Читать книгу Savitri – Eine Legende und ein Symbol - Sri Aurobindo - Страница 94
ОглавлениеZehnter Canto
Die Königreiche und Gottheiten des kleinen Mentals
Auch dies musste nun überschritten und zurückgelassen werden,
Wie das bei allem sein muss, bis das Höchste gewonnen ist,
In dem die Welt und das Selbst wahr und eins werden:
Solange Dieses nicht erreicht ist, kann unsere Reise nicht enden.
Stets lockt jenseits ein namenloses Ziel,
Stets steigt der Götter gewundener Weg
Und aufwärts weist des Geistes aufsteigendes Feuer.
Dieser Atem einer hundertfarbenen Glückseligkeit
Und seine reine erhöhte Gestalt der Freude der Zeit,
Hin- und hergeschleudert auf den Wellen ungetrübten Frohsinns,
Gehämmert in einzelne Schläge der Ekstase,
Dies Teilchen von des Geistes integralem Ganzen,
Das in eine leidenschaftliche Größe von Gegensätzen eingefangen ist,
Dies begrenzte Wesen, erhoben zum Zenit der Seligkeit,
Beglückt von einer einzigen Berührung erhabener Dinge,
Packte in seine versiegelte kleine Unendlichkeit
Seine zeitgeschaffene endlose Welt, die der Zeit trotzt,
Ein winziges Produkt der weiten Wonne Gottes.
Die Momente dehnen sich gen ewiges Jetzt,
Die Stunden entdeckten Unsterblichkeit,
Doch zufrieden mit ihren erlesenen Inhalten
Hielten sie auf jenen Gipfeln an, deren Spitzen auf halbem Wege zum Himmel
Auf eine Höhe deuteten, die sie nie ersteigen konnten,
Auf eine Herrlichkeit, in deren Luft sie niemals leben konnten.
Einladend in ihre hohe und auserlesene Sphäre,
Zu ihren sicheren und feinen Extremen,
Dies Geschöpf, das seine Begrenzungen liebkost, um sich sicher zu fühlen,
Verwarfen diese Höhen den Ruf zu einem größeren Abenteuer.
Eine Herrlichkeit und Süße von befriedigtem Begehren
Banden den Geist an die goldenen Pfosten der Seligkeit.
Es konnte nicht die Weite einer Seele aufnehmen,
Die für ihr Heim die ganze Unendlichkeit brauchte.
Als Erinnerung, sanft wie Gras und matt wie Schlaf,
Versanken Schönheit und Anruf dahinter,
Wie ein lieblicher Gesang, der in der Ferne verstummt
Auf der langen hohen Straße zur Zeitlosigkeit.
Darüber lag eine glühende weiße Ruhe.
Ein sinnender Geist schaute auf die Welten
Und wie ein brillantes Aufsteigen von Firmamenten,
Die durch Klarheit weiterziehen zu einem ungesehenen Licht,
Leuchteten aus der Stille große strahlende Bereiche des Mentals.
Doch zuerst traf er auf eine silbergraue Ausdehnung,
Wo Tag und Nacht vermählt und eins geworden waren:
Es war ein Trakt von matten und wirren Strahlen,
Die des Lebens Strom der Empfindungen von des Denkens Selbst-Haltung trennte.
Eine Koalition von Unbestimmtheiten
Übte dort die in sich ungesicherte Regierung aus
Auf einem Grund, der dem Zweifel und der vernünftelnden Vermutung vorbehalten war,
Ein Rendezvous von Wissen und Unwissenheit.
An seinem unteren Ende behauptet sich mühsam
Ein Mental, das kaum etwas sah und langsam fand;
Seine Art war unserer irdischen Natur nah
Und verwandt mit unserem unsicheren sterblichen Denken,
Das vom Boden zum Himmel und vom Himmel zum Boden blickt,
Doch weder das Untere noch das Obere kennt
Und nur sich selbst und äußere Dinge empfand.
Dies war das erste Mittel unseres langsamen Aufstiegs
Aus der Halbbewusstheit der animalischen Seele,
Die unter dem massiven Druck von Form-Ereignissen
In einem Reiche lebt, das sie weder verstehen noch verändern kann;
Sie sieht und handelt nur in einer vorgegebenen Szenerie
Und fühlt und freut und trauert für eine Weile.
Die Ideen, die den dunklen verkörperten Geist vorwärtstreiben
Auf den Straßen des Leidens und Begehrens
In einer Welt, die danach ringt, die Wahrheit zu entdecken,
Fanden hier ihre Macht zu existieren und die Natur-Kraft.
Entworfen werden hier die Formen eines unwissenden Lebens,
Welches das empirische Faktum als festes Gesetz ansieht,
Für die Stunde wirkt und nicht für die Ewigkeit
Und seinen Gewinn für die Forderung des Augenblicks verschachert:
Das langsame Verfahren eines stofflichen Mentals,
welches dem Körper dient, den es beherrschen und verwenden sollte,
Und das sich auf irrende Sinne stützen muss,
Ward geboren in jener leuchtenden Obskurität.
Nach einem hinkenden Beginnen zögernd vorwärtsschreitend,
Abstützend Argumente auf der Krücke der Hypothese,
Theorien auf den Thron der Gewissheit setzend,
Zieht es seine Schlüsse vom Halbbekannten zum Unbekannten,
Stets sein baufälliges Haus des Denkens konstruierend,
Stets das Netz zertrennend, das es gesponnen hat.
Ein zwielichtiger Weiser, dessen Schatten als sein Selbst erscheint,
Lebt von Minute zur kurzen nächsten fort;
Ein König, der von seinen Untertanen abhängt,
Unterzeichnet die Erlasse von unwissenden Ministern,
Ein Richter, der seine Beweise nur zur Hälfte besitzt,
Eine Stimme, die die Postulate ihrer Ungewissheit laut verkündet,
Ein Architekt des Wissens, nicht sein Quell.
Dieser mächtige Leibeigene seiner Instrumente
Hält seinen niederen Standort für den höchsten Gipfel der Natur,
Nicht bemerkend seinen Anteil an geschaffenen Dingen
Und glaubt, hochmütig demutsvoll in seiner Einbildung,
Sich selbst als Ausgeburt aus dem Schlamm der Materie
Und hält die eigenen Schöpfungen für seinen Ursprung.
