Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 2 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 34
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ОглавлениеKehren wir deshalb zu uns selbst zurück und betrachten wir, gleich als ob wir eben vom Himmel herabgestiegen wären, ein wenig unsere Lage! Ich bitte Dich, hast Du bemerkt, wann Du ein Kind, ein Knabe, ein Jüngling, ein reifer Mann, ein Greis wurdest? Täglich sterben wir dahin, 2331 täglich ändern wir uns, und doch vermeinen wir, ewig zu leben. Was ich datiere, was ich schreiben lasse, wieder lese und verbessere, zehrt an meinem Leben. Jeder Punkt, den der Schreiber macht, geht auf Kosten meines Seins. Wir schreiben und antworten, die Briefe reisen über die Meere, und während der Kiel die Wogen durchschneidet, kürzt jeder Wellenschlag an unserem Leben. Der einzige bleibende Gewinn besteht darin, daß uns die Liebe Christi verbindet. Die Liebe ist geduldig und gütig, sie ist nicht neidisch und im Handeln voreilig, sie ist nicht aufgebläht und erträgt alles. Sie glaubt alles, sie hofft alles und duldet alles. Die Liebe hört nimmer auf. 2332 Sie lebt immer im Herzen weiter. Ihr danken wir es, daß Nepotian, mag er auch fern sein, bei uns weilt und uns, obwohl weite Weltenräume uns trennen, mit beiden Händen faßt. Wir haben in ihm ein Unterpfand unserer gegenseitigen Liebe. Bleiben wir im Geiste miteinander verbunden und verharren wir fest in der gegenseitigen Liebe! Zeigen wir beim Tode unseres geliebten Sohnes den gleichen starken Geist, den der fromme Bischof Chromatius beim Hinscheiden seines Bruders bewies. 2333 Jede Seite, die wir schreiben, soll Nepotians freudig gedenken, jeder Brief soll an ihn erinnern. Dem Leibe nach weilt er nicht mehr unter uns, aber in der Erinnerung wollen wir ihn festhalten! Nie wollen wir aufhören, über ihn, mit dem wir nicht mehr reden können, uns zu unterhalten!