Umständen zu handeln. Aber wenn ihr sorgfältig darüber nachdenkt, werdet ihr sehen, dass es nichts als eine komplizierte Reaktion ist. Wenn ihr euren Geist befreit, werdet ihr gemäß seinem eigenen Gesetz reagieren. Jedoch wird jeder Geist von seinem wahren Weg der Reaktion durch das vergangene Karma abgelenkt, so kann ES nicht genau gemäß dem Gesetz der Reaktion reagieren, sondern entsprechend seinem vorherigen Karma, das bestimmte Tendenzen entwickelt hat.
So müssen wir als Zen-Übender unaufhörlich meditieren, die normale Funktion der Reaktion der Geisteskraft beobachtend. Lasst euren Geist frei sein, so frei wie die Seiten einer Harfe. Lasst es klar vibrieren. Hört auf zu übertreiben [euch zu stark anzustrengen]. Lasst euren Geist sich frei bewegen. Dann werdet ihr die feinen Stränge des Geistes sehen, die ihren magischen Zauber durch den Himmel ausbreiten. Das Flüstern, von dem wir denken, dass es Natur ist, sagt uns nicht immer die Wahrheit wegen der Tendenzen, die der Geist entwickelt hat. Wenn es keine solchen Tendenzen gibt, wird das wahre Flüstern der Natur zum Fluss unseres Geistes. Wenn ihr zu dieser Stufe kommt, erreicht ihr eine mystische Kraft, um durch alle sichtbaren Phänomene zu sehen und zu denken.
Der wahre Mensch ohne Ich hat die Kraft wie Holz zu klingen — sogar die winzigste Flocke des Geistes ist eine Aufzeichnung der Reaktionen. Diese nehmen viele verschiedene Formen an, zum Beispiel, dass wir ein neues Gesetz erfinden, oder etwas tun, das außerhalb unserer Erfahrung liegt, aber das ist nur unsere Einbildungskraft. Wir empfangen gerade etwas, das bereits durch die Kraft der Natur gedacht worden ist. Bevor der Mensch denkt, hat eine andere Kraft bereits die Frage gelöst. Kein Mensch kann das universale Zentrum steuern; die ganze Buddha-Natur ist eins und ist dies klare System der Reaktion, wie die Epiphyse – die Zirbeldrüse des Gehirns – das Zentrum der Reaktion unserer biologischen Funktionen ist. Deshalb gibt es keine absolute, feste Idee. Kein solches Ding besteht.
Wenn ihr das versteht (das Gesetz des Universums), seid ihr ein Weiser. Wenn ihr nicht aus eurem eigenen Ego, Körper oder Geist reagiert, seid ihr frei; wie eine Kompassnadel weist eure Buddha-Natur immer zum Nordpol. Sie zeigt niemals falsch an; es gibt keinen besonderen Punkt, auf den ES sich festlegt. Das Zentrum des Geistes eines Weisen stellt sich nie eine besondere Idee vor. Es ist leer, bereit, darauf zu reagieren, was daherkommt. Der Geist befindet sich immer im Gleichgewicht, signalisierend, wie man sich bewegen soll. Dieses Gleichgewicht ist das Symbol des Nicht-Ichs, der klaren Reaktion.
„Wenn ihr versteht, seid ihr ein wahrer Entsagender der Welt und könnt jeden Tag zehntausend Münzen ausgeben.“ Ihr könnt eine Million pro Tag ausgeben! Wenn ihr wirklich euch selbst erleuchtet, um frei zu handeln, könnt ihr etwas für andere tun. Natur verleiht dem Weisen Autorität, um wohltätig sein zu können. Aber ihr könnt das nicht zu euren eigenen Zwecken nutzen. Wenn ich nicht den Geisteszustand finden kann, der mich zufrieden macht, nutzt es anderen nichts, wenn ich versuche, meine Kenntnisse weiterzugeben. Wenn ich für das Essen, die Wohnung, die Kleidung kämpfe, bin ich weit weg vom idealen Gesetz des Buddhismus. Das gilt auch für Kenntnisse. Wenn ihr das echte Zentrum der Reaktion findet, wird euer Geisteszentrum das Zentrum des Weltalls erreichen und das in euch geschriebene Gesetz wird klar werden. Wenn ihr solch einen Punkt erreicht, werdet ihr natürlich andere unterrichten.