Bestimmt in das ewige Licht und Wissen zu steigen,
Strebt unser Anstieg aus kargem Menschenbeginn;
Aus schwerer Kleinheit der Erde müssen wir brechen,
Wir müssen unsere Natur mit spirituellem Feuer ergründen:
Das Kriechen des Insekts ist der Auftakt unseres glorreichen Fluges;
Unser menschlicher Zustand ist Wiege des zukünftigen Gottes,
Unsere sterbliche Schwachheit ist eine unsterbliche Kraft.
Auf dem Glühwurm-Gipfel dieser blassen Schimmer-Reiche,
Wo Morgengrauen mit der heimischen Dämmerung umhertanzte
Und dem Tag wachsen und der Nacht schwinden half,
Gelangte er, entkommend über eine weite und schimmernde Brücke,
In ein Reich von frühem Licht
Und in das Hoheitsgebiet einer halb aufgegangenen Sonne.
Aus ihren Strahlen ward der volle Orb unseres Mentals geboren.
Berufen vom Geist der Welten
Mit den unbekannten Tiefen Verbindung herzustellen,
Mühte sich unentwegt der Prototyp einer geschickten Intelligenz,
Halb ausgeglichen auf den gleichen Flügeln von Denken und Zweifel,
Zwischen des Daseins verborgenen Enden.
Eine Heimlichkeit atmete im treibenden Tun des Lebens;
Als eine versteckte Amme der Mirakel der Natur
Hat sie die Wunder des Lebens aus dem Schlamm der Materie gebildet:
Sie schnitt die Muster für die Formen der Dinge,
In vager unwissender Weite schlug sie das Zelt des Mentals auf.
Ein Zaubermeister von Maß und Kunstfertigkeit
Hat aus wiederkehrenden Formen Ewigkeit erschaffen
Und wies dem schweifenden Beobachter Denken
Einen Platz an auf der bewusstlosen Bühne.
Auf Erden hat sich auf Grund des Willens dieser Erz-Intelligenz
Eine körperlose Energie mit der Robe der Materie bekleidet;
Proton und Photon dienten dem Bildmacher Auge
Feinartige Dinge in eine physische Welt zu wandeln
Und als Gestalt erschien das Unsichtbare
Und das Ungreifbare wurde als Masse empfunden:
Die Magie der Wahrnehmung einte sich mit der Kunst der Konzeption
Und schenkte jedem Gegenstand einen deutenden Namen:
Idee ward verkleidet in die künstlerische Form eines Körpers
Und durch die Mystik eines seltsamen atomischen Gesetzes
Ward ein Rahmen hergestellt, in den die Sinne
Ihr symbolisches Bild des Universums fassen konnten.
Selbst ein noch größeres Wunder wurde vollbracht.
Das vermittelnde Licht band die Macht des Körpers,
Das Schlafen und Träumen des Baumes und der Pflanze,
Den vibrierenden Sinn des Tieres, das Denken im Menschen,
Mit dem Glanz eines Strahls von oben.
Dessen Wirkkraft übertrug der Materie das Recht zu denken,
Brach empfindende Durchgänge für das Mental des Fleisches auf
Und fand für das Nichtwissen ein Mittel, wissen zu können.
Anbietend seine kleinen Wortquadrate und -würfel
Als figürlichen Ersatz für die Wirklichkeit,
Ein mumifiziertes mnemonisches Alphabet,
Half es der blinden Kraft ihre Werke zu lesen.
Ein vergrabenes Bewusstsein stieg in ihr auf
Und sie träumt sich selbst nun als menschlich und erwacht.
Doch alles war noch bewegte Unwissenheit;
Noch konnte Wissen nicht kommen und fest ergreifen
Diese riesige Erfindung, die man als das Universum sah.
Ein Spezialist der harten Maschine der Logik
Zwang seine starre Künstlichkeit der Seele auf;
Als Helfer des Erfinders Intellekt
Zerschnitt er die Wahrheit in handhabbare Stückchen,
Damit ein jedes seine Ration an Gedanken-Nahrung hatte
Und dann der Wahrheit erschlagenen Leib neu erbaut durch seine Kunst:
Ein Roboter, exakt und nützlich und falsch,
Ersetzte des Geistes feinere Betrachtung der Dinge:
Ein blank polierter Mechanismus tat das Werk eines Gottes.
Den wahren Körper fand niemand, seine Seele schien gestorben:
Keiner hatte den inneren Blick, der das Ganze der Wahrheit schaut;
Alle verherrlichten den glitzernden Ersatz.
Dann rauschte aus geheimen Höhen eine Woge nieder
Und es erhob sich ein brillantes Chaos rebellischen Lichts;
Es blickte hoch und sah die blendenden Gipfel dort,
Es blickte nach innen und weckte den schlafenden Gott.
Die Einbildungskraft rief ihre leuchtenden Truppen,
Die sich in unentdeckte Gebiete wagen,
Wo all die Wunder warten, die noch keiner kennt:
Hebend ihr schönes und wunderreiches Haupt,
Verschwor sie sich mit der Schwester-Sippe der Inspiration,
Um die Himmel des Denkens mit dem Flimmern der Sternennebel zu erfüllen.
Ein heller Irrtum säumte den Fries des Mysterienaltars;
Dunkelheit wurde zur Amme der geheimen Sonne der Weisheit,
Mythos säugte Wissen mit schimmernder Milch;
Das kleine Kind geriet von düsteren an lichte Brüste.
So wirkte die Macht auf die heranwachsende Welt;
Ihre subtile Kunst hielt den vollen Umfang des Glanzes zurück,
Freute sich an der Kindheit der Seele und labte sie mit Fabeln,
Viel reicher in ihrem süßen und necktarartigen Saft,
Der ihre unreife Göttlichkeit nährte,
Als das gestapelte oder getrocknete Stroh vom Acker der Vernunft,
Deren angehäuftes Futter ungezählter Fakten,
Plebejische Kost, an der wir heute wachsen und gedeihen.
So strömten aus dem Reiche frühen Lichts
Ätherische Gedanken in die Welt der Materie herab;
Seine goldgehörnten Herden drängten zum Höhlen-Herz der Erde.
Seine Morgenstrahlen erhellen die Augen unseres Zwielichts,
Seine jungen Formationen treiben das Mental der Erde an
Zu arbeiten und zu träumen und neu zu erschaffen,
Der Schönheit Berührung zu fühlen und die Welt und das Selbst zu erkennen:
Das Goldene Kind begann zu denken und zu sehen.
