Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 2 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 36

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76. An Abigaus in Spanien

Einleitung

Wiederholt hatte sich der Spanier Abigaus an Hieronymus gewandt, war aber ohne Antwort geblieben, da die Briefe nicht zugestellt wurden. Wir haben wohl in ihm einen Priester zu vermuten, da Hieronymus ihm Theodora, des Lucinus Witwe, 2376 nach der seelsorglichen Seite hin besonders ans Herz legt. Abigaus selbst hatte das Augenlicht verloren. Doch tröstet ihn Hieronymus mit dem Hinweis, daß es nicht auf die Augen des Leibes ankommt, sondern auf das innere, auf Gott gerichtete Auge.

Der Brief dürfte um die gleiche Zeit verfaßt sein wie das Trostschreiben an Theodora, also 399.

1.

Ich bin mir zwar vieler Sünden bewußt, und jeden Tag spreche ich auf den Knien liegend: „Gedenke nicht, o Herr, der Sünden meiner Jugend noch meiner Unachtsamkeit!“ 2377 Aber weil mir nicht unbekannt ist, daß der Apostel schreibt: „Wer sich vor Stolz aufbläht, verfällt dem Gerichte des Teufels“, 2378 weil es ferner heißt: „Den Hoffärtigen widersteht Gott, aber den Demütigen schenkt er seine Gnade“, 2379 habe ich seit meiner Kindheit nichts so sehr zu meiden gesucht wie den Stolz und ein hoffärtiges Wesen, das uns Gottes Haß zuzieht. Ich weiß, daß mein Meister, mein Herr 2380 und Gott, als er sich in Menschengestalt verdemütigte, gesprochen hat: „Lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen.“ 2381 Und im Alten Testamente verkündet er durch Davids Mund: „Gedenke, o Herr, Davids und all seiner Sanftmut!“ 2382 An einer weiteren Stelle bemerkt die Schrift: „Des Menschen Herz wird gedemütigt, ehe er zu Ehren kommt, und es erhebt sich vor seinem Sturze.“ 2383 Deshalb bitte ich Dich inständig, doch ja nicht zu glauben, ich hätte zwar Deine Briefe erhalten, Dich dann aber ohne Antwort gelassen! Laß mich nicht die Treulosigkeit und Nachlässigkeit anderer entgelten! Warum hätte ich Deine Aufmerksamkeit übersehen und Deine freundschaftliche Gesinnung durch mein Schweigen verletzen sollen, wo ich doch von mir aus großen Wert auf die Freundschaft guter Menschen lege und mir ihre Zuneigung zu sichern suche? Denn zwei sind besser als einer. Wenn der eine fällt, so stützt ihn der andere. Ein dreifacher Strick reißt nicht. 2384 Der Bruder, der dem Bruder hilft, wird erhöht werden. 2385 Schreibe also nur mutig drauf los, und häufige Briefe mögen mich unsere räumliche Trennung vergessen lassen!

2.

Jammere nicht darüber, daß Du verloren hast, was Ameisen, Mücken und Schlangen besitzen, ich meine die Augen des Körpers. 2386 Aber freue Dich, daß Du jenes Auge besitzest, von dem das Hohelied sagt: „Meine Schwester, meine Braut, mit einem deiner Augen hast du mich verwundet.“ 2387 Das ist das Auge, mit dem man Gott sieht, das Auge, an das gedacht ist dort, wo es von Moses heißt: „Ich will hingehen und diese große Erscheinung betrachten.“ 2388 Wir lesen ja auch, daß gewisse heidnische Philosophen sich die Augen ausrissen, damit ihr ganzes Sinnen in der Reinheit des Denkens aufgehe. 2389 Daher auch das Wort des Propheten: „Der Tod zieht durch eure Fenster ein.“ 2390 Und zu den Aposteln sprach der Herr: „Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat im Herzen bereits die Ehe gebrochen.“ 2391 Daher befiehlt er ihnen, die Augen zu erheben und die üppigen Saaten zu betrachten, die reif waren zur Ernte. 2392

3.

Du bittest mich, Dir zu raten, wie Du in Dir Nabuchodonosor, Rapsaces, Nabuzardan und Holofernes 2393 töten könntest. Aber wenn sie in Dir lebendig wären, so würdest Du mich gar nicht um meine Hilfe angehen. Sie sind bereits in Dir abgestorben. Mit Zorobabel und dem Hohenpriester Jesus, dem Sohne Josedechs, mit Esdras und Nehemias hast Du angefangen, die Ruinen Jerusalems wieder aufzubauen. 2394 Da Du Dein Geld nicht in einen durchlöcherten Beutel legst, 2395 sondern Schätze für den Himmel sammelst, 2396 deshalb suchst Du ja unsere, der Diener Christi, Freundschaft.

Meine heilige Tochter Theodora, die Schwester des Lucinus 2397 seligen Angedenkens, lege ich Dir besonders ans Herz, wenn sie auch einer Empfehlung nicht erst bedarf. Sie möge auf dem angefangenen Wege nicht nachlassen, damit sie nach den vielen Mühsalen des Wüstenaufenthaltes ins Heilige Land einziehe. Darin besteht die vollkommene Tugend nicht, daß man Ägypten verläßt. Vielmehr muß man sich durch die zahllosen Angriffe der Feinde durchringen, um zum Berge Nebo und zum Jordan vorzudringen. 2398 Sie muß in Galgala zum zweiten Male beschnitten werden; 2399 auch für sie muß Jericho beim Schall der priesterlichen Posaunen zusammenstürzen. 2400 Sie muß Adonibezech vernichten, 2401 damit Hai und Azor, die einst so schönen Städte, zu Trümmern werden. 2402 Die Brüder, die mit mir im Kloster sind, lassen Dich grüßen. Auch den Heiligen, die uns ihrer Liebe würdig erachten, magst Du uns bestens empfehlen.

Ausgewählte Briefe, Band 2

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