„Brüder, nur, weil ihr das Siegel der Anerkennung von einem alten Roshi oder jemand anderem erhalten habt, müsst ihr nicht gleich umhergehen und sagen: ‚Ich verstehe Zen! Ich verstehe den Weg!‘ Wenn auch eure Redegewandtheit wie ein Fluss vom Himmel fließt, ist dies nichts als höllenmachendes Karma. Wenn ihr ein echter Übender des Dharma seid, werdet ihr nicht auf die Welt schauen und irgendetwas als (das Richtige) oder das Falsche bezeichnen; ihr werdet euch eindringlich das wahre Verstehen wünschen, ein Verstehen, das klar und vollkommen ist. So werdet ihr wirklich ein für alle Mal (eure Studien des Dharmas) beenden.“
SOKEI-AN SAGT:
Wenn ein Zen-Lehrer euer Verstehen anerkennt, nennen wir es „das Siegel der Anerkennung.“ Mit diesem „Siegel“ könntet ihr sagen: „Ich verstehe Zen und Dharma.“ Aber Lin-chi gibt die Warnung, dass ihr euch nicht einfach blind einen Erleuchteten nennen sollt, nur, weil ein Zen-Lehrer euch mit seiner Autorisation ausgestattet hat. Ich denke, dass in der Zeit von Lin-chi einige Zen-Lehrer nicht gut genug waren, um die Lehrer von Übenden [Mönchen] zu sein. Es gab auch andere Buddhisten von verschiedenen Schulen, die Vorträge hielten, mit denen Lin-chi nicht einverstanden war. Nicht nur gab es falsche Zen-Lehrer im Goldenen Zeitalter der Tang-Dynastie, sondern hie und da gibt es auch in Japan heute falsche Lehrer, obwohl nicht so viele, weil das Land zivilisierter ist und falsche Lehrer (Füchse und Dachse) von den Tempeln zurückgezogen werden können. In der Zeit von Lin-chi, jedoch, gab es viele falsche Lehrer. Ein von einem Lehrer gegebenes Koan zu passieren, ist nicht so schwierig, aber ein Koan zu passieren, das durch das wirkliche Leben gegeben ist, das ist wunderbar! Das Üben des Zens im Zufluchtsort eines Zen-Lehrers ist ähnlich dem Lernen, in einem Schwimmbad zu schwimmen. Aber im Ozean des Lebens zu schwimmen, ist der Koan, der von Tathagata gegeben ist — das ist der Koan, den wir passieren müssen.
Lin-chi hat das viele Reden nicht gemocht. Einige Lehrer geben schöne Vorträge wie Varietékünstler, aber es ist nichts als höllenmachendes Karma. Die Informationen, die sie geben, sind nur für das Gehirn und verursachen mehr Geisteszeug und mehr Leiden. Der echte Zen-Übende achtet nicht auf andere, um die richtigen und falschen Dinge zu unterscheiden. Bevor ihr nicht selbst versteht, könnt ihr euch nicht erleuchtet nennen, noch wisst ihr wirklich, was zu tun ist, noch könnt ihr andere lieben oder anderen helfen. Derjenige, der nicht schwimmen kann, wird nicht zum Lebensretter berufen. Ohne das Verstehen könnt ihr nicht wissen, was richtig und was falsch ist. Konfuzius hat gesagt: „Jeder, der zu mir kommt, um über richtig oder falsch zu sprechen, ist ein Mann des Richtigen und des Falschen; der kluge Mann spricht nie darüber.“ Von dem Standpunkt des Dharma seht ihr durch alles.
Wenn ihr das wahre Verstehen erreichen werdet, wird alles vollkommen klar werden. Das ist, wie ihr wirklich euer Studium des Dharma ein für alle Mal beenden werdet.
Ihr könnt vielleicht denken, dass ihr Zen vor langer Zeit beendet habt. Ich habe so gedacht, als ich alle Koan meines Lehrers vollendet hatte, aber ich weiß jetzt, dass ich Zen damals nicht beendet habe.
Das echte Verstehen, das ihr in eurem Geist verbergt, muss klar und vollkommen sein. Ihr müsst es nicht wie einen Blumenstrauß zeigen; es ist gefährlich, es jedem zu zeigen. Wenn ihr zum echten Verstehen kommt — „Ah, das ist es, ein für alle Mal!“ Das ist das Ende.
Liebe ist das erste und wichtigste Ding im täglichen Leben. Ihr könnt das Gesetz nicht ohne Liebe verkünden. Ohne Liebe kann ein Bodhisattva nichts tun. [DJW: Denn die Kraft des Universums ist LIEBE! Siehe Vorwort.]