In diesen hellen Reichen unternahm das Mental seine ersten Schritte.
Völlig unwissend, aber begierig alles zu wissen,
Fängt dort sein langsames neugieriges Erforschen an;
Im steten Suchen greift es nach den Formen rings herum,
Immer hoffend, größere Dinge herauszufinden.
Feurig und golden glänzend von den Flammen des Sonnenaufgangs
Lebt es wachsam am Rande der Erfindung.
Doch alles, was es tut, geschieht in Maßen eines Kindes,
Als ob der Kosmos das Spielfeld eines Kindergartens wäre,
Mental, Leben nur Spielzeuge eines Titanenbabys.
Es schafft wie einer, der sich eine Scheinfestung erbaut,
Erstaunlich stabil für kurze Zeit,
Aus Sand gemacht auf einer Düne der Zeit
Inmitten eines uferlosen Meeres der geheimen Ewigkeit.
Ein kleines scharfes Instrument erwählte sich die große Allmacht
Und widmet sich leidenschaftlich mühsamen Zeitvertreib;
Die Unwissenheit zu lehren ist ihre schwierige Pflicht,
Ihr Denken geht von einem Ursprung nichtwissender Leere aus
Und was sie lehrt, das muss sie selber lernen,
Wissen weckend von seiner Schlummerstätte.
Denn Wissen kommt nicht zu uns als ein Gast,
In unser Zimmer gerufen aus der äußeren Welt;
Als Freund und Bewohner unseres geheimen Selbsts
Versteckte es sich hinter unserem Mental und fiel in den Schlaf
Und wacht langsam auf unter den Schlägen des Lebens;
Der mächtige Daimon liegt ungestaltet im Inneren,
Ihn zu erwecken, ihm Gestalt zu geben, ist die Aufgabe der Natur.
Alles war ein Chaos von Wahrem und Falschem,
Inmitten tiefem Nebel des Nichtwissens suchte das Mental;
Es schaute in sich, doch sah es nicht Gott.
Eine materielle Interims-Diplomatie
Verweigerte die Wahrheit, damit vergängliche Wahrheiten leben mögen,
Und versteckte die Gottheit in Glaubensbekenntnis und Mutmaßung
Damit die Welt-Unwissenheit langsam weise werde.
Dies war die Verwicklung, bewirkt vom souveränen Mental,
Das von leuchtendem Grat hinunterschaute in die Nacht,
Als es sich zuerst an dem Nichtbewussten zu schaffen machte:
Seine fremde Dämmerung verwirrte ihre lichten Augen;
Ihre flinken Hände müssen behutsam Eifer erlernen;
Nur einen langsamen Fortschritt kann die Erde ertragen.
Doch war ihre Stärke ungleich derjenigen der blinden Erde,
Die genötigt war, Hilfsinstrumente zu benutzen,
Die von der Lebens-Kraft und dem Fleisch erfunden waren.
Durch zweifelhafte Bilder nimmt die Erde alles wahr,
Alles begreift sie in riskanten Strahlen der Sicht,
Schwache Lichter, entfacht durch Berührungen tastenden Denkens.
Unfähig zu unmittelbarem Einblick durch die Seele,
Sieht sie krampfartig und lötet Wissensschrott zusammen,
Macht Wahrheit zur Sklavin ihres Unvermögens,
Verbannend die mystische Einheit der Natur
Teilt sie in Quantum und Masse das sich bewegende All;
Ihre Unwissenheit nimmt sie als Zollstock.
In ihrem eigenen Bereich die Hohepriesterin und Seherin
Wirkte jene größere Macht mit ihrer halb aufgegangenen Sonne
In Grenzen, doch ihr Feld beherrschend;
Sie wusste durch ein Privileg denkender Kraft
Und erhob Anspruch auf infantile Oberhoheit der Schau.
In ihren Augen, wie dunkel auch umrandet, leuchtete
Der Blick des Erzengels, der sein Tun durch Inspiration kennt
Und dessen weitsichtige Flamme eine Welt gestaltet.
In ihrem eigenen Reich strauchelt noch versagt sie,
Doch bewegt sie sich in Grenzen von subtiler Macht,
Durch die das Mental zur Sonne weiterschreiten kann.
Als Kandidatin auf höhere Machtbefugnis
Trieb sie einen Durchgang aus der Nacht zum Licht
Und sucht nach unerfasster Allwissenheit.
Eine zwergenleibige Dreiheit war ihr Diener.
Zuerst, als kleinster der Dreien, doch stark an Gliedern,
Mit niedriger Stirn und eckigem und schwerem Kiefer,
Ein pygmäenhaftes Denken, das Schranken zum Leben braucht,
Auf ewig gebückt, um Tatsache und Form herauszuhämmern.
Vertieft und eingeschlossen in äußere Sicht,
Bezieht es seinen Stand auf der soliden Basis der Natur.
Ein musterhafter Techniker, ein primitiver Denker,
Nietend das Leben an die Gleise der Gewohnheit,
Gehorsam gegenüber der groben Tyrannei der Materie,
Ein Gefangener der Prägungen, in denen es wirkt,
Bindet es sich selbst an das, was es erschafft.
Als Sklave einer festgelegten Masse absoluter Regeln
Betrachtet als Gesetz es die Gewohnheiten der Welt
Und sieht als Wahrheit die Gepflogenheiten des Mentals.
In seinem Reiche der konkreten Bilder und Geschehnisse
Dreht es sich in einem ausgefahrenen Ideenkreis
Und wiederholt stets alt vertraute Handlungen
Und lebt zufrieden mit dem Allgemeinen und Bekannten.
Es liebt den alten Boden, der ihm Wohnsitz war:
Verabscheuend jede Änderung als kühne Sünde,
Argwöhnisch gegenüber aller neuen Entdeckung
Geht es nur vorsichtig vorwärts, Schritt für Schritt,
Und fürchtet das Unbekannte wie einen todbringenden Abgrund.
Als kluger Schatzmeister seiner Unwissenheit
Schreckt es zurück vor dem Abenteuer, blinzelt glorreiche Hoffnung an,
Bevorzugt einen sicheren Fußhalt auf den Dingen
Statt der gefahrreichen Freude an den Weiten und Höhen.
