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4. Achim

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Als die Polizei klingelte, war Achim Kahlmann gerade dabei, ein leichtes Abendessen für sich und seine Frau zuzubereiten. Jette hasste das fettige Fastfood bei den Ringreiterveranstaltungen und war der Meinung, dass man sich sowohl vom Essen als auch vom Geschirr alles Mögliche holen konnte. Sie schwor auf makrobiotische Ernährung, seitdem Promifrauen wie Gwyneth Paltrow oder Madonna dies als Geheimnis ihres jugendlichen Aussehens genannt hatten. Achim bewunderte Jettes Disziplin, nicht nur bei ihrer Ernährung – bei allem, was sie tat. Auf dem Herd köchelte eine Misosuppe, dazu machte Achim einen Salat mit Tempeh, Mais und Gurke und als Dessert Apfelmus mit Anis. Er selbst hatte sich vorsichtshalber einen Döner vorab genehmigt, allerdings ohne Soße, weil Jette Knoblauch hasste und nicht mitbekommen sollte, dass er nebenher sündigte. Aus demselben Grund hatte er seine Zähne geputzt und eine Mundspüllösung mit Minzgeschmack benutzt. Als es an der Tür klingelte, wunderte er sich. Ein wenig früh für Jette, sicher war das Turnier noch nicht zu Ende. Außerdem hatte sie einen Schlüssel dabei.

»Guten Tag, Herr Kahlmann, ich bin Kommissar Behrens, das ist mein Kollege Polizeihauptmeister Schmitz.«

»Ist etwas passiert?« Achim war erschrocken, die Beamten vor seiner Tür zu sehen.

»Es geht um Ihre Frau. Können wir vielleicht reinkommen?«

In der Küche zischte es, die Suppe kochte gerade über. Rasch bat er die beiden Beamten herein und eilte voraus, um den Topf vom Herd zu ziehen.

Zwischen Küchenblock und Spüle erhielt er dann die Nachricht vom Tod seiner Frau, kurz und knapp erläutert von Bruns.

»Ermordet, sagen Sie? Das kann nicht sein.« Fassungslos lehnte sich Achim gegen die Arbeitsfläche, ihm war plötzlich schwindlig.

»Ich fürchte doch, die Sachlage ist eindeutig.«

»Wie, was, eindeutig?«, stammelte er. »Wie ist sie denn …?«

Der Kommissar warf seinem Kollegen einen kurzen Blick zu und sagte dann: »Ihre Gattin wurde erstochen. Auf die näheren Umstände kann ich derzeit noch nicht eingehen, aber wir werden Sie weiterhin informieren, sobald uns das möglich ist.«

»Sie wollte doch nur am Ringreiterturnier teilnehmen und zum Essen wieder hier sein. Die anderen sind auf sie angewiesen, die können ohne Jette nicht reiten.«

»Fühlen Sie sich dazu in der Lage, ein paar Fragen zu beantworten?«, fragte der Kommissar.

Achim fasste sich an die Brust und spürte sein Herz rasen. »Natürlich«, sagte er matt.

»Warum haben Sie Herrn Behrens beauftragt, Ihre Frau zu überwachen?«

»Weil ich Angst um sie hatte. Jette bekam in letzter Zeit Hass-E-Mails. Vermutlich von einem Konkurrenten. Sie war dabei, mit ihrem Unternehmen zu expandieren, wollte eine eigene Pflegeserie herausbringen. Ich verstehe, dass so was Neider auf den Plan ruft, besonders, wenn man so erfolgreich ist wie meine Frau. Sie nahm das alles nicht ernst, aber ich habe mir Sorgen gemacht. Deswegen habe ich den Privatdetektiv engagiert. Das hat offensichtlich nichts genützt.« Er presste eine Hand vor seinen Mund, um ein Aufschluchzen zu unterdrücken.

»Sie vermuteten also nicht, dass Ihre Frau eine Affäre hatte, und wollten sie deshalb überwachen lassen?«

»Nein! Jette und ich waren glücklich. Ich habe aus Sorge um sie gehandelt.«

»Können Sie sich vorstellen, wer Ihre Frau töten wollte?«

Nun kamen Achim Kahlmann die Tränen und die Stimme versagte ihm. Zügig verabschiedeten sich die Polizisten. Sie würden in den nächsten Tagen für weitere Fragen nochmals zurückkommen, wollten ihm aber zunächst Zeit geben, seinen Schock zu überwinden.

Als sie weg waren, kippte Achim die Misosuppe in die Spüle und den Tempeh-Salat in den Müll. Er zog eine Packung Zigaretten aus dem Versteck hinter den Konservendosen – Jette hasste Rauchen, es war Gift für den Teint – und ging auf die Terrasse, wo er sich eine davon anzündete und tief inhalierte. Dann rief er den Detektiv an.

»Wieso haben Sie nicht auf Jette aufgepasst?«, schluchzte er in den Hörer.

»Herr Kahlmann? Mein herzliches Beileid zu Ihrem Verlust. Ich hatte eine Autopanne und kam zu spät zum Turnier.«

»Eine Autopanne? Und jetzt ist meine Frau tot!«

»Es tut mir leid. Aber ich denke nicht, dass ich den Anschlag auf sie hätte verhindern können.«

»Eigentlich müsste ich Ihnen den Auftrag entziehen.«

Es knackte in der Leitung und Behrens war einen Moment lang nicht zu hören. »Herr Kahlmann«, sagte er dann, »ich weiß nicht, was Sie meinen. Ihr Auftrag ist hinfällig, tragischerweise.«

»Das sehe ich anders, Sie schulden mir was.«

»Sie stehen unter Schock«, die Stimme des Detektivs klang beschwichtigend, »vielleicht sollten wir später noch mal telefonieren, wenn Sie sich ein wenig beruhigt haben.«

Achim atmete tief durch. »Nein. Hören Sie zu, Herr Behrens, ich möchte, dass Sie etwas für mich tun.«

Sylter Drachenstich

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