Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 2 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 29

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Ich weiß, es wäre Dir lieber gewesen, Dich der Anhänglichkeit Deiner Mitbürger bei einer anderen Gelegenheit erfreuen zu können. Du hättest vorgezogen die Zuneigung Deiner Heimat bei einem freudigeren Anlasse zu erfahren. Aber wenn diese Beweise der Hochschätzung uns im Glück erfreuen, so sind sie bei traurigen Ereignissen ein liebevoller Trost. Die ganze Stadt, ja ganz Italien trauerte mit Dir um Nepotian. Die Erde nahm den Leichnam auf, die Seele kehrte zu Christus zurück. Du trauerst um Deinen Neffen, die Kirche um ihren Priester. Der Dein Nachfolger werden sollte, ging Dir voraus. Denn nach der allgemeinen Auffassung hätte er in würdiger Weise später einmal Deinen Platz ausgefüllt. So sind aus einer und derselben Familie zwei Männer hervorgegangen, die als würdige Inhaber des bischöflichen Amtes in Frage kamen. Wir freuen uns, daß der eine diese Würde noch bekleidet, und wir trauern, daß ein vorzeitiger Tod uns den anderen entrissen hat, ehe er sie bekleiden konnte. Ein Wort Platos lautet: „Das Leben ist für den Weisen eine fortgesetzte Betrachtung des Todes.“ 2296 Alle Philosophen stimmen ihm bei und wissen diesen Ausspruch nicht genug zu loben. Aber noch nachhaltiger wirken die Worte des Apostels: „Ich sterbe täglich, so wahr ihr mein Ruhm seid.“ 2297 Es besteht ein Unterschied zwischen dem Versuch und der Tat selbst. So ist es auch nicht dasselbe, ob jemand lebt, um zu sterben, oder ob jemand stirbt, um zu leben. Der Philosoph hascht noch im Sterben nach Beifall; der Apostel stirbt ständig, um in die Herrlichkeit einzugehen. Auch wir müssen uns im Geiste mit der Frage beschäftigen, was aus uns einmal werden wird, eine Entscheidung, die, wir mögen wollen oder nicht, ständig näherrückt. 2298 Selbst wenn wir über 900 Jahre zählten, wie das Geschlecht vor der Sintflut, und Methusalems Alter erreichten, 2299 so wäre die lange, hinter uns liegende Zeit ein Nichts; denn sie ist vorüber. Ob einer zehn oder tausend Jahre gelebt hat, bleibt sich in dem Augenblicke gleich, in dem das Leben sein Ende nimmt und der unerbittliche Tod an uns herantritt. Was hinter uns liegt, ist in beiden Fällen das gleiche Nichts. Es besteht höchstens der Unterschied, daß der Greis von schwererer Sündenlast bedrückt hinscheidet.

„Elender Sterblicher glücklichste Zeit, sie schwindet als erste. Ablösend folget das Heer der Gebrechen und trauriges Alter. Bis die Geplagten hinwegrafft des Todes grausamer Lockruf.“ 2300

Der Dichter Naevius 2301 sagt: „Der Sterbliche muß viel Übles erdulden.“ 2302 Deshalb läßt die Dichtung der Alten Niobe 2303 infolge ihrer vielen Tränen zu Stein erstarren, während andere Frauen sich in die verschiedensten Tiergestalten verwandelten, so z.B. Hekuba in eine Hündin. 2304 Hesiod betrauert den Geburtstag der Menschen und freut sich am Tage ihres Todes. 2305 Weisheit verraten des Ennius Worte:

„Besser fürwahr ist dran das einfache Volk als der Herrscher; Tränen schänden es nicht; dem König verbeut sie der Anstand.“ 2306

Wie dem Könige, so geht es auch dem Bischofe; ja, er hat es noch schwerer als der König. Der König herrscht über Menschen, die sich ihm auch wider ihren Willen fügen müssen, des Bischofs Untergebene gehorchen aus freiem Willen. Der König herrscht durch den Druck der Macht, der Bischof durch seinen Dienst am Volke. Der König sichert dem Bürger das zeitliche Wohlergehen bis zu seinem Tode, der Bischof betreut die Seelen zum ewigen Leben. Auf Dich lenken sich aller Augen. Was in Deinem Hause vorgeht, was Du tust, steht gleichsam offen zur Schau und wird zur Norm für alle anderen. Was Du tust, glauben alle tun zu müssen. Meide daher alles, was Deinen Gegnern auch nur einen Schein von Recht gibt, Dich zu tadeln! Meide alles, was jene, die Dich zum Vorbild nehmen, zwingen könnte, verkehrt zu handeln! Überwinde nach Kräften und selbst, wenn es über Deine Kräfte gehen sollte, alle weichliche Regung des Gefühls! Hemme den allzu reichen Strom der Tränen! Ungläubige Gemüter könnten sonst Deine Anhänglichkeit an den Neffen in Verzweiflung Gott gegenüber umdeuten. Sehne Dich nach ihm wie nach einem Abwesenden, nicht wie nach einem Toten, so daß man glaubt, Du habest ihn nicht verloren, sondern wartest nur auf seine Rückkehr.

Ausgewählte Briefe, Band 2

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