Der Welt langsame Impressionen auf sein sich mühendes Mental,
Träge Eintragungen, fast unauslöschlich,
Vermehren ihren Wert durch ihre Ärmlichkeit;
Die alten sicheren Erinnerungen sind sein Kapitalstock:
Nur was die Sinne fassen können, scheint absolut:
Die äußere Tatsache stellt es als einzige Wahrheit hin,
Weisheit stellt es gleich mit dem der Erde zugewandten Blick,
Und längst bekannte Dinge und schon immer getane Handlungen
Dienen dem klammernden Griff als sicheres Geländer
Auf der gefahrvollen Treppe der Zeit.
Des Himmels Zuverlässigkeit sind ihm die festgelegten alten Wege,
Die unumstößlichen Gesetze, die kein Mensch verändern darf,
Ein heiliges Vermächtnis einer großen toten Vergangenheit
Oder der eine Weg, den Gott für das Leben geschaffen hat,
Die feste Form der Natur, die nie verändert werden darf,
Als Teil der ungeheuren Routine des Universums.
Ein Lächeln des Erhalters der Welten
Sandte einst dieses bewachende Mental zur Erde,
Dass alles in der festgelegten unveränderlichen Art verbleibe
Und sich nie aus gewohnter Position bewegt.
Man sieht es kreisen, seiner Aufgabe treu,
Unermüdlich im Kreislauf einer auferlegten Tradition;
In verfallenden und zerbröckelnden Ämtern der Zeit
Hält es scharfe Aufsicht vor der Mauer des Gewohnheitsrechts
Oder es döst in düsterer Umgebung uralter Nacht
Auf Steinen eines kleinen Hinterhofs
Und bellt bei jedem unvertrauten Licht
Als wäre es ein Feind, der einbrechen wollte in sein Heim,
Ein Wachhund vor des Geistes sinnvergittertem Haus
Zur Abwehr gegen Eindringlinge aus dem Unsichtbaren,
Sich nährend von Abfällen des Lebens und den Knochen der Materie
In seinem Zwinger objektiver Sicherheit.
Und doch steht hinter ihm eine kosmische Macht:
Eine gemessene Größe hält an ihrem weiteren Plane fest,
Eine unergründliche Gleichheit bestimmt die Rhythmen des Lebens Schritt;
Der Sterne unveränderliche Bahnen ziehen ihre Furchen durch den trägen Raum,
Millionen Arten folgen einem einzigen stummen Gesetz.
Eine ungeheure Trägheit ist die Verteidigung der Welt
Und selbst im Wandel wird die Wandellosigkeit bewahrt;
In die Trägheit sinkt die Umwälzung zurück,
In einem neuen Kleid spielt das Alte seine Rolle weiter;
Es wirkt Energie, das Stabile ist ihr Siegel:
Aufgeführt wird der enorme Tanz auf Shivas Brust.
Als nächstes von den Dreien kam ein feuriger Geist.
Ein buckeliger Reiter auf rotem Wild-Esel,
Eine voreilige Intelligenz sprang löwenmähnig herab
Aus der großen mystischen Flamme, die die Welten umgibt
Und die mit ihrem fürchterlichen Rand am Herzen des Seins zehrt.
Von dort entsprang die brennende Vision des Begehrens.
Es trug tausend Formen, nahm zahllose Namen an:
Ein Bedürfnis nach Mannigfaltigkeit und Ungewissheit
Stachelte es stets an, das Eine zu verfolgen
Auf unzählbaren Straßen durch die Weiten der Zeit
Über die Umwege nie endender Verschiedenheit.
Es verbrennt mit vieldeutigem Feuer jede Brust.
Als glühender Schein auf einem schmutzig-trüben Strom
Flammte es gen Himmel, dann sank es verschlungen der Hölle zu;
Es klomm, um die Wahrheit in den Schlamm hinabzuziehen
Und benutzte für schmutzige Ziele deren brillante Kraft;
Als ein riesiges Chamäleon, golden und blau und rot,
Sich wandelnd in schwarz und grau und schmutziges braun,
Starrte es hungrig herab von einem bunt gefärbten Ast des Lebens,
Um Insektenfreuden, seine Lieblingsnahrung, aufzuschnappen,
Den erbärmlichen Unterhalt für einen üppigen Körper,
Der die herrliche Leidenschaft seiner Farben nährt.
Als eine Feuerschlange mit dunkler Wolke als Schweif,
Gefolgt von einer Traum-Schar glitzernder Gedanken,
Erhobenen Hauptes mit vielfarbigen flackernden Kämmen,
Lechzte es mit rauchiger Zunge nach Wissen.
Als ein Strudel, einsaugend leere Luft,
Stützte es sich auf leere gewaltige Ansprüche,
Im Nichtsein geboren, in das Nichtsein zurückkehrend,
Und doch drängte es die ganze Zeit über ahnungslos
Auf das verborgene Etwas hin, das Alles ist.
Begierig zu finden, unfähig festzuhalten,
War kennzeichnend für seine brillante Unbeständigkeit,
Zu irren, seine eingeborene Tendenz, sein natürlicher Hang.
Sofort bereit zu einer unüberlegten Gläubigkeit
Hielt es alles für wahr, was seinen eigenen Hoffnungen schmeichelte;
Es liebte die dem Wunsch entstammenden goldenen Nichtigkeiten
Und schnappte sich das Unwirkliche zu seiner Kost.
Im Finsteren entdeckte es leuchtende Formen;
Schauend in ein schattenverhangenes Halblicht,
Sah es farbige Bilder an die Höhlenwand der Fantasie gekritzelt;
Oder es sauste in Kreisen durch die Nacht der Mutmaßung
Und fing mit der Kamera der Einbildung
Helle Szenen der Verheißung aus flüchtigen Leuchtfeuern,
In der Luft des Lebens die Füße davoneilender Träume festhaltend,
Bewahrte die Abdrücke vorbeiziehender Formen und verkappter Mächte
Und Blitzlicht-Bilder halbgesehener Wahrheiten.
Ein eifriger Sprung, um zu fassen und zu besitzen,
Nicht von Vernunft oder schauender Seele geführt,
War seine erste und letzte natürliche Bewegung,
Es vergeudete die Kraft des Lebens, um das Unmögliche zu erreichen:
Es verachtete den geraden Weg und schweifte auf kurvenreichen Wegen
Und gab Gewonnenes für unversuchte Dinge auf;
Es sah unverwirklichte Ziele als augenblickliche Bestimmung
Und wählte den Abgrund für seinen Sprung zum Himmel.
