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Die Brautwerber

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Viele Tagesritte weiter nordöstlich näherten Fremde sich Dietrichs Winterlager. Ihr Anführer herrschte die Wächter barsch an: „Meldet mich Eurem Herrn. Wir kommen im Auftrag des Rigländischen Königs.“

Sie warteten nicht ab, bis sie hereingebeten wurden. Noch ehe Dietrich seinen Festtagsornat überwerfen konnte, standen sie vor ihm.

Dietrich war irritiert. Besucher um diese Jahreszeit waren ungewöhnlich. „Was wollt Ihr?“ fragte er misstrauisch.

„Wir sind Abgesandte des Königs Rigbert von Rigland. König Rigbert entbietet dem edlen Dietrich seinen Gruß. Ich habe eine Nachricht für seine Schwester Sigrun.“ Der Ton, in dem der Fremde sprach, ließ erkennen, dass er gewohnt war zu befehlen.

Sigruns Herz klopfte bis zum Hals. Waren Mauros Brautwerber schon bei Rigbert gewesen? Dann waren sie schneller, als sie erwartet hatte. Auch erkannte sie unter den Fremden keinen von Mauros Leuten. Sie ließ sich ihre Aufregung nicht anmerken und sprach mit fester Stimme: „Was ist meines Bruders Begehr?“

„Euer Bruder hat die Brautwerbung akzeptiert. Der Bräutigam erwartet Euch schon…“ der Sprecher machte eine kunstvolle Pause.

Sigrun fühle Freude in sich hochsteigen. Sie waren tatsächlich bereits angekommen…

„in Brig“, vollendete der Mann den Satz. Mit einem süffisanten Lächeln fügte er hinzu: „Fürstin Morriell kann es kaum erwarten, Euch im Winterland willkommen zu heißen. Der glückliche Bräutigam ist ihr Oheim Nolan.“

„Das muss ein Irrtum sein“, stammelte Sigrun entsetzt. „Niemals würde mein Bruder mich gegen meinen Willen verheiraten! Mein Herz gehört einem anderen…“

„Wie bedauerlich, dass ich nicht die Kunde bringe, die ihr offenbar erwartet habt, werte Dame“, sagte der Bote mit kaum verhaltenem Spott. „Von einem anderen Galan ist mir nichts bekannt. Ich habe den Auftrag, Euch nach Brig zu geleiten. Das weiß ich gewiss, denn dafür gibt es reichen Lohn. Fürstin Morriell zahlt in Gold!“

„Gold kann auch ich Euch geben.“ Sigrun versuchte zu verhandeln. „Bringt mich zu meinem Bruder. Ich will mit ihm sprechen!“

„Das will aber ich nicht“, sagte der Fremde mit süßlicher Stimme. „Ich hasse es, wenn man sich mir widersetzt. Folgt Ihr mir freiwillig, oder muss ich Euch zwingen?“

Sigrun war empört: „Ihr könnt mich nicht zwingen. Seit Stammesmutter Ragnhilds Zeiten wurde bei uns keine Prinzessin gegen ihren Willen verheiratet!“

„Wetten, dass ich kann?“ Mit einer flinken Bewegung zog der Fremde sein Messer. Er bannte die Umstehenden, sodass keiner eingreifen konnte, und packte Dietrichs Tochter. Mit geübter Handbewegung schnitt er ihr ein Ohr ab und hielt es Sigrun unter die Nase: „Wie weit wollt Ihr gehen? Wollt Ihr das zweite Ohr auch noch? Wir können noch ganz andere Dinge mit ihr machen. Es ist Eure Entscheidung. Ihr sagt, wann es genug ist.…“

Sigrun wurde ganz ruhig. „Ich habe verstanden“, sprach sie mit fester Stimme. „Lasst sie in Ruhe. Ich beuge mich der Gewalt.“

„Kluges Mädchen“, sagte der Anführer und tätschelte ihre Wange. Sigrun fuhr zurück. „Aber, aber, nicht so unfreundlich. Ich verstehe: Ihr seid ein wenig verstört. Kein Wunder. In Brig kennt Ihr niemanden. Wäre es nicht nett von mir, wenn ich für Euch eine Hofdame mitnehme? Das Mädel hat zwar nur ein Ohr. Das macht sie nicht hübscher, doch Euch zu Diensten sein kann sie immer noch – und uns vielleicht auch!“

Der Fremde stieß Dietrichs blutüberströmte Tochter hinüber zu seinen Leuten. Die grölten ihre Zustimmung und betatschten das Mädchen.

„Wenn die Prinzessin eine Gesellschafterin von Stand an ihrer Seite haben soll, dann ist das meine Aufgabe“, intervenierte Sigruns Base Ortrud. „Lasst das Mädel daheim.“

Der Anführer musterte Ortrud prüfend. Sie erwiderte keck seinen anzüglichen Blick. Der Anführer lachte: „So eine seid Ihr! Auch gut, wir nehmen euch beide mit!“ Auf sein Zeichen packten seine Männer die drei Frauen und zerrten sie fort.

Im Gehen sagte einer seiner Kumpane: „Seht ihr das fette Vieh auf den Weiden? Die Kühe und einige von diesen strammen Weibern brächten uns komfortabel über den Winter!“

„Halts Maul“, herrschte ihn der Anführer an. „Wir sind offizielle Gesandte, keine Wegelagerer!“

Der Mann lachte. „Wenn Ihr es sagt…“

Dietrich sah ihnen mit sorgenvollem Blick nach.

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