Das Abenteuer ward ihm zum System im Glücksspiel des Lebens,
Nahm zufällige Gewinne als sichere Erfolge;
Irrtum entmutigte nie sein vertrauensseliges Betrachten,
Dem das tiefe Gesetz der Wege des Seins unbekannt war,
Und Fehlschlag konnte seinen feurigen Zugriff nicht bremsen;
Ein einziger Zufall, der gelang, rechtfertigte den Rest.
Das Wagnis, nicht der Sieg, war der Reiz des Lebens.
Als ein ungewisser Gewinner von unsicheren Einsätzen,
Instinkt sein Muttertier und das Lebens-Mental sein Vatertier,
Rann es sein Rennen und kam als erster oder letzter an.
Doch waren seine Werke weder klein und vergeblich noch nichtig;
Es nährte einen Teil der Stärke der Unendlichkeit
Und konnte jene hohen Dinge schaffen, die die Fantasie ihm eingab;
Seine Leidenschaft erfasste was ruhige Intelligenz verfehlte.
Das Verstehen der Impulse legte seinen stürmischen Griff
Auf die Himmel, die hohes Denken in blendenden Dunst gehüllt hatte,
Fing Schimmer auf, die eine versteckte Sonne offenbarten:
Es untersuchte die Leere und fand dort einen Schatz.
Eine halbe Intuition leuchtete purpurn in seinen Sinnen;
Es warf die Gabel des Blitzes und traf das Ungesehene.
Es sah im Dunkel und blinzelte vage im Licht,
Sein Feld war die Unwissenheit, das Unbekannte sein Preis.
Von all diesen Mächten war die letzte die Größte.
Spät kommend aus einer fernen Ebene des Denkens
In eine von Irrationalität erfüllten Welt des Zufalls,
Wo alles grob gefühlt und blind getan ward,
Doch Willkür das Unvermeidliche schien,
Kam Vernunft, die untersetzte Künstler-Gottheit,
In ihr enges Haus auf einem Grat in der Zeit.
Als Adeptin klaren Ersinnens und Entwerfens
Mit nachdenklichem Gesicht und gründlichem und musterndem Blick,
Bestieg sie ihren festen und unverrückbaren Sitz
Als die Stärkste, Weiseste der Troll-gleichen Drei.
Ausgerüstet mit Linse und Maßstab und Sonde,
Schaute sie auf ein gegenständliches Universum
Und auf die Vielfalt, die darin lebt und stirbt,
Und auf den Körper des Raumes und die fliehende Seele der Zeit,
Und nahm die Erde und Sterne in ihre Hände,
Um zu sehen, was mit diesen seltsamen Dingen zu machen sei.
In ihrem starken zweckvoll schaffenden Mental,
Erfindend ihre Grundzüge der Wirklichkeit
Und die geometrischen Kurven ihres Zeitplans,
Vermehrte sie ihre langsamen Teilausschnitte zur Wahrheit hin:
Ungeduldig mit allem Rätselhaftem und Unbekanntem,
Unduldsam gegenüber dem Gesetzlosen und Einzigartigen,
Aufzwingend Überlegung dem Lauf der Kraft,
Aufzwingend Klarheit dem Unergründlichen,
Mühte sie sich, die mystische Welt auf Regeln zu beschränken.
Nichts wusste sie, aber hoffte, alle Dinge zu wissen.
In dunklen bewusstlosen Reichen, einst leer von Denken,
Beauftragt von einer höchsten Intelligenz
Ihren Strahl auf die obskure Weite zu richten,
Ein unvollkommenes Licht, das eine irrende Masse
Durch die Macht der Sinne und der Idee und des Wortes führt,
Erspürte sie den Prozess, die Substanz und die Ursache der Natur.
Um alles Leben durch Kontrolle des Denkens zu harmonisieren,
Ringt sie noch mit der riesigen Verwicklung;
Nichts kennend außer dem eigenen suchenden Mental,
Kam sie, um die Welt von Unwissenheit zu befreien.
Als souveräne Arbeiterin durch die Jahrhunderte hindurch,
Alles, was ist, beobachtend und neu gestaltend,
Versah sie vertrauensvoll ihre riesige Aufgabe.
Dort sitzt die tief gebeugte und mächtige Gestalt
Gebückt unter den Bogenlampen ihrer Heim-Fabrik
Inmitten des Geklappers und Geklirrs ihrer Werkzeuge.
Mit einem strengen Blick in ihren schöpferischen Augen,
Zwingend den plastischen Stoff des kosmischen Mentals,
Bringt sie die schwierigen Erfindungen ihres Gehirns
In ein Modell von ewiger Beständigkeit:
Gleichgültig gegenüber der kosmischen stummen Forderung,
Unbewusst allzu naher Wirklichkeiten,
Des ungesprochenen Gedankens, des stimmlosen Herzens,
Ist sie geneigt, ihre Credos und eisernen Kodexe zu schmieden
Und metallene Strukturen, um das Leben einzusperren,
Und mechanische Modelle von allen Dingen, die es gibt.
Statt gesehener Welt, webt sie eine begriffliche Welt:
Sie spinnt in steifen, aber wesenlosen Linien
Ihre hauchdünnen Wort-Gewebe abstrakten Denkens,
Ihre Teilsysteme von der Unendlichkeit,
Ihre Theodizeen und kosmogonischen Tafeln
Und Mythen, durch die sie Unerklärliches erklärt.
In dünner Luft des Mentals hängt sie beliebig auf,
Gleich Wandkarten im Schulhaus des Intellekts,
Zwingend die weite Wahrheit in ein enges Schema,
Ihre zahllosen zerstrittenen strengen Philosophien;
Aus dem Körper der Erscheinungsformen der Natur
Schneidet sie mit des Denkens scharfer Klinge in starren Zügen,
Gleich den Gleisen für den Lauf der Macht des Welten-Magiers,
Ihre exakten und absoluten Wissenschaften.
An die riesigen kahlen Wände menschlichen Nichtwissens
Schreibt sie um die tiefen stummen Hieroglyphen der Natur
In klaren demotischen Buchstaben
Die weite Enzyklopädie ihrer Gedanken;
Eine Algebra ihrer mathematischen Zeichen,
Ihrer Zahlen und irrtumsfreien Formeln,
Errichtet sie sich, um der Dinge Summe zu ziehen.
Nach allen Seiten hin verläuft wie in einer kosmischen Moschee,
Entlang den Schriftversen ihrer Gesetze,
Das Kunstvolle ihrer formenreichen Arabesken,
Kunst ihrer Weisheit, Fertigkeit ihrer Kunde.
Diese Kunst, diese Fähigkeit sind ihr einziges Gut.
In ihren hohen Werken reiner Intelligenz,
In ihrer Abkehr von den Fangstricken der Sinne,
Kommt es zu keinem Durchbruch durch die Mauern des Mentals,
Kein Blitz schlägt dort spaltend ein mit absoluter Macht,
Kein Licht von himmlischer Gewissheit dämmert dort.
Millionen Gesichter hat ihr Wissen hier
Und jedes Antlitz trägt den Turban des Zweifels.
Alles ist jetzt in Frage gestellt, alles zum Nichts reduziert.
Einst monumental in ihrer massiven Meisterschaft
Verschwinden ihre alten großen mystischen Schriften
Und an ihre Stelle treten strikte kurzlebige Zeichen;
Dieser stete Wechsel heißt in ihren Augen Fortschritt:
Ihr Denken ist ein endloser Marsch ohne ein Ziel.
Es gibt keinen Gipfel auf dem sie stehen
Und mit nur einem Blick das Ganze des Unendlichen erfassen kann.
Ein ergebnisloses Spiel ist das Mühen der Vernunft.
Jede starke Idee kann sie als ihr Instrument benutzen;
Akzeptierend jede Anweisung vertritt sie ihre Sache.
Für jeden Gedanken offen, kann sie nichts wissen.
Als Richterin sitzt die ewige Anwältin auf dem Stuhl
Und stattet mit der unverwundbaren Rüstung der Logik
Tausende Streiter aus, die nach der Wahrheit verborgenen Throne trachten,
Und setzt sie auf ein hohes Ross der Argumente,
Um für immer mit wortreicher Lanze anzutreten,
In einem Scheinturnier, wo keiner gewinnen kann.
Prüfend die Werte des Denkens mit ihren starren Testen,
Sitzt sie ausgeglichen da in einer weiten und leeren Luft,
Fern und rein in ihrer unparteiischen Haltung.
Absolut scheinen ihre Urteile zu sein, doch keines ist gesichert;
Die Zeit hebt in ihrer Berufung all ihre Urteilssprüche auf.
Obgleich wie Sonnenglanz für unser Glühwurm-Mental,
Ihr Wissen weismacht, aus klarem Himmel zu fallen,
Ist jenes Strahlen nur Lampenschein in der Nacht;
Sie wirft der Unwissenheit ein glitzerndes Gewand um.
Doch jetzt ist ihr uralter souveräner Anspruch abgetan,
In ihrem absoluten Recht, die höheren Mentalbereiche zu beherrschen,
Das Denken an die Kette unanfechtbarer Logik zu schmieden,
Oder Wahrheit in hellem abstraktem Nebel nackt zu sehen.
Als Meisterin und Sklavin starker Phänomene
Wandert sie auf Wegen irrenden Schauens
Oder blickt auf eine fertige mechanische Welt,
Die für sie selbst durch ihre Instrumente konstruiert ist.
Als Ochse, angejocht an einen Karren von bewiesenen Fakten,
Zieht sie große Wissens-Ballen durch den Staub der Materie,
Um den gewaltigen Bazar der Nützlichkeit zu erreichen.
Zum Lehrling ihres alten Kulis ist sie geworden;
Die unterstützenden Sinne sind die Vermittler ihres Suchens.
Als Prüfstein verwendet sie jetzt diese.
Als wüsste sie nicht, dass Tatsachen Hülsen der Wahrheit sind,
Behält sie nur die Hülsen, die Kerne wirft sie weg.
Eine uralte Weisheit schwindet hin in die Vergangenheit,
Der Glaube der Zeitalter wird zum eitlen Märchen,
Aus dem erwachten Denken weicht Gott zurück,
Ein alter abgelegter Traum, den man nicht länger braucht:
Sie sucht nur die Schlüssel der mechanischen Natur.
Interpretierend die unausweichlichen Stein-Gesetze
Gräbt sie im harten verbergenden Boden der Materie,
Um die Prozesse der geschaffenen Dinge auszugraben.
Eine beladene riesige selbst-arbeitende Maschine erscheint
Vor den Augen ihres gespanntem und erstauntem Blick,
Ein komplizierter und bedeutungsloser Mechanismus
Von geordnetem schicksalhaftem und unfehlbarem Zufall:
Erfindungsreich und sorgfältig und exakt
Entrollt seine grobe unbewusste akkurate Vorrichtung
Den irrtumsfreien Gang, verzeichnet einen sicheren Weg;
Er plant ohne zu denken, handelt ohne Willen,
Dient Millionen Zwecken ohne einen Zweck
Und baut eine rationale Welt ohne ein Mental.
Er hat keinen Beweger, keinen Schöpfer, keine Idee:
Sein ausgedehntes Selbst-Handeln müht sich ohne Ursache;
Eine leblose Energie, unwiderstehlich getrieben,
Das Haupt des Todes auf dem Körper der Notwendigkeit
Erzeugt das Leben und ist Vater des Bewusstseins
Und wundert sich dann, warum all dies war und woher es kam.
Unsere Gedanken sind Teile der immensen Maschinerie,
Unsere Grübeleien eine Laune nur von der Materie Gesetz,
Die Kunde des Mystikers war eine Fantasie oder eine Blindheit;
Seele oder Geist brauchen wir nun nicht mehr:
Materie ist die bewundernswerte Wirklichkeit,
Das offenkundige unausweichliche Wunder,
Die harte Wahrheit der Dinge, einfach, ewig, einzigartig.
Eine selbstmörderische rasche Verausgabung,
Die Welt schaffend durch ein Mysterium des Selbst-Verlustes,
Hat ihre verstreuten Werke in den leeren Raum ausgeschüttet;
Schließlich wird die sich selbst auflösende Kraft
Die von ihr geschaffene immense Ausdehnung zusammenziehen:
Dann endet dies mächtige und sinnlose Mühen,
Nackt bleibt die Leere zurück, öde wie zuvor.
So gerechtfertigt, gekrönt, hat das großartige neue Denken
Die Welt erklärt und ihre sämtlichen Gesetze gemeistert,
Die stummen Wurzeln angerührt, verhüllte riesige Mächte aufgeweckt;
Es hat die unbewussten Djinns in seinen Dienst gezwungen,
Die ungenutzt in der unwissenden Trance der Materie schlafen.
Alles war genau, starr, unbezweifelbar.
Als aber, gegründet auf urzeitlichem Fels der Materie,
Ein Ganzes aufstand, fest und scharf umrissen und sicher,
Da taumelte alles zurück in ein Meer von Zweifel;
Dieses solide Schema schmolz in endlosem Fluss:
Sie war der formlosen Macht begegnet, der Erfinderin aller Formen;
Plötzlich strauchelte sie über die unsichtbaren Dinge:
Ein Blitz aus der unentdeckten Wahrheit
Blendete ihre Augen mit seinem verwirrenden grellen Leuchten
Und riss eine Kluft zwischen dem Wirklichen und dem Bekannten,
Bis all ihr Wissen nur noch Unwissen schien.
Und wieder ward die Welt zu einem Wundergewebe gemacht,
Dem Wirken eines Magiers in einem magischen Raum,
Zu Tiefen eines unverständlichen Wunders,
Deren Ursprung im Unbeschreiblichen verloren ging.
Und wieder stehen wir vor dem reinen Unerkennbaren.
Im Einsturz der Werte, im lauten Krachen des Untergangs,
Im Bersten und Splittern ihres zusammenbrechenden Werkes
Verlor sie ihre klare konservierte konstruierte Welt.
Ein Quantentanz blieb, eine verstreute Ansammlung des Zufalls
Im ungeheuren rasenden Wirbel der Energie:
Eine unaufhörliche Bewegung in der grenzenlosen Leere
Erfand ohne Denken oder Ziel Formen:
Notwendigkeit und Ursache waren formenlose Gespenster;
Materie war ein Zwischenfall im Fluss des Seins,
Gesetz war bloß ein Uhrwerk der Gewohnheit einer blinden Kraft.
Ideale, Ethik, Systeme hatten keine Basis
Und brachen bald zusammen oder lebten ohne Zustimmung;
Alles wurde ein Chaos, ein Umbruch und Zusammenstoß und Kampf.
Ideen stürzten sich streitend und wild auf das Leben;
Ein harter Druck hielt nieder die Anarchie
Und Freiheit war nur der Name eines Phantoms:
Schöpfung und Zerstörung tanzten Walzer Arm in Arm
Auf der Brust einer zerrissenen und bebenden Erde;
Alles taumelte in eine Welt von Kalis Tanz.
So gestürzt, sinkend, sich ausbreitend im Leeren,
Nach Halt greifend, nach einem Boden zum Stehen,
Sah sie nur eine dünne atomare Weite,
Das spärlich gepunktete dünne Substrat Universum,
Auf dem das Antlitz der Erscheinung einer festen Welt dahinschwimmt.
Dort gab es nur den Ablauf von Ereignissen
Und die plastische und proteische Wandlung der Natur,
Und, mächtig durch den Tod zu töten oder zu erschaffen,
Die allmächtige Kraft des gespaltenen unsichtbaren Atoms.
Eine Möglichkeit blieb, dass hier eine Macht sein könnte,
Die den Menschen von den alten mangelhaften Mitteln befreit
Und ihn zum souveränen Herrn der irdischen Szene macht.
Denn Vernunft könnte dann die ursprüngliche Kraft ergreifen,
Um ihren Wagen auf den Straßen der Zeit zu steuern.
Dann könnte alles dem Bedürfnis der denkenden Art dienen,
Ein absoluter Staat das Absolute einer Ordnung gründen,
Nach einer standardisierten Vollkommenheit alle Dinge regeln,
In der Gesellschaft einen gerechten und exakten Mechanismus bauen.
Dann könnten Wissenschaft und Vernunft ohne Rücksicht auf die Seele
Eine ruhige einförmige Welt auswalzen,
Äonische Suche mit äußeren Wahrheiten stillen
Und dem Mental ein einheitliches Gedankenmuster aufnötigen,
Den Träumen des Geistes die Logik der Materie auferlegen,
Ein vernunftbegabtes Tier aus dem Menschen machen
Und aus seinem Leben eine symmetrische Struktur.
Dies wäre dann der Gipfel der Natur auf einem dunklen Erdball,
Das großartige Resultat der Mühen langer Zeitalter,
Der Erde Evolution gekrönt, ihre Mission erfüllt.
So könnte es sein, wäre der Geist in den Schlaf gesunken;
Dann könnte der Mensch zufrieden ruhen und in Frieden leben,
Als Meister der Natur, der einst als ihr Leibeigener wirkte,
Die Unordnung der Welt erstarrend zum Gesetz, –
Wenn nicht des Lebens furchtbares Herz revoltierend aufstehen würde,
Wenn nicht Gott im Inneren einen größeren Plan finden könnte.
Doch viele Gesichter trägt die kosmische Seele;
Eine Berührung kann die festgelegte Front des Schicksals ändern.
Eine plötzliche Wendung kann kommen, ein Weg erscheinen.
Ein größeres Mental mag eine größere Wahrheit sehen
Oder wir selber könnten, wenn alles Übrige versagt hat,
Den in uns verborgenen Schlüssel zur vollkommenen Wandlung finden.
Sich erhebend von diesem Boden, wo unsere Tage kriechen,
Mag das Bewusstsein der Erde sich mit der Sonne vermählen,
Unser sterbliches Leben auf den Schwingen des Geistes reiten,
Unsere endlichen Gedanken Gemeinschaft mit dem Unendlichen haben.
In den hellen Königreichen der aufgehenden Sonne
Ist alles eine Geburt in die Macht des Lichts:
Was hier entstellt ist, bewahrt dort seine glückliche Gestalt,
Was hier vermischt und verzerrt ist, dort ist es rein und ganz;
Doch jedes ist ein vorübergehender Schritt, die Phase eines Augenblicks.
Erwacht zu einer größeren Wahrheit jenseits ihrer Taten,
Saß die Vermittlerin und sah ihre Werke
Und fühlte das Wunder in ihnen und die Kraft,
Kannte aber die Macht hinter dem Angesicht der Zeit:
Sie tat ihre Aufgabe, gehorchte dem ihr verliehenen Wissen,
Ihr tiefes Herz sehnte sich nach großen idealen Dingen
Und schaute vom Licht zu umfassenderem Licht:
Eine um sie gezogene brillante Hecke beengte ihre Macht;
Pflichtgetreu mühte sie sich in ihrem begrenzten Bereich, wusste aber,
Dass sein höchster, weitester Ausblick nur halbes Suchen war,
Seine mächtigsten Taten nur ein Durchgang oder eine Stufe waren.
Denn nicht von der Vernunft war die Schöpfung geschaffen
Und nicht von Vernunft kann die Wahrheit geschaut werden,
Die durch die Schleier des Denkens, die Abschirmung der Sinne,
Kaum die Vision des Geistes erspähen kann,
Die getrübt ist durch die Unvollkommenheit ihrer Mittel:
Das kleine Mental ist gebunden an die kleinen Dinge:
Seine Sinne sind nur die äußere Berührung des Geistes,
Halb erwacht in einer Welt dunkler Nichtbewusstheit;
Es tastet nach seinen Wesen und Formen
Wie jemand, den man tastend in der unwissenden Nacht ließ.
In dieser kleinen Form von kindlichem Mental und Sinne
Ist das Begehren der Schrei eines Kinderherzens nach Seligkeit,
Unsere Vernunft nur ein Spielzeugmacher,
Ein Gesetzgeber in einem merkwürdigen unbeholfenen Spiel.
Doch sie kannte ihre zwergenhaften Helfer, deren zuversichtliche Schau
Den begrenzten Ausblick für das ferne Ziel hielten.
Die Welt, die sie erschaffen hat, ist ein vorläufiger Bericht
Eines Reisenden zur halb gefundenen Wahrheit in den Dingen,
Sich bewegend zwischen Nichtwissen und Nichtwissen.
Denn nichts wird gewusst, solange etwas noch verhüllt bleibt;
Die Wahrheit wird nur erkannt, wenn alles gesehen wird.
Angezogen von dem Ganzen, welches der Eine ist,
Sehnt sie sich nach einem höheren Licht als ihres;
Verborgen durch ihre Kulte und Bekenntnisse hat sie Gottes Antlitz erahnt:
Sie weiß, dass sie nur eine Form, ein Gewand gefunden hat,
Doch hofft sie noch, ihn in ihrem Herzen zu sehen
Und den Körper seiner Wirklichkeit zu fühlen.
Bis jetzt ist eine Maske dort und noch keine Stirn,
Obwohl zuweilen zwei verborgene Augen erscheinen:
Vernunft kann jene flimmernde Maske nicht herunterreißen,
Ihre Anstrengungen machen das Flimmern nur noch stärker;
In Pakete schnürt sie das Unteilbare;
Findend, dass ihre Hände viel zu klein sind, um die weite Wahrheit festzuhalten,
Zerbricht sie das Wissen in fremdartige Teile
Oder späht durch Wolkenrisse nach einer entschwundenen Sonne:
Sie sieht, doch ohne zu verstehen, was sie gesehen hat,
Durch die verschlossenen Gesichter der endlichen Dinge
Die Myriaden Aspekte der Unendlichkeit.
Eines Tages muss durch die Maske das Angesicht brennen.
Unsere Unwissenheit ist die Insektenpuppe der Weisheit,
Unser Irrtum vermählt sich auf seine Weise mit neuem Wissen,
Seine Finsternis ist ein geschwärzter Knoten von Licht;
Hand in Hand tanzt Denken mit Nichtwissen
Auf der grauen Straße, die sich zur Sonne emporwindet.
Schon während ihre Finger an den Knoten herumfingern,
Die diese an ihre seltsame Gefährtenschaft binden,
Brechen in die Momente ihres Ehestreits
Manchmal Blitze erleuchtenden Feuers ein.
Schon jetzt wandeln hier einsam erhabene Gedanken:
Gewappnet kamen sie mit dem unfehlbaren Wort
In einer Investitur des intuitiven Lichts,
Die eine Gutheißung von Gottes Augen ist;
Als Künder einer weit entfernten Wahrheit flammen sie auf,
Herkommend vom Rand der Ewigkeit.
Ein Feuer wird kommen aus den Unendlichkeiten,
Eine größere Gnosis wird die Welt betrachten,
Segelnd aus irgendeiner fernen Allwissenheit
Auf strahlenden Meeren vom still verzückten Alleinigen,
Um das tiefe Herz des Selbsts und der Dinge zu erleuchten.
Ein zeitloses Wissen wird es dem Mental bringen,
Dem Leben sein Ziel, der Unwissenheit sein Ende.
Hoch oben in atemloser Stratosphäre,
Überschattend die zwergenhafte Trinität,
Lebten Aspiranten für ein grenzenloses Jenseits
Als Gefangene des Raums, umschlossen von begrenzenden Himmeln,
Im unaufhörlichen kreisenden Lauf der Stunden,
Ersehnend die geraden Wege der Ewigkeit,
Und von ihrer hohen Warte aus schauten auf diese Welt hinab
Zwei Daimones mit Sonnen-Augen, betrachtend alles, was ist.
Eine Macht, die träge Welt zu erheben,
Ritt gebieterisch auf einem riesigen hoch-beschwingten Lebens-Denken,
Nicht daran gewöhnt, festen gleichbleibenden Boden zu betreten:
Gewöhnt an blaue Unendlichkeit
Plante es im sonnenlichten Himmel und in sternenlichter Luft;
Es sah in weiter Ferne das unerreichte Heim des Unsterblichen
Und hörte aus der Ferne die Stimmen der Götter.
Als Ikonoklast und Zerschmetterer der Festungen der Zeit,
Überspringend Grenzen und Norm übersteigend,
Erleuchtete es die Gedanken, die durch die Jahrhunderte glühen
Und bewegte sie zu Taten in der Kraft des Übermenschen.
So weit wie seine selbst-geflügelten Flugzeuge fliegen konnten,
Die in brillanten großen Überfällen das Zukünftige besuchten,
Hat es die Ausblicke des Traum-Schicksals erkundet.
Befähigt zu begreifen, unfähig zu erreichen,
Zeichnete es seine Karten von Begriffen und Pläne von Visionen,
Die für die Architektur des sterblichen Raums zu groß sind.
Jenseits, in Weiten, wo nirgends ein Fußhalt ist,
Ein Gestalter von körperlosen Ideen,
Gleichgültig gegenüber dem Schrei des Lebens und der Sinne,
Betrachtete ein reines Denk-Mental das kosmische Geschehen.
Als Erzengel eines weißen transzendenten Reichs
Sah es die Welt aus einsamen Höhen
Erleuchtet in einer weit entfernten und leeren Luft.
Ende des zehnten Cantos